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22.10.2010 · IWW-Abrufnummer 102636

Landgericht Dortmund: Urteil vom 15.07.2010 – 2 O 8/10

Zur Quotenbildung nach § 28 Abs. 2 S. 2 VVG bei mehreren Obliegenheitsverletzungen mit unterschiedlichem Kausalitätsumfang


Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.793,00 € (in Worten: sechsundzwanzigtausendsiebenhundertdreiundneunzig Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.06.2009 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.196,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2010 zu zahlen.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 4/5 der Kläger und 1/5 die Beklagte.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

T a t b e s t a n d

Der Kläger unterhält seit Mai 2008 bei der Beklagten eine Inventarversicherung für den von ihm betriebenen Schmuckladen in I, C-str. ##. Die Versicherungssumme für Vorräte an Goldsachen und Ähnlichem, darunter auch Armbanduhren beträgt in der Zeit vom 02.01. bis 30.11. 200.000,00 €, insgesamt in der Einbruchdiebstahlversicherung 300.000,00 €. Dem Vertrag liegen zu Grunde die BBVE-I 2008 sowie die AERB 2008.

Den Versicherungsschutz beantragte der Kläger unter dem 06.02.2008 für das Ende Januar 2008 eröffnete Juweliergeschäft ab dem 25.01.2008. Zuvor fanden Gespräche zwischen dem vom Kläger für die Versicherungsangelegenheiten beauftragten Zeugen D, seinem Onkel, und einem Mitarbeiter der Beklagten betreffend den Einbau einer Alarmanlage und eines Panzerriegels an der Tür T2 gemäß Lageplan der Versicherungsräume statt. Am 30.01.2008 unterzeichnete der Kläger eine "Sicherungsbeschreibung der Versicherungsräume" die u. a. die Tür T2 beschreibt und unter "zusätzlich vereinbarte Sicherungen" für diese Tür T2 einen "Panzerquerriegel beidseitig schließbar" bestimmt. In der Folgezeit wurde eine ebenfalls vereinbarte Alarmanlage in den Geschäftsräumen montiert, jedoch nicht der Panzerquerriegel an der Tür T2.

In der Nacht des 29.01.2009 setzten unbekannte Täter gegen 4.34 Uhr die beiden akustischen und optischen externen Signalgeber der Einbruchmeldeanlage außer Kraft und lösten hierdurch bei der Firma S, die die Alarmanlage betrieb, Alarm aus. Der Mitarbeiter des Wachdienstes beschränkte sich um 4.44 Uhr auf eine ergebnislose Prüfung der Alarmanlage von außen und rückte unverrichteter Dinge wieder ab, weil die Täter nach außer Kraft Setzen der Signalgeber die äußeren Abdeckungen wieder montiert hatten. Die Täter hatten nun Zeit, über den Hinterhof und den Keller des Hauses in das Treppenhaus einzudringen und eine Werkstatthintertür im Erdgeschoss aufzuhebeln, nachdem sie zunächst versucht hatten, zwei Löcher in das Mauerwerk zu stemmen, von diesem Vorhaben aber wieder Abstand nahmen. Die zwischen dem Geschäft des Klägers und der Werkstatt eines Goldschmiedes befindliche Tür T2, die mit einem Blockschloss an die Alarmanlage angeschlossen war, wurde durch die Täter ebenfalls aufgehebelt, so dass diese auf diesem Wege in das Juweliergeschäft des Klägers gelangten und dort Armbanduhren, Dekorationsstücke für Trauringe sowie 15 kg Goldschmuck und Altgold entwendeten.

