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16.03.2004 · IWW-Abrufnummer 040687

Landgericht Düsseldorf: Urteil vom 22.12.2003 – 3 O 93/03

1. Die Prüfung von wasserrechtlich zulässigen Anschlüssen stellt kein spezifisches Sonderwissen dar, dass einer allgemeinen Prüfpflicht des Architekten entzogen wäre. Der Architekt darf die Vorgaben des Fachplaners nicht ungeprüft übernehmen. Er muß auf der Basis des Kenntnisstands eines durchschnittlichen Architekten mögliche Probleme erkennen und durch Nachfrage klären.


2. Nur für den Fall, dass ein Bauherr einen Sonderfachmann beauftragt und dieser einen Fehler macht, haftet der bauplanende Architekt nicht für den dadurch verursachten Schaden, wenn er sich an die vorgegebenen Werte des Sonderfachmannes hält.

LG Düsseldorf, Urteil vom 22.12.2003 - 3 O 93/03


In dem Rechtsstreit

....

hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 2003 durch den Richter Dr. Böcker als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden/Kosten zu ersetzen, die dadurch entstanden sind und entstehen werden, dass sie es unterlassen haben, die erforderlichen Maßnahmen zu berücksichtigen, die sowohl den örtlichen Bodenverhältnissen unter Einbeziehung von Grundwasser und/oder Schichtenwasser als auch der Entwässerungssatzung der Stadt Ratingen und auch den anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.


Tatbestand

Im Januar 2000 schloss die Klägerin mit dem Beklagten zu 1) einen Architektenvertrag für einen Neubau eines Wohnheims für Behinderte. In diesem Zusammenhang schloss die Klägerin mit dem Beklagten zu 2) einen Fachingenieurvertrag für die technische Gebäudeausrüstung des Neubaus. Nach § 1 ist Gegenstand dieses Vertrages die Sanitär-, Zentralheizungs- und Raumlufttechnik in dem Gebäude. Nach § 2 Ziffer 2.2 hat die Beklagte zu 2) als Auftragnehmerin über § 1 AVB hinaus folgende technische und sonstige Vorschriften zu beachten: "Die Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluß an die Abwasseranlagen der Stadt Ratingen in der gültigen Fassung." Nach Ziffer 3.1.3 und 4. des Vertrages hat die Beklagte zu 2) an der Baustelle ausreichende Kontrollen vorzunehmen. In Ziffer 5.1.5. werden bei der Honorarermittlung für die Genehmigungsplanung für Abwassertechnik 6 % vereinbart. Der Beklagte zu 1) hatte zuvor bei der Ingenieurgesellschaft Geotechnik mbH ein Gutachten zur Bodengeologie in Auftrag gegeben, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Die Beklagte zu 2) . reichte für das Bauvorhaben bei der Stadt Ratingen ein Entwässerungsgesuch (K 4), erstellt am 4.2.2000, ein. Der Wasserrechtsantrag betrifft die Schmutzwasserleitungen, die Fall- und Grundleitungen, Reinigungsschächte, Außenleitungen, Einläufe bezüglich der Dachflächen-, Verkehrsflächen- und Schmutzwasserentwässerung. Der Bürgermeister (Tiefbauamt) der Stadt Ratingen versah den Wasserrechtsantrag und den al Anlage beigefügten Lageplan von den Dipl.-Ing. Dr. Brauer und Glunz jeweils mit folgendem Zusatz: "Der Kanalanschluss kann wie beantragt hergestellt werden. Die Entwässerungssatzung der Stadt Ratingen, die DIN 1986, die BauONW sowie die Grüneintragungen sind zu beachten." Der Lageplan enthält überdies noch den handschriftlichen Vermerk: "Anschluß von Schichten- und Drainagewasser nicht möglich." Bei einer Ortsbesichtigung im Jahre 2002 kritisierte die Stadt Ratingen die Abwassersituation des Neubaus: Der Pumpeneinsatz verstoße gegen die Entwässerungssatzung der Stadt Ratingen, die Drainage sei nach der Satzung verboten. Mit Schreiben vom 28.1.2003 teilte die Beklagte zu 2) der Klägerin mit: "Meine Haftpflichtversicherung legt Wert auf die Feststellung, dass es sich bei unseren Leistungen im Zusammenhang mit dem Anschluß der vom Hochbauunternehmer verlegten Drainageleitung um eine Erweiterung unseres Auftrages handelt, die als "Besondere Leistung" gemäß HOAI einer zusätzlichen Beauftragung bedarf und zwar auch dann, wenn wie in diesem Falle keine zusätzlichen Kosten berechnet werden."

