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10.11.2010 · IWW-Abrufnummer 104188

Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Urteil vom 09.06.2010 – 7 Sa 195/10

Behandelt der Arbeitgeber Arbeitnehmer, die eine Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag unterschrieben haben, anders als diejenigen, die eine solche nicht unterschrieben haben, liegt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände weder ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch eine Verletzung des Maßregelungsverbots vor.


Tenor:

I.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 10.12.2009, 4 Ca 2420/09, abgeändert:

Die Klagen werden abgewiesen.

II.Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.

III.Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Mit ihrer Klage machen die Klägerin und die Kläger (im Folgenden: Kläger) einen Anspruch auf eine Einmalzahlung in Höhe von 200,00 € sowie auf eine 2,1 %ige Lohnerhöhung ab Januar 2009 aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung geltend.

Die Kläger sind bei der Beklagten, die Rechtsnachfolgerin der Firma Q. & H. GmbH & Co N. OHG ist, in deren Werk in O. beschäftigt, in dem ca. 460 Arbeitnehmer tätig sind. Die Beklagte hat den Betrieb in O. am 01.10.2007 im Wege eines Betriebsübergangs übernommen. Sie war zu diesem Zeitpunkt nicht tarifgebunden. Seit dem 01.12.2007 besteht eine sogenannte OT-Mitgliedschaft zum Arbeitgeberverband der rheinisch-westfälischen papiererzeugenden Industrie e.V.

Die Beklagte ist eine deutsche Tochtergesellschaft des schwedischen T1.-Konzerns und Teil der T1.-U. Europe-Gruppe. Der T1.-Konzern produziert u. a. saugfähige Hygieneprodukte und Verpackungen aus Wellpappe. Die weiteren in Deutschland ansässigen Betriebe der T1.-U. Europe-Gruppe sind an die Tarifverträge der papiererzeugenden Industrie gebunden.

Die Arbeitsverträge der Kläger sind auch noch mit anderen Rechtsvorgängerinnen der Beklagten abgeschlossen worden, so zum Beispiel mit der Vereinigten Papierwerke T2. & Co. Manche Kläger besitzen auch nur einen Einstellungsbogen. Alle Verträge sind vor dem 01.01.2002 abgeschlossen worden.

Unstreitig ist in allen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Kläger die Anwendung sowohl des Mantel- als auch des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung vereinbart (im folgenden: Tarifvertrag der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie). Diese Tarifverträge sind zwischen ver.di und dem zuständigen Arbeitgeberverband abgeschlossen und fanden vor dem Betriebsübergang auf den Betrieb in O. nicht nur aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel, sondern auch aufgrund der Mitgliedschaft der Rechtsvorgängerin im tarifschließenden Arbeitgeberverband Anwendung.

Sämtliche Kläger sind Mitglieder der Gewerkschaft ver.di.

Mit Schreiben vom 26.09.2007 (Bl. 54 - 60 der Akte) hat die Beklagte alle vom Betriebsübergang betroffenen Mitarbeiter vollumfänglich über die sich aus dem Betriebsübergang ergebenden arbeitsrechtlichen Folgen unterrichtet. Bereits in diesem Schreiben hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie beabsichtige, dem Arbeitgeberverband der rheinisch-westfälischen papiererzeugenden Industrie e.V. beizutreten.

Die Beklagte hat die Erhöhung des Tariflohns nach dem Tarifvertrag der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie in Höhe von 3,9 % ab dem 01.05.2008 noch an alle Beschäftigten weitergegeben, mit Aushang vom 04.06.2008 (Bl. 61 der Akte) allerdings auf ihre fehlende Tarifbindung und des weiteren darauf hingewiesen, dass die Erhöhung der Löhne freiwillig ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolge. Weitere Lohnerhöhungen aus diesem Tarifvertrag sind nicht weitergegeben worden.

Unter dem Datum vom 12.12.2008 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat eine „Anpassungsvereinbarung“, deren Zielsetzung es ausweislich § 2 der Vereinbarung war, eine einheitliche kollektivrechtliche Geltung der Arbeitsbedingungen auf der Grundlage der Tarifverträge für die Arbeitnehmer der papiererzeugenden Industrie in der Bundesrepublik Deutschland (im folgenden: Tarifverträge der papiererzeugenden Industrie) herbeizuführen. Als langfristiges Ziel werde angestrebt, dass die Beklagte Mitglied im Arbeitgeberverband der rheinisch-westfälischen papiererzeugenden Industrie e.V. werde und damit die Tarifverträge für die Arbeitnehmer der papiererzeugenden Industrie zur Anwendung gelängen. Der Betriebsrat unterstütze dieses Ziel und werde sich zu jeder Zeit dafür einsetzen, dass dieses Ziel möglichst umfassend und zeitnah erreicht werde.

