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02.11.2010 · IWW-Abrufnummer 103680

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 29.04.2010 – 16 K 10297/07

- Zur Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b und § 6a Abs. 1 UStG.
- Die innergemeinschaftliche Lieferung erfordert, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedsstaat physisch verbracht worden ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert wurde; entscheidend ist nur, dass der Erwerbsvorgang im Bestimmungsland der Umsatzbesteuerung unterliegt.
- Zu den Voraussetzungen des Nachweises einer innergemeinschaftlichen Lieferung.
- Allein die Tatsache, dass ein in Spanien existierendes und am Markt tätiges Unternehmen die Lieferungen nicht ordnungsgemäß in Spanien der USt unterworfen hat, begründet kein „Scheinunternehmen” bzw. das Fehlen jeglicher Unternehmereigenschaft.
- Die Nichterhebung der MwSt auf eine innergemeinschaftliche Lieferung kann nicht als eine Gefährdung des Steueraufkommens angesehen werden, weil solche Einnahmen nach dem Grundsatz der steuerlichen Territorialität dem Mitgliedsstaat zustehen, in dem der Endverbrauch erfolgt ist.


Tatbestand
Die Klägerin war mit dem An- und Verkauf, der Vermietung, Vermittlung und Leasing von Fahrzeugen unternehmerisch tätig. Alleiniger Geschäftsführer war A. Dieser war gleichzeitig alleiniger Geschäftsführer der E B.V. in den Niederlanden, die mit einem Anteil von 99 % Gesellschafterin des in V/Frankreich ansässigen Unternehmens S war.
Die Klägerin erklärte in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September bis Dezember 2005 innergemeinschaftliche Lieferungen in Höhe von insgesamt 558.736 €. Das Finanzamt stimmte den Umsatzsteuervoranmeldungen zu.
Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außen- und Fahndungsprüfung wurden folgende Feststellungen getroffen:
Die Klägerin verkaufte an verschiedene Unternehmen in den Mitgliedsländern Fahrzeuge im Rahmen von innergemeinschaftlichen Lieferungen. Den erklärten innergemeinschaftlichen Lieferungen lagen buchmäßig Fahrzeugverkäufe an die F S.L. zugrunde. Bei der F S.L. handelte es sich um ein in Barcelona ansässiges spanisches Unternehmen mit einer gültigen Umsatzsteueridentifikationsnummer. Das Unternehmen führte Fahrzeuggeschäfte auch mit anderen deutschen Unternehmen durch. Der Ein- und Verkauf der Fahrzeuge durch die Klägerin sowie deren Abwicklung erfolgten weitgehend nach einem einheitlichen Ablauf. Zwischen der F S.L. und der S bestand ein Provisionsvermittlungsvertrag. Die S bot in Frankreich u.a. in einschlägigen Zeitschriften Fahrzeuge zum Verkauf an und nahm Kaufwünsche von potentiellen Fahrzeugkäufern entgegen. Die Klägerin kaufte die nachgefragten Fahrzeuge bei deutschen Autohändlern und teilweise bei der E B.V. in den Niederlanden ein. Sie erwarb sowohl Gebraucht- wie auch Neufahrzeuge. Die Neufahrzeuge ließ die Klägerin auf ihren Namen zu und schloss in ihrem Namen eine Kraftfahrzeugversicherung für die Fahrzeuge ab. Anschließend schloss sie mit den potentiellen Käufern der Fahrzeuge in Frankreich eine „Kraftfahrzeugsüberlassungs-vereinbarung” und einen „Mietvertrag” für die Dauer von sechs Monaten. Mietzahlungen wurden nicht vereinbart. Die Fahrzeuge wurden von der Klägerin nach Kehl befördert und dort von Personen übernommen, die in zwei nachträglich erstellten „Überführungsvollmachten” von der FS.L. zur Abholung der Fahrzeuge schriftlich bevollmächtigt waren. Nach der „Überführungsvollmacht” vom 15. Oktober 2005 hatte die FS.L. „Herrn ….” bevollmächtigt, für sie alle Kfz lt. Anlage 1 und 2, die von der Klägerin vom 15.01. bis 30.09.2005 an sie verkauft worden waren, und nach der „Überführungsvollmacht” vom 30.12.2005 „Herrn Fr. …..” bevollmächtigt, für sie alle Kfz lt. Anlage 3, die von der Klägerin vom 10.10. bis 30.12.2005 an sie verkauft wurden, in Kehl entweder selbst zu übernehmen und nach ihren Angaben zu überführen, oder dieses durch von ihm beauftragte Personen durchführen zu lassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Überführungsvollmachten einschließlich Anlagen verwiesen. Die Fahrzeuge wurden von den Bevollmächtigten unmittelbar zur Firma S in V/Frankreich gebracht. Dort wurden die Fahrzeuge den französischen Kunden übergeben. Teilweise zahlte der Mieter den Kaufpreis für das Neufahrzeug bereits zu diesem Zeitpunkt an die S in Frankreich, die die Zahlungen an die E B.V. weiterleitete. Bei einem Teil der Fahrzeuge erteilte die Klägerin den potenziellen Autokäufern gleichzeitig eine Rechnung über das Fahrzeug.
