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02.09.2002 · IWW-Abrufnummer 021144

Finanzgericht Köln: Urteil vom 24.10.2001 – 6 K 2899/97

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


6 K 2899/97

Urteil des 6. Senates
vom 24.10.2001

Tatbestand

Die Klägerin ist eine zur Firmengruppe des B gehörende GmbH. Sie war u. a. in den Jahren 1980 bis 1984 Organgesellschaft des Einzelunternehmens ihres Gesellschafter-Geschäftsführers B. Dieses Einzelunternehmen mit der Firma B-Betriebe B. bildete die Konzernspitze der Firmengruppe B. Mit Verwaltungsakt vom 1. April 1986 ordnete das für die Besteuerung der Klägerin zuständige Finanzamt (FA K) eine Außenprüfung bei der Klägerin für den Prüfungszeitraum 1. Januar 1980 bis einschließlich 1. Januar 1985 an. Mit der Prüfung wurde die Großbetriebsprüfungsstelle der Oberfinanzdirektion K (OFD) beauftrag. Die Prüfung begann am 22. April 1986 und wurde von dem Betriebsprüfer H durchgeführt. Gleichzeitig wurde mit Außenprüfungen bei anderen zur Firmengruppe des B gehörenden Unternehmen und bei B und seiner Ehefrau begonnen. Im Verlauf der Prüfungen entstand bei dem Prüfer der Verdacht, die Eheleute hätten Steuerstraftaten begangen. Er informierte die Steuerfahndungsstelle Köln. Diese leitete am 25. Juni 1986 ein Strafverfahren gegen B ein. Gegen die Ehefrau des B sowie gegen den Prozessbevollmächtigten Steuerberater A, der steuerlichen Berater und Bevollmächtigter der Eheleute B und der zur Firmengruppe des B gehörenden Unternehmen war, wurden ebenfalls Steuerstrafverfahren eingeleitet.

Am 9. September 1986 legte die Klägerin gegen die Prüfungsanordnung Beschwerde ein. Sie machte geltend, die Beauftragung der Großbetriebsprüfungsstelle der OFD (OFD-GroßBp) verstoße gegen den Grundsatz der funktionalen Zuständigkeit des FA K und der OFD.

Mit Wirkung zum 1. Oktober 1986 richtete Nordrhein-Westfalen Finanzämter für Großbetriebsprüfung ein, darunter auch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung Köln I (FA GroßBp). Es teilte durch Verwaltungsakt vom 14. Oktober 1986 der Klägerin mit, es werde anstelle der bisher prüfenden Stelle die laufende Betriebsprüfung fortführen. Auch gegen diesen Verwaltungsakt legte die Klägerin Beschwerde ein. Zur Begründung trug sie u. a. vor: Die durch die Prüfungshandlungen den OFD-GroßBp gewonnenen Erkenntnisse seien rechtswidrig erlangt. Auch für eine Fortführung der durch die OFD-GroßBp begonnene Prüfung durch das FA GroßBp fehle die Rechtsgrundlage. Der im Verwaltungsakt vom 1. Oktober 1986 benannte Prüfer des FA GroßBp war der Betriebsprüfer H, der zuvor bereits die Prüfung seitens der OFD-GroßBp durchgeführt hatte und mit der Errichtung des FA GroßBp von diesem als Betriebsprüfer übernommen worden war.

Am 22. Dezember 1986 teilte das FA GroßBp der Klägerin mit, die Ermittlungen bei der Firmengruppe B würden im Strafverfahren gegen B von dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung K (FA Steufa) weitergeführt und abgeschlossen werden. Damit hätten sich die angefochtenen Prüfungsanordnungen erledigt. Zuständiger Prüfer beim FA Steufa war der Steuerfahndungsprüfer C. Zusätzlich in der Steuerfahndungssache tätig blieb der Betriebsprüfer H, der am 4.02.1987 von dem FA GroßBp zum FA Steufa abgeordnet wurde, ?soweit abschließende Tätigkeiten in den Prüfungsfirmen ... erforderlich sind.?

