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04.05.2011 · IWW-Abrufnummer 111502

Landgericht Berlin: Urteil vom 23.03.2011 – 96 O 38/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Geschäftsnummer: 96 O 38/10
In dem Rechtsstreit
XXX
w e g e n Ansprüchen aus UWG
hat die Kammer für Handelssachen 96 des Landgerichts Berlin in 10179 Berlin-Mitte, Littenstraße 12-17, auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ???? sowie die Handelsrichter ??? und ???? für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
a) mit Apotheken ein ????-Partnerprogramm abzuschließen, bei dem der Apotheker verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel der Beklagten sowie der ????????????? GmbH im Wege des Direktvertriebs zum Herstellerabgabepreis erhält, wenn der Apotheker sich im Gegenzug dazu verpflichtet, bestimmte Produkte der ??????????? GmbH sowie der ?????????????? GmbH bevorzugt abzugeben, insbesondere wenn dies dadurch geschieht, dass sich der Apotheker dazu verpflichten muss,
- die Arzneimittel ????????? , ??????? , ???? , ?????????? , ???? , ??????? , ???? , ???? , ??????? , ????????? der Beklagten und ???? und ???? der ?????????????? GmbH mit den Wirkstoffen Alfuzosin, Amisulprid, Bisoprolol, Glimepirid, Ibuprophen, Lisinopril-HCT, Nifedipin, Ramipiril, Ramipiril-HCT bzw. Verapamil und Molsidomin bzw. Trimipramin, bei denen der Beklagten im Rahmen der Rabattausschreibung der exklusive Zuschlag erteilt worden ist, bei Patienten anderer Krankenkassen, bei denen diese Produkte rabattiert sind, bevorzugt zu berücksichtigen und/oder
- Produkte aus den ??-Portfolioverträgen bevorzugt zu berücksichtigen und/oder
- die nicht-exklusiven Produkte ??????????? , ?????????? , ????????? , ????????? und ??????????? mit den Wirkstoffen Azithromycin, Metabizol, Levothyroxin, Methylprednisolon bzw. Ondansetron aus dem ?? Substanzvertrag 2008/2009 bevorzugt zu berücksichtigen
oder Apotheken den Abschluss eines solchen ????-Partnerprogramms anzubieten,
und/oder
b) Apotheken, die sich verpflichtet haben, bestimmte verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel der Beklagten sowie der ?????????????? GmbH bevorzugt abzugeben, insbesondere wenn dies dadurch geschieht, dass sich die Apotheken dazu verpflichtet haben,
- die Arzneimittel ????????? , ??????? , ???? , ?????????? , ???? , ??????? , ???? , ???? , ??????? , ????????? der Beklagten und ???? und ???? der ?????????????? GmbH mit den Wirkstoffen Alfuzosin, Amisulprid, Bisoprolol, Glimepirid, Ibuprophen, Lisinopril-HCT, Nifedipin, Ramipiril, Ramipiril-HCT bzw. Verapamil und Molsidomin bzw. Trimipramin, bei denen der Beklagten im Rahmen der Rabattausschreibung der exklusive Zuschlag erteilt worden ist, bei Patienten anderer Krankenkassen, bei denen diese Produkte rabattiert sind, bevorzugt zu berücksichtigen und/oder
- Produkte aus den ??-Portfolioverträgen bevorzugt zu berücksichtigen und/oder
- die nicht-exklusiven Produkte ??????????? , ?????????? , ????????? , ????????? und ??????????? mit den Wirkstoffen Azithromycin, Metabizol, Levothyroxin, Methylprednisolon bzw. Ondansetron aus dem ?? Substanzvertrag 2008/2009 bevorzugt zu berücksichtigen,
im Gegenzug verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel der Beklagten und der ????????????? GmbH im Wege des Direktvertriebs zum Herstellerabgabepreis zu liefern.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 208,65 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. April 2010 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,- €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, dem unter anderem sämtliche Industrie- und Handelskammern Deutschlands angehören. Zu seinen satzungsmäßigen Zwecken gehört unter anderem die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen.
Die Beklagte ist ein zum ???????-Konzern gehöriges Pharmaunternehmen, das unter anderem Arzneimittel, die eine wirkstoffgleiche Kopie eines bereits unter einem Markennamen auf dem Markt befindlichen Medikaments (Generika) sind, herstellt und vertreibt. Der Vertrieb erfolgt über die Apotheken.
Seit dem 1. April 2007 ist es gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland möglich, mit einem oder mehreren Arzneimittelherstellern Verträge abzuschließen, die den Herstellern eine exklusive Abgabe ihrer Arzneimittel garantieren. Im Gegenzug gewähren die Hersteller den Krankenkassen Rabatte. Die Verträge können sich auf das gesamte Sortiment eines Herstellers beziehen oder auf bestimmte Wirkstoffe.
Die ????????????kassen (??) schlossen im Jahr 2009 mit der Beklagten einen exklusiven, für ganz Deutschland bis zum 1. Juni 2011 geltenden Rabattvertrag für insgesamt 10 Wirkstoffe, unter anderem die häufig verordneten Wirkstoffe Ibuprofen, Nifedepin, Ramipril und Lisinpril-HCT. Darüber hinaus erhielt die mit der Beklagten konzernmäßig verbundene ?????????????? GmbH für zwei Wirkstoffe den exklusiven Zuschlag.
Aus der Zeit zuvor bestehen weitere Rabattverträge zwischen den ?? und der Beklagten, nämlich so genannte Portfolioverträge, die sämtliche von der Beklagten vertriebenen verschreibungspflichtigen Arzneimittel umfassen, und ein so genannter Substanzvertrag 2008/2009, der fünf von der Beklagten vertriebene Generika betrifft.
