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05.03.2004 · IWW-Abrufnummer 040268

Amtsgericht Würzburg: Urteil vom 09.10.2003 – 15 C 3536/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Würzburg

15 C 3536/02
Verkündet am: 09.10.03

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit ...

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Würzburg durch Richter am Amtsgericht XXX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.5.2003 folgendes

END-URTEIL

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.557,25 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.12.1999 zu zahlen.

II. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 8 %, die Beklagte 92 %.

IV. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Beide Parteien sind Kaufleute, die Klägerin ist Versicherungsmaklerin, die Beklagte eine Fensterbaufirma.

Am 19.05.1999 kam zwischen den Parteien ein Vertrag zustande, der ? soweit für das vorliegende Verfahren von rechtlicher Bedeutung ? den folgenden Inhalt hat:

1. Die Fa. Z GmbH beauftragte die Fa. V als Versicherungsmaklerin zum Erstellen einer betriebswirtschaftlichen Analyse aller bestehenden Kompositverträge (Versicherungsbilanz) und stellt hierfür alle vom Versicherungsmakler benötigten Unterlagen zur Verfügung. Gegenstand der Analyse ist die Überprüfung der Preiswürdigkeit der bestehenden Versicherungsverträge und die Ermittlung eines evtl. Prämieneinsparungspotentials.

2. Eine Vergütung für die Dienstleistung wird gesondert vereinbart.

3. Die Fa. Z GmbH stimmt mit der V überein, dass es letztlich nicht möglich ist, den absolut günstigsten Versicherer oder Vertrag zu ermitteln.

Vertragsinhalt wurden weiterhin die AGB der Klägerin mit folgender Reglung:

7. Die Vergütung für die Vermittlungs- u. Betreuungstätigkeit des Versicherungsmaklers trägt gewohnheitsrechtlich der Versicherer. Sie ist Bestandteil der Versicherungsprämie.
Für die damit verbundenen Beratungsleistungen bedarf ein gesondertes Entgelt der schriftlichen Vereinbarung.

Individualvertraglich vereinbarten die Parteien am 19.05.1999 die folgende Vergütungsvereinbarung:

Es wird vereinbart, dass die V für die Tätigkeit eine Vergütung in Höhe des festgestellten Einsparungspotentials erhält, falls nach Vorlage der Versicherungsbilanz kein dauerhaftes Maklermandat erteilt wird, beauftragt die Fa. Z die V nach Vorlage mit der Vermittlung und Verwaltung, erhält die V 30 % des Einsparpotentials. Es ergibt sich aus der Differenz zwischen den derzeitigen Prämien und denen von der V ermittelten Marktprämien.
Die Vergütung ist unabhängig von der Laufzeit der Versicherungsverträge und davon, ob sich die Fa. Z zu der empfohlenen Änderung entschließt, zu entrichten.

Die Klägerin erstellte aufgrund dieses Vertrages ? nachdem die Beklagte ihr die entsprechenden Versicherungsunterlagen zur Verfügung gestellt hatte ? am 17.09.1999 eine Versicherungsbilanz. Sie errechnete für die gesamten überprüften Versicherungsverträge eine Einsparungsmöglichkeit i. H. v. 2.787,30 DM. Die Beklagte bat zunächst um nähere Erläuterungen, weshalb ein Termin mit der Klägerin für den 03.11.1999 vereinbart wurde. Am 25.10.1999 teilt die Beklagte der Klägerin mit, sie ?nehme Abstand vom klägerischen Angebot?, der Termin vom 03.11.1999 könne gestrichen werden.

Am 04.11.1999 erstellte die Klägerin eine Rechnung über einen Gesamtbetrag i. H. v. 2.979,45 DM brutto unter Berücksichtigung eines Abzugs von 3 % Skonto bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen. Eine Zahlung der Beklagten erfolgte vorgerichtlich nicht.

