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22.09.2011

Finanzgericht Münster: Urteil vom 25.11.2010 – 5 K 5019/06 E

1. Wenn der bisherige Unternehmer nach der Veräußerung von Belieferungsrechten, Übertragung diverser Anlagegüter und Übergabe des größeren Teils seines Personals an den Käufer weiterhin Unternehmerinitiative und -risiko trägt, liegt keine Tätigkeitsbeendigung durch den bisherigen Unternehmer vor.

2. Durch die Veräußerung eines bestimmten Kundensegments wird der Gewerbebetrieb als solcher nicht eingestellt, wenn das Geschäft mit dem anderen, nicht veräußerten Kundensegment fortgeführt wird.


Im Namen des Volkes

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Ehrenamtliche Richterin … Ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 25.11.2010 für Recht erkannt:

Tatbestand

Streitig ist noch, ob ein Veräußerungsgewinn ermäßigt zu besteuern ist.

Die Kläger (Kl.) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der am 00.00.19xx geborene Kl. betrieb seit 19xx als Einzelunternehmer einen Groß- und Einzelhandel mit Getränken. Er hatte im Jahr 19xx den Grundbesitz A-Str. 12 in B von seinen Eltern unentgeltlich übertragen bekommen. In den auf dem übertragenen Grundstück befindlichen Gebäuden hatte sein Vater einen Bierverlag betrieben, den er ebenfalls auf den Kl. übertragen hatte. Die Eltern behielten sich an den Gebäuden einen lebenslangen Nießbrauch vor und verpachteten ab 01.01.19xx „die für die Betreibung des Bierverlags bestimmten und notwendigen Räume sowie die Wohnung im vorderen Anbau” an den Kl. Es wird auf den Pachtvertrag vom xx.xx.19xx Bezug genommen.

19xx baute der Kl. auf dem Grundstück eine ca. 500 qm große Halle, die er bilanzierte. Davon entfielen ca. 390 qm auf die eigentliche Halle und der Rest auf Nebenräume. In der Halle, in der sich auch das Kühlhaus befand, wurden die für den Betrieb des Bierverlags erforderlichen Sachen (Getränke, Leergut, Leihgut, Lkw) untergebracht. Die bebaute Fläche einschließlich der Altbauten betrug insgesamt ca. 900 qm. Der betriebliche Anteil der Nutzung des insgesamt 1.586 qm großen Grundstücks betrug 1.266 qm.

Ende Oktober 19xx erfolgte der Umzug des Unternehmens zum Erbbaugrundstück B-Str. 11, im Gewerbegebiet Z in B. Die Grundstücksfläche dieses Grundstücks betrug 6.191 qm. Die vom Kl. 19xx erstellten Gebäude auf diesem Grundstück waren ca. 826 qm groß. Davon entfielen ca. 700 qm auf die Lagerhalle mit Nebenräumen und ca. 131 qm auf Büros mit Nebenräumen. Auf einem an seine Kunden gerichteten Flyer des Kl. wurde der Umzug in die neue Lagerhalle mitgeteilt. Außerdem enthielt der Flyer den Hinweis „Freitags und Samstags stehen wir Ihnen auch in unseren alten Räumen zur Verfügung: Freitags von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr – Samstags von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr”. In der Zeit vom 00.00.19xx bis 00.00.19xx war die A-Str. vollständig wegen Tiefbauarbeiten gesperrt. In der Zeit von Oktober 19xx bis Mai 19xx waren in der Halle A-Str. Kirchenbänke eingelagert. Eine betriebliche Nutzung der Halle erfolgte nach dem Umzug nur noch in sehr geringem Umfang, um – wie der Kl. in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat – Aufkleber auf Fahrzeugen aufzubringen.

Zum Unternehmen des Kl. gehörte außerdem ein Getränkeladen „H”, C-Str. 43, N.