Im Anschluss an den Zuschlag durch die ?? bot die Beklagte den Apotheken im Jahr 2009 ein so genanntes Partnerprogramm an. Dessen Ziel ist es, dass die teilnehmenden Apotheker Produkte der Beklagten und ???????-Produkte bei der Abgabe „bevorzugt berücksichtigen“, für den Fall, dass der verschreibende Arzt eine Substitution des verschriebenen Arzneimittels nicht ausschließt („aut idem-Substitution“). Hat der Arzt die Ersetzung eines Medikaments durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen, muss der Apotheker prüfen, ob die Krankenkasse des Apothekenkunden einen Rabattvertrag geschlossen hat; gibt es einen solchen Rabattvertrag nicht, kann er statt des verordneten auch ein anderes, preisgünstigeres Arzneimittel abgeben. Die Abgabe von Arzneimitteln durch Apotheken im Fall einer aut idem-Substitution ist Gegenstand des auf der Grundlage von § 129 Abs. 2 SGB V unter Beteiligung des Deutschen Apothekerverbandes geschlossenen Rahmenvertrages, der von der Beklagten als Anlage B 1 zur Akte gereicht worden ist.
Das mit einer Frist von zwei Wochen kündbare Partnerprogramm sieht drei Formen der Bevorzugung bei der Abgabe vor:
Apotheker sollen die – im Tenor zu 1. bezeichneten – Produkte der Beklagten bevorzugt abgeben, die einen der 12 Wirkstoffe enthalten, für die die Beklagte und die ????????????? GmbH mit den ?? einen exklusiven Rabattvertrag vereinbart haben, und zwar für den Fall, dass Versicherte anderer Krankenkassen als der ?? Medikamente nachfragen, die diese Wirkstoffe enthalten, und bei diesen anderen Krankenkassen neben den Produkten der Beklagten Produkte weiterer Hersteller Gegenstand von Rabattverträgen sind.
Weiter sollen die Apotheker Produkte mit weiteren Wirkstoffen der Beklagten bevorzugt abgeben, für die sie lediglich so genannte Portfolioverträge mit den ?? geschlossen hatte; beispielhaft sind in dem von der Beklagten verwendeten Vertragsformular die Generika ????????? , ??????????? und ?????????? mit dem Wirkstoffen Fentanyl, Pantoprazol bzw. Veniafaxin genannt.
Außerdem sollen sie – im Tenor zu 1. bezeichnete – Produkte der Beklagten mit fünf weiteren Wirkstoffen bevorzugt abgeben, über die die Beklagte mit den ?? nur einen nicht-exklusiven Rabattvertrag geschlossen hat.
Als Gegenleistung erhalten die Apotheker die Möglichkeit, die Arzneimittel von der Beklagten bzw. ihrer Muttergesellschaft im Wege des Direktbezugs zum niedrigeren Herstellerabgabepreis (HAP) anstatt zum Apothekeneinkaufspreis (AEP) zu bestellen. Hierdurch erhöht sich die Gewinnmarge der teilnehmenden Apotheker, da der Apothekenabgabepreis, den sie den Krankenkassen berechnen, zwingend einen Zuschlag für den Pharmagroßhandel enthält. Fällt diese Handelsstufe beim Direktbezug weg, fällt dieser Zuschlag unmittelbar dem Apotheker zu, ohne dass er diesen nach dem Gesetz an die Kunden oder Krankenkassen weitergeben kann oder darf.
Wegen der Einzelheiten der „Vereinbarung zur Teilnahme am ????-Partnerprogramm“ wird auf das als Anlage K 1 eingereichte Vertragsformular verwiesen.
Die Beklagte ließ die rechtliche Zulässigkeit des von ihr geplanten Partnerprogramms vorab durch eine Rechtsanwaltskanzlei überprüfen. Auf das als Teil der Anlage B 2 im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2011 zur Akte gereichte Ergebnis dieser Prüfung vom 5. Juni 2009 wird verwiesen.
Die Beklagte vertreibt die vom so genannten Partnerprogramm umfassten Generika nach wie vor zum Herstellerabgabepreis an solche Apotheken, die mit ihr einen der Anlage K 1 entsprechenden Vertrag geschlossen haben.
Mit Schreiben vom 12. November 2009 (Anlage K 2) hat die Klägerin die Beklagte abgemahnt und aufgefordert, bis zum 23. November 2009 eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 23. November 2009 (Anlage K 3) die Abgabe einer Unterlassungserklärung abgelehnt.
Die daraufhin von der Klägerin erhobene Klage ist der Beklagten am 23. April 2010 zugestellt worden.
Die Beklagte hat die Zulässigkeit des von der Klägerin beschrittenen Rechtswegs gerügt. Mit Beschluss vom 3. September 2010 (Bl. 63-65 d.A.) hat die Kammer den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt. Der Beschluss ist rechtskräftig.