Unter dem 04.02.2009 nahm ein Regulierungsbeauftragter der Beklagten die Angaben des Klägers zur Schadensursache und zum Schadenshergang auf und ließ den Kläger das entsprechende Protokoll unterzeichnen. In diesem Protokoll ist der Hinweis enthalten, dass der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, unverzüglich der Polizei und dem Versicherer ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Gegenstände vorzulegen. Durch Ankreuzen entsprechender Felder sagte der Kläger zu, die Stehlgutliste u. a. unverzüglich der Kripo nachzureichen. Unmittelbar über der Unterschrift des Protokolls ist in Fettdruck die Erklärung des Versicherungsnehmers enthalten, dass er das Formblatt "Mitteilungen nach § 28 Abs. 4 VVG über die Folgen bei Verletzung von Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall" gelesen und erhalten habe. Unstreitig wurde dem Kläger dieses Formblatt auch bei dem Regulierungsgespräch ausgehändigt. In der Folgezeit reichte der Kläger eine Stehlgutliste wohl bei der Beklagten, nicht aber bei der Polizei ein. Diese erhielt die Stehlgutliste mit Telefax vom 19.03.2009 durch den von der Beklagten beauftragten Sachverständigen. Dabei handelte es sich um eine knappe handschriftliche Aufstellung der entwendeten Gegenstände.

Der von der Beklagten mit der Schadensberechnung beauftragte Sachverständige stellte eine Unterversicherung fest, so dass die Beklagte unter Berücksichtigung dieser Unterversicherung den Entschädigungsbetrag auf 190.393,00 € festsetzte. Dieser Betrag wird vom Kläger akzeptiert. Wegen des nicht eingebauten Panzerquerriegels an der Tür T2 und der damit einhergehenden Verletzung der vereinbarten Sicherheitsvorschrift machte die Beklagte von ihrem Leistungskürzungsrecht Gebrauch und brachte von der als berechtigt angesehenen Entschädigungsforderung einen Anteil von 75 % in Abzug (Leistungskürzungsquote ¾). Dementsprechend zahlte sie 47.600,00 € an den Kläger aus. Da der Kläger mit der Leistungskürzung nicht einverstanden ist, macht er die Differenz zur vollen Entschädigungsforderung in Höhe von 190.393,00 € mit der Klage geltend.

Der Kläger behauptet, der Zeuge D habe nach den Gesprächen mit dem Mitarbeiter der Beklagten für den Kläger die Firma S nicht nur mit dem Einbau der dann auch tatsächlich installierten Alarmanlage beauftragt, sondern auch mit der Anbringung des Panzerriegels an der Tür T2. Er wirft der Beklagten vor, dass deren Agent bei der Unterzeichnung der Sicherungsbeschreibung am 30.01.2008 den Kläger nicht an den Einbau des Panzerriegels erinnert habe, weil er – der Agent – selbst übersehen habe, dass der Panzerriegel noch nicht eingebaut gewesen sei. Er behauptet, dass die Täter auch dann durch die Tür T2 in die Geschäftsräume gelangt wären, wenn der Panzerquerriegel vorschriftsgemäß eingebaut gewesen wäre. Denn die Täter seien insgesamt sehr professionell vorgegangen und hätten mit dem mitgeführten Stemmeisen eine Stahltür zwischen Kellertreppe und Werkstattflur professionell aufgebrochen. Daraus sei zu schließen, dass sie die im Übrigen nicht sehr stabile Tür T2 auch mit einem Panzerquerriegel überwunden hätten. Im Übrigen habe der Kläger nicht grob fahrlässig gehandelt, da er den fehlenden Einbau des Panzerriegels infolge eines Augenblickversagens übersehen habe. Außerdem hält er eine Leistungskürzung um 75 % für zu hoch.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 142.793,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24.06.2009 sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 3.286,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte stützt die Leistungskürzung auf eine grob fahrlässige Verletzung der vereinbarten Sicherheitsvorschrift durch das Unterlassen des Einbaus des Panzerquerriegels an der Tür T2. Dazu behauptet sie, dass der Kläger bzw. dessen Onkel gegenüber der Firma S angegeben habe, dass der Panzerquerriegel durch die Firma S nicht eingebaut werden sollte. Unstreitig hat die Firma S gegenüber dem Kläger auch kein Angebot für den Einbau des Panzerquerriegels abgegeben, hingegen aber ein solches für den Einbau der Alarmanlage. Die Beklagte vermutet, dass der Kläger evtl. den Panzerquerriegel in Eigenleistung habe anbringen wollen.