Am 19.03.2003 schlossen der Kl. und die X GmbH & Co. KG, Y (im Folgenden: X) einen „Vertrag über die Veräußerung von Belieferungs- und Anlagevermögen”. Gemäß § 1 Abs. 1 (1) veräußerte der Kl. das Recht, die in einer Anlage genannten Kunden mit Getränken zu beliefern. Übertragen wurden „alle Aktiva und Passiva von C aus den Getränkelieferungsverträgen, die mit der in der Anlage Lieferrechte bezeichneten Kunden abgeschlossen worden sind”. Nicht an X mit veräußert wurden die Grundstücke und der Getränkeladen H. Gemäß § 1 Abs. 1 (2) wurde das in der Anlage als Anlagevermögen bezeichnete Anlagevermögen (ein Kühlwagen, zwei Verkaufswagen) mit veräußert. Das Personal mit Ausnahme des Sohnes des Kl. ist von X übernommen worden. Gemäß § 9 Abs. 1 wurde ein Wettbewerbsverbot im Hinblick auf die Getränkefachgroßhandlung und den Getränkeabholmarkt vereinbart. Gemäß § 9 Abs. 3 bezieht sich das Wettbewerbsverbot nicht auf den Betrieb eines stationären Getränkeabholmarktes am Standort A-Str. 12 und auf die Geschäfte im Rahmen des Kooperationsvertrages zwischen dem Kl. und X. Es wird wegen der weiteren Einzelheiten auf den Vertrag vom 19.03.2003, der zum 01.05.2003 Wirksamkeit entfalten sollte, Bezug genommen.

Bereits vorher, am 20.02.2003, hatte der Kl. mit seinem Sohn die Getränke C GbR gegründet. Der Kl. hielt 20 % und sein Sohn 80 % der Anteile an der GbR. Gemäß der Gewerbeanmeldung begann die Tätigkeit der GbR am 01.05.2003 in den Räumlichkeiten A-Str. 12. Nach Werbeanzeigen der GbR bestand der Tätigkeitsbereich im Getränkehandel und der Vermietung von Party-Zubehör (Bierwagen, PartyKühlwagen, Zapfanlagen, Stehtische, Sonnenschirme, Gläser, Kühltruhen, Tischgarnituren). Am 19.03.2003 schloss die GbR mit X einen Getränkelieferungsvertrag, auf den Bezug genommen wird. In § 9 ist geregelt, dass die GbR nicht berechtigt ist, gewerbliche Kunden, die der Kl. im Kaufvertrag vom 19.03.2003 an die X veräußert hat sowie bereits bestehende Kunden der X mit Fassbier zu beliefern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Getränkelieferungsvertrag Bezug genommen. Der Kl. brachte sein Betriebsvermögen A-Str. 12 zu Buchwerten in sein Sonderbetriebsvermögen der GbR ein.

Im Januar 2004 veräußerte der Kl. den Getränkemarkt H an eine dritte Firma. Im Zeitraum Mai 2003 bis August 2004 wurde die Halle B-Str. 11 leergeräumt. Ab 01.09.2004 wurde diese Halle vermietet und zum 31.12.2004 vom Kl. in sein Privatvermögen überführt.

Der Kl. ermittelte einen Veräußerungsgewinn aus dem Geschäft mit X in Höhe von insgesamt xxx.xxx,xx Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf die Betriebsprüfungs(Bp)-Handakten Band I Blatt 46 Bezug genommen. Die Höhe des Veräußerungsgewinns ist unstreitig. Der Kl. behandelte diesen Veräußerungsgewinn in seiner Einkommensteuererklärung für 2003 als gemäß § 34 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ermäßigt zu besteuernden Veräußerungsgewinn.

Nach einer Bp für 2001 bis 2003 war die Prüferin der Auffassung, der Veräußerungsgewinn sei nicht ermäßigt zu besteuern, sondern stelle laufenden Gewinn dar (Tz 2.3 Bp-Bericht vom 11.01.2006. Der Beklagte (Bekl.) änderte nach Maßgabe des Bp-Berichts die unter Vorbehalt der Nachprüfung stehende Einkommensteuerfestsetzung der Kl. u.a. für das Streitjahr (Änderungsbescheid für 2003 vom 07.03.2006). Dagegen legten die Kl. Einspruch ein.