Die Klägerin ist der Ansicht: Die Beklagte verstoße durch das Partnerprogramm gegen das in § 10 des Gesetzes über das Apothekenwesen (Apothekengesetz - ApoG) geregelte Arzneimittelbevorzugungsverbot, das auch in den von ihr mit den Schriftsätzen vom 30. August 2010 (Bayern) und 13. Oktober 2010 (übrige Bundesländer) genannten Vorschriften in den Berufsordnung für Apotheker der einzelnen Landesapothekerkammern zum Ausdruck komme. Das Inaussichtstellen von wirtschaftlichen Vorteilen für die bevorzugte Abgabe von Produkten im Gesundheitswesen sei auch als unangemessene unsachliche Beeinflussung im Sinne von § 4 Nr. 1 UWG anzusehen:
Die Klägerin beantragt nach teilweiser Rücknahme der Klage hinsichtlich der auf den Zahlungsanspruch geltend gemachten Zinsforderung,
1. die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr
1.1. mit Apotheken ein ????-Partnerprogramm abzuschließen, bei dem der Apotheker Produkte der Firmen ??????????? GmbH sowie ????????????? GmbH im Wege des Direktvertriebs zum Herstellerabgabepreis erhält, wenn der Apotheker sich im Gegenzug dazu verpflichtet, bestimmte Produkte der ??????????? GmbH sowie der ?????????????? GmbH bevorzugt abzugeben, insbesondere wenn dies dadurch geschieht, dass sich die Apotheke dazu verpflichten muss,
- die zehn ???? und zwei ???????? ??-Moleküle, bei denen der Beklagten im Rahmen der Rabattausschreibung der exklusive Zuschlag erteilt worden ist, bei Patienten anderer Krankenkassen, bei denen diese Produkte rabattiert sind, bevorzugt zu berücksichtigen und/oder
- Produkte aus den ??-Portfolioverträgen bevorzugt zu berücksichtigen und/oder
- die nicht-exklusiven Produkte ??????????? , ?????????? , ????????? , ????? oder ??????????? aus dem ?? Substanzvertrag 2008/2009 bevorzugt zu berücksichtigen
oder Apotheken den Abschluss eines solchen ????-Partnerprogramms anzubieten, und/oder
1.2. Apotheken, die sich verpflichtet haben, bestimmte Produkte der ??????????? GmbH sowie der ?????????????? GmbH bevorzugt abzugeben, insbesondere wenn dies dadurch geschieht, dass sich die Apotheken dazu verpflichtet haben
- die zehn ???? und zwei ???????? ??-Moleküle, bei denen der Beklagten im Rahmen der Rabattausschreibung der exklusive Zuschlag erteilt worden ist, bei Patienten anderer Krankenkassen, bei denen diese Produkte rabattiert sind, bevorzugt zu berücksichtigen und/oder
- Produkte aus den ??-Portfolioverträgen bevorzugt zu berücksichtigen und/oder
- die nicht-exklusiven Produkte ??????????? , ?????????? , ????????? , ????? oder ??????????? aus dem ?? Substanzvertrag 2008/2009 bevorzugt zu berücksichtigen
im Gegenzug Produkte der ??????????? GmbH und der ????????????? GmbH im Wege des Direktvertriebs zum Herstellerabgabepreis zu liefern.
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 208,65 € nebst fünf Prozentpunkten über den Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24. April 2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist unter anderem der Ansicht: Die nach dem von ihr initiierten Partnerprogramm erfolgende Abgabe zum Herstellerabgabepreis sei als gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesen (Heilmittelwerbegesetz - HWG) zulässige Rabattgewährung anzusehen; diese Vorschrift gehe dem in § 128 Abs. 2 u. 6 SGB V geregelten Verbot der Gewährung wirtschaftlicher Vorteile vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist am 14. März 2011 ein Schriftsatz der Beklagten vom 11. März 2011 bei Gericht eingegangen
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
I. Der gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu dessen Geltendmachung berechtigten Klägerin steht der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch (§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG) zu.
1. a) Der Unterlassungsanspruch ergibt sich jedenfalls aus §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 10 ApoG und §§ 830 Abs. 2, § 26 StGB. Gemäß § 10 ApoG darf sich ein Apotheker nicht dazu verpflichten, bestimmte Arzneimittel ausschließlich oder bevorzugt anzubieten oder anderweitig die Auswahl der von ihm abzugebenden Arzneimittel auf das Angebot bestimmter Hersteller zu beschränken.
aa) Das Verbot des § 10 ApoG betrifft zwar nicht unmittelbar die Beklagte als pharmazeutisches Unternehmen, sondern nur Apotheker, so dass eine Täterhaftung der Beklagten nicht in Betracht kommt, doch haftet sie als Anstifterin im Sinne von § 830 Abs. 2 BGB und § 26 StGB. Da für den verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch des § 8 UWG eine vorsätzliche Zuwiderhandlung nicht erforderlich ist (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., 2011, § 8, Rn. 2.6) ist es insoweit ausreichend, dass die Beklagte vorsätzlich an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Zuwiderhandlung durch Apotheker mitgewirkt hat, wozu neben der Kenntnis der objektiven Tatumstände auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit des Handelns der Apotheker gehört; bedingter Vorsatz genügt (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O.). Das von der Beklagten eingeholte Rechtsgutachten ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 5. Juni 2009 zeigt, dass sie einen Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften, unter anderem gegen § 10 ApoG ernsthaft für möglich gehalten hat, jedoch zugleich einen Verstoß gegen § 10 ApoG durch mit ihr zusammenarbeitende Apotheker billigend in Kauf genommen hat.
bb) Ein mit der Beklagten auf der aus der Anlage K 1 ersichtlichen „Vereinbarung zur Teilnahme am ???? Partnerprogramm“ zusammenarbeitender Apotheker verstößt – was auch die Beklagte einräumt – gegen den Wortlaut von § 10 ApoG, wenn er von der Beklagten oder deren Schwestergesellschaft hergestellte Arzneimittel bevorzugt an Patienten abgibt.