Nach sechs Monaten meldete die Klägerin das Neufahrzeug ab und erteilte der Firma F S.L. in Spanien eine Rechnung über die Lieferung eines Gebrauchtwagens im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Etwa zeitgleich wurde der Kaufpreis für die Fahrzeuge von der E B.V. von den bei ihr deponierten Geldern der Käufer an die S in Frankreich und von dieser an die F S.L. in Spanien überwiesen. Diese wiederum bezahlte anschließend die ihr von der Klägerin in Rechnung gestellten Kaufpreise durch Überweisung auf deren Konten. Von den Fahrzeugerlösen verblieben der F S.L. pro Fahrzeug ca. 500 €. Die S in Frankreich erhielt von der F S.L. für ihre Tätigkeit eine Provision. Die F S.L. versteuerte die Fahrzeuge in Spanien nach der Differenzbesteuerung. Nach Übertragung des Eigentums an den Fahrzeugen auf die französischen Endkunden wurden die Fahrzeuge in Frankreich und in zwei Fällen in den Niederlanden auf den Namen der Käufer zugelassen.
Vor der Durchführung der Geschäfte hatte der Geschäftsführer der Klägerin A hinsichtlich der Pkws, die die Klägerin von der E B.V. kaufte, kurz nach der verbindlichen Bestellung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs durch die E B.V. bei einem deutschem Unternehmer eine sogenannte „Winst-Verdeling” mit dem Vermerk: „Alleen voor intern gebroik” erstellt. Exemplarisch für eine .„Winst-Verdeling” weist die für den Pkw CITROEN C8, Chassis-Nr. ….. vom 26. September 2005 folgende Daten aus:

CITROEN C8 - 2.2 HDE - EXCL. CHASSIS-NR. ….
NAAM EIND-K. Mons. …
1 Inkoop € 20.700,00 € 20.700,00
Inkoop-Kosten 250,00 250,00
Transport-Kosten 170,00 170,00
Provisie Pieter 0,00 0,00
1 ...F Spanje € 500,00
3 TOTALE INKOOP KOSTEN € 21.625,00
4
5 PROVISIE … VIA … € 1.275,00
6 VERDIENSTEN AMCAR € 1.000,00
1.000,00
7 VERKOOP … AAN … 22.125,00
8 VERKOOP-PRIJS … € 23.900,00
9 € 23.900,00
Die Winst-Verdeling wurde von der E B.V. an die S gefaxt. Die Firma F S.L. erhielt folgendes Fax als „BON De Commande:
Fax „27/09/2005 08:36 0475470553 SAVA SARL”
BON DE COMMANDE
F S.L.
FOURNISSEUR: … CLIENT: MON: / Mme …….
PRIX DE VENTE CLIENT: 24.100
MANDATAIRE: .S……
CACHET ET SIGNATURE”
Wegen der Einzelheiten wird auf die „Winst-Verdeling” und das Fax verwiesen.
Als Belegnachweis der erklärten steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen verfügte die Klägerin über ein Doppel der Rechnungen einschließlich der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der F S.L., die Bestätigung, dass die angegebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer unter der angegebenen Adresse zum Lieferzeitpunkt gültig war, die Bestätigung der F S.L., dass die in der Rechnung bezeichneten Fahrzeuge für unternehmerische Zwecke erworben werden, und die Versicherung, die Fahrzeuge nach Spanien/Barcelona zu befördern und dort der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Belege verwiesen.
Der Beklagte ging aufgrund dieser Feststellungen davon aus, dass die Fahrzeuge nach einem Gesamtplan von Beginn der Bestellung an direkt an die französischen Endabnehmer geliefert werden sollten. Die Firma F S.L. in Spanien sei nur zum Schein in die Lieferkette einbezogen worden, um innergemeinschaftliche Lieferung vorzutäuschen. Dabei sei von vornherein vorgesehen gewesen, dass die F S.L. die Fahrzeuge nicht ordnungsgemäß der in Spanien erhobenen Umsatzsteuer unterwerfen, sondern sie nur im Rahmen der Differenzbesteuerung versteuern sollte. Dadurch hätten die Fahrzeuge dem französischen Endabnehmer zu einem um etwa 5.000 € niedrigeren Preis angeboten werden können. Da der französische Endabnehmer von vornherein festgestanden habe, sei der F S.L. zu keiner Zeit die Verfügungsmacht an den Fahrzeugen verschafft worden, so dass ihr gegenüber tatsächlich keine Lieferungen stattgefunden hätten. Darüber hinaus hätte die Klägerin weder den Buch- noch den Belegnachweis von innergemeinschaftlichen Lieferungen geführt, da tatsächlicher Abnehmer nicht die F S.L. in Spanien, sondern die französischen Endkunden gewesen seien. Die Fahrzeuge seien auch nie nach Spanien geliefert worden, sondern jeweils unmittelbar nach Frankreich. Damit sei weder das Bestimmungsland in den Belegnachweisen zutreffend angegeben noch sei die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers zutreffend aufgezeichnet worden. Die Einschaltung der F S.L. in die Lieferkette sei wirtschaftlich unsinnig gewesen und habe allein der Verkürzung von Umsatzsteuern gedient. Die Klägerin könne den Steuervorteil der innergemeinschaftlichen Lieferung schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie von Anfang an entsprechend eines Gesamtplans an einer Umsatzsteuerhinterziehung beteiligt gewesen sei.