Während des Einspruchsverfahrens einigten sich die Beteiligten über eine in der Bp streitige Frage, die im Klageverfahren unstreitig geworden ist. Der Bekl. änderte nach Maßgabe dieser Einigung die Einkommensteuerfestsetzung u. a. für das Streitjahr (Änderungsbescheid für 2003 vom 08.11.2006). Weitere Abhilfen erfolgten nicht. Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 10.11.2006 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Klage.

Die Kl. tragen vor, für die Streitjahre sei eine begünstigte Betriebsaufgabe gemäß §§ 16, 34 EStG zu berücksichtigen. Die X habe das Anlagevermögen des Kl. nicht insgesamt übernehmen können. Das Betriebsvermögen sei daher in 2003 an andere Interessenten veräußert worden. Der als Teilbetrieb geführte Getränkemarkt in N sei 2004 an die Firma L verkauft worden. Die Lagerhalle in der B-Str. habe trotz Bemühungen eines Immobilienmaklers nicht veräußert werden können und sei 2004 ins Privatvermögen überführt worden. Für die X sei der verkaufte Kundenstamm der „gebundenen” Kunden und die mit diesen getätigten Umsätze Grundlage des Kaufpreises gewesen. Der Kl. habe keine Privatkunden beliefert. Die Privatkunden hätten ihren Bedarf selbst abgeholt. Die alte Lagerhalle A-Str. habe seit dem Umzug zur B-Str. Ende 19xx leergestanden. Es sei dort zwar ein Getränkeverkauf angedacht worden, dies sei wegen der Straßensperrung aber aufgegeben worden. Die vorhandenen Einrichtungsgegenstände seien abgebaut und in der neuen Halle installiert worden. Die alte Halle habe leergestanden und sei teilweise zu privaten Zwecken genutzt worden. Für den Getränkegroßhandel sei keine nennenswerte Nutzung mehr erfolgt. Die Räumlichkeiten an der A-Str. seien zum Verkauf angeboten worden, der aber wegen der Bebauung gescheitert sei. Die alte Halle sei für den Getränkegroßhandel des Kl. wertlos und somit keine wesentliche Betriebsgrundlage des Unternehmens mehr gewesen. Der Kl. habe lediglich einen Getränkegroßhandel in der B-Str. und einen Getränkeeinzelhandel in N betrieben. Der Großhandel habe in der Belieferung der Gastronomie, dem Vereinswesen und sonstigen Großveranstaltungen bestanden. Gelegentlich seien an Wochenenden auch private Feiern beliefert worden, aber nur, wenn auch Zubehör wie Theken, Stehtische usw. verliehen worden seien. Ein Getränkeeinzelhandel sei in der B-Str. nie betrieben worden. Es habe dort keine entsprechende Verkaufsfläche und auch kein Bedienpersonal gegeben. Auch seien die Verkaufszeiten nicht für den Einzelhandel angepasst gewesen und es habe keine Preisauszeichnung, die im Einzelhandel zwingend sei, gegeben. Die B-Str. läge weit außerhalb in einem Industriegebiet, auch das spreche gegen einen Einzelhandel.