Dieser nach dem Wortlaut der Vorschrift vorliegende Verstoß gegen § 10 ApoG kann entgegen der Ansicht der Beklagten nicht damit rechtfertigt werden, dass der Schutzzweck des ApoG nicht verletzt sei, wenn die Beklagte gegenüber mit ihr zusammenarbeitenden Apothekern auf die im Falle des Direktvertriebs nicht über den Großhandel, sondern im Wege des Direktvertriebs ihr zustehende Handelsspanne des § 2 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) zu Gunsten der Apotheker verzichtet. § 1 Abs. 1 ApoG, wonach den Apotheken im öffentlichen Interesse die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung obliegt, beschreibt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht abschließend den Schutzzweck des ApoG, sondern hebt lediglich hervor, dass die geordnete Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln im Interesse der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes zur ersten Aufgabe des Apothekerberufs gehört (vgl. auch § 1 Bundes-Apothekerordnung - BApO). Auch dem Zitat der Beklagten aus den Verhandlungen des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Gesetzes über das Apothekenwesen vom 6. Mai 1960 (Anlage zum Schriftsatz vom 5. Juli 2010), die lediglich die Ansicht eines Bundestagsabgeordneten zu Notwendigkeit eines Arzneimittelbevorzugungsverbots wiedergeben, kann nicht eine Beschränkung des Schutzzwecks des § 10 ApoG entnommen werden. Dessen Zweck wird in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Februar 1964, die unter anderem eine Verfassungsbeschwerde eines Apothekers gegen die Vereinbarkeit von § 10 ApoG betraf, vielmehr dahin beschrieben, dass die Vorschrift die Eigenverantwortlichkeit des Apothekers und seine Entscheidungsfreiheit gegenüber anderen am Arzneimittelverkehr beteiligten Kreisen sicherstellen. soll. Das Verbot soll verhüten, dass der Arzneimittelschatz der Apotheken durch Bindung an die Waren bestimmter Hersteller zum Schaden einer geordneten Arzneimittelversorgung beschränkt wird (vgl. BVerfGE 17, 232ff, zitiert nach Juris, dort Tz. 67). Das Verbot, das gemäß § 12 ApoG als gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB anzusehen ist, schützt die Unabhängigkeit von Apothekern, die nur so nach dem Stand von Wissenschaft und Technik eine neutrale Bewertung von Arzneimitteln, ihrer Wirkungen und Risiken sowie ökonomischen Auswirkungen vornehmen können (D. Prütting in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 2010, § 10 ApoG, Rn. 1). Es besteht kein Anlass, § 10 ApoG entgegen seinem, den weiten Schutzzweck zutreffend wiedergebenden Wortlaut im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG heute enger auszulegen, als es im Jahr 1964 durch das Bundesverfassungsgericht geschehen ist. Die zahlreichen Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit durch das ApoG, die sich auf die Abgabe von Arzneimitteln beziehen, dienen im weitesten Sinne der Gesundheit der Bevölkerung und damit einem Gemeinschaftsgut von hohem Rang, das selbst empfindliche Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigen kann. Mit vielen Vorschriften begegnet der Gesetzgeber dabei nicht unmittelbar bestimmten Gesundheitsgefahren; er sucht vielmehr über die Gestaltung von Rahmenbedingungen die Arzneimittelsicherheit zu verbessern (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1027, unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidung aus dem Jahr 1964) Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können die Mitgliedstaaten Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und auch für das finanzielle Gleichgewicht der Sozialversicherungssysteme zum Anlass nehmen, die mit dem Einzelhandelsvertrieb von Arzneimitteln betrauten Personen, unter anderem was die Modalitäten ihrer Vermarktung und das Gewinnstreben anbelangt, strengen Anforderungen zu unterwerfen (EuGH, NJW 2009, 2112, 2114).
Ein Verstoß gegen § 10 ApoG liegt damit schon deshalb vor, weil der von der Beklagten praktizierte Partnerprogramm dazu führt, dass die an ihm teilnehmenden Apotheker ihre Vorratshaltung nicht mehr eigenverantwortlich an den Bedürfnissen ihrer Kunden ausrichten werden, sondern von den auf dem Markt befindlichen Generika mit einem bestimmten Wirkstoff im Zweifel bevorzugt diejenigen der Beklagten vorrätig haben werden. Zwar steht dies nicht im notwendig im Widerspruch zu § 15 Apothekenbetriebsverordnung (ApBetrV), der vorsieht, dass der Apotheker die zu einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendigen Arzneimittel vorrätig halten muss, doch steht eine Beschränkung der Vorratshaltung aus wirtschaftlichen Erwägungen des Apothekers jedenfalls im Widerspruch zum Zweck der Vorschrift des § 10 ApoG, mit der eine Verringerung des Arzneimittelschatzes, der der Bevölkerung zugänglich ist, verhindert werden soll. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Beschränkung der Auswahlfreiheit der Apotheker die Interessen der auf verschreibungspflichtige Arzneimittel angewiesenen Patienten nicht oder nur unwesentlich berührt. Zwar trifft es zu, dass wegen der Regelungen in § 129 SGB V und in dem auf der Grundlage von § 129 Abs. 2 SGB V geschlossenen Rahmenvertrag zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekenverband e.V. (Anlage B 1) der Apotheker bei Arzneimitteln, für die Rabattverträge zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und pharmazeutischen Herstellern bestehen, in der Auswahl des abzugebenden Arzneimittels beschränkt ist und eine Wahlfreiheit gemäß § 4 Abs. 2 S. 5 des Rahmenvertrages nur dann besteht, wenn eine Krankenkasse für wirkstoffgleiche Fertigarzneimittel mehrere Rabattverträge im Sinne von § 130a Abs. 8 SGB V abgeschlossen hat. Jedoch ist nicht zu verkennen, dass – selbst wenn man davon absieht, dass durch das Partnerprogramm die nach dem Rahmenvertrag noch bestehende und von Apotheker nicht nur nach seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen zu treffende Wahlfreiheit beschränkt wird – das Partnerprogramm der Beklagten und die damit aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten für den Apotheker naheliegende Beschränkung der Vorratshaltung Einfluss auf die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung haben kann.
Zum einen sind auch gesetzlich krankenversicherte Personen gemäß § 129 Abs. 1 S. 5 SGB V berechtigt, in der Apotheke ungeachtet einer aut idem-Verschreibung des Arztes ein bestimmtes Arzneimittel auch dann zu verlangen, wenn zwischen ihre Krankenkasse Rabattverträge abgeschlossen hat. Mit der durch das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG) mit Wirkung zum 1. Januar 2011 Gesetz gewordenen Vorschrift wurde im Interesse der Versicherten eine Wahlfreiheit zwischen wirkstoffgleichen Fertigarzneimitteln geschaffen, um zu verhindern, dass sie je nach Ausgestaltung der Rabattverträge ihrer Krankenkassen mit häufig wechselnden Medikamenten versorgt werden (vgl. hierzu: Spickhoff/Barth, Medizinrecht, 2011, § 129 SGB V, Rn. 8). Die damit auch für gesetzlich Krankenversicherte geschaffene Wahlfreiheit setzt aber voraus, dass der Bestand der in den Apotheken vorgehaltenen Arzneimittel nicht durch im Hinblick auf insoweit nicht maßgebliche Rabattverträge geschlossene vertragliche Bindungen der Apotheker beschränkt ist und die Wahlfreiheit der Versicherten damit faktisch eingeschränkt wird. Da sich die Klägerin nicht nur gegen die von ihr als Anlage K 1 eingereichte Vereinbarung aus dem Jahr 2009, sondern auch gegen die seitdem andauernde Praktizierung des Partnerprogramms und damit gegen einen auch nach dem 1. Januar 2011 fortdauernden Zustand wendet, ist es für die Entscheidung ohne Bedeutung, dass § 129 Abs. 1 S. 5 SGB V erst seit dem 1. Januar 2011 gilt.
Zum anderen ist nicht zu übersehen, dass die von der Beklagten mit Apothekern getroffenen Vereinbarungen auch Auswirkungen für Kranke haben können, die nicht gesetzlich krankenversichert sind und daher keine Beschränkungen unterliegen, wenn es darum geht, welches von mehreren wirkstoffgleichen Fertigarzneimitteln erworben wird. Die durch die von der Beklagten initiierten Vereinbarungen bezweckte bevorzugte Abgabe ihrer Arzneimittel und die damit einhergehende Beschränkung der Vorratshaltung führt damit auch für privat Versicherte zu einer für sie in keiner Weise vorgesehenen faktischen Einschränkung ihrer Wahlfreiheit.
Soweit die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2011 in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen hat, dass unabhängig von der Vorratshaltung des Apothekers fast jedes Arzneimittel über den Großhandel innerhalb weniger Stunden beschafft und dem Versicherten verkauft werden könne, ändert dies nichts daran, dass – da die Bereitschaft der Versicherten, auf ein Arzneimittel mehrere Stunden zu warten, in der Regel begrenzt ist – in erster Linie das vorrätige Arzneimittel abgegeben werden wird. Zudem ist auch nicht zu übersehen, dass das Partnerprogramm letztlich auch darauf abzielt, Arzneimittel unter Umgehung des Großhandels und der diesem gemäß § 2 AMPreisV zustehenden Großhandelszuschläge abzusetzen. Die Beklagte und die mit ihr zusammenarbeitenden Apotheker sind damit zwar einerseits bestrebt, wirtschaftliche Vorteile aus der Umgehung des Großhandels zu ziehen, bedienen sich des Großhandels aber anderseits, um eine Versorgung aus dem Gesamtangebot der in Betracht kommenden Arzneimittel zu gewährleisten.
Entgegen der Ansicht der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, dass es zu einer § 10 ApoG widersprechenden Bevorzugung von Arzneimitteln deshalb nicht kommt, weil die von ihr mit den Apothekern getroffene Vereinbarung diese nicht dazu zwingt, bei nebeneinander bestehenden Rabattverträgen das Arzneimittel der Beklagten abzugeben, sondern nur vorsieht, dass der Apotheker dieses „bevorzugt zu berücksichtigen“ hat. Die im Rahmen des Partnerprogramms geschlossenen Vereinbarungen, die ohnehin mit einer Frist von zwei Wochen kündbar sind, entfalten ihre Wirksamkeit nicht in erster Linie durch eine bindende vertragliche Verpflichtung zur bevorzugten Abgabe, sondern dadurch, dass für den Apotheker ein finanzieller Anreiz hierzu geschaffen wird. Die mit der Schaffung dieses Anreizes einhergehenden Gefahren für eine geordnete und möglichst breite Arzneimittelversorgung werden nicht dadurch beseitigt, dass der Apotheker sich im Einzelfall auch für ein anderes Arzneimittel entscheiden kann, ohne Sanktionen der Beklagten befürchten zu müssen.
Die Frage, ob die Vereinbarungen der Beklagten mit Apothekern und die Praktizierung des Partnerprogramms im Einklang mit § 7 Abs. 1 Nr. 2 a) HWG stehen, weil der Verzicht auf den Großhandelszuschlag des § 2 AMPreisV als mit den Preisvorschriften des Arzneimittelrechts zulässige Rabattgewährung anzusehen ist, stellt sich im Zusammenhang mit der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung im Lichte von § 10 ApoG nicht, was letztlich auch von der Beklagten so gesehen wird, die lediglich im Rahmen der von der Klägerin geltend gemachten Unlauterkeit gemäß § 4 Nr. 1 UWG einwendet, eine unsachliche Beeinflussung im Sinne dieser Vorschrift könne schon deshalb nicht vorliegen, weil sie durch § 7 Abs. 1 Nr. 2 a) HWG gedeckt sei. § 10 ApoG und § 7 HWG haben unterschiedliche Regelungsgegenstände. Zwar bezweckt auch die Rückausnahme in § 7 Abs. 1 Nr. 2 a) HWG, dass die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt wird (vgl. BGH, GRUR 2010, 3721 [Tz. 16] - Unser Dankeschön für Sie), was sich mit dem mit § 10 ApoG verfolgten Interesse an einer geordneten Arzneimittelversorgung deckt, doch soll dies durch eine Ausschaltung des Preiswettbewerbs erreicht werden. § 10 ApoG ist dagegen darauf gerichtet, zu verhindern, dass die geordnete Arzneimittelversorgung durch eine Beschränkung der Eigenverantwortlichkeit des Apothekers und seiner Entscheidungsfreiheit gegenüber anderen am Arzneimittelverkehr beteiligten Kreisen gefährdet wird.
cc) § 10 ApoG ist im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten der Apotheker zu regeln. Die mit § 10 ApoG bezweckte Sicherung einer geordneten Arzneimittelversorgung dient jedenfalls mittelbar auch den Interessen der durch eine Beschränkung des Arzneimittelschatzes betroffenen Verbraucher (vgl. auch Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., 2011, § 4, Rn. 11.76f).
dd) Entsprechend dem Antrag der Klägerin richtet sich das Unterlassungsgebot zum einen gegen den Abschluss von Vereinbarungen des aus der Anlage K 1 ersichtlichen Inhalts, was Gegenstand des Tenors zu 1.a) ist, und zum anderen gegen die Durchführung des Partnerprogramms auf der Grundlage der mit Apothekern getroffenen Vereinbarungen, was Gegenstand des Antrages zu 1.b) ist. Die Beklagte hat im Termin am 23. Februar 2011 auf Nachfrage ausdrücklich erklärt, dass das Partnerprogramm von ihr praktiziert wird und dass sie nach wie vor entsprechende Vereinbarungen mit Apothekern trifft.
Entgegen der im Termin am 23. Februar 2011 zu Protokoll gegebenen Ansicht der Beklagten sind die Anträge der Klägerin nicht zu weit. Der Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG setzt eine konkrete Verletzungshandlung voraus, für die die Wiederholungsgefahr besteht. Die Merkmale dieser Handlung müssen im Klageantrag zum Ausdruck kommen, sofern der Unterlassungsgläubiger den Antrag nicht auf ein Verbot der geschäftlichen Handlung, wie sie begangen worden ist, beschränkt (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12, Rn. 2.43). Im vorliegenden Fall sind die Anträge der Klägerin unzweideutig darauf gerichtet, dass es die Beklagte unterlassen soll, Vereinbarungen des aus der Anlage K 1 ersichtlichen Inhalts zu schließen und sie auszuführen, was von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung im Rahmen der Erörterung der Sachdienlichkeit der Anträge ausdrücklich bestätigt worden ist. Dass sie die Anlage K 1 nicht zum Gegenstand des Antrages gemacht hat, sondern im Interesse einer leichteren Verständlichkeit den Inhalt beschrieben hat, ist unschädlich, da kein Zweifel daran bestehen kann, dass es ihr um das Verbot der konkreten Verletzungsform geht. Um den Bedenken der Beklagten Rechnung zu tragen, hat die Kammer die Unterlassungsgebote jedoch noch etwas konkreter gefasst, indem sie den Tenor zu 1. ausdrücklich auf verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel bezogen und auch die aus der Anlage K 1 ersichtlichen Wirkstoffe in den Tenor aufgenommen hat, soweit sie im Text der Vereinbarung nicht nur beispielhaft aufgeführt werden. Im Übrigen ist nicht nur bei der Auslegung der Anträge, sondern auch für das Verständnis des Unterlassungstenors die im Tatbestand in Bezug genommene Anlage K 1 heranzuziehen.
b) Die Vorschriften der Berufsordnungen für Apotheker (BO) der Landesapothekerkammern (§ 13 Abs. 1 BO/Bayern, § 12 BO/Baden-Württemberg, § 13 Abs. 2 BO/Rheinland-Pfalz, § 12 BO/Sachsen-Anhalt, § 10 Abs. 2 BO/Sachsen, § 12 BO/Thüringen, § 14 BO/Westfalen-Lippe, § 14 BO/Nordrhein, § 6 BO/Berlin, § 12 Abs. 1 BO/Saarland, § 11 Abs. 1 BO/Niedersachsen, § 12 Abs. 2 BO/Mecklenburg-Vorpommern, § 5 Abs. 1 BO/Hessen, § 15 Abs. 1 BO/Bremen, § 6 Abs. 2 BO/Brandenburg), die mit weitgehend identischem Wortlaut Vereinbarungen von Apothekern, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel zum Gegenstand oder zur Folge haben können, für unzulässig erklären (im Ergebnis ebenso: § 2 BO/Hamburg, wonach Vereinbarungen unzulässig sind, die die Unabhängigkeit der Apotheker beeinträchtigen, in pharmazeutischen Fragen frei und eigenverantwortlich zu entscheiden), dienen demselben Zweck wie § 10 ApoG (vgl. Spickhoff/Walter, a.a.O., § 10 ApoG, Rn. 1). Auch diese Vorschriften sind als Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG anzusehen. Die Beklagte darf Apotheker nicht im Sinne von § 26 StGB dazu bestimmen, gegen sie zu verstoßen.
Nicht nur die Berufsordnungen der Apothekerkammern, sondern auch die Mitglieder des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller, die zu diesem Zweck den Verein "Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V." gegründet haben, haben es sich zum Ziel gesetzt, die korrekte Zusammenarbeit von pharmazeutischen Unternehmen und Ärzten, Apothekern und weiteren Angehörigen der medizinischen Fachkreise zu überwachen. Der Verein hat in dem von ihm herausgegebenen FSA-Kodex zur Zusammenarbeit mit Fachkreisen mit bindender Wirkung für seine Mitgliedsunternehmen in § 17 geregelt, dass es unzulässig ist, Angehörigen der Fachkreise, zu denen gemäß § 2 auch Apotheker zählen, oder Dritten für die Verordnung und die Anwendung eines Arzneimittels oder die Empfehlung eines Arzneimittels gegenüber dem Patienten ein Entgelt oder einen sonstigen geldwerten Vorteil anzubieten, zu gewähren oder zu versprechen. Bei Anwendung des Kodex sind nicht nur der Wortlaut der einzelnen Vorschriften, sondern auch dessen Geist und Intention sowie auch die geltenden Gesetze, unter anderem die Vorschriften des AMG, des Heilmittelwerbegesetzes (HWG), des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und des Strafgesetzbuches (StGB) und die allgemein anerkannten Grundsätze des Berufsrechts der Angehörigen der Fachkreise zu beachten (§ 4 Abs. 1). Ob der Kodex, dessen Inhalt vom Bundeskartellamt als Wettbewerbsregel im Sinne von § 24 Abs. 2 GWB anerkannt ist und der als Verhaltenskodex im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5 UWG anzusehen ist, auch die Beklagte als Mitgliedsunternehmen oder mit der ?????????????? GmbH verbundenes Unternehmen (vgl. § 1 des Kodex) bindet, ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht und ist mit den Parteien im Termin am 23. Februar 2011 auch nicht erörtert worden ist. Hierauf kommt es für die Entscheidung auch nicht an, da der Kodex wie die Regelungen in den Berufsordnungen für Apotheker § 10 ApoG lediglich flankiert (vgl. Spickhoff/Walter, a.a.O., § 10 ApoG, Rn. 1).
c) Der Abschluss von Vereinbarungen der aus der Anlage K 1 ersichtlichen Art und die Durchführung des hierauf berufenden Vertragssystems ist auch als Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG anzusehen ist, der es – unmittelbar auch der Beklagten – verbietet, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu gefährden.
Maßgeblich ist insoweit unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. Juni 2010 - I ZR 182/08 - Brillenversorgung II (GRUR 2010, 850), dass die Apotheker, mit denen die Beklagte Vereinbarungen über die bevorzugte Abgabe ihrer Arzneimittel trifft, bei ihren Entscheidungen (auch) die Interessen Dritter zu wahren haben und dass die Apotheker durch die Gewährung des von der Beklagten versprochenen finanziellen Vorteils dazu veranlasst werden können, diese Interessenwahrnehmungspflicht zu verletzen (vgl. BGH, GRUR 2010, 850 [Tz. 17] m.w.N.). § 10 ApoG und die Vorschriften in den Berufsordnungen für Apotheker dienen nicht nur dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Arzneimittelversorgung, sondern mittelbar auch dem Interesse der Verbraucher, die diese Arzneimittel nachfragen.
Auch insoweit beruft sich die Beklagte zu Unrecht darauf, dass das von ihr praktizierte Partnerprogramm mit § 7 Abs. 1 Nr. 2 a) HWG in Einklang steht. Da auch über § 4 Nr. 1 UWG letztlich die Eigenverantwortlichkeit des Apothekers und seiner Entscheidungsfreiheit gegenüber anderen am Arzneimittelverkehr beteiligten Kreisen geschützt wird, ist es auch insoweit ohne Bedeutung, ob das Partnerprogramm der Beklagten gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 a) HWG zulässig ist. Selbst unabhängig hiervon verstößt die Beklagte mit ihrem Partnerprogramm gegen § 7 Abs. 1 Nr. 2 a) HWG. Bei der Auslegung der Vorschriften des HWG ist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung die Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel zu berücksichtigen, da diese eine vollständige Harmonisierung des Bereichs der Arzneimittelwerbung bezweckt und die Fälle, in denen die Mitgliedstaaten abweichende Regelungen erlassen dürfen, anschließend regelt (vgl. EuGH, GRUR 2008, 267 [Tz. 20, 39], Köhler/Bornkamm, a.a.O. § 4, Rn. 11, 133a). Die Richtlinie, die gemäß Art. 86 Abs. 1 ausdrücklich auch für die Arzneimittelwerbung gegenüber Personen, die zur Abgabe von Arzneimitteln befugt sind, und für Anreize zur Abgabe von Arzneimitteln durch das Gewähren, Anbieten oder Versprechen von finanziellen oder materiellen Vorteilen gilt, verbietet in Art. 94 Abs. 1, im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel bei den zu ihrer Abgabe berechtigten Personen, diesen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei denn, diese sind von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang. Zwar sieht Art. 94 Abs. 4 vor, dass dieses Verbot die in den Mitgliedstaaten bestehenden Maßnahmen oder Handelspraktiken hinsichtlich der Preis, Gewinnspannen und Rabatte unberührt lässt, so dass es für den deutschen Gesetzgeber möglich ist, Ausnahmen von diesem Verbot zuzulassen. Insoweit ist zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass nach den Vorschriften des HWG Zuwendungen und Werbegaben ausnahmsweise unter anderem dann zulässig sind, wenn es sich um Rabatte im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 2 a) HWG handelt und diese in Übereinstimmung mit den Vorschriften der Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes gewährt werden, was regelmäßig dann der Fall ist, wenn sichergestellt ist, dass – was § 78 Abs. 2 S. 2 AMPreisV regelt – ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel gewährleistet ist (vgl. Fezer/Reinhart, Lauterkeitsrecht, 2010, § 4-S4, Rn. 509). Die Beklagte weist insoweit unter Bezugnahme auf den Gesetzentwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung - AVWG (BT-Drucks. 16/194, S. 11f) zu Recht darauf hin, dass damit Barrabatte an Apotheken vom Gesetzgeber als zulässig angesehen worden sind, da sie den einheitlichen Apothekenabgabepreis unberührt lassen (vgl. auch Riegger, Heilmittelwerberecht, 2009, § 7 HWG, Rn. 27). Der nach den Vorschriften des HWG nicht ausdrücklich verbotene Verzicht auf den Großhandelszuschlag des § 2 AMPreisV, der von der Beklagten im Rahmen des von ihr angebotenen Partnerprogramms angeboten und praktiziert wird, verstößt jedoch gegen § 128 Abs. 2 SGB V, der es – da die Vorschrift gemäß § 128 Abs. 6 SGB V auch im Verhältnis zwischen pharmazeutischen Unternehmen und Apotheken Anwendung findet – verbietet, dass pharmazeutische Unternehmen wie die Beklagte im Zusammenhang mit der Versorgung von Arzneimitteln Apothekern Zuwendungen in der Form von wirtschaftlichen Vorteilen gewähren. Mit der am 23. Juli 2009 in Kraft getretenen Erweiterung des Verbots des § 128 Abs. 2 SGB V soll ausweislich des Gesetzentwurfs für das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (vgl. BT-Drucks. 