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26.10.2001 · IWW-Abrufnummer 011277

Hanseatische Oberlandesgericht Bremen: Urteil vom 14.06.2001 – 5 U 1/2001

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Die gem. § 511 ZPO statthafte und auch im übrigen nach den §§ 511a, 516, 518 und 519 ZPO zulässige Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag zu,

I.
Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 463 Satz 1 BGB. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei den Angaben im Verkaufsprospekt der Firma ..., wonach das Fahrzeug die ?Schadstoffklasse Euro 2? aufweise, nicht um eine zugesicherte Eigenschaft nach § 459 Abs. 2 BGB.

Dabei sind Eigenschaften alle der Sache anhaftenden physischen Merkmale. Es kann sich aber auch um außerhalb der Sache liegende tatsächliche, wirtschaftliche, soziale und rechtliche Beziehungen des Kaufgegenstands zur Umwelt handeln, solange sie nur für dessen Wert bedeutsam und deshalb zusicherungsfähig sind (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl. Rdnr. 851). Die Eigenschaften müssen ihren Grund lediglich in der Beschaffenheit der Kaufsache selbst haben, von ihr ausgehen, ihr für gewisse Dauer anhaften und nicht lediglich durch Heranziehung von umständen in Erscheindung treten, die außerhalb der Sache liegen (vgl. BGH, NJW, 1990, 1659). Dabei ist die Wertung vom Empfängerhorizont aus vorzunehmen, wobei das Vertrauen, das der Käufer dem Verkäufer entgegen bringen darf, eine maßgebliche Rolle spielt (BGH, NJW-RR 1991, 1401; Reinking/Eggert, ebd.). In dieser Beziehung handelt es sich vorliegend bei der Frage, unter welche Steuerklasse das Kfz fällt, um eine Eigenschaft es Kfz, da sie von der Schadstoffarmut des Motors abhängig ist und diese dem Fahrzeug innewohnt.

Diese Eigenschaft ist jedoch von der Beklagten nicht zugesichert worden. Eine Zusicherung liegt nämlich nur vor, wenn der Verkäufer für das Vorhandensein solcher Merkmale die Garantie übernehmen will. Angaben über Lieferumfang, Aussehen, Leistung usw. in einem Verkaufsprospekt eines Kfz sind als solche keine zugesicherten Eigenschaften. Sie stellen vielmehr zunächst lediglich eine Beschaffenheitsangabe dar. Den Charakter einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Zusicherung erlangen sie erst, wenn der Käufer ein Verhalten des Verkäufers in die Richtung deuten darf, dass sich dieser für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft in der Weise stark macht, dass er auch ohne Verschulden für sie einstehen will.

Eine ausdrückliche Zusicherung liegt nicht vor und wird auch vom Kläger nicht behauptet. Dann bleibt nur noch die Annahme einer stillschweigenden Zusicherung. Dazu hat der Bundesgerichtshof immer wieder betont, dass beim Verkauf neu hergestellter Sachen die Annahme einer stillschweigenden Zusicherung grundsätzlich die Ausnahme darstelle, die einer besonderen Begründung an Hand der Umstände des Einzelfalls bedürfe und dass besondere Zurückhaltung geboten sei, wenn die Verkäufer-Erklärung, aus der eine Zusicherung abgeleitet werde, zugleich als Bezeichnung der Kaufsache diene (NJW 1995, 518, 519; NJW-RR 1996, 951; Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 852; zurückhaltend bei gebrauchten Sachen auch BGH, NJW 2000, 3130, 3132). Dennoch werden keine zu hohen Anforderungen gestellt. So soll es ausreichen, wenn der Käufer auf das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft des zu erwerbenden Kfz erkennbar in kaufentscheidender Weise Wert legt, etwa durch eine Bemerkung bei den Vertragsverhandlungen, und der Verkäufer darauf nicht reagiert (vgl. BGH, NJW 1995, a.a.O.). Ein solches Verhalten des Verkäufers (im konkreten Fall BGH, NJW 1995, 518 f. die Abgabe des Käufers, für ihn komme nur ein Fahrzeug mit Antiblockiersystem in Frage und das Schweigen des Verkäufers hierauf) sei grundsätzlich geeignet, beim Kunden den Eindruck zu erwecken, der Verkäufer übernehmen die ?Garantie? für das Vorhandensein einer Eigenschaft (vgl. auch Reinking/Eggert ebd.).

Vorliegend gibt es jedoch weder Käufer- noch Verkäufererklärungen. In der Regel ist aber eine entsprechende Nachfrage des Käufers zu verlangen, um bei einer sich später als unrichtig herausstellenden Antwort des Verkäufers eine Eigenschaftszusicherung zu unterstellen. Allein der Umstand, dass eine günstige Steuerklasse eines unter mehreren Motiven für den Kauf eine bestimmen Kfz-Typs ist, reicht nicht aus, eine solche Zusicherung anzunehmen (vgl. auch BGH, NJW 1997, 2318, 2319, wo der BGH die Angebe ?lt. FZ-Brief? ohne weiter hinzutretende Merkmale nicht für eine Zusicherung genügen ließ).