Die neugegründete C GbR bestehe aus dem Kl. und seinem Sohn. Sein Sohn habe bereits die Firma „XYZ” … betrieben. Der Getränkehandel sollte sein zweites Standbein sein. Die Idee habe darin bestanden, einen „Drive In” Getränkeabholmarkt zu eröffnen. Diese Geschäftsidee sei in Nordrhein-Westfalen neu. Die Merkmale „Drive In”, „Abholung” und „Party- und Getränkecenter” ließen keinen Vergleich zur ehemaligen Getränkegroßhandelsfirma zu. Das neue Konzept sei auch in der Werbung für die Kunden erkennbar. Das Geschäftslokal liege an einer stark befahrenen Straße und habe zu einem neuen Kundenkreis geführt. Ein weiterer Unterschied sei die Abgabe von Getränken zu Discountpreisen. Eine eigene Fassbierhausmarke werde zu etwa dem halben Preis im Vergleich zu anderen Biersorten angeboten. Die Kunden kämen aus mehr als 20 km Entfernung, um dieses Bier zu erwerben. Es würden auch ein Kleintransporter und Kühlwagen mit Inventar vermietet. Ein Vergleich des Geschäfts der GbR mit dem früheren Großhandel, der der Preisbindung unterlegen habe, sei nicht möglich. Es gebe auch unterschiedliche Öffnungszeiten. Der Großhandel sei von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr mit Verwaltungspersonal besetzt gewesen. Die GbR habe Öffnungszeiten von 14.00 bis 18.30 Uhr. Es bestehe keine feste Anbindung der GbR an die Getränkeindustrie. Die X sei der einzige Großlieferant der GbR. Die Firma Getränkegroßhandel C habe keine Kunden an die GbR übergeben, es sei lediglich im Rahmen von Werbemaßnahmen durch die GbR versucht worden, diejenigen Kunden, die sich nicht von der X hätten beliefern lassen wollen, zu gewinnen. Die Geschäftsgründung der GbR sei von keiner Bank finanziert worden, weil kein Kundenstamm vorhanden gewesen und der Umsatz nicht vorhersagbar gewesen sei. Die Ähnlichkeit des Internetauftritts der Firma des Kl. mit der der GbR sei darauf zurück zu führen, dass die Seite vom Sohn des Kl. unentgeltlich gestaltet und später von ihm im Rahmen der GbR weiter verwendet worden sei. Der Kl. habe sich lediglich zur Sicherung der Finanzierung an der GbR beteiligt. Das Grundstück A-Str. liege in einem reinen Wohngebiet, daher sei eine gewerbliche Betätigung mit Ausnahme eines Getränkemarktes nicht zulässig. Eine geringfügige neue Tätigkeit des Betriebsaufgebenden sei unschädlich für eine steuerbegünstigte Betriebsveräußerung. Der Kl. verweist auf einen Aufsatz von Tiedtke/Wälzholz, DStR, 1999, 217. Hilfsweise sei der Verkauf an die X als Teilbetriebsveräußerung zu behandeln.

Wegen der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf die Schriftsätze vom 27.11.2006, 19.03.2007, 06.07.2007, 30.06.2010 und 19.11.2010 samt Anlagen Bezug genommen.

Die Kl. beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 08.11.2006 in Gestalt der EE vom 10.11.2006 der Gestalt zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn in Höhe von xxx.xxx Euro gemäß § 16 und § 34 EStG ermäßigt besteuert wird, hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine EE und trägt ergänzend vor, bei dem Grundstück A-Str. 12 handele es sich um eine wesentliche Betriebsgrundlage, die vom Kl. zurückbehalten worden sei und für die die stillen Reserven nicht realisiert worden seien. Der Betrieb als selbständiger Organismus habe auch nicht aufgehört zu bestehen. Der Betrieb des Kl. sei durch die GbR fortgeführt worden. Der Gewerbebetrieb des Kl. habe aus einem Groß- und Einzelhandel mit Getränken an verschiedenen Standorten bestanden. Mit Vertrag vom 19.03.2003 sei nur das Belieferungsrecht im Hinblick auf bestimmte Kunden an X veräußert worden. Unberührt sei das Recht des Kl. geblieben, Privatkunden zu beliefern. Mit Privatkunden seien nicht ausschließlich Privatpersonen gemeint, sondern „Endverbraucher ohne Lieferverträge”. Dazu gehörten auch Vereine und Gewerbebetriebe. Der Kl. habe immer Kunden mit Lieferverträgen und Kunden ohne Lieferverträge gehabt. An X seien lediglich die Kunden mit Lieferverträgen veräußert worden. Das von den Kl. herangezogene, in § 9 Abs. 1 des Kaufvertrags geregelte Wettbewerbsverbot sei nicht umfassend. Es sei darin der Betrieb eines stationären Getränkeabholmarktes am Standort A-Str. 12 an Endverbraucher zugestanden worden. Genau dieses Gewerbe habe der Kl. weiter betrieben. Dass das Gewerbe letztlich von einer GbR betrieben werde, sei unerheblich, weil der Mehrheitsgesellschafter, der Sohn des Kl., schon vorher im Betrieb des Kl. beschäftigt gewesen sei und für die Kunden nicht erkennbar sei, ob die handelnden Personen Gesellschafter oder Angestellte seien. Die Bp habe festgestellt, dass vor der Veräußerung der Lieferrechte an X ca. 90 % der Umsätze durch Lieferrechte und ca. 10 % der Umsätze durch Verkäufe an Endverbraucher erwirtschaftet worden seien. Die Verkäufe an Endverbraucher könnten somit nicht nur Gelegenheitsverkäufe gewesen sein. Die geänderten Öffnungszeiten und das Warenangebot seien unerheblich, weil diese jederzeit änderbar seien und an die jeweiligen Kundenwünsche angepasst werden müssten. Der sog. „Drive In” Abholmarkt bedeute nichts anderes, als dass die Kunden mit dem Auto in die Halle fahren könnten und ein Einladeservice für Frauen angeboten werde. Dies mache das Gewerbe nicht außergewöhnlich und anders als andere Getränkemärkte.