Sie behauptet, die Täter hätten von der Aufhebelung der Tür T2 Abstand genommen, wenn sie auf die Sicherung durch einen Panzerquerriegel gestoßen wären.

Zusätzlich stützt die Beklagte die von ihr vorgenommene Leistungskürzung auch auf die unterlassene Abgabe der Stehlgutliste bei der Polizei trotz vorhergehender Belehrung.

Zur Schadenshöhe bestreitet sie, dass die vom Kläger als entwendet angeführten 15 kg Gold und Altgold dem bedingungsgemäßen Versicherungsschutz unterfielen.

Das Gericht hat den Kläger zu den Umständen des unterlassenen Einbaus des Panzerquerriegels sowie zur fehlenden Einreichung der Stehlgutliste bei der Polizei durch ihn angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 28.05.2010, wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Dem Kläger steht aus der zwischen den Parteien bestehenden Inventarversicherung aus Anlass des unstreitigen Versicherungsfalles vom 29.01.2009 noch eine weitere Versicherungsleistung in Höhe von 26.793,00 € nebst Nebenforderungen zu, da die Beklagte nicht berechtigt war, ihre Entschädigungsleistung wegen Verletzung von Obliegenheiten im Ausmaß von 75 % vom Gesamtschaden zu kürzen.

I.

Auf die Regulierung des streitgegenständlichen Versicherungsfalles sind die Vorschriften des VVG 2008 anzuwenden, da der Versicherungsvertrag im Jahre 2008 abgeschlossen worden ist.

II.

Der Versicherungsfall selbst und die Schadenshöhe sind unstreitig bzw. durch den Kläger bewiesen worden. Durch die Angaben des Klägers anlässlich seiner Anhörung im Termin vom 28.05.2010 steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger Eigentümer der entwendeten 15 kg Goldschmuck und Altgold gewesen ist. Er hat dazu nachvollziehbar erklärt, dass ihm der Goldschmuck von der D2 als Massenware verkauft worden ist und dass er Altgold selbst von Kunden erworben hat. Dem ist die Beklagte auch –jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung- nicht mehr entgegengetreten. Somit ist von einer nach Berücksichtigung der Unterversicherung (ungekürzten) Entschädigungsleistung der Beklagten in Höhe von 190.393,00 € auszugehen, wie sie die Beklagte in ihrem Abrechnungsschreiben vom 23.06.2009 zu Grunde gelegt hat, das auch der Kläger in diesem Punkt akzeptiert.

III.

Allerdings kann der Kläger nicht die volle Entschädigungsleistung verlangen, da die Beklagte gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG wegen Verletzung zweier vertraglicher Obliegenheiten zur Leistungskürzung berechtigt war. Den Leistungskürzungsbetrag bemisst die Kammer nach einer wertenden Gesamtbetrachtung mit 116.000,00 €, so dass unter Berücksichtigung der vorprozessualen Zahlung von 47.600,00 € dem Kläger noch ein Restanspruch in Höhe von 26.793,00 € zusteht.

1.

Unstreitig hat der Kläger gegen die vereinbarten Sicherheitsvorschriften verstoßen, indem er den vereinbarten Panzerquerriegel an der Tür T2 nicht hat montieren lassen bzw. nicht selbst montiert hat. Damit hat er objektiv eine Obliegenheit verletzt, die vor dem Versicherungsfall zu erfüllen war. Da die Beklagte einen gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG zu ihrer Beweislast stehenden Vorsatz des Klägers selbst nicht behauptet, ist von einer nach § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG vermuteten grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit auszugehen, da dem Kläger eine ihm gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz VVG obliegende Entlastung vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht gelungen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG ist die Beklagte zur Leistungskürzung berechtigt. Eine Kündigung des Versicherungsvertrages wird ihr nach neuem Recht zur Ausübung des Leistungskürzungsrechtes nicht abverlangt.