Durch Beschwerdeentscheidungen vom 2. April 1987 wies die OFD die Beschwerden der Kläger gegen die Prüfungsanordnung vom 1. April 1986 und den Verwaltungsakt vom 14. Oktober 1986 (sog. ergänzende Prüfungsanordnung) als unbegründet zurück. Die Klägerin erhob daraufhin am 20. Mai 1987 beim Finanzgericht (FG) Köln Klage (6 K 1910/87). Während des Klageverfahrens ? im Jahre 1989 ? wurden die Ermittlungen gegen B und seine Firmen abgeschlossen. Auf der Grundlage der jeweiligen Prüfungsberichte erließ das FA K gegen die geprüften Personen und Unternehmen im Jahre 1990 Steuerbescheide, so auch gegen die Klägerin. Gegen alle Steuerbescheide wurden Einsprüche eingelegt. Die Einsprüche wurden von der Rechtsbehelfsstelle des FA K bearbeitet. Zuständiger Sachgebietsleiter der Rechtsbehelfsstelle war Oberregierungsrat D. Im Einspruchsverfahren der Eheleute B und des Einzelunternehmens des B wurden B und seine Ehefrau durch ihren Strafverteidiger, den Rechtsanwalt S, vertreten. Bevollmächtigter in den übrigen Einspruchsverfahren war (und blieb) Steuerberater A.

In den gegen B und A anhängigen Strafverfahren ließ Staatsanwalt E Anfang 1991 gegenüber den Strafverteidigern der beiden Beschuldigten die Bereitschaft erkennen, beide Strafverfahren nach § 153 a der Strafprozessordnung (StPO) gegen Auflage von Geldzahlungen einzustellen. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass in jedem der beiden Strafverfahren Einvernehmen erzielt werde. Eine unterschiedliche Behandlung beider Strafverfahren komme nicht in Betracht. Unabdingbare Voraussetzung für eine Einstellung nach § 153 a StPO sei weiterhin, dass zuvor in den Besteuerungsverfahren des B und des A Einvernehmen mit den jeweiligen Finanzämtern erzielt werde.

Zwischen A und dem Vorsteher des für A zuständigen Finanzamts kam eine tatsächliche Verständigung am 12. April 1991 zustande. Im Besteuerungsverfahren des B übermittelte der Steuerfahndungsprüfer dem Rechtsanwalt S am 8. Mai 1991 mündlich den Vorschlag des FK K zu einer tatsächlichen Verständigung ?zur Erledigung des gesamten ?Steuerfalles? B?. Bereits zuvor hatte Rechtsanwalt S für seinen Mandanten B dem FA K einen Einigungsvorschlag gemacht, der vom FA K jedoch nicht angenommen worden war. Der nunmehr vom FA K gemachte Vorschlag beinhaltete einmal eine Verständigung hinsichtlich der Feststellungen des Steuerfahndungsberichts vom 30.11.1989 (betreffend die Eheleute B und das Einzelunternehmen des B). Bestandteil des Verständigungsvorschlages war weiterhin, dass mit Staatsanwalt E eine Übereinkunft dahingehend erzielt wurde, die Steuerstrafverfahren gegen B und A nach § 153a StPO zu erledigen. Schließlich beinhaltete der Vorschlag, dass ?Zug um Zug mit dem finanzamtlichen Vollzug dieser tatsächlichen Verständigung? mit Aktenzeichen des FG Köln benannten ?Klagen und Rechtsbehelfe? zurückgenommen werden sollten, darunter auch die Klage der Klägerin mit dem Aktenzeichen 6 K 1910/87.

Mit Schreiben vom 15. Mai 1991, gerichtet an den Vorsteher des FA K und den Sachgebietsleiter D, gab Rechtsanwalt S die einzelnen Punkte des ihm ?in ihrem Auftrag? übermittelten Vorschlags wieder und teilte gleichzeitig ?im Auftrage von Herrn B ... mit, dass der vorstehende Vorschlag ? unwiderruflich ? akzeptiert wird?. Das vorgenannte Schreiben wurde von dem Sachgebietsleiter D mit Schreiben vom 28. Mai 1991 dahingehend beantwortet, die Steuerbescheide würden antragsgemäß entsprechend dem Schreiben des Rechtsanwalts S vom 15. Mai 1991 geändert; es ergebe sich lediglich eine ? näher dargelegte ? Abweichung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Mit Schreiben vom 21. Juni 1991, gerichtet an D und die für die Bearbeitung der Rechtsbehelfe zuständige Sachbearbeiterin des FA K, bestätigte Rechtsanwalt S ?der guten Ordnung halber?, dass der Inhalt des Schreibens vom 28. Mai 1991 ?in Ordnung geht?.