Im Einzelnen lägen für folgende Fahrzeugverkäufe die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht vor:
lfd. Nr. Datum Beleg Fahrgestellnummer Betrag (EUR)
September 2005
1 01.09.05 109-05 15.350,00
2 01.09.05 68-05 21.500,00
3 21.06.05/01.09.05 69-05 21.200,00
4 05.09.05 61-05 24.250,00
5 05.09.05 62-05 21.650,00
6 05.09.05 63-05 16.880,00
7 12.09.05 65-05 20.700,00
8 12.09.05 64-05 13.300,00
9 16.09.05 66-05 21.000,00
10 26.09.05 70-05 15.000,00
11 26.09.05 71-05 15.300,00
12 27.09.05 72-05 22.125,00
13 28.09.05 73-05 20.650,00
Zwischensumme September 2005 248.905,00
Oktober 2005
14 01.10.05 74-05 20.250,00
15 03.10.05 75-05 31.250,00
16 03.10.05 76-05 20.450,00
17 06.10.05 77-05 21.450,00
18 13.10.05 110-05 42.400,00
19 27.10.05 78-05 20.700,00
20 27.10.05 79-05 20.600,00
Zwischensumme 177.100,00
November 2005
21 02.11.05 80-05 34.100,00
22 04.11.05 81-05 19.150,00
23 10.11.05 82-05 20.650,00
Zwischensumme November 2005 73.900,00
Dezember 2005
24 16.12.05 84-05 13.950,00
25 16.12.05 85-05 23.100,00
26 23.12.05 86-05 21.781,50
Zwischensumme Dezember 2005 58.831,50
Gesamtsumme 558.736,50
Der Beklagte änderte die Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide September bis Dezember 2005, indem er diese Fahrzeuglieferungen an die F S.L. nicht mehr als innergemeinschaftliche Lieferungen anerkannte und setzte die Umsatzsteuer entsprechend höher fest. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin behauptet, die F S.L. in Spanien sei ein existentes und am Markt tätiges Unternehmen. Die Lieferungen der Fahrzeuge an dieses Unternehmen seien ordnungsgemäß durchgeführt und abgewickelt worden. Die entsprechenden Belegnachweise für eine innergemeinschaftliche Lieferung lägen vor. Sofern die F S.L. bei dem Verkauf der Fahrzeuge die Differenzbesteuerung angewandt habe, sei sie davon ausgegangen, dass dies nach spanischem Umsatzsteuerrecht zulässig gewesen sei. Dies sei auch heute noch ihre Auffassung. Soweit dadurch Umsatzsteuer in Spanien verkürzt worden sei, könne ihr dies nicht zugerechnet werden. Sie habe an keinem Steuerbetrug mitgewirkt. Unerheblich sei ferner, dass die Fahrzeuge direkt nach Frankreich gebracht worden seien, da es bei der Angabe des Bestimmungslandes nicht darauf ankomme, dass die Fahrzeuge physisch in das Bestimmungsland gebracht worden seien. Im Falle des Weiterverkaufs sei es vielmehr zulässig, diese unmittelbar an den Endabnehmer in einen anderen Mitgliedstaat zu verbringen. Bei der „Winst-Verdeling” handele es sich um eine interne Kalkulation, aus der sich kein Hinweis auf einen Umsatzsteuerbetrug ergäbe. Letztlich komme es darauf aber auch nicht an. Nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) liege eine innergemeinschaftliche Lieferung bereits dann vor, wenn die Voraussetzungen des § 6 a Umsatzsteuergesetz (UStG) objektiv vorlägen, das heißt der Gegenstand vom Unternehmer oder Abnehmer in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, der Abnehmer ein Unternehmer sei, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat und der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Diese Voraussetzungen lägen vor, da nach den Feststellungen der deutschen und französischen Steuerbehörden die Fahrzeuge in Frankreich bzw. den Niederlanden zugelassen seien. Die Lieferung der Fahrzeuge sei an die F S.L. in Spanien erfolgt und damit an einen Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat. Selbst wenn man wie der Beklagte davon ausginge, dass die Fahrzeuge von der S in Frankreich nicht für die F S.L. an den französischen Endkunden vermittelt, sondern als Eigenhändler an die französischen Endkunden verkauft worden seien, lägen die Voraussetzungen für innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 6 a UStG vor, da die Klägerin die Fahrzeuge auch dann an einen Unternehmer in einen anderen Mitgliedstaat, die S in Frankreich, geliefert habe. Aus anderen Gründen könne die Anerkennung von innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht versagt werden. Insbesondere sei sie nicht an einem Umsatzsteuerbetrug beteiligt gewesen. Letztlich komme es darauf aber auch nicht an, da die Beteiligung an einem Umsatzsteuerbetrug kein Grund für die Versagung der Anerkennung von innergemeinschaftlichen Lieferungen sei. Der entgegenstehenden Auffassung des BGH sei nicht zu folgen.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Monate September bis Dezember 2005 vom 22. Juni 2007 und die Einspruchsentscheidung vom 7. August 2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung liegen nicht vor. Anhand der bei der Klägerin aufgefundenen Unterlagen stehe fest, dass die von der Klägerin gelieferten Fahrzeuge an einen von Anfang an feststehenden französischen Endabnehmer geliefert werden sollten. Eine Lieferung an die F S.L. in Spanien liege nicht vor, da es sich hierbei um ein Scheinunternehmen handele und diesem nicht die für eine Lieferung erforderliche Verfügungsmacht verschafft worden sei. Da die Fahrzeuge von vornherein an den französischen Endkunden verkauft werden sollten, habe die F S.L. keine Möglichkeit gehabt, im Sinne freier Verfügungsmacht über die Fahrzeuge zu disponieren und diese z.B. an einen