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25.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103394

Oberlandesgericht Köln: Beschluss vom 25.06.2010 – 20 U 199/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


20 U 199/09
Tenor:
I. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat nach Beratung erwägt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die weiteren Voraussetzungen gemäß § 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 ZPO vorliegen.
Gründe
1. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Auskunft über den Rückkaufswert ihrer durch Kündigung vorzeitig beendeten fondsgebundenen Lebensversicherungen ohne Abschlusskostenverrechnung und ohne Stornoabzug noch ein Anspruch auf Zahlung höherer Rückkaufswerte zu.
Mangels eines spezialgesetzlichen oder vertraglich geregelten Auskunftsanspruchs kann sich die begehrte Auskunftspflicht der Beklagten grundsätzlich nur unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ergeben, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverbindungen es mit sich bringen, dass die Klägerin in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang ihrer Rechte im Ungewissen ist und die Beklagte die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 69. Aufl. 2010, § 260 Rdnr. 4 mwN). Voraussetzung dafür ist, dass der Leistungsanspruch, der mit Hilfe der Auskunft geltend gemacht werden soll, zumindest möglich, wenn nicht gar überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. Palandt/Heinrichs, aaO, Rdnr. 6 mwN unter Bezugnahme auf BGH NJW 2002, 3771; BAG DB 1996, 2182; OLG Stuttgart ZIP 2007, 275, 276) und die begehrte Auskunft der Beklagten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen zumutbar ist.
Dass der Klägerin ein Nachzahlungsanspruch gegenüber der Beklagten zustehen könnte, erscheint auf der Grundlage des unstreitigen Parteivorbringens indes ausgeschlossen. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, der Klägerin könne unter dem Gesichtspunkt des Mindestbetrages in Höhe der Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals (hier: des ungezillmerten Fondsguthabens) ein Nachzahlungsanspruch nicht zustehen. Denn die Klägerin hat mit dem ihr ausgezahlten Rückkaufswert von insgesamt € 8.794,17 bei insgesamt eingezahlten Prämien in Höhe von € 14.850,- unstreitig einen Betrag in Höhe von 59,22% der gezahlten Prämien ausgezahlt erhalten. Die Summe der Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals ist wegen des Abzugs von Risikoanteilen und laufenden Verwaltungskosten jedoch stets geringer als die Hälfte der gezahlten Prämien (vgl. BVerfG NJW 2006, 1783 ff.). Die Klägerin hat mithin bereits mehr erhalten, als ihr nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts zu den Rechtsfolgen intransparenter Klauseln über Rückkaufswerte im Falle vorzeitiger Vertragsbeendigung in Versicherungsbedingungen (BGH, Urteile vom 9. Mai 2001, BGHZ 147, 373 ff. und BGHZ 147, 354 ff., vom 12. Oktober 2005, BGHZ 164, 297 ff. und BGHReport 2006, 24 sowie vom 26. September 2007, VersR 2007, 1547 ff.; BVerfG NJW 2005, 2363; 2005, 2376; 2006, 1783 ff.) unter dem Gesichtspunkt des Mindestbetrages zustehen würde, wenn die hier zugrunde liegenden Klauseln unwirksam wären. Die Grundsätze der zitierten Rechtsprechung sind nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. September 2007 (VersR 2007, 1547 f.) auch auf fondsgebundene Lebensversicherungen, wie sie die Klägerin abgeschlossen hat, anzuwenden.
Soweit die Klägerin meint, das Bundesverfassungsgericht stelle nicht auf einen Mindestbetrag ab, sondern verlange lediglich ein angemessenes Verhältnis zwischen den gezahlten Versicherungsbeiträgen sowie den Abschlusskosten und dem Risiko- und Verwaltungskostenanteil, ist dies nicht zutreffend. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 15. Februar 2006 (NJW 2006, 1783 ff.) vielmehr ausdrücklich die vom Bundesgerichtshof im Wege der richterlichen ergänzenden Vertragsauslegung entwickelte Lösung eines Mindestbetrages bestätigt und ausgeführt, die ergänzende Vertragsauslegung widerspreche verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht. Die vom Bundesgerichtshof gewsählte Berechnungsmethode stütze sich auf eine Abwägung der verschiedenen betroffenen Interessen. Dabei werde berücksichtigt, dass der sein Vertragsverhältnis frühzeitig beendende Versicherungsnehmer durch privatautonomes Handeln keine hinreichenden Möglichkeiten habe, seine Vermögensinteressen auf andere Weise effektiv zu verfolgen. Dem Anliegen, die in die Verrechnung eingehenden Abschlusskosten bei der Verrechnung nach der Zillmermethode zu begrenzen und zugleich einen angemessenen Anteil der von den Versicherungsnehmern gezahlten Prämien in die Bestimmung des Rückkaufswerts einfließen zu lassen, werde durch die ergänzende Vertragsauslegung Rechnung getragen (BVerfG aaO unter B. I. b)).