§ 3 der Anpassungsvereinbarung lautet wie folgt:

„(1) T1. beabsichtigt bis zur Erreichung der vollständigen Tarifbindung als Mitglied im Arbeitgeberverband der rheinisch-westfälischen papiererzeugenden Industrie e.V. einen Haustarifvertrag abzuschließen.

(2) Neben dem Abschluss dieser Betriebsvereinbarung wird T1. den vom Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung umfassten Arbeitnehmern eine Ergänzung ihres Arbeitsvertrages anbieten. Damit wird die individualrechtliche Grundlage für eine Anwendung der Bedingungen der Tarifverträge für die Arbeitnehmer der papiererzeugenden Industrie in der Bundesrepublik Deutschland bzw. des noch zu schließenden Haustarifvertrags geschaffen.“

Wegen des Inhalts der Anpassungsvereinbarung im Einzelnen wird auf Bl. 9 - 11 der Akte Bezug genommen.

Ende Februar/Anfang März 2009 (vgl. beispielhaft Bl. 141 der Akte) bot die Beklagte allen Arbeitnehmern die vorgesehene Ergänzung des Arbeitsvertrages an, wegen dessen Inhalt auf Bl. 12 - 13 der Akte Bezug genommen wird.

Nach Ziffer 1.1 der Anlage 1 zu diesem Ergänzungsangebot (Bl. 13 R-15) sollte sich bei Unterzeichnung der Ergänzung des Arbeitsvertrages vor dem 01.04.2009 das vom Arbeitnehmer bisher bezogene Monatsentgelt entsprechend dem Tarifabschluss für die Beschäftigten in der papiererzeugenden Industrie vom 01.12.2008 rückwirkend zum 01.01.2009 um 2,1 % erhöhen, bei einer späteren Unterzeichnung ab dem Monat der Unterzeichnung. Im Übrigen hat die Beklagte den Mitarbeitern in den Anlagen 1 und 2 zum Ergänzungsvertrag die sich ergebenden Änderungen erläutert und die Zusammensetzung des sich ändernden Gesamtlohns dargestellt.

Für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten des Haustarifvertrages bzw. bis zum Wirksamwerden des beabsichtigten Verbandsbeitritts trifft die Ergänzungsvereinbarung in Ziffer 2. Übergangsregelungen. Diese Übergangsregelungen sollten als Dauerregelungen gültig bleiben, falls der Abschluss eines Haustarifvertrages scheitern oder kein Wechsel der Beklagten von der OT-Mitgliedschaft in eine volle Verbandsmitgliedschaft erfolgen würde.

Die Kläger des vorliegenden Verfahrens lehnten das Angebot ab.

Die Beklagte zahlte sodann an die Mitarbeiter, die den Ergänzungsvertrag vor dem 01.04.2009 unterschrieben und sich damit der Geltung der Tarifverträge der papiererzeugenden Industrie unterworfen haben, die rückwirkende Lohnerhöhung sowie die in § 6 des Lohn- und Gehaltstarifvertrages der papiererzeugenden Industrie vorgesehene Einmalzahlung in Höhe von 200,00 € brutto.

Die Kläger haben diese Leistungen nicht erhalten.

Am 02.07.2009 schloss die Beklagte einen Haustarifvertrag mit der IG BCE (Bl. 72 - 85 der Akte), der mit Wirkung ab dem 01.08.2009 in Kraft getreten ist.

Die Beklagte räumt auch den Klägern nach wie vor die Möglichkeit ein, einen Ergänzungsvertrag abzuschließen, allerdings ohne Rückwirkung.