anderen Käufer zu verkaufen. Damit sei die F S.L. nicht der tatsächliche Abnehmer der Fahrzeuge gewesen. Dies habe zur Folge, dass die Buch- und Belegnachweise der Klägerin ebenfalls unzutreffend seien. Die Klägerin habe nicht den tatsächlichen Abnehmer, das zutreffende Bestimmungsland und die zutreffende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers aufgezeichnet, sondern nur die des Scheinunternehmens F S.L., an die die Fahrzeuge tatsächlich nicht geliefert worden seien. Tatsächlich seien die Fahrzeuge auch nicht von der F S.L., sondern von der S in Frankreich als Eigenhändlerin an die französischen Endkunden geliefert worden. Unabhängig davon könne sich die Klägerin nicht auf innergemeinschaftliche Lieferungen berufen, weil sie in der Person ihres Geschäftsführers von Anfang an an einem Umsatzsteuerbetrugssystem beteiligt gewesen sei. Dies ergebe sich aus den konkreten Abläufen des Ein- und Verkaufs der Fahrzeuge und der beim Einkauf gefertigten „Winst-Verdeling”. Bei dieser seien von vornherein die Vorteile einer Umsatzsteuerhinterziehung einkalkuliert gewesen. Die Einbindung der F S.L. sei wirtschaftlich unsinnig gewesen. Sinn der ganzen Konstruktion sei es vielmehr gewesen, dass die F S.L. in Spanien nicht die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer zahle, sondern lediglich Umsatzsteuer im Rahmen der Differenzbesteuerung. Da die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung nicht vorgelegen haben, läge ein Steuerbetrug vor. An diesem sei die Klägerin beteiligt. Nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs könne sich ein Unternehmer nicht auf die Vergünstigungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung berufen, wenn er im Rahmen eines Umsatzsteuerbetrugs tätig geworden ist.
Gründe
Die Klage ist begründet. Die Voraussetzungen für innergemeinschaftliche Lieferungen liegen vor.
1. Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist gemäß § 4 Nr. 1 Buchstabe b und § 6 a Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerfrei, wenn der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 6 a Abs. 1 Nr. 1 UStG), wenn der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (§ 6 a Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a UStG) und wenn der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung bei dem Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt (§ 6 a Abs. 1 Nr. 4 UStG).
Neben diesen Voraussetzungen setzt die innergemeinschaftliche Lieferung nach der EuGH-Rechtsprechung voraus, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert wurde; entscheidend ist allein, dass der Erwerbsvorgang im Bestimmungsland der Umsatzbesteuerung unterliegt (EuGH, Urteile vom 27. September 2007Rs. C-409/04, Teleos, Slg. 2007 Seite I-07797; vom 27. September 2007 Rs. C-184/05, Twoh, Slg. 2007, I-7897; BFH-Urteile vom 8. November 2007 V R 72/05, BFHE 219, 422, BStBl II 2009, 55; ferner BFH, Urteil vom 28.05.2009, BFHE 226, 177, BFH/NV 2009, 1565).
Die Klägerin ist für die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferungen darlegungs- und beweispflichtig.
2. Die Klägerin hat die Voraussetzungen innergemeinschaftlicher Lieferungen nachgewiesen.
2.1. a) Die Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG (früher Richtlinie 77/388/EWG) enthält keine Vorschrift darüber, wie die Steuerpflichtigen das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nachzuweisen haben. Geregelt sind in den Art. 241 ff. lediglich bestimmte formelle Pflichten in Bezug auf Aufzeichnungen, Rechnungen und Steuererklärungen. Ergänzend bestimmt Art. 273 der Mehrwertsteuerrichtlinie 2006/112/EG (früher Art. 22 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG), dass die Mitgliedstaaten weitere Pflichten vorsehen können, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern. Eingeschränkt wird diese Befugnis durch die allgemeinen Rechtsgrundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit. Die von den Mitgliedstaaten begründeten Pflichten dürfen deshalb nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der genannten Ziele (Sicherstellung genauer Steuererhebung und Verhinderung von Steuerhinterziehungen) erforderlich ist. (EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-146/05,- Collée -, Slg 2007, I-7861, vom 27. September 2007 C-184/05 - Twoh International -, Slg 2007, I-7897).
2.1. b) Für die Bundesrepublik Deutschland ergeben sich Art und Umfang der erforderlichen Nachweise aus §§ 17a ff. UStDV, in denen der Bundesminister der Finanzen - BMF - von seiner Ermächtigung zur Regelung der Nachweiserfordernisse gemäß § 6 a Abs. 3 UStG im Verordnungswege Gebrauch gemacht hat. Die so im Verordnungswege geregelten Nachweiserfordernisse sind mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar (BFH, Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03, BFH/NV 2008, 515). Kommt der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht nach, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 6a Abs. 1 UStG) nicht erfüllt sind. Es besteht keine Verpflichtung der Verwaltung, Informationen im Bestimmungs-Mitgliedstaat einzuholen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007 C-184/05, a.a.O.).
