15.03.2001 · IWW-Abrufnummer 010377
Finanzgericht Schleswig-Holstein: Beschluss vom 28.11.2000 – V 288/00
Für rechtswidrig ermittelte Daten besteht grundsätzlich keine Verwertungsbefugnis nach § 194 Abs. 3 AO. Die Außenprüfung überschreitet die ihr zugewiesenen Aufgaben, wenn sie ohne sachlichen Zusammenhang mit der Prüfung gezielt nach Kontrollmaterial (hier: Transaktionen von Bankkunden nach Luxemburg) sucht.
In den Schutzzweck des § 30 a Abs. 3 AO fallen auch interne Zwischenkonten einer Bank, soweit sie nicht anonymisierte Gegenbuchungen zu Geschäftsvorfällen auf legitimationsgeprüften Kundenkonten enthalten. Kontrollmitteilungen können im Schutzbereich des § 30 a Abs. 3 AO gefertigt werden, wenn dafür ein hinreichender Anlass besteht. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist davon erst auszugehen, wenn die Feststellungen den konkreten Verdacht einer Steuerverkürzung begründen.
SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES
FINANZGERICHT
Az.: V 288/00
Beschluss vom 28. November 2000
Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.
Der V. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts hat beschlossen:
Tenor:
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache untersagt, Feststellungen aus der Prüfung des Kontos "Devisen Auslandsabteilung" bei der Antragstellerin an die Wohnsitzfinanzämter der betreffenden Bankkunden weiterzugeben.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens bei einem Streitwert von 8.000 DM.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin (Astin.) wehrt sich gegen die vom Antragsgegner (Ag.) beabsichtigte Weiterleitung von Kontrolldaten über Auslands-Transaktionen ihrer Kunden.
Im Zuge einer Außenprüfung bei der Astin. erbat der Prüfer eine Aufstellung der Überweisungen an die ... Bank Luxemburg über 100.000 DM im zweiten Halbjahr 1993. Die Astin. lehnte dies ab, da die steuerlichen Verhältnisse der Bank nicht berührt würden. Darauf erwiderte der Prüfer schriftlich, eine Aufstellung werde nicht verlangt. Er werde jedoch im Verlauf der Prüfung ausgewählte, nicht geschützte Konten sichten, um zu beurteilen, ob im Einzelfall die Fertigung einer Kontrollmitteilung angebracht erscheine. Und weiter wörtlich: "Zu gegebener Zeit werde ich um Vorlage der Konten bitten, die ich für prüfungsrelevant halte (z.B. bestimmte CpD-Konten und sicherlich auch aufgrund der Erfahrungen betreffend Ihre Kunden aus dem Zeitraum 01.07.1992 bis 30.06.1993 das Giroausgangskonto ... Bank für den Zeitraum 01.07. bis 31.12.1993). Die in Ihrem Schreiben bezeichnete Aufstellung würde die steuerlichen Verhältnisse / Besteuerungsgrundlagen Ihrer Bank nicht berühren. Sie fiele in den Bereich Kontrollmitteilungen, zu deren Fertigung die Finanzverwaltung berechtigt ist".
Mit Schreiben vom 21. Dezember 1999 verlangte der Prüfer Einsicht in das interne Zwischenkonto "Devisen Auslandsabteilung". Dieses Konto sei dem ... Bank Verrechnungskonto vorgeschaltet worden. Wörtlich führte er u.a. aus: "Die Betriebsprüfung wird anhand des Kontos zunächst feststellen, ob die weitergeleiteten Kundengelder, für die sich die ... (Astin) als Auftraggeber verstand, zu Konten weisen, für die Legitimationsprüfungen (§ 154 Abs. 2 AO) durchzuführen waren und ggf., ob diese Prüfungen durchgeführt worden sind. Die Finanzverwaltung ist frei in der Auswahl dahingehender Prüfungshandlungen. Die Überprüfung darauf, ob eine Bank den Verpflichtungen nach § 154 Abs. 2 AO genügt hat, erstreckt sich naturgemäß auf die Feststellung von Namen und Anschriften von Kunden / Verfügungsberechtigten in Bezug auf geführte Konten. Solche Legitimationsprüfungskontrollen sind zulässig; Sie können Ihren Kunden insofern keinen Schutz gewähren."