Die Erledigung der Strafverfahren gegen B und A nach § 153 a StPO, die Inhalt der tatsächlichen Verständigung war, drohte längere Zeit daran zu scheitern, dass A mit einer Erledigung des ihn betreffenden Strafverfahrens nach § 153 a StPO zunächst nicht einverstanden war. Staatsanwalt E hatte ursprünglich Geldauflagen von 15.000 DM für B und von 150.000 DM für A vorgesehen. In einem Gespräch bei der Staatsanwaltschaft am 14. Mai 1991, an dem u. a. auch B selbst teilnahm, nannte E nunmehr als Geldauflagen für B und A einen Betrag von je 75.000 DM. In diesem Gespräch blieb E dabei, die Einstellung des Strafverfahrens gegen B nach § 153 a StPO davon abhängig zu machen, dass auch A seinerseits einer Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO im Hinblick auf seine Person zustimme. Auf den Einwand, dass B keinen Einfluss auf die Zustimmungserklärung des A habe und aus diesem Grunde die Verknüpfung beider Verfahren für B unzumutbar sei, erklärte E, es sei Sache von B, ob und wie er A zur Zustimmung bewege. Es gehe um seine (B?s) Haut. Darüber hinaus wies E den B in diesem Gespräch nach Darstellung der Klägerin darauf hin, dass es zwar unsicher sei, ob ein Gericht ihn verurteilte. Er solle aber damit rechnen, dass dieses Verfahren viele Jahre dauere, er permanent vor Gericht erscheinen müsse, hohe Rechtsanwaltskosten auf ihn zukämen und er im Endergebnis durch dieses Verfahren seine städtischen Betriebe verlieren würde. Bei diesen Betrieben handelte es sich um bekannte und angesehene Gaststättenbetriebe in der Stadt K, die B von der Stadt gepachtet hatte. Die Bemühungen des B und des S, A zur Aufgabe seines Widerstandes gegen eine Einstellung des Strafverfahrens gegen ihn (A) zu bewegen, hatten schließlich Erfolg. A stimmte ? nicht zuletzt im Interesse des B ? einer Einstellung seines Verfahrens gegen eine Geldauflage von 75.000 DM zu. B erklärte sich ebenfalls mit der Einstellung des Strafverfahrens gegen ihn einverstanden und stimmte einer (zwischenzeitlich erhöhten) Geldauflage von 90.000 DM zu. Die Strafverfahren gegen B und A wurde am 5. Juni 1991 vorläufig und ? nach Zahlung der auferlegten Geldbußen ? am 28. Oktober 1991 endgültig nach § 153 a StPO eingestellt.

Anfang September 1991 kam es zwischen B und Rechtsanwalt S zum Zerwürfnis, nachdem Rechtsanwalt S den Eindruck gewonnen hatte, Steuerberater A halte sich im Auftrag des B nicht an die von S im Auftrag und mit Billigung des B ausgehandelte Einigung gebunden. Die schriftliche Aufforderung des S an B, Steuerberater A zu veranlassen, sich gegenüber den Finanzbehörden entsprechend der getroffenen steuerlichen Einigung zu verhalten, beantwortete B umgehend mit sofortigen Kündigung der zwischen ihm und S bestehende Mandatsbeziehungen.

B hielt seine Zusage, die bei der tatsächlichen Verständigung mit FG-Aktenzeichen näher bezeichneten ?Klagen und Rechtsbehelfe? zurückzunehmen, nicht ein. Er nahm auch die anhängigen Einsprüche wegen der vom FA K im Anschluß an die Betriebs ? und Steuerfahndungsprüfungen erlassenen Steuerbescheide nicht zurück. Gegen die im Anschluss an die tatsächliche Verständigung erlassenen Änderungsbescheide legte B ebenfalls Einspruch ein. Die Einsprüche hatten sämtlich keinen Erfolg. Gegen die Einspruchsentscheidungen erhob B ? im eigenen Namen bzw. im Namen der von ihm vertretenen Firmen ? Klage. Eine Entscheidung über diese Klagen ist bisher nicht ergangen.