Der Kläger wäre vom Vorwurf der grob fahrlässigen Verletzung der Sicherheitsvorschrift selbst dann nicht entlastet, wenn er – wie er behauptet und wie das Gericht zu seinen Gunsten unterstellt – an die Firma S den Auftrag erteilt hätte, neben der Alarmanlage auch den Panzerquerriegel einzubauen. Denn unstreitig hat die Firma S kein Angebot zum Einbau des Panzerquerriegels abgegeben und einen solchen dementsprechend auch nicht eingebaut. Dies war dem Kläger – wie er selbst bei seiner Anhörung vor der Kammer eingeräumt hat – nicht entgangen, da er die Tür T2 regelmäßig durchschreitet, wenn er seinen Goldschmied in dessen hinter der Tür befindlichen Werkstatt besucht, was regelmäßig stattgefunden hat. Damit ist dem Kläger wiederholt vor Augen geführt worden, dass die Sicherheitsvereinbarung nicht umgesetzt worden ist. Ihn kann auch nicht entlasten, dass er seinem Onkel mit den Versicherungsangelegenheiten betraut hatte, denn insoweit muss er sich die Versäumnisse seines Onkels zurechnen lassen, da dieser als Repräsentant des Klägers anzusehen ist.

Fehl geht auch die Auffassung des Klägers, er sei deswegen vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit entlastet, weil der Agent der Beklagten anlässlich der Unterzeichnung der Sicherungsbeschreibung am 30.01.2008 nicht darauf hingewiesen hat, dass der Panzerriegel noch nicht eingebaut war. Der Kläger verkennt, dass es nicht Sache der Beklagten und deren Mitarbeiter war, für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zu sorgen. Dies war allein Aufgabe des Klägers bzw. seines damit betrauten Onkels.

2.

Eine weitere Obliegenheit hat der Kläger verletzt, weil er unstreitig keine Stehlgutliste bei der Polizei eingereicht hat. Diese Obliegenheit ist in § 8 Nr. 2 a ff AERB 2008 vereinbart mit der sich aus § 8 Nr. 3 a AERB 2008 ergebenden Rechtsfolge der Leistungskürzungsberechtigung des Versicherers bei grob fahrlässiger Verletzung. Der Kläger hat dem objektiven Verstoß gegen die Obliegenheit, unverzüglich eine Stehlgutliste einzureichen, eingeräumt. Entlastende Umstände hat er nicht vorgebracht. Seine Erklärung, dass sein Onkel auch die Abwicklung des Versicherungsfalles vereinbarungsgemäß übernommen habe, führt zu keiner anderen Beurteilung, da – wie ausgeführt – der Onkel des Klägers dessen Repräsentant war und der Kläger sich ein Verschulden seines Onkel wie eigenes zurechnen lassen muss. Da die Beklagte den Kläger am 04.02.2009 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass eine Stehlgutliste noch bei der Polizei eingereicht werden muss, ist es ihr auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Verletzung dieser Obliegenheit zu berufen und das daraus resultierende Leistungskürzungsrecht geltend zu machen (vgl. BGH, RuS 2008, 513; VersR 2010, 903).

Auf eine (ordnungsgemäße) Belehrung des Klägers nach § 28 Abs. 4 VVG kommt es zur Ausübung des Leistungskürzungsrechtes nicht an. Eine solche Belehrung ist dem Versicherer für die Erfüllung von Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten aufgegeben worden, nicht aber hinsichtlich spontan zu erfüllender Obliegenheiten, zu denen auch die Obliegenheit zur Einreichung einer Stehlgutliste bei der Polizei zählt (Marlow in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 13 Rn. 152; Rixecker, zfs 2010, 334).