Bei der Sichtung des Zwischenkonto-Ausdrucks "Devisen Auslandsabteilung" für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 1993 wählte der Prüfer - nach Festlegung eines Schwellenwerts von 100.000 DM - aus über 200 Ein- und Ausgangsvorgängen 19 Fälle für eine Belegsichtung aus. In 9 Fällen sollen Kontrollmitteilungen gefertigt und - nach dem Ergebnis einer Besprechung vom 13. November 2000 - nach Ablauf einer Stillhaltefrist bis zum 22. November 2000 an die Wohnsitzfinanzämter der betroffenen Kunden weitergeleitet werden.
Die Astin. behauptet, auf dem Konto "Devisen Auslandsabteilung" seien generell Transaktionen ihrer Kunden ins Ausland gebucht worden. Die Buchungen enthielten die ausdrückliche Angabe des Kunden bzw. des legitimationsgeprüften Kontoinhabers / Anweisenden. Auch Transaktionen aus dem Ausland seien über das Konto gebucht worden. Dabei seien keine Daten anonymisiert worden; das Konto diene dazu, bankintern einen Überblick über Auslandstransaktionen zu erhalten und vor allem der internen Revision die Transaktionen übersichtlich, nachvollziehbar und leicht nachprüfbar zu gestalten (vgl. Eidesstattliche Versicherung der Justitiarin der Astin. vom 17. November 2000).
Die Astin. meint, die Buchungen auf dem Konto "Devisen Auslandsabteilung" unterlägen bei der gebotenen funktionalen Betrachtungsweise dem Schutz des § 30 a Abs. 3 Abgabenordnung -AO- (unter Hinweis auf: Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 1998, 424 und Hamacher Der Betrieb -DB- 1996, 2460, 2464). Die Anfertigung von Kontrollmitteilungen sei auch deshalb unzulässig, weil eine Rasterfahndung vorliege. Für die angestellten Ermittlungen fehle ein Zusammenhang mit der Betriebsprüfung. Es gebe auch keinen hinreichenden Anlass für die gezielte Suche von Überweisungen nach Luxemburg. Die Überweisung von Geld ins Ausland begründe nicht den Verdacht der Steuerverkürzung. Gezielte Ermittlungen ohne einen hinreichenden Anlass seien rechtswidrig (Bundesfinanzhof -BFH-, Beschluss vom 25. Juli 2000 VII 28/99, Betriebsberater -BB- 2000, 1873 und Finanzgericht Niedersachen, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1999, 149). Kontrollmitteilungen dürften immer nur das Nebenprodukt einer Prüfung sein, aber niemals der Hauptgrund.
Die Astin. beantragt,
wie erkannt.
Das Finanzamt beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei zulässig, jedoch unbegründet, da es an einem Anordnungsanspruch fehle. Die Astin. sei verpflichtet, die Weitergabe des Kontrollmaterials zu dulden. § 30a Abs. 3 AO sei nicht anwendbar. Der Außenprüfer habe seine Informationen nicht unmittelbar aus den legitimationsgeprüften Konten der Bankkunden gewonnen, sondern aus einem als Eigenkonto der Astin. geführten sog. Zwischenkonto. Dieses Konto unterliege nicht dem Schutz des § 30 a AO (BFH Bundessteuerblatt -BStBl- II 1997, 499). Es liege auch keine unzulässige Rasterfahndung vor. Die Ermittlungen des Prüfers seien nicht darauf gerichtet gewesen, die Transaktionen der Bankkunden in ihrer Totalität und möglichst vollständig zu prüfen. Der Prüfer habe das Konto nicht willkürlich oder "ins Blaue hinein" überprüft, sondern Aufzeichnungen nur in solchen Fällen gefertigt, in denen ein erfahrener Prüfer aufgrund der Höhe der Beträge Anlass sehen könne, die Vorgänge auf ihre steuerlich korrekte Erfassung zu überprüfen. Ein hinreichender Anlass für das Fertigen von Kontrollmitteilungen sei nicht erst dann gegeben, wenn der Betriebsprüfer Zufallserkenntnisse gewinne, die den Verdacht einer Steuerverkürzung im Einzelfall begründeten. Es genüge, dass der Außenprüfer im Rahmen einer aufgrund allgemeiner Erfahrung getroffenen Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung zu dem Ergebnis komme, dass eine Kontrollmitteilung zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen führen könne (BFH BStBl II 1997, 499). Es sei nicht erforderlich, dass bereits konkrete Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass wahrscheinlich eine Steuerschuld entstanden und die Steuer verkürzt worden sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, insbesondere den Schriftsatz der Astin. vom 27. November 2000, nebst Anlagen verwiesen. Der Berichterstatter des Senats hat den Beteiligten eine Frist zur abschließenden Äußerung bis zum 27. November 2000 (Posteingang) gesetzt. Das Finanzamt hat dem Berichterstatter telefonisch zugesagt, das streitige Kontrollmaterial vor dem 29. November 2000 nicht zu versenden.