Das FG gab Klage vom 20. Mai 1987, mit der die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung und der ergänzenden Prüfungsanordnung begehrte, mit Urteil vom 12. Januar 1994 6 K 1910/97 statt. Eine Bindung der Klägerin an die im Rahmen der tatsächlichen Verständigung gegebene Zusage, die Klage zurückzunehmen, wurde vom FG mit der Begründung verneint, die tatsächliche Verständigung sei unter der Drohung zustande gekommen, dass andernfalls das Steuerstrafverfahren nicht nach § 153 a StPO eingestellt werde. Dies stelle eine unzulässige Beeinflussung der Klägerin bzw. ihres Geschäftsführers dar, die zur Unwirksamkeit der tatsächlichen Verständigung führe.
Die Revision gegen dieses Urteil führte mit Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Oktober 1996 l R 63/95 zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Der Bundesfinanzhof hielt die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht für ausreichend, um die Zulässigkeit der Klage zu beurteilen. Wegen der weiteren Urteilgründe wird auf den Inhalt der BFH ? Entscheidung l R 63/95 Bezug genommen.

Die Sache befindet sich nunmehr im zweiten Rechnungsgang. An die Stelle des früheren Beklagten ist im Wege der Organisationsnachfolge der jetzige Beklagte getreten.

Die Klägerin hält an ihrer bereits im ersten Rechtsgang vertretenen Auffassung fest, eine tatsächliche Verständigung sei nicht wirksam zustande gekommen. Hiefür gebe es mehrere Gründe. Die tatsächliche Verständigung habe sich nur die Eheleute B und das Einzelunternehmen des B bezogen, nicht aber auf die Klägerin. Auf Seiten der Finanzverwaltung sei die Verständigung ohne Beteiligung des hierfür zuständigen Amtsträgers zustande gekommen. Rechtsanwalt S, der für B an dem Zustandekommen der tatsächlichen Verständigung mitgewirkt habe, habe Vertretungsvollmacht für das Strafverfahren gegen B gehabt, nicht jedoch für die Besteuerungsverfahren des B und der Klägerin. Auch die materiellen Voraussetzungen für die Wirksamkeit der tatsächlichen Verständigung seien nicht gegeben, da das Finanzamt in der sogenannten ?tatsächlichen Verständigung? eine Vielzahl von Wunschvorstellungen und Behauptungen aufstelle. Die Verständigung sei schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil sie unter dem Druck anhängiger Steuerstrafverfahren gegen B und dessen Ehefrau sowie gegen den Steuerberater des B erfolgt sei. Das Finanzamt habe eine tatsächliche Verständigung davon abhängig gemacht, dass B die Forderungen der Staatsanwaltschaft für eine Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 a StPO akzeptierte. Die Staatsanwaltschaft wiederum habe die Einstellung dieses Strafverfahrens nach § 153 a StPO davon abhängig gemacht, dass B den Vorschlägen des Finanzamts für eine tatsächliche Verständigung folgte, und in diesem Zusammenhang mit Konsequenzen für den Fall des Nichtzustandkommens einer tatsächlichen Verständigung gedroht. Außerdem habe die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Strafverfahrens gegen B davon abhängig gemacht, dass auch sein Steuerberater A seinerseits einer Verfahrenseinstellung nach § 153 a StPO im Hinblick auf seine Person zustimmte. Unter dem Druck, der insbesondere von Seiten des Staatsanwalts ausgeübt worden sei, habe B ? nach fünfjähriger Dauer des Strafverfahrens und hierdurch entstandener großer nervlicher Belastungen ? aus einer Panik heraus seine Zustimmung zu der tatsächlichen Verständigung gegeben. Diese Zustimmung sei erzwungen worden.

Die Klägerin hält auch das für ihre Klage erforderliche Feststellungsinteresse für gegeben. Die nach Abschluss der Fahndungsprüfung erlassenen und in anderen Klageverfahren angefochtenen Änderungsbescheide seien rechtswidrig. Diesen Bescheiden lägen nämlich ausschließlich Ermittlungsergebnisse zugrunde, die auf der Grundlage der rechtswidrigen Prüfungsanordnungen durch den Prüfer H gewonnen worden seien und deshalb in den Änderungsbescheiden nicht hätten verwertet werden dürfen. Das FA Steufa habe selbst keine Prüfung durchgeführt. Es habe vielmehr ohne eigene Prüfung die bereits zuvor von dem Prüfer H aufgrund rechtwidriger Prüfungsanordnungen getroffenen Feststellungen unter Mitwirkung dieses Prüfers zum Inhalt der Steuerfahndungsberichte gemacht.

Wegen weiterer Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird Bezug genommen auf die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2001 übersandte Ablichtung des Schriftsatzes vom 10. Mai 1999 in gleichgelagerten Sache 5 K 798/99 der Eheleute B.

Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die Prüfungsanordnung des Finanzamts Köln-Mitte vom 1. April 1996 und die (ergänzende) Prüfungsanordnung des Finanzamt für Großbetriebsprüfung Köln I vom 14. Oktober 1986 rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er hält die Klage für unzulässig. Zum einen habe sich B als Geschäftsführer der Klägerin wirksam verpflichtet, die Klage zurückzuweisen. Zum anderen fehle auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Den Änderungsbescheiden liege ausschließlich das Ermittlungsergebnis der Prüfung durch das FA Steufa zugrunde. Die streitgegenständlichen Prüfungsanordnungen der FA K (an die OFD ? GroßBp) und des FA GroßBp seien für die Verwertbarkeit der Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndung im Besteuerungsverfahren ohne Bedeutung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.
Die Klägerin wurde durch ihren Geschäftsführer B wirksam verpflichtet, die vorliegende Klage zurückzunehmen. Da sie trotz dieser Verpflichtung an ihrer Klage festhält, stellt die Fortsetzung des Verfahrens eine unzulässige Rechtsausübung durch die Klägerin dar, so dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist.

1. Inhalt der zwischen B und dem FA K getroffenen tatsächlichen Verständigung war u. a., dass ?Zug um Zug mit dem finanzamtlichen Vollzug dieser tatsächlichen Verständigungen? die Klage ?FG Köln 6 K 1910/87? zurückgenommen wird. Bei dieser Klage handelt sich um die vorliegende Klage, die im ersten Rechtsgang bei Gericht unter der vorgenannten Geschäftsnummer geführt wurde. Daß die Klage im zweiten Rechtsgang unter einer neuen Geschäftsnummer geführt wird, ändert nichts an der Nämlichkeit der Klage. Die Verständigung ist ? hinsichtlich der Verpflichtung zur Klagerücknahme - auch mit Wirkung für die Klägerin zustande gekommen, und zwar nicht bereits am 8. Mai 1991 anläßlich der Besprechung zwischen dem Steuerfahndungsprüfer C und Rechtsanwalt S, sondern erst durch den anschließenden Schriftwechsel zwischen Rechtsanwalt S und dem FA K (vgl. Schreiben von S an das FA K vom 15. Mai 1991, Schreiben des FA K an S vom 28. Mai 1991 und Schreiben von S an das FA K vom 21. Juni 1991). Für das FA K waren an diesem Schriftwechsel der Vorsteher des Finanzamtes sowie der für die damals anhängigen Einspruchs ? und Klageverfahren zuständige Sachgebietsleiter der Rechtsbehelfsstelle des Finanzamts beteiligt. Beide vorgenannten Personen waren zur Entscheidung über die Steuerfestsetzung und damit auch zum Abschluss einer diesbezüglichen tatsächlichen Verständigung befugt. Für B handelte bei Abschluss der Vereinbarung Rechtsanwalt S, dessen Strafprozessvollmacht auch die Berechtigung zur Vertretung im Steuerverfahren umfasste, soweit dieses mit der Strafsache im Zusammenhang stand. Da den an der tatsächlichen Verständigung Mitwirkenden bekannt war, dass im Verfahren 6 K 1910/87 nicht B Kläger war, sondern die von ihm vertretene Klägerin, erfolgte insoweit die Zusage zur Klagerücknahme erkennbar im Namen des B in dessen Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter der Klägerin. Die von B gegenüber S erklärte Zustimmung zu dem Einigungsvorschlag des Finanzamts wurde von B insoweit, d, h, hinsichtlich der Zusage zur Klagerücknahme, ebenfalls in dessen in dessen Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter der Klägerin erteilt. Diese Zustimmungserklärung des B enthielt zugleich die Erteilung der dem Auftrag an S entsprechenden Vollmacht; denn es war auch von Seiten des B eine sofortige Bindung gewollt. Da die Zusage zur Rücknahme der von der Klägerin erhobene Klage demnach letztlich in deren Namen und Vollmacht erfolgt ist, wurde die Klägerin durch diese Zusage unter der in der tatsächlichen Verständigung genannten Voraussetzung (Vollzug der tatsächlichen Verständigung durch das Finanzamt) zur Klagerücknahme verpflichtet. Diese Voraussetzung wurde vom FA K bereits im Jahre 1991 durch Erlass von Aufhebungsbescheiden (für die Jahre 1975 ? 1979) und Änderungsbescheiden (für die Jahre 1980 - 1984)erfüllt.