Der Beklagten war es nicht verwehrt, die Verletzung dieser Obliegenheit erstmals im Prozess geltend zu machen.

IV.

Das Leistungskürzungsrecht der Beklagten ist nicht nach § 28 Abs. 3 VVG ausgeschlossen. Danach ist der Versicherer abweichend von Absatz 2 zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Diesen sogenannten Kausalitätsgegenbeweis hat der Kläger hinsichtlich des Verstoßes gegen die Sicherheitsobliegenheit gar nicht und hinsichtlich der Obliegenheit zur unverzüglichen Einreichung der Stehlgutliste nur teilweise geführt.

1.

Der Kläger hat zwar behauptet, dass die Täter die Tür T2 auch dann aufgehebelt hätten, wenn diese – wie zwischen den Parteien vereinbart – mit einem Panzerquerriegel versehen gewesen wäre. Dem hat die Beklagte jedoch entgegen gehalten, dass die Täter bei Erkennen des durch einen Panzerriegel ausgehenden Widerstandes ihr Vorhaben genauso aufgegeben hätten, wie sie das zuvor bei dem Versuch gemacht haben, durch das Mauerwerk in die Räumlichkeiten zu gelangen. Der Kläger kann seine Behauptung nicht beweisen. Der von ihm angebotene Sachverständigenbeweis, dass das Öffnen der Tür T2 mit dem verwendeten schweren Hebelwerkzeug auch bei vorhandenem Panzerriegel möglich gewesen wäre, ist für die Führung des Kausalitätsgegenbeweises untauglich, da der Sachverständige naturgemäß nichts dazu sagen kann, ob die Täter sich durch einen vorhandenen Panzerriegel hätten abschrecken lassen, wie dies die Beklagte nachvollziehbar behauptet hat.

2.

Hinsichtlich der Obliegenheit zur unverzüglichen Einreichung der Stehlgutliste hat die Anhörung des Klägers ergeben, dass der Kausalitätsgegenbeweis zum Teil geführt ist, denn die Obliegenheit dient u. a. dazu, der Polizei die Fahndung nach den gestohlenen Gegenständen zu ermöglichen. Ein solcher Fahndungserfolg ist allerdings bei nicht individualisierbaren Massenwaren nicht zu erwarten, so dass sich diesbezüglich die Verletzung der Obliegenheit zur Einreichung einer Stehlgutliste bei der Polizei nicht auswirkt (OLG Köln, VersR 1996, 1533; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, § 22 VHB 84, Rn. 6; Lücke, VersR 1996, 801; Günther/Spielmann, RuS 2008, 133, 139 a. E.). Dazu hat der Kläger bei seiner Anhörung vor der Kammer ausgeführt, dass er Goldschmuck als Massenware von der D2 erworben hat. Der Kaufpreis ist rein nach Goldgewicht berechnet worden und auch der Verkauf der Einzelstücke erfolgte rein nach Gewicht. Die Einzelstücke waren nicht individualisierbar, so dass eine Zuordnung dieser Schmuckstücke bei einem Auffinden nicht möglich gewesen wäre. Gleiches gilt für das in den 15 kg enthaltene Altgold, dass der Kläger von Kunden erworben hat. Auch dieses war nicht individualisierbar, so dass sich Fahndungserfolge nicht einstellen konnten. Insoweit ist der Kausalitätsgegenbeweis gelungen (Marlow a.a.O. Rn. 146), so dass die Beklagte insoweit nicht von ihrem Leistungskürzungsrecht Gebrauch machen kann. Aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 3 VVG folgt, dass die Ausübung des Leistungskürzungsrechtes auch teilweise verwehrt sein kann. Denn das Gesetz formuliert ausdrücklich, dass der Versicherer zur Leistung verpflichtet bleibt, "soweit" die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Den von der Leistungskürzung ausgenommene Schadensbetrag bemisst das Gericht unter Berücksichtigung der Unterversicherung mit 182.400,00 €, so dass dieser Schadensanteil bei der Quotenbildung hinsichtlich der Obliegenheit zur unverzüglichen Einreichung der Stehlgutliste außer Betracht bleiben muss.