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet. Nach dem schlüssigen und glaubhaft gemachten Vortrag der Astin. besteht hinreichende Erfolgsaussicht für eine auf Unterlassung gerichtete Klage in der Hauptsache, weil bei summarischer Prüfung des Streitstoffs davon auszugehen ist, dass die Außenprüfung jenseits der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben ohne einen sachlichen Zusammenhang mit der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Astin. gezielt nach Kontrollmaterial gesucht hat und dabei - vorbehaltlich einer hier nicht zu leistenden verfassungsrechtlichen Klärung - in den Schutzbereich des § 30 a Abs. 3 AO fallende Daten ermittelt hat, für deren Weitergabe an die Wohnsitzfinanzämter der betreffenden Bankkunden einstweilen kein hinreichender Anlass besteht.
In der Rechtsprechung sowohl der Instanzgerichte als auch des BFH ist hinreichend geklärt, dass sich die Bank grundsätzlich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die beabsichtigte Versendung von Kontrollmaterial an die Wohnsitzfinanzämter ihrer Kunden zur Wehr setzen kann (BFH/NV 1997, 424; Finanzgericht Baden-Württemberg, EFG 1999, 1063; Niedersächsisches Finanzgericht, EFG 1999, 10; Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, EFG 2000, 470; Finanzgericht Köln, EFG 2000, 598).
Der Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist statthaft, weil das Begehren der Astin. auf ein schlichtes Verwaltungshandeln gerichtet ist, nämlich es zu unterlassen, bestimmte Prüfungsfeststellungen den Wohnsitzfinanzämtern der betreffenden Bankkunden als Kontrollmitteilungen zu übersenden. Dafür ist im Hauptsacheverfahren die sonstige Leistungsklage in der Form einer Unterlassungsklage gegeben. Vorläufiger Rechtsschutz ist deshalb nach § 114 FGO zu gewähren. Da die Astin. mit ihrem Begehren die Veränderung eines bestehenden Zustandes verhindern will, handelt es sich um eine Sicherungsanordnung gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO (vgl. BFH/NV 1998, 424, 427).
Die Astin. ist auch antragsbefugt. Antragsbefugt ist nur, wer gegenüber der Verwaltung eigene Rechte verfolgt. Der mögliche Abwehranspruch der Astin. hat seine verfassungsrechtliche Grundlage in der Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG), ggf. i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, der u.a. die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit schützt (vgl. BFH/NV 1998, 424, 427; so auch: EFG 2000, 598, 600; EFG 1999, 10, 11; ferner: EFG 2000, 470, 472). Auf diese Grundrechte kann sich die Astin. als inländische juristische Person des Privatrechts gemäß Art. 19 Abs. 3 GG berufen. Die Grundrechte als Abwehrrechte setzen dem staatlichen Handeln unmittelbar geltende (Art. 1 Abs. 3 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) Eingriffsschranken. Daraus ergibt sich im Streitfall die Antragsbefugnis. Der Senat lässt dahinstehen, ob sich die Antragsbefugnis - wie die Astin. meint - auch aus § 30 a AO ergibt (bejahend für die Antragsbefugnis einer Bankkundin: BFH, Beschluss vom 25. Juli 2000 VII B 28/99, Deutsches Steuerrecht -DStR- 36/2000, 1512 ff. = BB 37/2000, 1873 = BFH/NV 2000,1384).