2. Das erkennende Gericht hat in seinem im ersten Rechtsgang ergangenen Urteil festgestellt, die tatsächliche Verständigung sei unter der Drohung zustande gekommen, dass andernfalls das Steuerstrafverfahren nicht nach § 153 a StPO eingestellt werde. Es hat darin eine unzulässige Beeinflussung der Klägerin bzw. ihres Geschäftsführers gesehen, die zur Unwirksamkeit der tatsächlichen Verständigung geführt habe. Der BFH, der dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hat, hat in seiner Entscheidung l R 63/95 festgestellt, den dem FG von der Klägerin (im ersten Rechtsgang) vorgelegten Schriftstücken und den tatsächlichen Feststellungen des FG ließen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Verknüpfung der Einstellung der Steuerstrafverfahren gegen B und A mit der Einigung über die Besteuerung der Firmengruppe des B und der Eheleute B und der Rücknahme der im Zusammenhang mit der Prüfungsanordnung stehenden Klagen die Entschließungsfreiheit des B in unstatthafter Weise beeinträchtigt hätte. Die Zusage der Klägerrücknahme binde die Klägerin ?nur dann? nicht, wenn Rechtsanwalt S sie gemacht habe, weil die an der tatsächlichen Verständigung mitwirkenden und entscheidungsbefugten Finanzbeamten des FA K mit dem zuständigen Staatsanwalt zusammenwirkten, um nach damaligen Erkenntnisstand unhaltbare Steueransprüche gegen B, seine Unternehmen oder seine Ehefrau durchzusetzen. Das erkennende Gericht ist in seiner nunmehr (im zweiten Rechtsgang) zu treffenden Entscheidung an die rechtliche Beurteilung des BFH gebunden (§ 126 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung ?FGO-). Auf der Grundlage dieser Beurteilung ist ? abweichend von der im ersten Rechtsgang gewonnen Überzeugung- die Wirksamkeit der tatsächlichen Verständigung und damit auch der darin enthaltenen Zusage der Klagerücknahme zu bejahen.

3. Ein Zusammenwirken zwischen dem FA und der Staatsanwaltschaft zum Zwecke der Durchsetzung von nach damaligen Erkenntnisstand unhaltbaren Steueransprüchen hat nicht stattgefunden.

Denn das FAK und die Staatsanwaltschaft gingen nach ihrem Erkenntnisstand in der Zeit ihres Zusammenwirkens bei dem Zustandekommen der tatsächlichen Verständigung nicht davon aus, dass Steueransprüche in der Höhe, wie sie das FA K mit seinem Vorschlag einer tatsächlichen Verständigung ?festschreiben? wollte, unhaltbar, d. h. aus materiellen oder formellen Gründen ? insbesondere bei einer gerichtlichen Überprüfung der damals noch im Einspruchsverfahren befindlichen Steuerbescheide ? ?nicht zu halten? seien.

In dem Vorschlag des FA K waren zahlreiche streitige Prüfungsfeststellungen fallengelassen worden, so dass die verbleibenden Steueransprüche erheblich geringer waren als die entsprechend dem Steuerfahndungsbericht damals bereits festgesetzten Steueransprüche. Die vom Finanzamt in dem Einigungsvorschlag weiterhin aufrechterhaltenen Prüfungsfeststellung waren (und bleiben) zwar ebenfalls bestritten. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 361 Abs. 2 AO bestanden aber hinsichtlich dieser aufrechterhaltenen Prüfungsfeststellungen für die Finanzbehörden nach den damaligen Erkenntnissen nicht mehr, zumal die tatsächlichen und rechtlichen Prüfungsfeststellungen weder willkürlich noch das Ergebnis von sachfremden Erwägungen waren. Zwar war die Höhe der bei einer etwaigen gerichtlichen Überprüfung der Steuerbescheide letztlich verbleibenden Steueransprüche naturgemäß ungewiss. Das FA K hatte aber ausweislich der beigezogenen Akten bei Abschluss der tatsächlichen Verständigung nie die Vorstellung, ohne diese Verständigung seien Steueransprüche in der sich nach der Verständigung ergebenden Höhe aus materiellrechtlichen Gründen gerichtlich nicht haltbar. Das FA K ging auch nicht davon aus, die Prüfungsfeststellungen seien aus formellen Gründen nicht verwertbar. Die Staatsanwaltschaft ging nach ihrem Erkenntnisstand ebenfalls von der Haltbarkeit der Steueransprüche aus, die auf der Grundlage des Finanzamtvorschlags verbleiben würden. Ein Zusammenwirken zwischen den Finanzbehörden und der Staatsanwaltschaft zum Zwecke der Durchsetzung von nach damaligem Erkenntnisstand unhaltbaren Steueransprüchen hat demnächst nicht stattgefunden.