V.

Der Weg zur Quotenbildung wird nicht einheitlich beschritten. Es werden verschiedene Lösungsansätze diskutiert, wo der Ausgangspunkt der konkreten Leistungskürzungsquote liegen soll.

1.

Wohl überwiegend wird eine Einstiegsquote von 50 % favorisiert, die der Versicherer oder der Versicherungsnehmer zu ihren Gunsten und mit einer sie dann treffenden Beweislast verbessern können (Felsch, RuS 2007, 485; derselbe in Rüffer/Halbach/Schimikowski, HK-VVG, § 28 Rn. 161; Nugel, MDR 2007, 23, 26; Weidner/Schuster, RuS 2007, 363; Knappmann VRR 2009, 9; Langheid, NJW 2007, 3665; Grote/Schneider, BB 2007, 2689; Unberath, NZV 2008, 537; Karczewski in Rüffer/Halbach/ Schimikowski, HK-VVG, § 81 Rn. 97 f.). Das erkennende Gericht hält diesen Lösungsansatz für nicht überzeugend und vermag sich ihm deshalb nicht anzuschließen (so auch schon LG Münster, VersR 2009, 1615 mit Anm. Günther, RUS 2009, 492). Das Gericht verkennt nicht, dass für diesen Lösungsansatz Praktikabilität und einfache Handhabung sprechen. Er steht jedoch im Widerspruch zur Intention des Gesetzgebers. Dieser wollte mit der Abschaffung des "Alles-oder-Nichts-Prinzips", einem Kernstück der VVG-Reform, die Sanktionierung auch von Obliegenheitsverletzungen für den Versicherungsnehmer durchschaubarer gestalten, mit der Aufgabe des "Alles-oder-Nichts-Prinzips" mehr Einzelfallgerechtigkeit einkehren lassen, um nach bisherigem Recht als unbefriedigend empfundene Ergebnisse vermeiden zu können (amtliche Begründung: BT-Drucks. 16/3945, Seite 69). Damit hat der Gesetzgeber mit § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG bewusst eine flexible, sich an den Umständen des Einzelfalls ausrichtende Lösung bevorzugt (Heise in Bruck/Möller, VVG, 9. Auflage, § 28 Rn. 190). Diesem an Einzelfallgerechtigkeit ausgerichteten gesetzgeberischen Lösungsansatz wird eine wie auch immer geartete Quotenvorgabe nicht gerecht. Zudem steht mit diesem als Mittelwertmodell bezeichneten Lösungsansatz die vom Gesetzgeber vorgegebene Beweislastverteilung entgegen. Denn für das Verschuldensmaß, nach dem sich im Falle grober Fahrlässigkeit der Umfang der Leistungspflicht bestimmt, ist der Versicherer beweispflichtig (so ausdrücklich die amtliche Begründung: BT-Drucks. 16/3945, Seite 69). Damit kann es nicht zur Beweislast des Versicherungsnehmers stehen, die Leistungskürzungsbefugnis des Versicherers unter eine Quote von 50 % zu drücken.

2.