Die Klägerin trägt vor, sie habe die ihr obliegende Verpflichtung aus dem Vertrag, nämlich die Erstellung einer Versicherungsbilanz, ordnungsgemäß erbracht. Letztendlich errechne sich aufgrund der Ermittlungen der Klägerin für die Überprüfung aller Versicherungen (Betriebshaftpflicht-, Gebäudeversicherung, Geschäftsinhalt-, Elektronik-, Kfz-, Rechtsschutz-, Unfallversicherung, Gebäude-, Privathaftpflicht-, Haus- u. Grundversicherung) ein gesamtes Einsparpotential i. H. v. 2.763,82 DM, mithin 1.413,12 Euro). Abzgl. eines 5 %igen vereinbarten Rabattes zuzgl. der gesetzlichen MWST schulde die Beklagte daher einen Brutto-Betrag i. H. v. 1.557,25 Euro.

Nach Verzugseintritt habe der Prozessbevollmächtigte der Kläger telefonisch mit dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zum Zwecke des Abschlusses einer gütlichen Vereinbarung verhandelt, daher schuldet die Beklagte der Klägerin auch Schadensersatz i. H. v. 107,37 Euro für eine Besprechungsgebühr aus § 118 I Nr. 2. BRAGO.

Die Klägerin beantragt daher nach Klagerücknahme hinsichtlich der geltend gemachten vorgerichtlichen Mahnauslagen, sowie nach teilweise Klagerücknahme i. H. v. 13,22 Euro,

die Beklagte zur Zahlung von 1.664,63 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus sei dem 06.12.1999 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt
kostenpflichtige Klageabweisung.

Sie Trägt vor, es sei das typische Berufsrisiko eines Maklers, nur bei erfolgreicher Vertragsvermittlung vom Versicherer eine Courtage zu erhalten, nicht aber auch bei umfangreicher Beratungstätigkeit bei Nichtzustandekommen eines Versicherungsvertrages vom Auftraggeber.

Aus diesem Grund sei die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung sittenwidrig und nichtig, weil eine erfolgsunabhängige Provision vereinbart worden sei.

Außerdem habe die Klägerin die ihr obliegenden vertraglichen Leistungen nicht vollständig erfüllt. Der Teil der günstigeren Versicherungsverträge seien der Beklagten nicht dargestellt worden, daher für sie nicht nachvollziehbar. Weiterhin bestreitet die Beklagte, dass die von der Klägerin ermittelten alternativen Versicherungsmöglichkeiten identisch mit den vorhandenen Versicherungsverträgen seitens der Beklagten gewesen waren. Die Beklagte bestreitet darüber hinaus, dass von der Klägerin ermittelte Einsparpotential. Soweit dies von der Klägerin im laufenden Verfahren vorgenommen wurde, trägt die Beklagte vor, dass es sich um Angebot handele, die im Jahre 1999 nicht vorgelegen haben konnte.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage erweist sich überwiegend als begründet. Die Rechtslage orientiert sich an der bis zum 31.12.01 geltenden Fassung des BGB.

1. Zwischen den Parteien ist am 19.05.1999 ein typischer Versicherungsmaklervertrag zustande gekommen, für den die §§ 93-104 HGB, §§ 652-655 BGB gelten. Die Klägerin war zur Erstellung einer Versicherungsbilanz aller bestehenden Kompositverträge verpflichtet, also zur umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen der Beklagten. Hierzu gehört eine eingehende Risikoanalyse und das Angebot für den bestmöglichen Versicherungsschutz für die Beklagte. Demgegenüber war die Beklagte nicht verpflichtet, die von der Klägerin im einzelnen angebotenen Versicherungsverträge abzuschließen, auch dann nicht, wenn ? wie hier ? die Versicherungsanalyse und der Vorschlag des Abschlusses neuer Versicherungsverträge unter großem Arbeitsaufwand der Klägerin erfolgte. Hierin liegt das typische Berufsrisiko des Versicherungsmaklers, der ?soweit nicht anders lautende vertragliche Vereinbarungen geschlossen werden? seine Courtage später für den Fall des Abschlusses von Versicherungsverträge vom jeweiligen Versicherer erhält (vgl. Pröllss/Martin, VVG 26. Aufl., Anhang zu § 43-48 VVG; Palandt, BGB, 61 Aufl., vor § 652 Rd. Nr. 19).