4. Die Entschließungsfreiheit des B wurde durch die Verknüpfung der Einstellung der Steuerstrafverfahren gegen B und A mit der Einigung im Besteuerungsverfahren des B und der Rücknahme der im Zusammenhang mit den Prüfungsanordnungen stehenden Klagen nicht unstatthafter Weise beeinträchtigt. Dies hat bereits der BFH in seinem Urteil l R 63/95 auf der Grundlage der ihm vorliegenden Schriftstücke und der tatsächlichen Feststellungen des erkennenden Gerichts im ersten Rechtsgang festgestellt. Aus den im zweiten Rechtsgang von der Klägerin vorgelegten weiteren Schriftstücken und den erstmals im zweiten Rechtsgang vorgelegten Akten ergibt sich nichts anderes.

Das unstreitig zu bejahende Zusammenwirken zwischen dem FA K und der Staatsanwaltschaft verfolgte das Ziel, entweder beide Verfahren Besteuerungsverfahren und Strafverfahren) ?streitig? fortzuführen oder aber beide Verfahren zeitgleich kurzfristig zu einem einvernehmlichen Abschluss zu bringen. Dass eine derartige Gleichbehandlung in der Erledigung beider Verfahren auch sinnvoll ist, hat seinen sachlichen Grund letztlich in dem tatsächlichem und rechtlichen Zusammenhang zwischen der Straf- bzw. Bußgeldsache und dem diesbezüglichen Steueranspruch. Beide Verfahren beruhen auf demselben Lebenssachverhalt. Es ist demnach grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Besteuerungsbehörde eine einvernehmliche Erledigung des Besteuerungsverfahrens abhängig macht von der (zeitgleichen oder zeitnahen) einvernehmlichen Erledigung des Strafverfahrens, die Strafverfolgungsbehörde wiederum eine einvernehmliche Erledigung des Strafverfahrens mit einer einvernehmlichen Erledigung des Besteuerungsverfahrens. Diese ?Verknüpfung? hat zwar die Entschließungsfreiheit des B beeinträchtigt, nämlich insoweit, als B hierdurch seitens der Staatsanwaltschaft ?gezwungen? wurde, dem Einigungsvorschlag des Finanzamts zuzustimmen, wenn er eine Einstellung des Strafverfahrens gegen ihn nach § 153 a StPO herbeiführen wollte. Die Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit des B durch die Verknüpfung war jedoch statthaft, da die Verknüpfung als Mittel einer sachgerechten Erledigung des Gesamtkomplexes rechtmäßig war.

Ob die sowohl gegenüber S als auch gegenüber B selbst erfolgte Äußerung des E, B müsse im Besteuerungsverfahren mit den Finanzbehörden Einvernehmen erzielen, da andernfalls das Steuerstrafverfahren nicht nach § 153 a StPO eingestellt werde, begrifflich überhaupt eine ?Drohung? darstellt, wie das erkennende Gericht im ersten Rechtsgang angenommen hat, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls war eine derartige ?Drohung? mit den Auswirkungen eines Scheiterns der Verhandlungen mit den Finanzbehörden auf das Strafverfahren nicht widerrechtlich. Sie stellt demnächst auch keine unstatthafte Beeinflussung im Sinne des BFH-Urteils l R 63/95 dar.