Mit diesem streng an der Einzelfallgerechtigkeit ausgerichteten Lösungsansatz zur Bildung einer Leistungskürzungsquote versagt sich die Kammer auch Lösungsansätzen, die für bestimmte Fallgruppen Einstiegsquoten vorsehen (Günther/Spielmann, RuS 2008, 177) oder einzuhaltende Quotenraster von ¼, 1/3, ½, 2/3 oder ¾ vorgeben wollen (so offenbar LG Münster, VersR 2009, 1615 mit Anm. Günther, RUS 2009, 492 zu § 81 VVG). Nach Auffassung der Kammer lassen sich feste Quoten oder Einstiegsquoten mit variablen Ergänzungen mit dem Gesetz und der gesetzgeberischen Intention nicht vereinbaren. Es ist vielmehr in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der dabei bestehenden Besonderheiten eine Leistungskürzungsquote zu bestimmen, die der Schwere der Schuld des Versicherungsnehmers angemessen ist (Wandt in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar, VVG, § 28 Rn. 239 f.; Heise in Bruck/Möller, VVG, 9. Auflage, § 28 Rn. 190 f; Marlow in Marlow/Spuhl, Das neue VVG kompakt, 4. Auflage 2010, Rn.327; Schwintowski in Schwintowski/Brömmelmeyer, Praxiskommentar zum VVG, § 28 Rn. 78; kritisch gegenüber groben Quotenrastern auch Maier, jurPR-VersR 7/2010 Anm. 2). Dass mit diesem Lösungsansatz die Voraussehbarkeit vorgerichtlicher und gerichtlicher Entscheidungen erschwert wird, ist zu Gunsten der vom Gesetzgeber gewollten Einzelfallgerechtigkeit hinzunehmen. Die damit verbundenen Entscheidungsprozesse sind zu bewältigen. Der Weg ist mühsam, aber letztlich begehbar.

3.

Aus dem Vorstehenden folgt, dass sich der Rahmen möglicher Kürzungsquoten von "0" bis 100 % spannt. Zwar wird verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass die Zulassung einer Leistungskürzung auf "0" der Abschaffung des "Alles-oder-Nichts-Prinzips widerspräche (Karst, VW 2010, 501; Marlow in Marlow/Spuhl, a. a. O., Rn. 325). Diese Auffassung lässt indes den Willen des Gesetzgebers außer Betracht. Während im Regierungsentwurf zu § 28 Abs. 2 VVG noch die Formulierung enthalten war, dass der Versicherer "nur" bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung (vollständig) leistungsfrei war, ist im Gesetzestext des § 28 Abs. 2 VVG das Wort "nur" entfallen, nachdem Rixecker zur Vermeidung von Interpretationsunsicherheiten eine dementsprechende Empfehlung zur Angleichung des Wortlautes an § 81 Abs. 1 VVG ausgesprochen hatte (Stellungnahme vor dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages vom 18.03.2007, Ziffer 3 a.E.). Damit hat der Gesetzgeber selbst zu erkennen gegeben, dass er nicht nur bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung, sondern auch bei grob fahrlässiger Verletzung einer Obliegenheit eine Anspruchskürzung auf "0" -wenn auch sicherlich nur in seltenen Ausnahmefällen – zulassen will (Tschersich in Beckmann/Matusche-Beckmann, VersR–Handbuch, 2. Auflage, § 45 Rn. 75; Rixecker, zfs 2009, 5; Günther/Spielmann, RuS 2008, 133, 141 f; Nugel, MDR 2010, 597). Deshalb geht die inzwischen herrschende Meinung zu Recht von einer Leistungskürzungsbefugnis des Versicherers auf "0" in Fällen schwerster grober Fahrlässigkeit oder gar beim Zusammentreffen mehrerer schwerwiegender Obliegenheitsverstöße aus (Wandt in Landheid/ Wandt, Münchener Kommentar VVG, § 28 Rn. 240; Heise in Bruck/Möller VVG, 9. Auflage, § 28 Rn. 195; Looschelders, VersR 2008, 1,6; Rixecker, zfs 2009, 5; Schwintowski in Schwintowski/Brömmelmeyer, Praxiskommentar zum VVG, § 28 Rn. 58; Franz, VersR 2008, 298, 304 f; Grote/Schneider, BB 2007, 2689, 2695).