Da die Gewerkschaften IG BCE und ver.di unterschiedlicher Auffassung darüber waren, welche Gewerkschaft für den Abschluss von Tarifverträgen mit der Beklagten zuständig ist, wurde zur Klärung dieser Frage von ver.di ein Schiedsverfahren vor dem DGB-Bundesausschuss eingeleitet. Am 06.05.2010 hat das DGB-Schiedsgericht entschieden, dass die gewerkschaftliche organisations- und tarifpolitische Zuständigkeit für den Betrieb der Beklagten mit Urteil vom 06.05.2010 von ver.di zur IG BCE wechselt.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung stehe ihnen ebenfalls die Lohnerhöhung sowie die Einmalzahlung zu. Sachliche und legitime Voraussetzungen für die Gewährung der zusätzlichen Leistungen seien nicht ersichtlich. Durch Vorlage der Ergänzungsvereinbarung habe die Beklagte einen Weg gewählt, der praktisch einem unzulässigen Wahlrecht zur Tarifbindung bei konkurrierenden Tarifverträgen in einem Betrieb gleich komme. Insbesondere müsse der gewünschte Vertragspartner auf gewerkschaftlicher Seite sich mit der bisher vorrangig im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verständigen. Es erscheine zudem rechtswidrig, dass die Beschäftigten bei Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages „blanko“ auf eine tarifvertragliche Regelung Bezug genommen hätten, deren konkreten Inhalt sie noch nicht hätten kennen können. Das Verhalten der Beklagten stelle zudem einen Verstoß gegen die grundrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit jedes Einzelnen dar. Des Weiteren sei in der Vorgehensweise der Beklagten auch eine unzulässige Maßregelung der Kläger gemäß § 612 a BGB zu sehen. Die Anpassungsvereinbarung verstoße gegen § 77 Abs. 3 BetrVG und sei mithin unwirksam. Da die Beklagte bei Abschluss des Haustarifvertrages nicht vom Verband vertreten worden sei, stelle die Regelung zwischen ihr und der Gewerkschaft IG BCE nicht die ordnungsgemäße Form eines Haustarifvertrages dar. Zudem stehe aufgrund der Überschneidungen in den Zuständigkeitsbereichen der Gewerkschaften noch nicht fest, ob die IG BCE überhaupt tarifzuständig sei. Für sie - die Kläger - würden bis zur Vereinbarung eines neuen Tarifvertrages mit ablösender Wirkung die im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen tariflichen Regelungen dynamisch weitergelten. Eine konkrete Anspruchsbezifferung sei nicht möglich, da die Kläger in Schichtarbeit tätig seien.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger zu 1) bis 21) jeweils eine Einmalzahlung von 200,00 € brutto zuzüglich 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24.07.2009 sowie beginnend ab dem 01.01.2009 eine Lohnerhöhung von 2,1 % zu zahlen sowie hierüber Abrechnungen zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, auf eine Ungleichbehandlung könnten die Kläger sich zur Begründung der geltend gemachten Ansprüche nicht berufen, da allen Arbeitnehmern die Ergänzung des Arbeitsvertrages angeboten worden sei. Die Differenzierung nach Abschluss des allen Mitarbeitern angebotenen Ergänzungsvertrages sei sachgerecht und zulässig, weil die in Anlehnung an den Lohn- und Gehaltstarifvertrag der papiererzeugenden Industrie des Tarifbezirks Nordrhein gewährten Leistungen in einem untrennbaren Zusammenhang zur Unterzeichnung der Ergänzungsverträge stünden. Der Ergänzungsvertrag sei im Rahmen der Vertragsautonomie rechtlich zulässig, um die Geltung der Regelungen des Haustarifvertrages auf die individualrechtliche Ebene zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erstrecken. Die Koalitionsfreiheit werde dadurch nicht berührt, weil die arbeitsvertragliche Vereinbarung von der Koalitionszugehörigkeit der Arbeitnehmer unabhängig sei. Da der Abschluss des Haustarifvertrages aufgrund der langwierigen und komplexen Verhandlungen mit der Gewerkschaft IG BCE nicht zum 01.12.2008 habe abgeschlossen werden können, habe sie - die Beklagte - sich entschlossen, den Mitarbeitern, die die Ergänzungsvereinbarung unterschreiben, die rückwirkende Lohnerhöhung im Rahmen des Ergänzungsvertrages sowie die tarifliche Einmalzahlung anzubieten. Die Verbindung des Angebots mit einem Stichtag sei legitim. Im Hinblick darauf, dass die Arbeitnehmer mit Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages auf eine bestehende Rechtsposition, nämlich auf die weitere Anwendung der bisher für ihr Arbeitsverhältnis geltenden Tarifverträge, verzichteten, spreche nichts dagegen, dass sie - die Beklagte - einen Anreiz dafür gesetzt habe, dass die Arbeitnehmer eine aus Sicht der Beklagten wünschenswerte Änderung des Vertrages akzeptierten. Da alle Arbeitsverträge der Kläger vor dem 01.01.2002 abgeschlossen worden seien, handele es sich bei ihren arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln um sogenannte Gleichstellungsabreden, die nur noch statisch weiterwirkten. Selbst wenn ihre - der Beklagten - Rechtsvorgängerinnen Mitglieder im Arbeitgeberverband der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie gewesen seien, sei sie im Wege des Betriebsübergangs nicht automatisch in deren Mitgliedschaft eingetreten. Nicht die Kläger, sondern sie - die Beklagte - würde in ihrer negativen Koalitionsfreiheit verletzt, würde ihr eine dynamische Bindung an den Tarifvertrag der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie aufgezwungen, obwohl sie zu keinem Zeitpunkt Mitglied des Arbeitgeberverbandes gewesen sei. Bei der Anpassungsvereinbarung handele es sich um eine reine Absichtserklärung. Deren Wirksamkeit sei für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dazu im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige Klage sei nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz und aufgrund eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB begründet. Die von der Beklagten vorgenommene Gruppenbildung sei sachfremd, denn sie diene keinem legitimen Zweck. Die von der Beklagten bezweckte Herbeiführung der Geltung der Tarifverträge für die Papier erzeugende Industrie sowie der Abschluss eines Haustarifvertrages mit der IG BCE missachte die nach dem Betriebsübergang weiterhin bestehende Alleinzuständigkeit der bislang im Betrieb in O. vertretenen Gewerkschaft ver.di. Zwar unterfalle auch der Betrieb in O. dem satzungsgemäßen Organisationsbereich der IG BCE. Aus dem satzungsmäßigen Grundsatz des DGB, wonach es zwischen DGB-Gewerkschaften keine Zuständigkeitsüberschneidungen geben solle, folge, dass es bis zu einer Entscheidung der Schiedsstelle beim „status quo“, das heiße bei der alleinigen Tarifzuständigkeit derjenigen Gewerkschaft bleiben müsse, die vor Entstehen der Konkurrenzsituation als zuständig angesehen worden sei. Im Sinne der Rechtssicherheit sei es daher geboten, während des laufenden DGB-Schiedsverfahrens eine Alleinzuständigkeit der Gewerkschaft ver.di zu bejahen, so dass sich die Beklagte vor Abschluss des Verfahrens nicht auf einen sachlichen Grund berufen könne, mit der IG BCE einen Haustarifvertrag abzuschließen bzw. diesen vorzubereiten. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Einmalzahlung und der Lohnerhöhung stellten die Leistungen damit eine Ungleichbehandlung dar, unabhängig davon, wie das Schiedsgericht später entscheide. Aus denselben Gründen liege auch ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor.