Im Streitfall kommt hinzu, dass weder B noch auch dessen Steuerberater A ?ungeschützt? den Vorstellungen und Vorschlägen des FA K und der Staatsanwaltschaft gegenüberstanden. B war in dem Steuerstrafverfahren und dem diesbezüglichen Besteuerungsverfahren vertreten durch Rechtsanwalt S, der Steuerberater A seinerseits durch einen anderen Rechtsanwalt. Diese Personen führten auch die maßgeblichen Gespräche sowie den Schriftverkehr mit den beteiligten Behörden, unterrichteten hiervon ihre Mandanten und schlugen diesen letztlich vor, den ?verknüpften? Einigungsvorschlägen zuzustimmen, was diese dann auch taten. Wegen der Gründe, aus denen Rechtsanwalt S seinem Mandanten B zur Annahme des Vorschlags des FA K riet, wird auf das Schreiben vom 10. Mai 1991 Bezug genommen. Diesem Schreiben war ein Vermerk über die Details des endgültigen Einigungsvorschlags beigefügt, über den S den B bereits zuvor telefonisch unterrichtet hatte. Die Tatsache, dass B daraufhin der Annahme des Vorschlags durch Rechtsanwalt S zustimmte, lässt darauf schließen, dass ihn die von Rechtsanwalt S angegebenen Gründe überzeugt haben. Jedenfalls war der Inhalt des Schreibens vom 10. Mai 1991 von S an B nicht geeinigt, die Entscheidungsfreiheit des B unstatthafter Weise beeinträchtigen. Auch S hat in seinen Schreiben an B nie erklärt oder den Eindruck erweckt, er, S, sei oder fühle sich in unstatthafter Weise unter Druck gesetzt.

Was das Gespräch vom 14.Mai 1991 betrifft (Gesprächsteilnehmer: E, S, B und der Steuerfahndungsprüfer C), so geht das Gericht zugunsten der Klägerin davon aus, dass die von ihr gegebene Darstellung des Gesprächinhalts zutreffend ist. Die danach von K gemachten Äußerungen waren jedoch nach Überzeugung des Gerichts ebenfalls nicht geeignet, die Entschließungsfreiheit des B in unstatthafter Weise zu beeinträchtigen, da die von K dargestellten Begleiterscheinungen und Folgen eines Strafprozesses so offenkundig waren, dass sie dem B nicht unbekannt gewesen sein können, zumal S den B zuvor ebenfalls darauf hingewiesen hatte (vgl. Schreiben des S an B von 10. Mai 1991). Die Äußerung des E, es gehe um B?s ?Kopf?, kann insbesondere angesichts der Teilnahme auch S an diesem Gespräch von B nicht wörtlich verstanden worden sein. Dies ist im übrigen von der Klägerin auch nicht behauptet worden.

Das Gericht verkennt nicht, dass B insoweit unter Entscheidungsdruck geriet, als die Zeit zwischen der Kenntniserlangung vom FA-Vorschlag (vom 8. Mai 1991) und dem Ablauf der vom FA gesetzten Bindungsfrist für diesen Vorschlag (16. Mai 1991) nur wenige Tage betrug. B wurde jedoch auch in dieser Zeit intensiv telefonisch, schriftlich und persönlich durch S beraten. Es kommt hinzu, dass der FA-Vorschlag vom 8. Mai 1991 für B nicht völlig überraschend kam. Bereits aus dem Schreiben von S an B vom 18.02.1991 war dem B bekannt, dass das FA eine einverständliche Kompromisslösung begrüßen würde. Bei einem am 19. April 1991 auf Anregung von S zustandgekommenen Gespräch beim Vorsteher des FA K, in dem S einen eigenen Einigungsvorschlag unterbreitete, war B sogar persönlich zugegen. Im übrigen waren dem Einigungsvorschlag des FA K vom 8. Mai 1991 intensive Verhandlungen des S mit den Finanzbehörden und dem zuständigen Staatsanwalt über die einvernehmliche Erledigung des Steuerfalles B und die Einstellung des Strafverfahrens vorausgegangen, worüber S seinen Mandanten jeweils zeitnah informiert hatte. Die dem B für die Entscheidung über die Annahme des FA- Vorschlags verbleibende Zeit bis zum 16. Mai 1991 reichte danach aus, um sich unter Abwägung aller Vor- und Nachteile für oder gegen eine ?schnelle? Erledigung der Verfahren zu entscheiden. Die durch die Fristsetzung für die Annahme des FA- Vorschlags bewirkte Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des B war unter diesen Umständen rechtlich unbedenklich. Sie erfolgte insbesondere nicht in erpresserischer Weise (vgl. BFH-Beschluss vom 21. März 1995 l B 142/94, BFH/NV 1995, 994).

Die Klägerin ist danach an die Zusage ihres Geschäftsführers, die vorliegende Klage zurückzunehmen, gebunden, so dass die gleichwohl aufrechterhaltene Klage unzulässig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebieteStrafprozessordnung, FinanzgerichtsordnungVorschriften§ 153a StPO, § 72 FGO

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