05.03.2004 · IWW-Abrufnummer 040613
Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 16.07.2003 – 1 U 149/03
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit
Land ?, vertreten durch den Landrat des Kreises
Beklagter und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
gegen
M?? N??,
Kläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
w e g e n Amtshaftung.
Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Trueson und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Fischer und Dr. Itzel auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2003
für R e c h t erkannt:
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das am 20. August 1999 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Mainz abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreites - einschließlich denen des Revisionsverfahrens - hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Parteien können die Sicherheiten auch durch schriftliche, selbst-schuldnerische, unwiderrufliche und unbefristete Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland erbringen.
T a t b e s t a n d :
Die Mutter des Klägers (Frau K??.. N??) war 1990/1991 Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks B?.. Straße .. in M?.-B??.. (Flurstück 340/6). Der Kläger beabsichtigte, das vorhandene Wohnhaus durch einen Anbau zu erweitern, der die nach der Landesbauordnung erforderlichen Grenzabstände zu den Nachbargrundstücken Flurstücke 340/5 und 340/3 sowie 346/1 nicht einhielt. Die Nachbarin E.. M..... - Eigentümerin des Flurstücks 346/1 - war mit dem Vorhaben des Klägers nicht einverstanden und hatte dies dem Kläger auch unmissverständlich erklärt.
Unter dem 12. September 1990 beantragte der Kläger bei der Kreisverwaltung M?.?.?.. die Baugenehmigung. Der Lageplan und die Bauzeichnungen trugen jeweils die handschriftlichen Vermerke: "Einverständnis der Nachbarn: Flur 1, 340/3 und 5 sowie Flur 1, 346/1". Bei den Flurstücken 340/3 und 5 war die Unterschrift des Nachbarn beigefügt; bei dem Flurstück 346/1 jedoch nicht diejenige der Grundstückseigentümerin Frau M....., sondern die Unterschrift der Mutter des Klägers. Die Gemeindeverwaltung B??.. erteilte am 9. Oktober 1990 ihr Einvernehmen. Dabei wies sie darauf hin, dass die Unterschrift des Nachbarn zu dem Grundstück Flur 1, Nr. 346/1 nicht von der Grundstückseigentümerin stamme; Frau K??.. N...... sei Eigentümerin des Baugrundstücks.
Am 11. Dezember 1990 stellte der Kläger einen Befreiungsantrag, betreffend die Einhaltung der Abstandsflächen zu den Parzellen 340/3 und 340/5. Er erklärte, hinsichtlich dieser Grundstücke werde teilweise direkt an die Grenzen gebaut; die Eigentümer seien jedoch mit der Bebauung einverstanden und hätten dies durch ihre Unterschrift bestätigt.
Daraufhin erteilte die Kreisverwaltung ihm am 17. Dezember 1990 die Baugenehmigung unter Befreiung von den Vorschriften des § 8 Abs. 6 LBauO.
Die Nachbarin E.. M..... rügte mit Schriftsatz vom 6. März 1991, dass sie nicht ordnungsgemäß am Baugenehmigungsverfahren beteiligt worden sei, und sie legte mit Schriftsatz vom 19. März 1991 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein. Über den Widerspruch wurde der Kläger am 28. März 1991 unterrichtet. Am 5. April 1991 stellte die Nachbarin beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs; dieser Antrag gelangte am 10. April 1991 zur Kenntnis des Klägers. Dieser stellte daraufhin die bereits begonnenen und weit fortgeschrittenen Bauarbeiten (Rohbau) ein. Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag durch Beschluss vom 7. Mai 1991 statt; die Beschwerde des Klägers blieb erfolglos. Am 18. November 1994 nahm die Kreisverwaltung M?.-?? die Baugenehmigung zurück. Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Schadenersatz für Planungs-, Abriss-, Rohbau-, Anwalts- und Gerichtskosten.
Der Kläger hat vorgetragen,
die geltend gemachten Aufwendungen seien ihm entstanden, weil er im berechtigten Vertrauen auf die erteilte Baugenehmigung mit den Bauarbeiten begonnen habe.
Er hatte ursprünglich beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 144.323,86 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit (27. Dezember 1993) zu zahlen.
Das beklagte Land hatte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat vorgetragen,
der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz hinsichtlich der ihm erteilten - rechtswidrigen - Baugenehmigung berufen, da er durch seinen Architekten auf die rechtliche Problematik eindeutig hingewiesen worden sei.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage ganz überwiegend als begründet angesehen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger auf die Rechtmäßigkeit der ihm erteilten Baugenehmigung bis zum 10. April 1991 vertrauen durfte.
Auf die Berufung des beklagten Landes hat der Senat das beklagte Land unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung von 119.218,80 DM nebst Zinsen verurteilt.