Die Antragsbefugnis ist auch nicht deswegen zu verneinen, weil die Astin. dem Außenprüfer letztlich freiwillig die erforderte Konteneinsicht gewährt hat. Damit hat die Astin. zwar die ihr als Eigentümerin an ihren Geschäftsunterlagen zustehende Ausschließungsbefugnis (§ 903 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-) gelockert. Eine Einwilligung in die hier streitige Weitergabe von Prüfungsfeststellungen kann darin jedoch nicht gesehen werden. Vielmehr ist die Rechtmäßigkeit der Datenermittlung und die Befugnis des Ag., die ermittelten Daten bei der Besteuerung der Bankkunden zu verwerten, stets streitig geblieben. Unter diesen Umst änden die Antragsbefugnis zu verneinen, würde bedeuten, von der Astin. ggf. eine Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht (§ 200 AO), jedenfalls aber eine Eskalation der sie betreffenden Außenprüfung zu verlangen (so offenbar: Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. § 194 Rn. 10). Demgegenüber erachtet es der Senat für ausreichend, wenn der Steuerpflichtige trotz freiwilliger Vorlage der zu prüfenden Unterlagen der Rechtmäßigkeit der Prüfungshandlung und einer Verwertung der Prüfungsfeststellungen durch Weitergabe widerspricht. Daran besteht vorliegend kein Zweifel.
Der Antrag ist auch begründet. Die Astin. hat gemäß § 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) das Bestehen eines Anordnungsanspruchs rechtlich schlüssig dargelegt und dessen tatsächliche Voraussetzungen (§ 294 Abs. 1 ZPO) hinreichend glaubhaft gemacht. Bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung bejaht der Senat deshalb die Erfolgsaussichten für die Klage im künftigen Hauptsacheverfahren aus folgenden Gründen.
Der Abwehranspruch der Astin. findet seine Schranken in den Gesetzen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) oder der verfassungsmäßigen Ordnung (Art. 2 Abs. 1 GG). Schranken für den Anspruch der Astin. können sich vorliegend nur aus dem Steuer- und Steuerverfahrensrecht ergeben, weil der Außenprüfer unstreitig ein Steuerstrafverfahren nicht eingeleitet hat. Rechtsgrundlage für das Handeln der Außenprüfung sind die §§ 193 ff. AO. In diesem Zusammenhang ist zunächst - unabhängig von der Auswertungsbefugnis nach § 194 Abs. 3 und § 30 a Abs. 3 AO - zu untersuchen, ob die Ermittlung der auszuwertenden Daten rechtmäßig war. Denn für rechtswidrig erlangte Daten besteht grundsätzlich auch keine Verwertungsbefugnis. Andernfalls bedürfte es verfahrensrechtlicher Vorschriften nicht oder wäre ihre Verletzung sanktionslos. Zu klären ist deshalb, ob die Außenprüfung in Erfüllung der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben gehandelt und ob sie sich dabei im Rahmen der ihr zu Gebote stehenden Befugnisse gehalten hat. Erst wenn feststeht, dass die Ermittlung der streitigen Daten von der Aufgabenzuweisung und den zu ihrer Erfüllung verliehenen Befugnissen gedeckt ist, stellt sich die Frage, unter welchen - ggf. zusätzlichen - Voraussetzungen von der Auswertungsbefugnis Gebrauch gemacht werden darf.
Im Streitfall ist bei der gebotenen summarischen Prüfung davon auszugehen, dass die Außenprüfung jenseits der ihr in § 194 AO gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, nämlich ohne einen sachlichen Zusammenhang mit der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Astin. gezielt nach Kontrollmaterial gesucht hat.
Aufgabe der Außenprüfung ist es, nach Maßgabe des § 194 Abs. 1 und Abs. 2 AO die steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen zu ermitteln. Werden "anlässlich einer Außenprüfung" Verhältnisse bestimmter dritter Personen festgestellt, so ist die Auswertung der Feststellungen (durch Anfertigung und Weitergabe von Kontrollmitteilungen) nach § 194 Abs. 3 AO insoweit zulässig, als ihre Kenntnis für die Besteuerung dieser anderen Personen von Bedeutung ist.
Bereits die Formulierung "anlässlich" weist darauf hin, dass die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen dritter Personen nicht nur in einem zeitlichen Zusammenhang ("während"), sondern auch in einem sachlichen Zusammenhang ("aus Anlass") mit der Außenprüfung stehen muss (so auch: Finanzgericht Baden-Württemberg, EFG 1999, 1063). Umgekehrt darf die gezielte Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen Dritter nicht der Anlass für eine Außenprüfung insgesamt, ihre Ausdehnung in zeitlicher oder sachlicher Hinsicht (vgl. § 4 Betriebsprüfungsordnung -BpO-) oder einzelne Prüfungshandlungen sein (vgl. Hübschmann/Hepp/Spitaler (HHSp) - Schick, AO, § 194 Anm. 382; Klein/Rüsken, AO, 7. Aufl. § 30 a Nr. 21; Tipke/Kruse (TK), AO § 194 Rn. 32; Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, AO § 194 Rn. 236 ff.; Frotscher, AO § 194 Rn. 37). Anders als die Steuerfahndung hat die Betriebsprüfung nicht die Aufgabe, unbekannte Steuerfälle aufzudecken und zu ermitteln. Dafür spricht das Fehlen einer dem § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO entsprechenden Aufgabenzuweisung im Verfahrensrecht der Außenprüfung. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass die gezielte Suche nach "Zufallsfunden" ohne einen erkennbaren sachlichen Zusammenhang mit der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des zu prüfenden Steuerpflichtigen nicht mehr zu den Aufgaben der Außenprüfung zählt.
Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn im konkreten Fall ein hinreichender Anlass für die Ermittlung gegen Dritte gegeben ist. Ein hinreichender Anlass, wie er für die Aufnahme sog. Vorfeldermittlungen ("zur Ermittlung und Aufdeckung unbekannter Steuerfälle") durch die Steuerfahndung erforderlich ist (vgl. BFH/NV 1998, 424; DStR 2000, 1511), ersetzt das Fehlen einer entsprechenden Aufgabenzuweisung im Außenprüfungsrecht nicht. Soweit das Finanzgericht Baden-Württemberg (EFG 1999, 1063) und das Niedersächsische Finanzgericht (EFG 1999, 10) zu anderen Ergebnissen gelangt sind, beruht dies nach Auffassung des Senats auf einer nicht hinreichenden Unterscheidung zwischen der Aufgabenzuweisung und den zu ihrer Erfüllung verliehenen Befugnissen. Insoweit hat der BFH - im Zusammenhang mit der "doppelfunktionalen Tätigkeit" der Steuerfahndung - wiederholt ausgeführt, weder könne ohne Weiteres von der Aufgabe einer Behörde auf die zu ihrer Erfüllung erforderlichen Befugnisse geschlossen werden, noch sei aus einer vorhandenen Befugnis ohne Weiteres zu schließen, eine Maßnahme der Behörde in Ausübung dieser Befugnis sei stets ein Handeln im Rahmen des zugewiesenen Aufgabenbereichs (BFH/NV 1998, 424; DStR 2000, 1511, 1514). Aus der Tatsache, dass der Außenprüfer unter Umständen - z.B. zur Überprüfung der Kontenwahrheit - befugt ist, die gesamte Buchführung einer Bank einzusehen, folgt deshalb nicht, dass er dabei auch in Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben tätig wird.
Daran fehlt es nach Auffassung des Senats jedenfalls dann, wenn die Prüfungshandlung wie im vorliegenden Fall erklärtermaßen dem Auffinden von Kontrollmaterial dient und eine Bedeutung für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen der Astin. vom Prüfer selbst verneint wird. Der Hinweis auf die beabsichtigte Kontrolle der ordnungsgemäßen Legitimationsprüfung nach § 154 Abs. 2 AO wirkt konstruiert. Zum einen hat der Prüfer zuvor mit der Anforderung einer Aufstellung über bestimmte Auslands-Transaktionen deutlich gemacht, worauf es ihm bei der Prüfung des vorzulegenden Kontos ankam. Zum andern ist kein Grund ersichtlich, weshalb eine stichprobenartige Kontrolle der ordnungsgemäßen Legitimationsprüfung gerade anhand der aus einem Zwischenkonto für Auslands-Transaktionen gewonnenen Kundenkonten vorgenommen werden sollte. Ein sachlicher Zusammenhang ist hier schon deshalb nicht erkennbar, weil unstreitig das Zwischenkonto "Devisen Auslandsabteilung" kein legitimationsgeprüftes Konto war, eine Kontrolle der Legitimationsprüfung an diesem Konto also nicht durchgeführt werden sollte. Die Kontrolle von Legitimationsprüfungen hätte aber an jedem beliebigen Kundenkonto durchgeführt werden körnen. Für die Ermittlung angeblich zu prüfender Kundenkonten über ein internes Zwischenkonto der Astin., dessen Inhalt für die Besteuerungsverhältnisse der Astin. ohne Bedeutung war, ist ein sachlicher Grund weder dargelegt noch erkennbar. Deswegen geht der Senat davon aus, dass im Streitfall - über die gesetzliche Aufgabe der Außenprüfung hinaus - gezielt nach Kontrollmaterial geforscht worden ist. Ob der Prüfer aus seiner Erfahrung, insbesondere aus der Auswertung entsprechender Überweisungen im Zeitraum vom 1. Juli 1992 bis 30. Juni 1993, begründeten Anlass zu der Annahme haben konnte, die Einsicht in das betreffende Konto werde zu steuerlich erheblichen Feststellungen (bezüglich einiger Bankkunden) führen, kann nach dem oben Gesagten dahinstehen. Die Behauptung wäre allerdings auch deshalb unerheblich, weil das Finanzamt die dieser Annahme zu Grunde liegenden Tatsachen nicht aufgedeckt und glaubhaft gemacht hat, so dass sie für den Senat nicht überprüfbar ist.