2.1. c) Die Erfüllung der sich aus den Regelungen der §§ 17a ff. UStDV ergebenden Nachweispflichten des Unternehmers ist nach der neueren Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 12. Mai 2009 V R 65/06, BFH/NV 2009, 1555 und 28. Mai 2009 V R 23/08, BFH/NV 2009, 1565) keine materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerfreiheit. Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Lieferung als innergemeinschaftlicher Lieferung ist hinsichtlich des Buch- und Belegnachweises nunmehr, dass der Buchnachweis bis zu dem Zeitpunkt vorliegt, zu dem der Unternehmer die Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum abzugeben hat und der Belegnachweis bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erbracht wurde.
2.1. d) Für den Fall, dass der Buch- und Belegnachweis nicht erbracht ist, liegen wegen des fehlenden materiell-rechtlichen Charakters der Nachweispflichten innergemeinschaftliche Lieferungen gleichwohl vor, wenn „aufgrund der objektiven Beweislage feststeht”, dass die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferungen vorliegen (vgl. BFH, Urteile vom 08.11.2007 V R 72/05, BFHE 219, 422, BStBl II 2009, 55 und 06.12.2007 V R 59/03, BFHE 219, 469, BStBl II 2009, 57).
2.2. a) Die Klägerin hat die erforderlichen Buch- und Belegnachweise erbracht. Die Klägerin verfügt als Belegnachweis der erklärten steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen über ein Doppel der Rechnungen einschließlich der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der F S.L., Bestätigungen, dass die angegebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer unter der angegebenen Adresse zum Lieferzeitpunkt gültig war und die in der Rechnung bezeichneten Fahrzeuge für unternehmerische Zwecke erworben werden, sowie die Versicherung der F S.L., die Fahrzeuge in einen Mitgliedstaat der europäischen Union zu befördern und dort der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen. Die Klägerin verfügt auch über Überführungsvollmachten der F S.L., mit der sie von ihr Bevollmächtigte beauftragte, die an sie verkauften Fahrzeuge zu übernehmen und nach ihren Angaben zu überführen. Die entsprechenden Fahrzeuge sind durch Angabe der Fahrzeuggestellnummern in den Anlagen der Vollmachten im Einzelnen bestimmt. Die Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung scheidet nicht deshalb aus, weil die Klägerin die Versicherung des Abnehmers nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV nicht im Zeitpunkt der Abholung, sondern erst durch nachträglich ausgestellte Bescheinigungen vom 15. Oktober 2005 und 30.12.2005 erbracht hat, da der erforderliche Belegnachweis bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht nachgeholt werden konnte (BFH, Urteil vom 01.02.2007 V R 41/04, BFHE 217, 40, BFH/NV 2007, 1059 m.w.N.). Das gilt auch für die Versicherung des Abnehmers nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV. Das Vorliegen dieser Belege und die buchmäßige Erfassung der innergemeinschaftlichen Lieferungen im Zeitpunkt ihrer Ausführungen werden vom Beklagten auch nicht bestritten. Damit liegen die erforderlichen Buch- und Belegnachweise vor.
2.2. b) Entgegen der Darstellung des Beklagten handelt es sich bei der in den Belegnachweisen genannten F S.L. um den tatsächlichen Abnehmer der Fahrzeuge.
a. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung handelte es sich bei der F S.L. um ein spanisches Unternehmen, dem im Zeitpunkt der Lieferung der Fahrzeuge eine gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer zugeteilt war. Das Unternehmen verfügte über ein Geschäftslokal. Anhaltspunkte, dass das Unternehmen nicht existent war, bestehen nicht. Der Beklagte weist zwar darauf hin, dass das Unternehmen nur über einen untypischen Geschäftsraum verfügte. Dieser Hinweis ist jedoch nicht geeignet, die Unternehmereigenschaft des Unternehmens in Frage zu stellen, da für einen Kfz-Handel im Prinzip nicht mehr als ein Telefon, ein Schreibtisch und eine Ablage für Unterlagen erforderlich sind. Dass es sich bei der F S.L. um ein am Markt tätiges Unternehmen handelte, ergibt sich aus den Feststellungen der Steuerfahndung, wonach das Unternehmen Fahrzeuge nicht nur von der Klägerin kaufte, sondern in erheblichem Umfang auch von verschiedenen anderen Unternehmen aus Deutschland. Darüber hinaus sind die Geschäfte im Rahmen eines allgemeinen Geschäftsablaufs von der F S.L. abgewickelt worden. Die F S.L. stellte der Klägerin die erforderlichen Belegunterlagen aus. Zweifel daran, dass es sich um von der F S.L. ausgestellte Unterlagen handelt, werden vom Beklagten selbst nicht geltend gemacht. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Darüber hinaus hat die F S.L. die Rechnungen der Klägerin durch Überweisung der Rechnungsbeträge von eigenen Konten auf Konten der Klägerin bezahlt. Das Debitorenkonto der Klägerin weist entsprechende Buchungen für alle in Streit stehenden Fahrzeuglieferungen aus. Weitere Nachweise liegen zwar nur teilweise für die in Streit stehenden Lieferungen vor. Sie sind aber durch die Steuerfahndung für eine Vielzahl von diesen Lieferungen vorausgegangenen Lieferungen nachgewiesen. Es bestehen daher keine Anhaltspunkte, dass hinsichtlich der streitigen Lieferungen keine entsprechende Bezahlung erfolgte. Letztlich wird dies vom Beklagten auch nicht bestritten.