Die hiergegen gerichtete Revision des beklagten Landes führte zur Aufhebung des Senatsurteils vom 31. Oktober 2001 im Kostenpunkt und insoweit, als zum Nachteil des beklagten Landes dort erkannt worden ist.
Das beklagte Land trägt weiter unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen vor allem zu dem fehlenden Vertrauensschutz zugunsten des Klägers vor.
Es beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.
Er trägt unter Bezugnahme auf seinen bisherigen Vortrag weiter vor:
Er selbst habe die Unterschriften der Nachbarn nicht eingeholt; die Pläne habe er nach seiner Unterschriftsleistung und vor Einreichung bei der Bauaufsichtsbehörde nicht mehr gesehen.
Er habe zu keiner Zeit seine Mutter angewiesen oder dazu angehalten, anstelle des Nachbarn zu unterschreiben, um die Gemeinde und die Bauaufsichtsbehörde zu täuschen.
Damit habe er keine Täuschungshandlung vorgenommen und auch keinen Täuschungsversuch gegenüber der Bauaufsichtsbehörde begangen.
Die "falsche" Unterschrift sei auch klar erkennbar gewesen;
sie sei dementsprechend auch sofort von der Verwaltung erkannt und als nicht zu-treffend und ausreichend angesehen worden.
Damit scheide eine Täuschung aus; subjektiv habe er im schutzwürdigen Vertrauen auf die erteilte Baugenehmigung bei der Bauausführung gehandelt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mit den weiter zu den Akten gereichten Unterlagen, auf den Tatbestand des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 16. Januar 2003, auf den Tatbestand des aufgehobenen Senatsurteils vom 31. Oktober 2001 (S. 4-6, Bl. 471-473 d.A.), auf den Tatbestand des angefochtenen landgerichtlichen Urteils (S. 3, 4; Bl. 379, 380 d.A.) und auf den Inhalt der beigezogenen Bauakte der Kreisverwaltung M?.-?? verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Berufung des beklagten Landes hat in der Sache durchgreifend Erfolg. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadenersatz aus Amtshaftung gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG gegen das beklagte Land nicht zu. Das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 20. August 1999 ist dementsprechend abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
1. Mit der Revisionsentscheidung und auch dem angefochtenen Senatsurteil vom 31. Oktober 2001 ist davon auszugehen, dass der Kläger mit Erfolg Schadensersatzansprüche nur geltend machen kann, wenn die Baugenehmigung geeignet war, bei ihm ein schutzwürdiges Vertrauen dahin zu begründen, dass er, auf die Genehmigung gestützt, die Verwirklichung des Bauvorhabens in Angriff nehmen dürfe (Revisionsentscheidung Seite 5 - mit weiteren zahlreichen Nachweisen, s. auch - zusammenfassend Wurm in Staudinger (2002), § 839 Rdnr. 254).
a) Ein derartiges berechtigtes (schutzwürdiges) Vertrauen in die erteilte Baugenehmigung scheidet aus, wenn der Kläger, wovon der Bundesgerichtshof wohl zu Recht auf der Grundlage des bis dahin vorgetragenen Sachverhaltes in der Revisionsentscheidung ausging, den Bauantrag mit der -sachlich nicht zutreffenden- Unterschrift seiner Mutter als "Nachbarunterschrift" selbst eingereicht hat. Er wusste damit, in dieser Sachverhaltsvariante, dass eine möglicherweise rechtswidrige Behördenentscheidung (Baugenehmigung) auf falscher Tatsachengrundlage (Zustimmung aller Nachbarn) erging. Dies bezweckte er wohl auch gerade mit der eigenen Antragstellung. Damit fehlt es ihm an der anspruchsbegründenden Voraussetzung eines schutzwürdigen Vertrauens hinsichtlich der für ihn erkannterweise auf falscher Tatsachengrundlage ergangenen Baugenehmigung.
Da nichts dafür ersichtlich ist, dass der Kläger später wieder schutzwürdiges Vertrauen gewonnen hat, z.B. indem er von der Aufklärung, Offenlegung der Täuschung durch die Gemeinde B........ erfahren hat, er damit gewusst hätte, dass die Baugenehmigungsbehörde in Kenntnis aller nun zutreffenden Umstände, auch in Kenntnis des Fehlens der Unterschrift eines der Nachbarn, hinsichtlich der Erteilung der Baugenehmigung erhalten hatte, handelt er dann später bei der Durchführung der Abbrucharbeiten und dem Beginn der Neubauarbeiten ohne berechtigtes, schutzwürdiges Vertrauen und ein Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung wegen Erteilung einer rechtswidrigen Baugenehmigung steht ihm mithin nicht zu.