Für die gezielte Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen Dritter ohne sachlichen Zusammenhang mit der Außenprüfung kann sich die Außenprüfung auch nicht auf die Aufgabenzuweisung in § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO berufen. Es ist zwar zulässig, dass die Außenprüfung auch zur Ermittlung eines strafrechtlichen Sachverhalts tätig wird. Der Außenprüfer hat dann jedoch die Vorschrift des § 9 BpO sowie nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens zu beachten, dass der Finanzbehörde die im Besteuerungsverfahren eingeräumten Zwangsmittel nicht mehr zustehen (BFH BStBl II 1988, 113; BFH/NV 1990, 347). Ob ihm dann auch die Aufgabe gemäß § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO zuwächst oder ob sich die Ermittlungen nur gegen den zu prüfenden Steuerpflichtigen richten, bedarf keiner Entscheidung, weil im Streitfall ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren weder gegen die Astin. noch gegen einzelne ihrer Kunden eingeleitet worden ist.
Im Übrigen ist ein Anordnungsanspruch auch wegen eines möglichen Verstoßes gegen § 30 a Abs. 3 AO gegeben. Nach dieser Vorschrift dürfen Guthabenkonten oder Depots, bei deren Errichtung eine Legitimationsprüfung nach § 154 Abs. 2 AO vorgenommen worden ist, anlässlich der Außenprüfung bei einem Kreditinstitut jedenfalls dann nicht zwecks Nachprüfung der ordnungsmäßigen Versteuerung festgestellt oder abgeschrieben werden (Satz 1), wenn es dafür an einem hinreichenden Anlass fehlt (BFH, DStR 2000, 1511 unter Hinweis auf BFH BStBl II 1997, 499). Die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen soll insoweit unterbleiben (Satz 2).
Der Senat hält die Vorschrift nach Maßgabe der Ausführungen des VII. Senats des BFH (BFH/NV 1998, 424; 2000, 1384) im Streitfall für anwendbar. Zwar hat die Außenprüfung ihre Informationen nicht unmittelbar aus den Kontenblättern von Guthabenkonten oder Depots der betreffenden Bankkunden entnommen, d.h. nicht sie oder daraus "abgeschrieben", sondern aus dem Zwischenkonto "Devisen Auslandsabteilung". Für dieses Konto ist eine Legitimationsprüfung unstreitig nicht vorgenommen worden. Allerdings enthielt das Konto, soweit es im Streitfall für den Prüfer von Interesse war, unter Angabe der Namen der Anweisenden die Gegenbuchungen zu den geschützten Vorgängen auf den unstreitig legitimationsgeprüften Kundenkonten. Da diese Buchungen den Inhalt der legitimationsgeprüften Konten insoweit wiederspiegeln, müssen sie als Bestandteil der genannten Konten angesehen werden, denn anhand der nicht anonymisierten Gegenbuchungen ist es problemlos möglich, die betreffenden Konten i.S. des § 30 a Abs. 3 AO 1977 "festzustellen" (vgl. Hamacher, DB 1999, 1824; BFH/NV 1998, 424 m.w.N.). Zöge man die Gegenbuchung auf einem nicht legitimationsgeprüften Konto nicht in den Schutzbereich der Vorschrift ein, könnte der Zweck der Vorschrift, bestimmte identitätsgeprüfte, also nicht a priori anrüchige oder verdächtige Konten einem besonderen Vertrauensschutz zu unterstellen, leicht umgangen werden (a.A.: BFH BStBl II 1997, 449, 506).