Gegen das ihr am 06.01.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 26.01.2010 per Fax und am 27.01.2010 im Original bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.04.2010 mit einem am 29.03.2010 per Fax und am 01.04.2010 im Original bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte ist unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag der Auffassung, dass der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz mangels kollektiven Tatbestandes und Ungleichbehandlung nicht anwendbar sei. Sie habe nicht einseitig eine kollektive Regelung aufgestellt, nach der bestimmte Mitarbeitergruppen Lohnerhöhungen und Einmalzahlungen erhielten und andere Mitarbeitergruppen nicht. Sie habe allen Mitarbeitern eine Vertragsänderung vorgeschlagen, die mit einer Gegenleistung verbunden gewesen sei. Sie habe daher gerade alle Mitarbeiter gleich behandelt. Dieser Vorgang sei rechtlich nicht anders zu bewerten, als wenn sie den Mitarbeitern angeboten hätte, die Arbeitszeit gegen Zahlung eines höheren Lohns individualvertraglich anzuheben. Den Arbeitsvertragsparteien stehe es frei, im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit die individuellen arbeitsvertraglichen Regelungen auszugestalten. Eine sachfremde Differenzierung liege nicht vor, denn nach dem Zweck der Gegenleistung sei es gerechtfertigt, dass Arbeitnehmer, die eine individuelle Inbezugnahme der Tarifverträge der papiererzeugenden Industrie nicht eingehen wollten, die dafür vorgesehene Gegenleistung nicht erhielten. Sie - die Beklagte - werde mit den unterschiedlichen Zahlungen lediglich den mit ihr abgeschlossenen Arbeitsverträgen gerecht. Die unterschiedliche Leistungsgewährung diene auch der materiellen Gerechtigkeit, denn die Arbeitnehmer, die den Ergänzungsvertrag unterschrieben hätten, nähmen in Kauf, dass ein späterer Flächentarifvertrag für sie unter Umständen nachteilige Regelungen enthalten könnte. Das Arbeitsgericht habe bei seiner Argumentation in unzulässiger Weise individual- und kollektivrechtliche Ebene vermengt. Bei der Vereinbarung von arbeitsvertraglichen Ansprüchen könne eine gewerkschaftliche Tarifzuständigkeit schon deshalb nicht „missachtet“ werden, weil es den Arbeitsvertragsparteien freistehe, welche arbeitsvertraglichen Inhalte sie vereinbarten. Die Arbeitsvertragsparteien hätten daher auch ohne weiteres einen fremden Tarifvertrag in Bezug nehmen können, ohne eine vermeintliche Alleinzuständigkeit von ver.di zu missachten. Durch den Abschluss der Ergänzungsvereinbarungen habe sie mithin keinen unzulässigen einseitigen Tarifwechsel vorgenommen. Die „Unsicherheit“ über den späteren Inhalt des Haustarifvertrages im Zeitpunkt des Angebotes der Vertragsänderung stehe der Annahme eines legitimen Zwecks für die Differenzierung bei der Zahlung von Einmalzahlung und Lohnerhöhung nicht entgegen, da eine derartige Unsicherheit jeder dynamischen Inbezugnahme immanent sei. Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot scheide bereits deshalb aus, weil die unterschiedliche Leistung aus den geänderten Arbeitsverträgen folge. Die Anpassungsvereinbarung sei unerheblich, weil sich die mit der Klage verfolgten Leistungsansprüche nicht aus einer Betriebsvereinbarung, sondern aus einzelarbeitsvertraglichen Regelungen ergäben. Der kollektive Charakter der Umstellung beschränke sich darauf, dass alle im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ein Angebot auf Änderung ihres Arbeitsvertrages erhalten sollten. Eine Verpflichtung, unabhängig von der Annahme der Angebote die vertraglich vorgesehenen Leistungen zu gewähren, bestehe nicht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 10.12.2009,

4 Ca 2420/09, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger sind unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens der Auffassung, dass der kollektive Bezug darin gesehen werden müsse, dass in der Anpassungsvereinbarung die Grundlage bzw. der unverzichtbare Auslöser für die sich hieran anschließenden einzelvertraglichen Anpassungen zu sehen sei. Das hinter den individualrechtlichen Vereinbarungen stehende generalisierende Prinzip sei Ansatzpunkt für die Ungleichbehandlung. Diese Ungleichbehandlung habe keinen sachlich rechtfertigenden Hintergrund, da sie allein auf den von der Beklagten angestrebten Zweck des Tarifwechsels ziele. Zudem sei die Frage entscheidend, ob die individualvertraglichen Änderungen vor dem Hintergrund der Tarifzuständigkeit der Gewerkschaft ver.di überhaupt zulässig gewesen seien. Mit Schriftsatz vom 07.06.2010 haben die Kläger sodann vorgetragen, die Frage, ob die IG BCE die zuständige Gewerkschaft sei, sei für den Rechtsstreit nicht erheblich. Wichtig sei allein, dass der Beklagten nicht die Möglichkeit zustehe, sich die zuständige Gewerkschaft auszusuchen.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts stehen den Kläger die geltend gemachten Ansprüche weder aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch aus einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 613 a BGB zu. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts war daher abzuändern.

1.

Die Beklagte hat den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz - soweit dieser vorliegend überhaupt anwendbar ist - nicht verletzt, denn sie hat bezüglich der Einmalzahlung und der angebotenen Lohnerhöhung jedenfalls keine sachfremde, dem Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechende Gruppenbildung vorgenommen.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet nur dann Anwendung, wenn die Maßnahmen oder Entscheidungen des Arbeitgebers einen kollektiven Charakter haben. Das heißt, dass der Arbeitgeber für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern oder sogar alle Arbeitnehmer über die mit dem Einzelnen individuell ausgehandelten Arbeitsbedingungen hinaus nach einheitlichen Gesichtspunkten allgemeingültige Regelungen getroffen hat. Nur dann muss der Grundsatz der Vertragsfreiheit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz weichen. Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wegen des Vorrangs der Vertragsfreiheit nur beschränkt anwendbar.

Es erscheint der Berufungskammer schon zweifelhaft, ob vorliegend ein kollektiver Tatbestand in vorstehend dargelegtem Sinne besteht. Zu Recht hat die Beklagte insoweit darauf hingewiesen, dass sie nicht einseitig eine kollektive Regelung aufgestellt hat, nach der bestimmte Mitarbeitergruppen eine Lohnerhöhung und die Einmalzahlung erhalten und andere Mitarbeitergruppen nicht. Tatsächlich knüpfen die von den Klägern geltend gemachten Leistungen an eine arbeitsvertragliche Änderung an, die mit den Mitarbeitern der Vergleichsgruppe getroffen worden ist, mit den Klägern jedoch nicht, weil sie die auch ihnen angebotene Ergänzung des Arbeitsvertrages abgelehnt haben. Die Einmalzahlung und die Lohnerhöhung finden ihre Rechtsgrundlage mithin in den einzelvertraglich geänderten Arbeitsverträgen der Mitarbeiter der Vergleichsgruppe, mithin in der Ausübung der Vertragsfreiheit. Dieser Annahme steht nach Auffassung der Berufungskammer nicht entgegen, dass die Beklagte sich nach ihrer eigenen Einlassung zum Ziel gesetzt hatte, im Betrieb in O. die Anwendbarkeit der Tarifverträge der papiererzeugenden Industrie durchzusetzen. Insoweit ist festzustellen, dass die Beklagte gerade keine einseitige kollektive Regelung zur Erreichung dieses Ziels aufgestellt hat und auch nicht aufstellen konnte, da sie zur Erreichung ihres Ziels darauf angewiesen war, dass die Arbeitnehmer ihres Betriebes einzelvertraglich einer solchen Regelung zustimmten. Die Geltung der Tarifverträge der papiererzeugenden Industrie konnte nur für die Arbeitnehmer erreicht werden, die das vorgelegte Änderungsangebot zum Arbeitsvertrag angenommen haben. Die Arbeitnehmer hatten es insoweit selbst in der Hand, ob die Tarifverträge der Papier verarbeitenden Industrie auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Der Arbeitgeber selbst konnte keine verteilende Entscheidung treffen, was Voraussetzung der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist. Vorliegend geht es lediglich um die arbeitsvertragliche Fortgeltung der verschiedenen arbeitsvertraglichen Bedingungen, die daraus resultieren, dass nach dem Betriebsübergang ein Teil der Arbeitnehmer den Ergänzungsvertrag unterschrieben hat, während die Kläger ihn nicht unterschrieben haben, weil sie nachteilige Folgen befürchteten.

Zwar hat die Beklagte zum Anreiz für die Unterzeichnung des Ergänzungsvertrages den Arbeitnehmern, die den Vertrag vor dem 01.04.2009 unterzeichneten, eine freiwillige Leistung in Form einer rückwirkenden Lohnerhöhung und einer Einmalzahlung angeboten. Zu dieser Leistung wäre die Beklagte aufgrund des in Bezug genommenen Tarifvertrages - möglicherweise - nicht verpflichtet gewesen. Für dieses zusätzliche Angebot ist jedoch nach Auffassung der Berufungskammer ein sachlicher Grund gegeben, denn die Arbeitnehmer, die den Ergänzungsvertrag unterzeichneten, haben eine Rechtsposition aufgegeben. Sie haben auf die weitere Anwendung der bisher für ihr Arbeitsverhältnis geltenden Tarifverträge verzichtet und zum Ausgleich für etwaige spätere Verschlechterungen durch Aufgabe ihrer Rechtsposition einen Ausgleich erhalten. Eines derartigen Ausgleichs bedurften die Kläger nicht. Die Beklagte hat danach die Kläger nicht von einer generellen - z.B. einem Inflationsausgleich dienenden - Leistung ausgenommen. Dass durch die von der Beklagten den Mitarbeitern, die den Ergänzungsvertrag unterzeichnet haben, gewährten Leistungen eine Überkompensierung eingetreten ist, haben die Kläger nicht substantiiert vorgetragen.

Es kann danach nicht festgestellt werden, dass die Beklagte Leistungen nach einem bestimmten generalisierenden Prinzip gewährt hat. Nach Auffassung der Berufungskammer scheidet bereit aus diesem Grund die Annahme einer für die Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes erforderliche kollektive Regelung seitens der Beklagten aus.

Selbst wenn jedoch unterstellt wird, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegend Anwendung findet, ist dieser Grundsatz nicht verletzt, weil die Beklagte keine sachfremde Gruppenbildung vorgenommen hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber, der in seinem Betrieb nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln freiwillige Leistungen gewährt, an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden (vgl. BAG. Urteil vom 08.03.1995, 10 AZR 208/04, zitiert nach juris). Dieser Grundsatz verlangt vom Arbeitgeber die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage; er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (vgl. BAG, Urteil vom 21.03.2001, 10 AZR 444/00, zitiert nach juris). Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist daher verletzt, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sachfremd schlechter stellt. Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muss diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2003, 10 AZR 365/02, zitiert nach juris). Ist dies nicht der Fall, kann die übergangene Arbeitnehmergruppe verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmergruppe behandelt zu werden (st. Rspr. des BAG, bgl. z.B. BAG, Urteil vom 21.03.2001, 10 AZR 444/00 m.w.N., zitiert nach juris).

Eine Ungleichbehandlung in diesem Sinne liegt nach Auffassung der Berufungskammer bereits deshalb nicht vor, weil die Beklagte allen Mitarbeitern angeboten hat, die Ergänzungsvereinbarung zu unterschreiben und dadurch einen Anspruch auf die zusätzlich gewährten Leitungen zu erwerben. Durch dieses Angebot hat sie gerade alle Mitarbeiter gleich behandelt. Es lag sodann in der freien Entscheidung eines jeden einzelnen Mitarbeiters, das Angebot anzunehmen oder nicht.

Die sodann von der Beklagten vorgenommene Differenzierung zwischen Arbeitnehmern, die den Ergänzungsvertrag unterschrieben haben und denjenigen, die ihn nicht unterschrieben haben, ist sachlich gerechtfertigt. Die Mitarbeiter, die den Ergänzungsvertrag unterschrieben haben, haben für die von den Klägern begehrten Leistungen eine vertragliche Grundlage geschaffen, die die Kläger nicht aufzuweisen haben. Diese arbeitsvertragliche Grundlage führt dazu, dass von der Beklagten nicht gleiches ungleich, sondern ungleiches zu Recht auch ungleich behandelt worden ist. Die Kläger haben im Rahmen der ihnen zustehenden Vertragsfreiheit entschieden, den Ergänzungsvertrag nicht zu unterschreiben mit der Folge, dass für sie aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel die Tarifverträge der Papier und Pappe verarbeitenden Industrie statisch weitergelten und es insoweit bei dem inhaltlichen Bestandsschutz nach § 613 a Abs. 1 S.2 BGB verbleibt.

Nach Auffassung der Berufungskammer ist der bezweckte Erfolg auch nicht deshalb illegitim, weil eine etwaige Alleinzuständigkeit der bislang im Betrieb O. vertretenen Gewerkschaft ver.di missachtet wird. Insoweit sind individual- und kollektivrechtliche Ebene zu unterscheiden.

Zu Recht führt das Arbeitsgericht zunächst aus, dass eine Doppelzuständigkeit zweier DBG-Gewerkschaften nach der von beiden Gewerkschaften durch ihre Mitgliedschaft im DGB anerkannten Satzung des DGB im Zweifel auszuschließen ist. Beide Gewerkschaften haben die aus der Satzung des DGB folgenden Grundsätze zu beachten, wozu auch gehört, dass es zwischen zwei DGB-Gewerkschaften keine Zuständigkeitsüberschneidungen geben soll. Richtig ist auch, dass dem Arbeitgeber nach der bereits vom Arbeitsgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kein Wahlrecht zusteht, da er als potentieller Vertragspartner nicht den Organisationsbereich der Gewerkschaftsseite bestimmen kann und ihm auch kein Recht eingeräumt werden kann, dass ihm eine bestimmte Gewerkschaft als Vertragspartner zur Verfügung steht (vgl. BAG, Urteil vom 12.11.1996, 1 ABR 33/96, zitiert nach juris).