b. Soweit die F S.L. entgegen ihrer Verpflichtung die Lieferungen der Klägerin nicht ordnungsgemäß in Spanien der Umsatzsteuer unterworfen hat, begründet dies kein „Scheinunternehmen” bzw. das Fehlen jeglicher Unternehmereigenschaft. Die Unternehmereigenschaft ist vielmehr durch die Vielzahl der An- und Verkäufe mit der Klägerin und entsprechender An- und Verkäufe mit anderen Unternehmen ausweislich der Feststellungen der spanischen Steuerbehörden belegt.
c. Da es sich danach bei der F S.L. um ein in Spanien existierendes und am Markt tätiges Unternehmen handelt, hat die Klägerin auch die zutreffenden Aufzeichnungen des Abnehmers der gelieferten Fahrzeuge aufgezeichnet. Die Gültigkeit der Umsatzsteueridentifikationsnummer der F S.L. ist der Klägerin durch eine entsprechende Bescheinigung amtlich bestätigt worden. Ferner ist die Aufzeichnung des Bestimmungsortes Spanien zutreffend, da die F S.L. die Fahrzeuge für ihr Unternehmen in Spanien erworben hat. Nicht erforderlich ist hinsichtlich dieser Anforderung, dass die Fahrzeuge auch physisch nach Spanien gelangten. Erforderlich ist insofern nur, dass die Fahrzeuge physisch das Inland, Deutschland, verlassen haben und in einen anderen Mitgliedstaat gelangten. Diese Voraussetzungen liegen vor, da zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass die Fahrzeuge nach dem Verkauf an die FS.L. nach Frankreich und in zwei Fällen in die Niederlande gelangten und dort angemeldet wurden. Soweit die FS.L. gegenüber der Klägerin als Bestimmungsort für die Fahrzeuglieferungen Barcelona angegeben hatte, kommt es darauf wegen der unstreitigen Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat nicht an.
d. Der F S.L. wurden die Fahrzeuge von der Klägerin auch in dem Sinne geliefert, dass ihr die Verfügungsmacht an den Fahrzeugen verschafft wurde. Verschaffung der Verfügungsmacht bedeutet, dass dem Empfänger Substanz, Wert und Ertrag an dem betreffenden Gegenstand übertragen werden (vgl. BFH, Urteil vom 4. September 2003 V R 9, 10/02, BStBl II 2004, 627). Die Übertragung der wirtschaftlichen Substanz eines Gegenstandes vom Leistenden auf den Leistungsempfänger muss von den Beteiligten unbedingt gewollt sein (BFH, Urteil vom 20. Februar 1986 V R 133/75, BFH/NV 1986, 311). Der Abnehmer muss daher faktisch in der Lage sein, mit dem Gegenstand nach Belieben zu verfahren, insbesondere ihn wie ein Eigentümer zu nutzen und veräußern zu können (vgl. BFH, Urteil vom 12. Mai 1993 XI R 56/90, BStBl II 1993, 847).
aa. Wer bei einem Umsatz als Leistender und wer als Leistungsempfänger anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den zugrunde liegenden abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Diese bestanden zwischen der Klägerin und der F S.L.. Schriftliche Kaufverträge über die Fahrzeuge liegen zwar nicht vor. Wesentliches Indiz für die Lieferungen der Klägerin auf einer zwischen ihr und der F S.L. bestehenden zivilrechtlichen Vereinbarung ist jedoch, dass die F S.L. die Fahrzeuge betragsmäßig entsprechend den Rechnungen der Klägerin bezahlte und die Klägerin die Fahrzeuge an von der F S.L. Bevollmächtigte aushändigte. Ferner bestätigte die F S.L. in ihren Bescheinigungen, die von der Klägerin gelieferten Fahrzeuge für ihr Unternehmen erworben zu haben. Ein weiteres wesentliches Indiz für die Verschaffung der Verfügungsmacht an den Fahrzeugen besteht darin, dass die Fahrzeuge tatsächlich von der F S.L. an die französischen Abnehmer verkauft wurden und hierüber von der F S.L. entsprechende Rechnungen erteilt wurden. Soweit diese Rechnungen inhaltlich nicht die zutreffende Umsatzsteuer, sondern eine Steuer im Rahmen der Differenzbesteuerung auswiesen, spricht dies nicht gegen einen Verkauf der Fahrzeuge durch die F S.L. an die französischen Abnehmer. Soweit der Beklagte insofern einen Umsatzsteuerbetrug der F S.L. unterstellt, bestätigt er damit vielmehr indirekt entsprechende Lieferungen an die französischen Abnehmer.