Allerdings verbietet § 30 a Abs. 3 AO nicht generell und ausnahmslos das Ausschreiben von Kontrollmitteilungen (vgl. BFH BStBl II 1997, 449). Der VIII. Senat des BFH hat dazu ausgeführt, bei hinreichend begründetem Anlass stehe § 30 a Abs. 3 AO der Verwertung nicht entgegen. Ein hinreichender Anlass im diesem Sinne sei nicht erst dann gegeben, wenn der Betriebsprüfer Zufallserkenntnisse gewinnt, die den Verdacht einer Steuerverkürzung im Einzelfall begründen. Für das Vorliegen eines hinreichenden Anlasses genüge es vielmehr, dass der Außenprüfer im Rahmen einer aufgrund allgemeiner Erfahrung getroffenen Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweiswürdigung zu dem Ergebnis kommt, dass eine Kontrollmitteilung zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen zu führen vermag. Bei dieser Auslegung gehe das von § 30 a Abs. 3 AO geschaffene und im dargelegten Umfang eingeschränkte Kontrollmitteilungsverbot nicht über das hinaus, was schon die allgemeine Norm des § 194 Abs. 3 AO verbiete (BFH BStBl II 1997, 449, 506, 507; bestätigt durch BFH BStBl II 1999, 138, 139).
Dem ist der VII. Senat des BFH nicht gefolgt. Er hält daran fest, dass die allgemeine Verwertungsbefugnis des § 194 Abs. 3 AO im Bankenbereich durch den § 30 a Abs. 3 AO zusätzlich eingeschränkt wird, weil sonst für § 30 a Abs. 3 AO kein Anwendungsbereich verbliebe. Eine Ausnahme von dem besonderen Kontrollmitteilungsverbot erkennt der VII. Senat nur bei begründetem Verdacht einer Steuerverkürzung. Im Übrigen sei dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen der Bank und ihren Kunden in einem verbleibenden Kernbereich Rechnung zu tragen (BFH/NV 1998, 424, 430; bestätigt durch BFH DStR 2000, 1511, 1515).
Der erkennende Senat ist mit dem Finanzgericht Köln (EFG 2000, 598, 601) der Auffassung, dass bei der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schon aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) der weiten Auslegung des VII. Senats bei der Anwendung des § 30 a Abs. 3 AO zu folgen ist. Schwierige verfassungsrechtliche Fragen bedürfen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner abschließenden Beantwortung. Da im Streitfall auch nach Auffassung des Finanzamts die Feststellungen der Außenprüfung den Verdacht einer Steuerverkürzung nicht begründen, unterliegen ihre Ergebnisse dem Kontrollmitteilungsverbot.
Im Streitfall besteht auch ein Anordnungsgrund. Die Astin. hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes ihr aus ihren Eigentumsrechten resultierendes Dispositionsrecht über ihre Geschäftspapiere vereitelt wird (§ 114 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 FGO, § 920 Abs. 1 und 2 ZPO). Würden die von der Außenprüfung unzulässigerweise gefertigten Aufzeichnungen, wie mit fester Terminsetzung ausdrücklich angekündigt, in welcher Form auch immer an die Wohnsitzfinanzämter weitergegeben und dort ausgewertet, wäre das Dispositionsrecht der Astin., ihr Anspruch auf Unterlassung von unbefugter Offenbarung des wesentlichen Inhalts ihrer Geschäftsunterlagen an Dritte, unheilbar verletzt und damit auch der durch § 30 a Abs. 3 AO 1977 bekräftigte besondere Schutz des Vertrauensverhältnisses der Astin. zu den betroffenen Kunden irreparabel gestört. Was einmal offenbart ist, bleibt immer offenbar. Die Verletzung der grundrechtlich geschützten Eigentumsrechte und der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit der Astin. könnte im Falle eines späteren Erfolgs in der Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden, selbst wenn ein Verwertungsverbot hinsichtlich der unzulässigerweise gefertigten Aufzeichnungen bestünde, welches von dem einzelnen Bankkunden durchgesetzt werden müsste. Dies wäre jedoch keine ausreichende Kompensation für die Verletzung der Rechte der Astin. (vgl. BFH/NV 1998, 424).
Nach allem war die Anordnung wie beantragt zu erlassen. Ihrem vorläufigen Charakter entsprechend ist sie in zeitlicher Hinsicht insoweit befristet, als die Astin. das Hauptverfahren herbeizuführen hat. Erforderlichenfalls hat das Finanzamt beim Finanzgericht einen entsprechenden Antrag zu stellen (§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 926 Abs. 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13 Abs. 1 S. 2, 25 FGO.
Die Beschwerde war zuzulassen, § 128 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO.