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02.12.2010 · IWW-Abrufnummer 103894

Amtsgericht Gummersbach: Urteil vom 04.10.2010 – 10 C 49/10

1. Der Schädiger darf den Geschädigten im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 II BGB auf eine günstigere und qualitativ gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn der Geschädigter keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.



2. Legt der Unfallschädiger ein Prüfgutachten eines unabhängigen Sachverständigen hinsichtlich einer günstigeren und vom Qualitätsstandard gleichwertigen Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt vor, ist dieses Gutachten in der Regel eine ausreichende Schätzgrundlage im Sinne des § 287 ZPO.


Amtsgericht Gummersbach

10 C 49/10

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
(Urteil kurzgefasst und ohne Tatbestand gemäß §§ 313 III; 313 a; 495 a ZPO).
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf weiteren Schadensersatz von 261,98 € aus §§ 7 I StVG; 115 VVG.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Kläger zu Recht auf die Reparaturmöglichkeit des Fahrzeugs in einer freien Fachwerkstatt verwiesen. Die Voraussetzungen, die der Bundesgerichtshof an eine solche Verweisungsmöglichkeit des Haftpflichtversicherers stellt, liegen hier vor. Der Schädiger darf hiernach den Geschädigten im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht i.S. des § 254 II BGB auf eine günstigere und vom Qualitätsstandard gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt” verweisen, wenn der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen. Ein solcher Verweis ist bei einem Fahrzeugalter bis zu drei Jahren allerdings unzumutbar. Bei älteren Fahrzeugen muss der Geschädigte eine Unzumutbarkeit konkret darlegen und gegebenenfalls belegen, dass das Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert worden ist (BGH NJW 2010, 606; NJW 2010, 2118).
Die von der Beklagten benannte Firma Q GmbH & Co. KG bietet für den vorliegenden Schaden eine qualitativ gleichwertige Reparaturmöglichkeit, was sich aufgrund einer Schätzung des Gerichts gemäß § 287 ZPO ergibt. Nach § 287 I ZPO entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände des Falles nach freier Überzeugung darüber, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch sich ein Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse beläuft. Die gleiche Entscheidung wird gemäß § 287 II ZPO bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten getroffen, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die vollständige Aufklärung des streitigen Verfahrensteils wäre nur nach Durchführung einer Beweisaufnahme möglich. Angesichts der Bedeutung der Streitfrage im Verhältnis zum gesamten Streitgegenstand dieses Prozesses wäre der Aufwand unverhältnismäßig. Zudem bieten die Umstände des Falles ausreichend Anhaltspunkte für eine interessengerechte Schadensschätzung. Legt der Unfallschädiger ein Prüfgutachten eines unabhängigen Sachverständigen hinsichtlich einer günstigeren und vom Qualitätsstandard gleichwertigen Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen freien Fachwerkstatt vor, ist dieses Gutachten in der Regel eine ausreichende Schätzgrundlage im Sinne des § 287 ZPO. Nach dem von der Beklagten vorgelegten Prüfgutachten der Firma F GmbH vom 20.10.2009 handelt es sich bei der benannten freien Werkstatt um einen zertifizierten Meisterbetrieb für Karosserie- und Lackierarbeiten, der ausschließlich nach Richtlinien und Vorgaben der Fahrzeughersteller und unter Verwendung von Originalersatzteilen repariert.
Der benannte Reparaturbetrieb ist für den Kläger auch mühelos und ohne weiteres zugänglich. Er befindet sich in einer Entfernung von 15 bis 20 Kilometern vom Wohnort des Klägers entfernt und bietet darüber hinaus auch einen kostenlosen Hol- und Bring-Service für das beschädigte Fahrzeug an.
Besondere Umstände, die eine Inanspruchnahme der benannten freien Werkstatt für den Kläger unzumutbar machen würden, sind nicht dargetan. Das Fahrzeug des Klägers ist älter als drei Jahre. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass sein Fahrzeug bislang ausschließlich in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert worden sei.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91; 708 Nr. 11; 713 ZPO.
Streitwert: 261,- €

RechtsgebietBGBVorschriften§ 249 BGB

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