Aus der von der Klägerin selbst herangezogenen Rechtsprechung des BGH und des BVerfG ergibt sich auch unmittelbar, dass ein Anspruch auf Auskunft hinsichtlich der Höhe der in Ansatz gebrachten Abschlusskosten, der in dem Klageantrag zu 1. im Ergebnis enthalten ist, nicht besteht. Der Beklagten ist es vielmehr nach der zitierten Rechtsprechung nicht verwehrt, Abschlusskosten zu erheben. Ihr ist es auch nicht verwehrt, diese im Wege der Zillmerung in Ansatz zu bringen. Mit der zitierten Rechtsprechung wird lediglich den finanziellen Nachteilen, die das Zillmerungsverfahren im Falle einer frühen Vertragsbeendigung mit sich bringt, dadurch Rechnung getragen, dass dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf einen Mindestbetrag in Höhe der Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals zugesprochen wird. Der Versicherungsnehmer hat nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Anspruch auf die versprochene Leistung, mindestens jedoch die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals. Zur Durchsetzung dieser Ansprüche hilft der Klägerin die begehrte Auskunft unter anderem über die Höhe der Abschlusskosten nicht. Denn mehr als den Mindestbetrag hat sie bereits erhalten, so dass ein Nachzahlungsanspruch insoweit ausscheidet. Dass die vertraglich versprochene Leistung höher als die erfolgte Rückvergütung zu bemessen sei, weil etwa im konkreten Fall Abschlusskosten erhoben worden sind, die aus anderen Gründen nicht hätten erhoben werden dürfen, ist weder von der Klägerin geltend gemacht noch ersichtlich.
Soweit die Klägerin meint, für sie sei die vorgenommene Berechnung der Beklagten nach der Zillmer-Methode solange intransparent, wie die Beklagte nicht die begehrte Auskunft erteile, führt dies nicht zu einem Auskunftsanspruch. Denn die Beklagte schuldet über die Angabe der in den Abrechnungsschreiben vom 27.02.2008 genannten Beträge hinaus nicht die Offenlegung ihrer Berechnungsgrundlagen (so auch OLG München VersR 2009, 770 f.). Die Offenlegung der Berechnungsgrundlagen ist der Beklagten nicht zumutbar; insoweit gebührt bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen dem Geheimhaltungsinteresse der Beklagten der Vorrang. Das Oberlandesgericht München hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf verwiesen, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 15. Februar 2006 (aaO unter B I 2 c)) ausdrücklich auch die beschränkte Auskunftspflicht der Versicherer berücksichtigt hat. Daraus ergebe sich, dass es zur Wahrung der Interessen der Versicherungsnehmer angemessen sei, dass ihnen hinsichtlich der Berechnung der Rückkaufswerte kein Anspruch auf Auskunft eingeräumt, sondern im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine Mindestsumme garantiert werde. Die Offenlegung der Berechnungsgrundlagen und damit insbesondere auch der Kostenstruktur könne von der Versicherung angesichts dieses Gesamtkonzepts grundsätzlich nicht verlangt werden. Dass der Versicherer ein Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Berechnungsgrundlagen hat, liegt auf der Hand und ist von der Beklagten inzwischen auch ausdrücklich mit der Berufungserwiderung vorgetragen. Von einem Verstoß gegen das Transparenzgebot kann insoweit keine Rede sein.
Nach alledem hat die Beklagte Ansprüche der Klägerin auf Rückvergütung in vollem Umfang erfüllt. Die weiter geltend gemachten Ansprüche bestehen nicht.
2. Auch die weiteren Voraussetzungen, unter denen die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen ist, liegen vor.
Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; es handelt sich vielmehr um einen Streit, dessen Tragweite sich im konkreten Einzelfall erschöpft. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.
II. Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu vorstehenden Hinweisen binnen drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses Stellung zu nehmen.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 242 BGB

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