Die Sache wurde am 25.11.2010 vor dem Senat mündlich verhandelt. Die Klage wegen ESt 2002 wurde in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen und der Streitpunkt „Pachtzahlungen” vom Kl. fallengelassen. Es wird auf das Protokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kl. nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung, FGO). Der Veräußerungsgewinn aus dem Geschäft mit X unterliegt nicht der Begünstigung gemäß § 34 i. V. m. § 16 EStG.

Es liegt im Hinblick auf das Geschäft mit X keine Veräußerung eines ganzen Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 34 Abs. 2 EStG vor.

Die Tarifermäßigung der obengenannten Vorschriften soll einen Härteausgleich für die punktuelle Besteuerung der über einen längeren Zeitraum entstandenen stillen Reserven schaffen. Dieser vom Gesetzgeber verfolgte Zweck setzt voraus, dass die stillen Reserven in sämtlichen der Geschäftstätigkeit des Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs dienenden wesentlichen Betriebsgrundlagen realisiert werden. Als wesentliche Betriebsgrundlagen sind alle funktional oder quantitativ wesentlichen Wirtschaftsgüter anzusehen. Auch funktional unbedeutende Wirtschaftsgüter, in denen hohe stille Reserven ruhen, sind als wesentliche Betriebsgrundlagen im Sinne von § 16 EStG anzusehen (zum Ganzen: BFH vom 25.02.2010, IV R 49/08, DStR 2010, 1025; vom 02.10.1997 IV R 84/96, BStBl II 1998, 104). Im Streitfall sind im zeitlichen Zusammenhang mit dem X-Geschäft nicht alle stillen Reserven des Gewerbebetriebs realisiert worden. Der Kl. hat das Betriebsgrundstück A-Str. 12 nicht veräußert und die darin enthaltenen stillen Reserven auch nicht realisiert. Das Grundstück wurde vielmehr zum Buchwert in das Sonderbetriebsvermögen des Kl. bei der GbR eingebracht. Der Senat sieht in dem Grundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage im Sinne von § 16 EStG. Der Gewerbebetrieb des Kl. wurde seit 19xx auf diesem Grundstück ausgeübt.