bb. Es spricht auch nicht gegen die Erlangung der Verfügungsmacht, wenn die F S.L. einen strukturierten Verkaufsablauf dergestalt eingebunden war, dass der Ein- und Verkauf im Wesentlichen durch den Geschäftsführer A unter Beteiligung der von ihm beherrschten Unternehmen vorgegeben war. Denn solange sich die FS.L. den Ein – und Verkauf der Fahrzeuge zu eigen machte, sind ihr die Geschäfte auch als eigene zuzurechnen. Hätte sie die Geschäfte nicht als eigene gewollt, hätte sie sich nicht daran beteiligen müssen. Anhaltspunkte, dass sie keine Wahl hatte, sich in der tatsächlich ausgeführten Form an den Geschäften zu beteiligen, liegen nicht vor. Insbesondere bestand auch keine direkte oder indirekte Beteiligung des Geschäftsführers A an der F S.L., die auf eine zwingende Einbindung hindeuten könnte.
cc. Dem stehen die so genannten „Winst-Verdeling” nicht entgegen. Aus diesen ist zwar ersichtlich, dass der potentielle französische Interessent des Fahrzeugs tatsächlich auch Käufer des Fahrzeuges werden sollte und der Verkauf unter Berücksichtigung feststehender Beträge für eine Firma „F. S.”, eine Provision der S.A.V.A. und einem Gewinn der Klägerin zu einem festgelegten Endpreis, der letztlich tatsächlich auch erzielt wurde, durch Lieferung des Fahrzeugs in der beschriebenen Leistungskette erfolgen sollte. Unabhängig davon, dass es sich nach dem Vermerk auf den „Winst-Verdeling” um eine Berechnung für den internen Gebrauch handelte, spräche dies nicht gegen eine Übertragung der Verfügungsmacht im Rahmen der Lieferkette von der Klägerin an die F S.L., da keine Vereinbarungen ersichtlich sind, die eine Verfügungsbeschränkung der F S.L. hätten begründen können.
dd. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Fahrzeuge von der S in Frankreich an die französischen Endabnehmer verkauft wurden. Entsprechende Unterlagen, die darauf hindeuten könnten, liegen nicht vor. Selbst wenn es neben den Rechnungen der F S.L. in Einzelfällen Rechnungen der S gegeben haben sollte und sie in den Zulassungen der Fahrzeuge vereinzelt als Verkäuferin angegeben war, würde dies angesichts der vertragsgerechten Abwicklung der von der FS.L. gekauften Fahrzeuge einen Kauf und Verkauf durch die S nicht belegen oder gar begründen. Die Bezahlung der Fahrzeuge gegenüber der Klägerin spricht ebenfalls dagegen. Es ist nicht ersichtlich, dass die S den Kaufpreis an die Klägerin gezahlt und die Fahrzeuge von ihr gekauft hätte. Demgegenüber liegen jedoch Vermittlungsvereinbarungen zwischen der S und der F S.L. vor, die dafür sprechen, dass die Fahrzeuge durch Vermittlung der S von der F S.L. an die französischen Abnehmer verkauft wurden. Ein weiteres Indiz sind die unstreitig von der F S.L. an die S für den Verkauf der Fahrzeuge gezahlten Provisionen.
2.3. Unabhängig von den der Klägerin obliegenden Buch- und Nachweispflichten liegen die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung aufgrund der objektiven Beweislage vor (vgl. Urteile vom 08.11.2007 V R 72/05, BFHE 219, 422, BStBl II 2009, 55 und 06.12.2007 V R 59/03, BFHE 219, 469, BStBl II 2009, 57; ferner vom 28.05.2009 V R 23/08, BFHE 219, 469, BStBl II 2009, 57).
Die Klägerin hat die Fahrzeuge an die in Spanien existierende und umsatzsteuerrechtlich registrierte F S.L. und damit an einen anderen Unternehmer im Gemeinschaftsgebiet geliefert. Dieser andere Unternehmer hat die Fahrzeuge für sein Unternehmen bezogen. Dies ist durch die vorliegenden Unterlagen und die tatsächliche Geschäftsabwicklung bewiesen. Entgegenstehendes hat der Beklagte nicht nachgewiesen. Aufgrund der Feststellungen der Steuerfahndung und der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nachträglich vorgelegten Zulassungsbescheinigungen steht ferner fest, dass die Fahrzeuge in Frankreich und in zwei Fällen in den Niederlanden zugelassen wurden und damit im Rahmen der Lieferungen in einen anderen Mitgliedstaat gelangten. Dies wird vom Beklagten auch nicht bestritten. Damit liegen auch die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung der in den Niederlanden zugelassenen Fahrzeuge zu lfd. Nr. 1 und 18 der Liste vor. Weiterer Nachweise für eine innergemeinschaftliche Lieferung bedarf es nicht, so dass insofern die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung objektiv nachgewiesen sind.