Die Klägerin behauptet gegenüber dem Beklagten zu 1), dieser habe fehlerhaft eine Boden- und Wasseruntersuchung unterlassen und die Satzung der Stadt Ratingen nicht berücksichtigt. Sie ist der Ansicht, die Prüfung der Entwässerungssituation gehöre zum Prüfungsumfang des Beklagten zu 1), ihn treffe ein Objektüberwachungsverschulden, weil er als Architekt auch die Leistung und Gewerke anderer zu kontrollieren habe, er habe einen offenkundigen Fehler der Beklagten zu 2) übersehen. Das Verhalten der Beklagten zu 2) als Fachplanerin sei dem Beklagten zu 1) über § 278 BGB zuzurechnen, weil die Aufgabe des Fachplaners zum Wissensstand des Beklagten zu 1) gehöre.

Gegenüber der Beklagten zu 2) behauptet die Klägerin, die Beklagte zu 2) sei mit der Planung der Drainage beauftragt worden. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich dies aus § 2 Ziffer 2.2 c) des Fachingenieurvertrags, in dem auf die Wassersatzung der Stadt Ratingen Bezug genommen wird, ergebe. Jedenfalls sei der Auftrag nachträglich in den Fachingenieurvertrag einbezogen worden. Hilfsweise beruft sich die Klägerin darauf, dass es auch eine Haftung für nicht geschuldete Aufträge gebe. Sie behauptet weiterhin, die Planung der Drainage durch die Beklagte zu 2) sei fehlerhaft. Entweder habe die Beklagte zu 2) die Drainage fehlerhaft geplant oder einen fehlerhaften Plan des Beklagten zu 1) ohne ausreichende Kontrolle übernommen. Sie habe gemäß Ziffer 2.2 des Fachingenieurvertrages als Fachplanerin die Satzung der Stadt Ratingen berücksichtigen müssen, sie habe den Farbstempel der Stadt Ratingen auf dem Wasserrechtsantrag übersehen. Die Beklagte zu 2) habe gestanden, dass sie den Stempelaufdruck der Stadt Ratingen übersehen habe. Aus dem Schreiben vom 28.1.2003 (K 11, Bl. 86 GA) ergebe sich überdies ein Eingeständnis. Die Beklagte zu 2) habe das Entwässerungsgesuch mit den Vermerken der Stadt Ratingen am 15.12.2000 zur Kenntnisnahme erhalten. Jedenfalls habe die Beklagte zu 2) das Objekt fehlerhaft überwacht.

Die Klägerin behauptet, die Drainage sei mangelhaft, der Stahlbeton sei durchfeuchtet, es stehe Wasser unterhalb des Estrichbodens im Keller.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden/Kosten zu ersetzen, die dadurch entstanden sind und entstehen werden, dass sie es unterlassen haben, die erforderlichen Maßnahmen zu berücksichtigen, die sowohl den örtlichen Bodenverhältnissen unter Einbeziehung von Grundwasser und/oder Schichtenwasser als auch der Entwässerungssatzung der Stadt Ratingen und auch den anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1) behauptet, hinsichtlich der Prüfung der Entwässerungssituation bei dem Neubau nichts unterlassen zu haben. Er habe keinen Objektüberwachungsfehler begangen, weil das eingeholte Gutachten keinen Hinweis auf Schichtenwasser enthalte. Er habe keinen offenkundigen Fehler der Beklagten zu 2) übersehen, weil er die Vermerke der Stadt Ratingen auf dem Entwässerungsgesuch nie zur Kenntnis erhalten habe. Die Beklagte zu 2) habe das Entwässerungsgesuch unmittelbar am 15.12.2000 erhalten, habe aber diese Vermerke nicht offenbart. Die Beklagte zu 2) habe die Drainage und Entwässerung geplant, in die verschiedenen Pläne eingezeichnet und diese der Stadt Ratingen vorgelegt. Die Beklagte zu 2) habe die Vermerke der Stadt Ratingen auf dem Entwässerungsgesuch übersehen. Dieses Verhalten der Beklagten zu 2) könne ihm nicht zugerechnet werden, weil die Klägerin die Beklagte zu 2) als Sonderfachmann beauftragte. Ihn als einen Allgemeinplaner treffe keine Prüfpflicht für Gewerke der Beklagten zu 2). Diese sei nach § 73 HOAI für das gesamte Leistungsbild der Entwässerung verantwortlich gewesen. Die dem Entwässerungsgesuch beiliegende Anlage K 4 enthalte eine rund um das Gebäude verlaufende eingezeichnete Drainage. Da die Drainage durch den Gebäudeverlauf vorgegeben sei, sei dafür keine aufwendige Planung durch die Beklagte zu 2) erforderlich gewesen. Aus dem Plan UG, Maßstab 1:50, der - unstreitig - von der Beklagten zu 2) erstellt worden ist, ergebe sich, dass die Beklagte zu 2) die Drainage in diesen Plan einzeichnete. Die Legende dieses Planes weist unstreitig eine Drainage aus.

Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, der Fachingenieurvertrag beziehe sich allein auf die Sanitätstechnik, die Zentralheizung und die Raumluft innen. Aus § 5 1.3 des Vertrages, der bei den Kosten keine Position für die Drainage ausweist, könne geschlossen werden, dass diese nicht Vertragsgegenstand war. Sie sei nicht gemäß § 73 Abs. 3 HOAI in Verbindung mit § 68 HOAI für die Drainage verantwortlich, weil diese nicht zum Leistungsbild der beauftragten Arbeiten gehöre. Die Drainage sei von ihr nicht geplant und nicht in die Pläne eingezeichnet worden. Sie habe lediglich die im Raumbuchplan bereits angedeutete Drainage in ihre Pläne übernommen. Das bloße Nachzeichnen einer Drainage stelle keine eigene Planung dar. Der Beklagte zu 1) habe die Drainage geplant, überwacht und abgerechnet. Er habe es versäumt, für die Planung der Drainage einen Sonderfachmann zu beauftragen. Die in der Anlage K 4 verzeichnete Linie stelle keine Drainage dar. Der Stempelaufdruck und der handschriftliche Zusatz der Stadt Ratingen seien keine Auflagen, sondern allgemeine Hinweise. Der von ihr eingereichte Entwässerungsantrag sei vollumfänglich genehmigt worden. Lediglich der Anschluss der Drainage begründe eine Baurechtswidrigkeit durch die Einführung des abgeleiteten Wassers in das städtische Wassersystem. Ein Drainageanschluss sei jedoch in der Anlage K 4 nicht verzeichnet. Aus der Anlage K 11 (Schreiben vom 28.1.2003). könne kein Anerkenntnis der Beklagten zu 2) für einen Fehler abgeleitet werden. Sie habe lediglich den Anschluss der Drainage beauftragt bei der Firma Haase im Auftrag des Beklagten zu 1), die der Beklagte zu 1) vergessen habe zu planen. Sie habe gegen keine Hinweispflicht verstoßen, als sie auf den farbigen Stempel der Stadt Ratingen auf dem Entwässerungsgesuch nicht hinwies. Sie habe den Bescheid der Stadt Ratingen erst am 16.9.2002, nachdem die Drainage schon gebaut war, erhalten. Ihr könne eine Objektüberwachung nicht vorgeworfen werden, weil nach § 73 Abs. 3 HOAI sie als Sonderfachmann nur eine Mitwirkungspflicht treffe. Der Beklagte zu 1) habe die umfassende Objektüberwachung und Koordinierung übernommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst beigefügter Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.


I.
Die Feststellungsklage ist zulässig, § 256 ZPO. Die Klägerin hat ein Feststellungsinteresse, weil sie einen Anspruch auf Schadensersatz noch nicht oder nicht ohne Durchführung einer aufwendigen Begutachtung beziffern kann. Der anspruchsbegründende Sachverhalt befindet sich zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, weil nicht abzusehen ist, ob die Stadt Ratingen einen dauerhaften Dispens bezüglich der Entwässerungssatzung erteilen wird.


II.
Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der am 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229, § 5 Satz 1 EGBGB).


III.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 1) einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 635 BGB. Der Einheitsarchitektenvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) ist ein Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB. Der Beklagte zu 1) hat die geschuldete Architektenwerkleistung mangelhaft erbracht, weil die Drainage und die Einleitung des Drainagewassers nicht genehmigungsfähig sind gemäß der Entwässerungssatzung der Stadt Ratingen. Offenbleiben kann, ob der Beklagte zu 1) die Drainage selbst plante und errichtete, jedenfalls verletzte er seine Objektüberwachungspflicht in seiner Eigenschaft als bauausführender Architekt. Ihm hätte bei der Verlegung der Drainagerohre auffallen müssen, dass diese Arbeiten im Widerspruch mit der Entwässerungsgenehmigung der Stadt Ratingen stehen. Der Einwand, dass er die Vermerke der Stadt Ratingen auf dem Wasserrechtsantrag nicht kannte, ist unerheblich, weil der Beklagte zu 1) als bauaufsichtspflichtiger Architekt sich über die Genehmigungen und deren Umfang selbständig informieren und entsprechende Unterlagen von den Beteiligten anfordern muß. Der Einwand des Beklagten zu 1), dass das Gutachten zur Bodengeologie vom 28.10.1999 keinen Hinweis auf Schichtenwasser enthalte, ist angesichts der Feststellungen auf Seite 5 dieses Gutachtens (Anlage K 3) falsch. Der Beklagte zu 1) kann sich - seinen Vortrag unterstellt, die Beklagte zu 2) habe die Drainage geplant und errichtet - nicht darauf berufen, dass ihm das Verhalten der Beklagten zu 2) als Sonderfachmann nicht zugerechnet werden dürfe. Nur für den Fall, dass ein Bauherr einen Sonderfachmann beauftragt und dieser einen Fehler macht, haftet der bauplanende Architekt nicht für den dadurch verursachten Schaden, wenn er sich an die vorgegebenen Werte des Sonderfachmannes hält (vgl. OLG Köln, Urt. v. 13.3.1992, 19 U 111/91, NJW-RR 1992,1500; OLG Köln, Urt. v. 16.3.1994, 27 U 3/94, NJW-RR 1994, 1110; LG Kaiserslautern, Urt. v. 2.2.1998, 4 O 437/97, BauR 1998, 824). Im vorliegenden Fall beauftragte die Klägerin als Bauherr die Beklagte zu 2) ausweislich ihres eigenen Vortrages nicht ausdrücklich mit der Planung und Durchführung einer Drainage. Die Klägerin leitet die Verpflichtung der Beklagten zu 2) zu diesen Arbeiten aus dem Fachingenieurvertrag und den dort gewählten Formulierungen ab. Die Auslegung dieses Vertrages ergibt, dass die Beklagte zu 2) nicht aus dem Fachingenieurvertrag verpflichtet war, eine Drainage zu planen und durchzuführen. Der Beklagte zu 1) kann sich somit nicht darauf berufen, sich auf die speziellen Kenntnisse der Beklagten zu 2) ohne eigene Prüfung verlassen zu dürfen. Vielmehr musste er sich vergewissern, ob die von der Beklagten zu 2) jedenfalls tatsächlich durchgeführten Arbeiten (Entwässerungsgesuch, Anschluß der Drainage an den Entwässerungskanal) zumindest pauschal richtig und vertretbar sind. Gemäß § 15 HOAI ist der Beklagte zu 1) als Allgemeinplaner für das gesamte Bauobjekt verantwortlich. Die Prüfung von wasserrechtlich zulässigen Anschlüssen stellt kein spezifisches Sonderwissen dar, dass einer allgemeinen Prüfpflicht des Architekten entzogen wäre. Der Architekt darf die Vorgaben des Fachplaners nicht ungeprüft übernehmen. Er muß auf der Basis des Kenntnisstands eines durchschnittlichen Architekten mögliche Probleme erkennen und durch Nachfrage klären (vgl. OLG Köln, Urt. v. 14.9.1999, 22 U 30/99, IBR 2000, 69). Die Setzung einer Frist zur Beseitigung des Mangels ist gemäß § 634 Abs. 2 BGB entbehrlich, weil die Beseitigung des Mangels unmöglich ist. Die Drainagewasserleitung ist nach der Satzung der Stadt Ratingen unzulässig.

IV.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2) einen Anspruch auf Schadensersatz. Dabei kann offen bleiben, ob sich dieser Anspruch aus § 635 BGB, positiver Forderungsverletzung des bestehenden Vertrages oder einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag ergibt.
Dem Fachingenieurvertrag kann im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) - wie bereits oben angesprochen - nicht entnommen werden, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet war, eine Drainage zu planen und/oder durchzuführen. Zwar wird in Ziffer 2.2 des Vertrages auf die Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluß an die Abwasseranlagen der Stadt Ratingen Bezug genommen, jedoch enthält § 1 des Vertrages keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Drainage zu planen und durchzuführen war. Eine Verpflichtung der Beklagten zu 2) kann überdies nicht zwingend aus dem Schreiben vom 28.1.2003 (Anlage K 11) abgeleitet werden, in dem die Beklagte zu 2) ausführt, dass der Anschluß der Drainageleitung eine Erweiterung des Auftrags sei, die als besondere Leistung gemäß HOAI einer zusätzlichen Beauftragung bedürfe, auch dann, wenn dafür keine zusätzlichen Kosten berechnet würden, weil diese Vereinbarung aus einer Zeit stammt, zu der die Baurechtswidrigkeit bereits bekannt war.
Jedenfalls hat die Beklagte zu 2) das Entwässerungsgesuch vom 4.2.2000 gefertigt. Bei der Erstellung dieses Antrages waren die Entwässerungsanlagen, Schmutzwasserleitungen, Fall- und Grundleitungen, Reinigungsschächte, Außenleitungen und Einläufe sowie die Dachflächen- und Schmutzwasserentwässerung zu berücksichtigen. Damit liegt eine einheitliche Gesamtentwässerungsplanung von der Beklagten zu 2) vor. Der Umstand, dass die Stadt Ratingen verfügte, dass der Kanalanschluss wie beantragt hergestellt werden kann, entlastet die Beklagte zu 2) nicht. Sie hätte als Erstellerin des Entwässerungsgesuchs die Vermerke der Stadt Ratingen betreffend die Beachtung der Entwässerungssatzung und den Zusatz, dass ein Anschluß von Schichten- und Drainagewasser nicht möglich ist, spätestens bei Errichtung der Drainage und Anschluss beachten müssen. Insofern hat die Beklagte zu 2) gegen ihre Objektüberwachungs- und Koordinierungspflicht verstoßen. Sie kann sich nicht darauf berufen, den Bescheid der Stadt Ratingen erst am 16.9.2002 gesehen zu haben, nachdem die Drainage schon eingebaut war. Sie hätte als Erstellerin des Entwässerungsgesuchs und den darauf folgenden Objektüberwachungspflichten heraus jedenfalls auf die Zurverfügungstellung der Genehmigungserklärung der Stadt Ratingen drängen müssen. Selbst wenn die Beklagte zu 2) - entsprechend ihres eigenen Vortrags - lediglich die vom Beklagten zu 1) geplante Drainage in ihren Plänen übernommen haben sollte, hätte sie dies als Sonderfachmann mit der vertraglich übernommenen Pflicht, die Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluß an die Abwasseranlagen der Stadt Ratingen in der gültigen Fassung zu beachten, nicht ungeprüft übernehmen dürfen. Jedenfalls wäre, wenn die Beklagte zu 2) nur beschränkt die Entwässerung hätte planen müssen, eine Abstimmung mit dem Beklagten zu 1) erforderlich gewesen, um das Gesamtkonzept umsetzen zu können.
Selbst wenn die Beklagte zu 2) nicht zusätzlich von der Klägerin zur Erstellung des Entwässerungsgesuches beauftragt worden wäre, ergäbe sich ihre Haftung aus einer positiven Forderungsverletzung aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Übernimmt ein Vertragspartner bei der Vertragsausführung Aufgaben, die nach dem Vertrag nicht geschuldet sind, so hat er für dabei schuldhaft verursachte Schäden einzustehen (vgl. BGH, Urt. v. 11.1.1996, VII ZR 85/95, NJW 1997, 1278). Einer Haftung aus Geschäftsführung ohne Auftrag steht nicht entgegen, dass die Beklagte zu 2) nach ihrem eigenen Vortrag von der Beklagten zu 1) mit der Ausführung des Anschlusses der Drainage beauftragt worden ist. Auf eine Beauftragung durch andere Personen kommt es im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht an (vgl. Sprau, in: Palandt, BGB, § 677 Rn. 11).

V.
Der Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) haften als Architekt und Fachplanerin gesamtschuldnerisch für ihre Fehler. Keiner von beiden kann sich haftungsmindernd auf die Fehler des anderen berufen, weil weder der Architekt noch der Sonderfachmann, die für den gleichen Mangel verantwortlich sind, Erfüllungsgehilfen des Bauherrn sind (vgl. allg. OLG Köln, Urt. v. 14.9.1999, 22 U 30/99, IBR 2000, 69). Der Beklagte zu 1) haftet gesamtschuldnerisch neben der Beklagten zu 2) in voller Höhe, weil er jedenfalls infolge mangelhafter Oberprüfung der Planungen des Sonderfachmanns Schäden mitverursacht hat (vgl. allg. OLG Nauenburg, Urt. v. 25.4.2001, 5 U 10/01, IBR 2001, 320).
Darüber hinaus ergibt sich eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten aus §§ 830 Abs. 1 Satz 2, 840 BGB. Die Verschlechterung des Grundstücks der Klägerin infolge der baulichen Einrichtung der Drainage, die nicht genehmigungsfähig ist, stellt eine Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar (vgl. allg. Thomas, in: Palandt, BGB, § 823 Rn. 12). Nach § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB haften Schädiger als Gesamtschuldner, wenn sich nicht ermitteln lässt, wer von mehreren Beteiligten den Schaden durch seine Handlungen verursacht hat. § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB hat den Zweck, Beweisschwierigkeiten bezüglich der haftungsbegründenden Kausalität zu überwinden. Der Anspruch des Geschädigten soll nicht daran scheitern, dass nicht mit voller Sicherheit festgestellt werden kann, welcher von mehreren beteiligten Tätern den Schaden tatsächlich oder zu welchem Anteil verursacht hat (vgl. BGH, Urt. v. 15.12.1970, VI ZR 51/70, BGHZ 55, 86). Die Voraussetzungen dieser Norm liegen vor: Sowohl beim Beklagten zu 1) als auch bei der Beklagten zu 2) ist ein anspruchsbegründendes Verhalten, wie oben dargestellt, gegeben. Aufgrund der zwischen den Parteien umstrittenen Umstände kann nicht festgestellt werden, wer von den Beklagten den Schaden zu welchem Anteil verursacht hat.

VI.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4, 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.

Streitwert (§ 12 GKG, § 3 ZPO): 110.000,-- EUR

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB §§ 278, 631, 635, 634 Abs. 2

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