16/12256, S. 65) ausgeschlossen werden, dass finanzielle Vorteile in Zusammenhang mit der Versorgung von Versicherten ohne Wissen und Beteiligung der Krankenkassen gewährt werden (vgl. auch Spickhoff-Wabnitz, a.a.O., § 128, Rn. 12; Luthe in Hauck/Noftz, SGB V, Loseblattsammlung, § 128, Rn 39; Nolte in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Loseblattsammlung, § 128 SGB V, Rn. 23). Der Gesetzgeber hat damit die nach deutschen Recht zulässigen Maßnahmen oder Handelspraktiken hinsichtlich der Preis, Gewinnspannen und Rabatte zwischen pharmazeutischen Unternehmern und Apothekern im Sinne von Art. 94 Abs. 4 des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel beschränkt, so dass bei richtlinienkonformer Auslegung insoweit das grundsätzliche Verbot des Art. 94 Abs. 1 Anwendung finden muss. Dies wäre nur dann nicht der Fall, wenn § 7 Abs. 1 Nr. 2 a) HWG nach deutschen Recht Anwendungsvorrang vor § 128 Abs. 2 i.V.m. Abs. 6 SGB V hätte. § 128 Abs. 6 SGB V sieht zwar vor, dass § 128 Abs. 2 SGB V nur dann entsprechend gilt, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, doch kann § 7 Abs. 1 Nr. 2 a) HWG nicht als andere gesetzliche Bestimmung im Sinne von § 128 Abs. 6 SGB V angesehen werden. Eine andere gesetzliche Bestimmung kann sich grundsätzlich sowohl aus dem SGB V als auch aus sonstigen für die Versorgung mit Arzneimittel ergeben, etwa nach dem Apotheken- Arzneimittel-, Heilmittelwerbe- und Krankenhausrecht. Allerdings muss die Abweichung deutlich erkennbar sein (vgl. Luthe in Hauck/Noftz, a.a.O. § 128, Rn 38). § 7 Abs. 1 Nr. 2 a) HWG kann nicht in dem Sinn verstanden werden, dass mit der für verschreibungspflichtige Arzneimittel geltenden Vorschrift Barrabatte an Apotheken ohne Einschränkung zulässig sein sollen. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Gesetzgeber insbesondere Skonti, also prozentual berechnete Preisnachlässe erlauben wollte (BT-Drucks. 16/194, S. 11f). Zwar wird nicht ausdrücklich ausgeschlossen, dass pharmazeutische Unternehmen auf die bei einem Direktvertrieb von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbleibende Großhandelsspanne ganz verzichten, doch ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber einen solchen Verzicht ausdrücklich zulassen wollte. Gegen eine solche Absicht spricht in jedem Fall, dass eine solche Regelung im Widerspruch zu § 10 ApoG und den Berufsordnungen für Apotheker stehen würde (vgl. auch Luthe in Hauck/Noftz, a.a.O. § 128, Rn 38, der darauf hinweist, dass der Regelungsinhalt von § 128 Abs. 2 SGB V zumeist bereits außerhalb des Sozialrechts im Berufs- und Wettbewerbsrecht verankert ist). § 128 Abs. 2 i.V.m. Abs. 6 SGB V entfaltet damit auch für vor seinem Inkrafttreten geschlossene Rabattverträge Wirkung, in denen ein Verstoß gegen das Gewähren wirtschaftlicher Vorteile noch nicht im Sinne von § 128 Abs. 3 SGB V sanktioniert ist (vgl. insoweit Nolte in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 128 SGB V, Rn. 25).
Soweit die Beklagte erstmals mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangen Schriftsatz vom 11. März 2011 unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. September 2010 - I ZR 98/08 - [Tz. 22] Bonuspunkte, veröffentlicht in GRUR 2010, 1133, geltend macht, ein Verstoß gegen § 7 I Nr. 2 a) HWG sei als nicht spürbar im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG anzusehen, übersieht sie zum einen, dass es hier um einen Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG geht, und zum anderen, dass der Verzicht auf den gesamten Großhandelszuschlag des § 2 AMPreisV weder als geringfügig angesehen werden kann noch im Sinne von Art. 94 Abs. 1 des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang ist.
d) Das Partnerprogramm der Beklagten kann damit aus den zu c) genannten Gründen auch nicht als zulässige Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 2 a) HWG angesehen werden.
Ob auch § 128 Abs. 2 SGB V trotz der ausweislich der Gesetzesbegründung in erster Linie beabsichtigten Stärkung der Stellung der gesetzlichen Krankenkassen als Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG anzusehen ist (so Luthe in Hauck/Noftz, a.a.O. § 128, Rn 41) kann angesichts der unter mehreren anderen rechtlichen Gesichtspunkten zu bejahenden Unlauterkeit des Partnerprogramms der Beklagten dahinstehen.
2. Für die Wiederholungsgefahr besteht aufgrund des unstreitig wiederholten Abschlusses von Vereinbarungen der aus der Anlage K 1 ersichtlichen Art und der fortlaufenden Durchführung des Partnerprogramms eine tatsächliche Vermutung.
II. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Die Abmahnung der Klägerin vom 12. November 2009 war aus den Gründen zu I. berechtigt. Durch diese Abmahnung sind der Klägerin Aufwendungen in zwischen den Parteien nicht streitiger Höhe von 208,65 € entstanden.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Durch die nur eine Nebenforderung im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG betreffende teilweise Rücknahme der Klage sind keine besonderen Kosten entstanden.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 u. 2 ZPO.
Die Ordnungsmittelandrohung erfolgt auf der Grundlage von § 890 Abs. 2 ZPO.
verkündet am : 23.03.2011

RechtsgebieteApothekengesetz, Heilmittelwerbegesetz, Gesetz gegen den unlauteren WettbewerbVorschriften§ 10 ApoG, § 4 Nr. 1 UWG, § 7 HWG

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