Auch auf den gerichtlichen Hinweis vom 5. Juni 2003 hat der Kläger keinen weiteren Vortrag hinsichtlich der möglichen Wiedererstarkung seines schutzwürdigen Vertrauens gehalten (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 12. Juni 2003, Bl. 523 ff d.A.).
Damit entfällt die Amtshaftung für den Fall der eigenen Täuschungshandlung des Klägers durch Einreichung des sachlich falschen, unzutreffenden (Unterschrift, Lageplan, Befreiungsantrag) Bauantrages. Er durfte auf den Bestand und die Rechtsmäßigkeit der aus seiner Sicht auf Grundlage der von ihm abgegebenen falschen Angaben ergangenen Baugenehmigung nicht vertrauen. Ersatzansprüche scheiden insoweit aus.
b) Zum gleichen Ergebnis kommt der Senat aber auch in dem Fall, dass -wie der Kläger nun ausdrücklich vorträgt- er den gesamten Bauantrags-, Planungsvorgang nach seiner Unterschriftsleistung (12. September 1990) nicht mehr gesehen hat, die Einholung der Unterschriften der Nachbarn durch seine Mutter erfolgt ist und der Architekt, dem der Kläger nun den Streit verkündet hat (siehe auch unten 2.), in seinem ausdrücklichen Auftrag (siehe Schreiben des Klägers an seinen Architekten - Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 19. Mai 1995, Bl. 136 d.A.) das weitere Baugenehmigungsverfahren allein weiter verfolgt und betreut hat, mithin dieser in Kenntnis der fehlenden und endgültig verweigerten Nachbarzustimmung mit einem nicht zutreffenden Lageplan (fehlende eingezeichnete Grenzbebauung zur Parzelle 346/1) und einem unvollständigen Befreiungsantrag nur hinsichtlich der Parzellen 340/3 und 340/5 das Genehmigungsverfahren weiter vorangetrieben hat.
Dass der Architekt des Klägers von der fehlenden Nachbarunterschrift Kenntnis hatte und damit auch die "Unterschriftsverwechslung" auf Lageplan und Bauunterlagen kannte, dieser selbst den -zumindest unvollständigen- Befreiungsantrag einreichte und einen sachlich nicht zutreffenden, die Grenzbebauung zur Parzelle 346/1 nicht ausweisende Grenzbebauung einreichte, steht für den Senat aufgrund des Parteivortrags und der vorgelegten Urkunden (auch Bauakten) fest.
Damit entfiele zwar nicht das persönliche Vertrauen des Klägers, denn er selbst hätte in dieser Sachverhalts-Konstellation gerade eigene Täuschungshandlungen nicht vorgenommen. Jedoch ist ihm bei diesem von ihm nun vorgetragenen Sachverhalt das täuschende Verhalten seines Architekten durch Einreichung der nicht zutreffenden Baugenehmigungsunterlagen ("Unterschriftsverwechslung", fehlende eingezeichnete Grenzbebauung, unvollständiger Befreiungsantrag) über § 166 BGB zuzurechnen. Dass der Architekt für den Kläger als Vertreter bei Einreichung der Baugenehmigungsunterlagen auftrat, ergibt sich zwanglos aus dem oben genannten Schreiben, dem schriftlichen ausdrücklichen Auftrag des Klägers an seinen Architekten.
Der Senat geht auch in Übereinstimmung mit Stimmen aus Rechtsprechung und Literatur (vgl. nur BGHZ 42, 63 ff (69), MK-Schramm, 4.Aufl., § 166 Rn.11, MK-Kramer. 4. Aufl., § 123 Rdnr. 22; Kopp, Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 48 Rdnr.99; Stelkens, Bonk, Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rdnr. 156 - jeweils mit weiteren Nachweisen) davon aus, dass das täuschende Verhalten durch den Architekten (Vertreter) dem Kläger (vertretener Geschäftsherr) über die Grundgedanken der §§ 166, 123 Abs.2 BGB zuzurechnen ist. Diese Zurechnung ist auch interessengemäß, denn es kann für die Beurteilung der Ersatzansprüche des Klägers keinen Unterschied machen, ob dieser selbst -täuschend- oder über einen von ihm beauftragten Dritten versucht hat, die Baugenehmigungsbehörde über den wahren Sachverhalt im Unklaren zu lassen bzw. hierüber zu täuschen. Er ist in beiden Fällen gleichzustellen, zumal ihm, soweit der Vertreter (Architekt) ohne seine Kenntnis, möglicherweise sogar gegen seinen Willen täuschend gegenüber der Baugenehmigungsbehörde aufgetreten sein sollte, er diesen auf Schadenersatz in Anspruch nehmen kann (vgl. dazu auch unten 2.). Mithin ist damit auch nach der vom Kläger nunmehr vorgetragenen Sachverhaltsvariante ein schützenswürdiges Vertrauen in die Behördenentscheidung nicht entstanden; dieses konnte durch das ihm (Kläger) zuzurechnende täuschende Verhalten des Architekten gegenüber der Baugenehmigungsbehörde nicht entstehen.