Allerdings steht es den Arbeitsvertragsparteien im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich frei, welchen Inhalt sie individualvertraglich vereinbaren. Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Arbeitsvertragsparteien Leistungen aus jedem beliebigen Tarifvertrag vereinbaren können, ohne eine Tarifzuständigkeit zu missachten. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber - wie vorliegend - nicht tarifgebunden ist.

Diesem Ergebnis steht auch nicht die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit entgegen. Der Arbeitnehmer kann wegen dieses Schutzes selbstverständlich nicht gezwungen werden, die Gewerkschaft zu wechseln. Dies hat die Beklagte vorliegend auch von keinem ihrer Arbeitnehmer verlangt. Neben dem Gewerkschaftsübertritt kann jedoch die Geltung eines anderen Tarifvertrages durch eine individualvertragliche Vereinbarung erreicht werden. Da eine Änderungskündigung regelmäßig ausscheidet, hat es der Arbeitnehmer weitgehend in der Hand, eine Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen zu verhindern. (vgl. ErfK., 10. Aufl. § 613 a BGB RN. 124).

Entgegen der Auffassung der Kläger kann der erforderliche kollektive Bezug zur Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes auch nicht in der Anpassungsbetriebsvereinbarung gesehen werden. Dabei kann dahinstehen, ob diese wirksam ist oder nicht, denn zum einen ergeben sich die streitgegenständlichen Ansprüche nicht aus der Betriebsvereinbarung, zum anderen ist auch die Berufungskammer der Auffassung, dass es sich bei dieser Betriebsvereinbarung um eine reine Absichtserklärung handelt, die keine für die Arbeitnehmer verbindlichen Regelungen trifft.

Auch aus der von der Beklagten vorgenommenen Stichtagsregelung zur Annahme des Ergänzungsangebots können die Kläger keine irgendwie geartete Ungleichbehandlung herleiten. Stichtagsregelungen als "Typisierung in der Zeit" sind ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises zulässig, sofern sich die Wahl des Zeitpunktes am zu regelnden Sachverhalt orientiert und die Interessenlage der Betroffenen angemessen erfasst (BAG, Urteil vom 28.07.2004, 10 AZR 19/04, zitiert nach juris, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Arbeitnehmer hatten einen Monat lang Zeit, sich zu überlegen, ob sie das Ergänzungsangebot annehmen wollten oder nicht. Aufgrund des Unterrichtungsschreibens im Rahmen des Betriebsübergangs war ihnen bekannt, in welcher Weise die Inbezugnahme tarifvertraglicher Vorschriften sich auf ihr Arbeitsverhältnis auswirkt. Sie hatten einen Monat lang Zeit, sich anderweitig Informationen zu beschaffen, um ihre Entscheidung zu treffen. Demgegenüber hatte die Beklagte ein berechtigtes Interesse daran, zu einem gewissen, nicht in ferner Zukunft liegenden Zeitpunkt Rechtssicherheit darüber zu erlangen, welche Arbeitnehmer das Angebot der rückwirkenden Lohnerhöhung annehmen und welche nicht.

Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen stehen den Klägern die geltend gemachten Ansprüche aus dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht zu.

2.

Die Beklagte hat unabhängig davon, ob es sich überhaupt um eine Anspruchsgrundlage handelt, das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB nicht verletzt.

Gemäß § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt eine Benachteiligung nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese Rechte nicht ausüben Das Maßregelungsverbot ist aber nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG, Urteil vom 17.03.2010, 5 AZE 168/09, zitiert nach juris).

Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die Leistungen der Beklagten hatten ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung einer Änderung des Arbeitsvertrags durch die Kläger, sondern im Ausgleich des Verzichts auf eine Rechtsposition bezüglich der Arbeitnehmer, die den Ergänzungsvertrag unterzeichnet haben.

Da den Klägern mithin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die geltend gemachten Ansprüche zustehen, war das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der Beklagten abzuändern und die Klage abzuweisen.

III.

Als unterliegende Parteien haben die Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91 ZPO).

IV.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 242 BGB § 611 Abs. 1 BGB § 612a BGB

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