Die vom Kl. 19xx gebaute betrieblich genutzte Halle wurde von ihm bilanziert. Das Grundstück stellt notwendiges Betriebsvermögen des Kl. dar. Zwar ist ab 19xx ein Umzug des Betriebs des Kl. auf das Betriebsgrundstück B-Str. 11 erfolgt. Die Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen ist allein durch den Umzug aber nicht entfallen, denn es blieb, zu mindestens was die stillen Reserven anbetrifft, steuerverhaftet. Es erfolgte zudem – wie der Kl. in der mündlichen Verhandlung zugestanden hat – auch nach dem Umzug noch eine, wenn auch nur sehr geringe Nutzung für den Gewerbebetrieb des Kl. Auch die im Betriebsgrundstück B-Str. 11 und im Geschäftslokal H ruhenden stillen Reserven wurde nicht im nahen zeitlichen Zusammenhang mit dem X-Geschäft realisiert sondern erst im nächsten Jahr 2004. Es fehlt somit an einer Zusammenballung der Einkünfte im Streitjahr 2003. Zwar kann sich eine Betriebsveräußerung/-aufgabe auch über einen gewissen Zeitraum hinziehen. Das setzt aber einen einheitlichen Betriebsaufgabeentschluss voraus, der im Rahmen der rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten zeitnah umgesetzt wird. Der Kl. hat nicht dargelegt, warum die Veräußerung des Geschäfts H bzw. die Entnahme nicht zeitnah im Zusammenhang mit dem Geschäft X erfolgt ist. Der bloße Hinweis auf angeblich vergebliche Veräußerungsbemühungen reicht insoweit nicht. Es wäre z. B. auch eine frühere Entnahme möglich gewesen.

Ob durch die Veräußerung der Belieferungsrechte an X, die Übertragung einiger Anlagegüter und die Übernahme des größeren Teils des Personals an X eine Beendigung der bisherigen gewerblichen Tätigkeit des Kl. zu sehen ist, ist zweifelhaft. Der Senat teilt nicht die von Tiedtke/Wälzholz a.a.O vertretene Auffassung, dass bei einer Weiterführung der bisherigen Tätigkeit durch eine Personengesellschaft, an der der bisherige Unternehmer beteiligt ist, ohne weiteres eine Gewerbebeendigung zu sehen ist. Dieser Auffassung ist lediglich für den Fall zuzustimmen, dass der bisherige Unternehmer dergestalt an der das Gewerbe weiterführenden Personengesellschaft beteiligt ist, dass er von der Unternehmerinitiative und/oder vom Unternehmerrisiko ausgeschlossen ist, wenn er z. B. künftig als Kommanditist beteiligt ist. Wenn der bisherige Unternehmer jedoch weiterhin Unternehmerinitiative und -risiko trägt, wie z. B. bei einer Weiterführung durch eine OHG oder – wie im Streitfall – einer GbR, liegt keine Tätigkeitsbeendigung durch den bisherigen Unternehmer vor.

Der Senat teilt im Übrigen die Auffassung des Bekl. dass durch das X-Geschäft der Gewerbebetrieb des Kl. nicht aufgehört hat zu existieren. Durch die Veräußerung eines bestimmten Kundensegments wird der Gewerbebetrieb als solcher nicht eingestellt, wenn das Geschäft mit dem anderen, nicht veräußerten Kundensegment fortgeführt wird.

Die Veräußerung der Belieferungsrechte an X stellt auch keine Teilbetriebsveräußerung dar. Ein Teilbetrieb liegt vor, wenn ein organisch geschlossener Teil eines Gesamtbetriebs, der mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattet ist und für sich betrachtet, die Merkmale eines Betriebs im Sinne des EStG aufweist, veräußert wird (BFH vom 29.04.1993, IV R 88/92, BFH/NV 1994, 694). Ein Handel mit Getränken setzt bestimmte Betriebsgrundlagen voraus, z. B. Betriebsgrundstück, -gebäude, Büroausstattung, die im Streitfall nicht mit veräußert wurden. Mit dem bloßem Erwerb von Belieferungsrechten allein kann der Erwerber keinen Getränkehandel betreiben, auch wenn ein Kühlwagen und zwei Verkaufswagen mitveräußert und das Personal teilweise übernommen wurde. Letztlich fehlt es an der organisatorischen Selbständigkeit des an X übertragenen „Betriebsteils”.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und 5 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.

Beschluss:

Das vom Kl. in der mündlichen Verhandlung zurückgenommene Verfahren wegen ESt 2002 wird eingestellt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

VorschriftenEStG § 34, EStG § 16

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