Auch hier gilt das oben Gesagte hinsichtlich des Umstandes, dass weder dem Architekten noch dem Kläger -nach dessen Vortrag- bekannt wurde, dass die Baugenehmigungsbehörde zu einem späteren Zeitpunkt über den gesamten wahren Sachverhalt Kenntnis erlangte. Sein Vertrauen ist nicht wieder "erstarkt". Hierfür ist vom Kläger weder etwas Konkretes vorgetragen noch ergibt sich derartiges aus dem weiteren Akteninhalt. Damit handelte der Kläger auch in dieser Sachverhaltsvariante aufgrund der ihm zuzurechnenden Täuschungshandlungen durch seinen Vertreter (Architekten) nicht in schutzwürdigem Vertrauen und Ersatzansprüche kann er mithin nicht mit Erfolg gegen das beklagte Land geltend machen.
c) Damit gilt für beide vorgetragenen und denkbaren Sachverhaltsvarianten, dass in jedem Fall der Kläger bei Durchführung der Abbruch- und Neubauarbeiten nicht in dem für einen Schadensersatzanspruch nach § 839 BGB erforderlichen schutzwürdigen Vertrauen hinsichtlich der erteilten (rechtswidrigen) Baugenehmigung handelte. Ihm stehen mithin keine Schadensersatzansprüche gegen das beklagte Land zu.
2. Zum gleichen Ergebnis (Klageabweisung) führt auch der Umstand, dass der Kläger nun behauptet, sein Architekt habe ohne sein Wissen die mit unzutreffender Unterschrift versehenen Pläne, den falschen Lageplan und den unvollständigen Freistellungsantrag bei der Baugenehmigungsbehörde eingereicht.
Die darin liegende mögliche Pflichtverletzung, Vertragsverletzung des Architekten gegenüber dem Kläger mit der daraus folgenden gegebenenfalls eintretenden Schadensersatzpflicht für den vorliegenden Fall führt gemäß § 839 Abs.1 S.2 BGB (Subsidiarität der Amtshaftung) zum Ausschluss des geltend gemachten Ersatzanspruches gegen das beklagte Land, denn der Kläger selbst geht ausweislich seines Vortrages, auch unter Berücksichtigung der nunmehr eingereichten Streitverkündung gegen den Architekten mit entsprechender Begründung, davon aus, dass ihm ein Ersatzanspruch gegen seinen Vertreter (Architekten) wegen Vertragsverletzungen zusteht. Damit liegt ein schlüssig begründeter Schadenersatzanspruch nicht (mehr) vor (vgl. Palandt-Thomas, § 839 Rn.84 a) bb)) und die Klage ist auch aus diesem Grunde abzuweisen.
Der Senat weist in diesem Zusammenhang noch darauf hin, dass ein Ersatzanspruch des Klägers gegenüber dem Architekten wohl dann nicht gegeben wäre, wenn dieser -Kläger- von seinem Architekten umfassend über die gesamte tatsächliche und rechtliche Problematik des geplanten Bauvorhabens mit der fehlenden Nachbarzustimmung unterrichtet worden wäre. Insoweit könnte möglicherweise eine Vertragsverletzung des Architekten ausgeschlossen sein. Wenn bei diesem Sachverhalt der Kläger nun über alle relevanten Umstände hinsichtlich der Baugenehmigungsunterlagen und des Baugenehmigungsverfahrens durch seinen Architekten unterrichtet war, entfiele dann möglicherweise zwar die anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne von § 839 Abs.1 S.2 BGB.
Jedoch wäre in dieser Fallkonstellation (umfassende Kenntnis aller relevanten Umstände) der Wegfall eines schutzwürdigen Vertrauens beim Kläger evident.
3. Nach allem hat der Kläger keinen Ersatzanspruch gegen das beklagte Land aus Amtspflichtverletzung nach der erteilten rechtswidrigen Baugenehmigung, da ihm ein schutzwürdiges Vertrauen in das Behördenhandeln wegen der vorangegangenen eigenen Täuschungshandlung bzw. wegen des ihm zuzurechnenden täuschenden Verhaltens seines Vertreters (Architekten) nicht zugebilligt werden kann. Damit ist die Entscheidung des Landgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zuzulassen, da die hierfür vorgesehenen gesetzlichen Gründe nicht gegeben sind.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO; die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Der Wert des Berufungsverfahrens nach Abschluss des Revisionsverfahrens wird auf 60.956 EUR festgesetzt.