3. Soweit ungeklärt ist (vgl. BFH, Beschluss vom 29. Juli 2009 XI B 24/09, BFH/NV 2009, 1567), ob die Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung auch dann vorliegen, wenn der Lieferer an der Vermeidung der Erwerbsbesteuerung seines Abnehmers im Gemeinschaftsgebiet mitwirkt (vgl. hierzu Vorlagebeschluss des BGH an den EuGH (Az.: C-285/09, ABl EU 2009, Nr. C 267, 31) vom 7. Juli 2009 1 StR 41/09, HFR 2009, 1138, UR 2009, 732 und 19. Februar 2009 1 StR 633/08, BFH/NV 2009, 1071, UR 2009, 726), sieht der Senat bereits die Voraussetzungen für den Nachweis einer Mitwirkung des Geschäftsführers der Klägerin an der Vermeidung der Erwerbsbesteuerung der F S.L. in Spanien nicht als nachgewiesen an.
a) Ein entsprechender Nachweis könnte sich aus den „Winst-Verdeling” sowie den Ablauf des Ein- und Verkaufs der Pkw ergeben. Aus der Begründung des Senats, dass die Fahrzeuge tatsächlich von der Klägerin an die F S.L. in Spanien geliefert wurden und ihr die Verfügungsmacht verschafft wurde, ergibt sich, dass nicht von einem „Scheinunternehmen” der F S.L. auszugehen ist, sondern dass es sich um ein existentes Unternehmen handelte, dem die Fahrzeuge auch geliefert wurden. Insofern ergeben sich aus der Verkaufsabwicklung keine Hinweise auf eine Beteiligung der Klägerin an einem Steuerbetrug. Diese können auch nicht aus der Anfertigung der „Winst-Verdeling” geschlossen werden. Selbst wenn es sich dabei um eine Kalkulation gehandelt hat, die der Klägerin zur Kenntnis gegeben wurde bzw. an der der Geschäftsführer der Klägerin in Personalunion als Geschäftsführer der E B.V. beteiligt war, stellt die daraus sich ergebende Kalkulation und der Ablauf des Verkaufs der Fahrzeuge für sich keinen Hinweis auf einen Umsatzsteuerbetrug dar. Dieser könnte sich lediglich daraus ergeben, dass sich für die in den Verkaufsvorgang einbezogene spanische Firma lediglich ein fester Kostenfaktor von 500 € ergab. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass damit die Vorstellung der Klägerin verbunden war, dass die F S.L. deshalb keinen höheren Kostenfaktor darstellen würde, weil diese in Spanien die Erwerbsbesteuerung nicht durchführen würde. Selbst wenn die Klägerin davon ausgegangen wäre, dass die F S.L. in Spanien keine Erwerbsbesteuerung, sondern lediglich eine Differenzbesteuerung durchführen würde, wäre damit weder dargelegt noch nachgewiesen, dass die Klägerin dabei davon ausgegangen ist, dass diese Form der Besteuerung durch die F S.L. in Spanien unzulässig gewesen sei.
b) Ferner ist für den Senat nicht erkennbar, dass die Mitwirkung eines inländischen Unternehmers an einer Steuerhinterziehung, die sein ausländischer Abnehmer gegenüber dessen Mitgliedstaat begeht, es rechtfertigt, dass der deutsche Fiskus eine Steuer festsetzt, die nicht entstanden wäre, wenn der deutsche Unternehmer seinen wahren Abnehmer in seinen Büchern benannt und nicht einen Scheinabnehmer vorgetäuscht hätte. Ein solcher Sanktionscharakter ist in den Bestimmungen über die innergemeinschaftlichen Regelungen nicht vorgesehen. Die Nichterhebung der Mehrwertsteuer auf eine innergemeinschaftliche Lieferung kann nach der Rechtsprechung des EuGH nicht als eine Gefährdung des Steueraufkommens angesehen werden, weil solche Einnahmen nach dem Grundsatz der steuerlichen Territorialität dem Mitgliedsstaat zustehen, in dem der Endverbrauch erfolgt (vgl. EuGH, Urteil vom 27.09.2007 C-146/05 a.a.O.; Urteil vom 08.05.2008 C-95/07 - Ecotrade SpA - Slg. 2008, I-3457 Rnr. 71).
c) Darüber hinaus müsste nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 21.02.2006 C-255/02 - Halifax u.a. -, Slg. 2006, I-1609, Rz. 74 ff) anhand objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wurde. Denn das Missbrauchsverbot ist nicht relevant, wenn die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung haben als nur die Erlangung von Steuervorteilen.
Entsprechende objektive Anhaltspunkte ergeben sich nicht, da nicht ausgeschlossen ist, dass die Klägerin, selbst wenn sie von der Differenzbesteuerung in Spanien Kenntnis gehabt hätte, dies deswegen billigte, weil sie dadurch den Verkauf der Fahrzeuge und damit ihr Umsatzvolumen erhöhen konnte. Dies erscheint sogar eher überwiegend wahrscheinlich. Dass die Klägerin ein Interesse an einem Steuerbetrug in Spanien hatte, ist insofern nicht ersichtlich, zumindest nicht nachgewiesen.
3. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide sind daher rechtswidrig und waren aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 1 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
6. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung aufgrund der unterschiedlichen Rechtsauffassungen des Bundesfinanzhofs (vgl. Beschluss vom 29. Juli 2009 XI B 24/09, BFH/NV 2009, 1567) und des Bundesgerichtshof (vgl. Vorlagebeschluss vom 7. Juli 2009 1 STR 41/09, DStR 2009, 1688) wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1 FGO zugelassen.

VorschriftenUStG § 4 Nr. 1 Buchst. b, UStG § 6a Abs. 1

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