II.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch kein Anspruch aus § 463 Satz 2 BGB in Form des Vorspiegelns einer nicht vorhandenen Eigenschaft zu. Jedenfalls fehlt es an einer Arglist der Beklagten, die hätte erkennen müssen, dass der Kläger besonderen Wert auf die steuerliche Eingruppierung des Fahrzeugs legte und ihn dennoch im Ungewissen über die ihr bekannten steuerlichen Folgen gelassen hätte. Dazu hätte der Kläger aber gleichfalls sein besonderes Interesse offen legen müssen, was er ? wie oben ausgeführt ? nicht getan hat.

III.
Auch die hilfsweise geltende gemachte Minderung des Kaufpreises gemäß §§ 462, 472, 459 Abs. 1 BGB greift nicht durch.

Abgesehen davon, dass der Kläger seinen Minderungsanspruch nicht, wie mit der Klage geltend gemacht, berechnen kann, da der Minderwert des Fahrzeugs nicht identisch ist mit den steuerlichen Mehraufwendungen, von denen der Kläger meine, dass er sie ersetzt verlangen kann, liegt auch kein Fehler i. S. von § 459 Abs. 1 BGB vor.

Unter einem Fehler ist die dem Käufer nachteilige Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit der Sache (Ist-Beschaffenheit) von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit (Soll-Beschaffenheit) zu verstehen (vgl. nur: Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl. § 459 Rdnr. 20 m.w.N.). Kriterium dafür, ob die Sache fehlerhaft ist, ist der Kaufvertrag selbst mit den in ihm getroffenen Vereinbarungen. Dabei bezieht sich vorliegend schon der reine Vorlauf ?Euro 2? nur auf die Schadstoffklasse ?Euro 2?, nicht aber auf die steuerliche Einordnung des Kfz und ist insoweit auch zutreffend. Eine andere vertragliche Abrede kann der Kläger auch nicht aus einer etwaigen Verkehrssitte ableiten, die es ihm gestattet hätte, diese Angabe dahin zu verstehen, dass damit auch die Steuerklasse gemeint war. Eine solche rechtsverbindliche Verkehrssitte lässt sich nicht feststellen. Jeder Verbraucher muss wissen oder zumindest damit rechnen, dass es bei einer so schwierigen Materie wie dem Steuerrecht im Allgemeine und insbesondere im Bereich der Eingruppierung von Fahrzeugen in verschiedenen Steuerklassen (mit verschiedenen gesetzlichen Ausnahmen und Ausnahmen von Ausnahmen) dafür nicht nur ein Kriterium /hier die ?Schadstoffklasse Euro 2?) gibt, sondern ggf. weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Schon diese Tatsache steht einer Gleichsetzung von ?Schadstoffklasse Euro 2? mit der ?Steuerklasse Euro2? ? unabhängig von einem evtl. weiter verbreiteten Verständnis in der Öffentlichkeit ? entgegen. Eine vertragliche Vereinbarung, wie sie § 459 Abs. 1 BGB für das Vorhandensein eines Fehlers voraussetzt, kann nur dann vorliegen, wenn der Käufer nach dieser steuerlichen Einordnung fragt und der Verkäufer sich damit einverstanden erklärt, dies zum Vertragsgegenstand zu machen. Das ist nicht feststellbar. Im Übrigen kann selbst aus den vom Kläger vorgelegten Zeitungsartikeln, insbesondere aus dem Magazin ?FOCUS?, nicht auf ein einheitliches Verständnis der beteiligten Verkehrskreise geschlossen werden. Vielmehr zeigen diese Unterlagen gerade deutlich, dass k e i n e Einheitlichkeit im Sprachgebrauch herrscht. Ist das aber so, so konnte der Kläger auch aus seinem Empfängerhorizont heraus 8§§ 133, 157 BGB) nicht annehmen, die Angaben im Prospekt bezögen sich eindeutig auf die Steuerklasse und seien damit Vertragsgegenstand.

IV.
Dem Kläger stehen auch keine Ansprüche aus culpa in contrahendo zu. Diese sind durch die abschließende Regelung der Gewährleistungsansprüche und den §§ 459 ff. BGB ausgeschlossen (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 463 Rdnr. 25), da es sich bei den Prospektangaben ? wie oben dargelegt ? grundsätzlich um zusicherungsfähige Eigenschaften handelt.

V.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Ausspruch zur Beschwerde hat seine Grundlage in § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

RechtsgebieteBGB, KaufrechtVorschriften§ 463 BGB

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