Die Parteien haben aber vorliegend individualvertraglich vereinbart, dass die Klägerin von der Beklagten die Tätigkeit (Erstellung einer Versicherungsbilanz) eine Vergütung in Höhe des festgestellten Einsparpotentials fordern kann, falls nach Vorlage der Versicherungsbilanz kein dauerhaftes Maklermandat erteilt wird.

Eine solche individualvertragliche Vereinbarung ist grundsätzlich auch unter Beachtung des gesetzlichen Bildes des Maklers möglich (§ 652 II BGB). Das Maklerrecht ist dispositives Recht. Individualvereinbarungen finden ihre Grenze grundsätzlich nur den Regeln des redlichen Verkehrs und der guten Sitten. Individuell ausgehandelte Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild des Maklers sind möglich (vgl. Palandt, a. a. O., § 652 Rd. Nr. 63).

Zwar führt Kollhosser in Pröllss/Martin VVG, Anhang zu § 43-48 Rd. Nr.18 aus, dass ein Makler, der für seine versicherungsberatende Tätigkeit mit dem VN ein Honorar vereinbare, welches unabhängig vom Erfolg einer Vertragsvermittlung erzahlt werden soll, das herkömmliche Berufsbild des Versicherungsmaklers überschreite, und die Tätigkeit eines Versicherungsberaters als Haupttätigkeit ausführe, für die ihm nach § 1. Nr. 2 RechtsberatungsG die Erlaubnis fehle. Dieser Ansicht ist allerdings nicht zu folgen. Mit Recht hat das OLG Stuttgart mit Urteil vom 28.12.1990 (bl. 76-87 d. A.). angenommen, dass selbstverständlich jeder Versicherungsmakler auch Versicherungsberatung betreibe und daher für diese Tätigkeit nicht der Erlaubnis nach dem RechtsberatungsG bedarf. Der Versicherungsmakler wird aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit vorwiegend dienstvertraglichen Inhalten Vertragspartner des Versicherungsnehmers. Seine Arbeit beschränkt sich nicht nur darauf, bestimmte Versicherungen zu vermitteln, sondern die Betreuung und Überprüfung bereits bestehender Versicherungen, mithin die vorliegend vertraglich vereinbarte Erstellung einer ?Versicherungsbilanz?, insbesondere des Aufzeigens günstigerer Versicherungsmöglichkeiten. Da sich bei einer so verstandenen Versicherungsmaklertätigkeit wirschaftliche-kaufm. Tätigkeit von Rechtsberatung nicht trennen lässt, betreibt der Versicherungsmakler eben auch bei Erstellung einer Versicherungsbilanz ? für die er individualvertraglich eine Vergütung fordert ? keine Rechtsberatung.

2. Aus alldem ergibt sich, dass der zwischen den Parteien zustande gekommene Vertrag weder gegen Recht und Gesetz, noch die guten Sitten verstößt und damit eine Nichtigkeit gem. den §§ 134, 138 BGB ausscheidet.

3. Die Klägerin hat die ihr aus diesen Vertrag ergebenden Verpflichtungen, nämlich die Erstellung einer Versicherungsbilanz und die Ermittlung eines evtl. Prämieneinsparungspotentials mit Schreiben vom 17.09.1999 an die Beklagte erfüllt. Die Klägerin hat in diesem Schreiben an die Beklagte die bei der Beklagte bestehenden Versicherungsverträge aufgeführt und Vorschläge zu vergleichbaren kostengünstigeren Versicherungen gemacht.

Zunächst wünschte die Beklagte in der Folgezeit eine nähere und detaillierte Beschreibung der von der Klägerin angebotenen Versicherungsleistungen, hierzu war die Klägerin auch bereit, allerdings nicht mehr in der Lage, weil die Beklagte mit Fax vom 25.10.1999 (Bl. 42 d. A.) das Vertragsverhältnis mit der Klägerin kündigte.

Hierzu war Beklagte in entsprechender Anwendung der §§ 649, 627 BGB berechtigt. Allerdings kann die Beklagte dann nach Kündigung auch von der Klägerin nicht mehr verlangen, die bis dahin erstellte Versicherungsbilanz noch näher zu erläutern, insbesondere kann die Beklagte jetzt im Verfahren der Klägerin nicht mehr entgegenhalten, sie habe die ihr obliegende vertragliche Leistung nicht vollständig erfüllt. Vor Kündigung des Vertrages war die Klägerin bereit, die einzelnen Angebote im einzelnen mit der Beklagten zu erörtern, um so mögliche Bedenken der Beklagten hinsichtlich einer Vergleichbarkeit der von der Klägerin ermittelten Angebote mit dem bereits bei der Beklagten bestehenden Versicherungen auszuräumen, nach Kündigung des Vertrages durch die Beklagte war die Klägerin aber hierzu nicht mehr verpflichtet.

4. Die Höhe des von der Klägerin errechneten Einsparpotentials spielt daher im vorliegenden Rechtsstreit nur insoweit eine Rolle als durch diese Höhe der Vergütungsanspruch der Klägerin definiert wird.

Die Klägerin hat mit dem Sachvortrag im Schriftsatz vom 11.06.03 und den zu diesem Schriftsatz gehörenden Anlagen (Bl.104 ff) schlüssig dargelegt, dass im Jahre 1999 bei Abschluss der von der Klägerin vorgeschlagenen Versicherungen, die inhaltlich im wesentlichen mit den bei der Beklagten bereits vorhandenen Versicherungen im Einklang standen, sich ein Einsparpotential Versicherungsprämien i. H. v. jährlich 1.413,12 Euro ergibt.

Eine Beweisaufnahme, ob dieses Einsparpotential tatsächlich zutrifft, bedarf es im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr, weil die Höhe des Einsparpotentials nur insoweit von rechtlicher Bedeutung ist, als es den Gebührenanspruch der Klägerin betrifft. Insoweit haben die Parteien nämlich vereinbart, dass die Klägerin für ihre Tätigkeit eine Vergütung i. H. v. des festgestellten Einsparungspotentials erhält, falls nach Vorlage der Versicherungsbilanz kein dauerhaftes Maklermandat erteilt wird. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um die Höhe der Vergütungsforderungen der Klägerin. Insoweit genügt es, dass sich die Parteien auf eine bestimmte Methode für die Berechnung der klägerischen Forderung geeinigt haben, wobei eine sog. ?Übererlösklausel? als wirksam angesehen wurde, weshalb auch die hier zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung wonach sich der Vergütungsanspruch nach der Höhe des von der Klägerin ermittelten Einsparungspotentials richtet, wirksam ist (vgl. Palandt, a. a. O., § 652 Rd. Nr. 53).

Ergänzend sind die §§ 315 ff BGB heranzuziehen, wonach die Leistungsbestimmung jedenfalls nach billigem Ermessen zu treffen ist.

Dies bedeutet in rechtlicher Hinsicht, dass von der Klägerin nicht mehr ? aber auch nicht weniger ? verlangt werden kann, dass sie das von ihr errechneten Einsparungspotential schlüssig und nachvollziehbar darlegt. Weitere Einwendungen diesbzgl. braucht sich die Klägerin nicht gefallen zu lassen, insbesondere dann nicht, wenn wie vorliegend der Klägerin ein näheres Eingehen auf mögliche Bedenken der Beklagten bzgl. der Versicherungsbilanz durch Vertragskündigung abgeschnitten wurde.

Hieraus folgt, dass die Beklagte zur Zahlung von 1.557,25 Euro antragsgemäß zu verurteilen war.

RechtsgebieteBGB, HGBVorschriften§ 134 BGB, Art. 1 § 1 Abs. 1 Ziff. 2 RBerG

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