In diesem Kürzungsrahmen ist die der Schwere der Schuld des Versicherungsnehmers entsprechende Kürzungsquote zu bestimmen. Als Quotelungskriterien scheiden von vornherein solche aus, die mit dem Verschulden nichts zu tun haben. Die Leistungskürzungsbefugnis des Versicherers ist umso größer, je näher das grobe Verschulden an die schwerere Verschuldensform, den Vorsatz, heranreicht. Dabei ist – wie bereits ausgeführt, nach Auffassung der Kammer nicht in groben Einzelschritten vorzugehen, sondern es sind Abstufungen möglich, die jedenfalls Kürzungsquoten im 10tel-Bereich, in seltenen Einzelfällen auch darunter, zulassen. Nach Überzeugung der Kammer kann nur so die vom Gesetzgeber gewollte Einzelfallgerechtigkeit umgesetzt werden, wobei nicht verkannt werden soll, dass sich sicherlich für typische Fallgestaltungen grobere Leistungskürzungsquoten herausbilden werden.

a)

Hinsichtlich des Verstoßes gegen die Sicherheitsobliegenheit hat die Kammer berücksichtigt die für den Kläger bestehende Offenkundigkeit des Verstoßes, dessen Dauer –ein Augenblicksversagen, wie vom Kläger geltend gemacht, liegt sicherlich nicht vor-, die Vorhersehbarkeit der Kausalität, d. h. die erkennbare Wahrscheinlichkeit, dass der Verstoß zu einem (nicht unbeträchtlichen) Schaden führen wird, die grobe Leichtfertigkeit, mit der der Kläger bzw. sein Onkel die Sicherungsvereinbarung übergangen hat sowie den geringen Aufwand, der für die Anbringung des Panzerquerriegels erforderlich gewesen wäre im Verhältnis zum Schaden, der durch ein Unterlassen entstehen konnte. Zu seinen Gunsten konnte eingebracht werden, dass die Tür T2 nicht gänzlich ungesichert, sondern über das Blockschloss an die Alarmanlage angeschlossen war. Der Kläger hat sich auch nicht von vorneherein der Befolgung der vereinbarten Sicherheitsobliegenheit verschlossen, sondern die Sicherung zunächst selbst oder durch Dritte hat anbringen lassen wollen. Er hat diese Absicht aber leichtfertig aus den Augen verloren und –nachdem ihm dies wiederholt bewusst geworden ist- nichts veranlasst, um Abhilfe zu schaffen.

Dies alles berücksichtigend, hält das Gericht die von der Beklagten vorgenommene Leistungskürzungsquote von 7,5/10 für zu hoch und eine solche von 6/10 für schuldangemessen (Diese Kürzungsquote schlagen Günther/Spielmann, RuS 2008, 177, 181 unter 3.4 als Einstiegsquote vor).

b)

Hinsichtlich der Verletzungen der Obliegenheit zur unverzüglichen Einreichung einer Stehlgutliste bei der Polizei hat die Kammer zu Lasten des Klägers wiederum dessen gravierend nachlässiges oder sorgloses Verhalten bei der Abwicklung des Versicherungsfalles berücksichtigt. Der Kläger kann nicht für sich reklamieren, dass es sich bei dieser Obliegenheit um eine weitgehend unbekannte und –auch nach den Erfahrungen der Kammer- deshalb häufig missachtete Pflicht des Versicherungsnehmers handelt (Knappmann, r+s 2002, 485, 488). Denn die Beklagte hat den Kläger in Textform zeitnah nach dem Versicherungsfall ausdrücklich auf diese Obliegenheit hingewiesen und sich die Kenntnisnahme des Hinweises durch die Unterschrift des Klägers bestätigen lassen. Zu Gunsten des Klägers konnte immerhin gewertet werden, dass er eine Stehlgutliste bei der Beklagten eingereicht hat, die auch letztlich zur Polizei gelangt ist, wenn auch erst rund 6 Wochen nach dem Versicherungsfall und der Belehrung durch die Beklagte, dass eine diesbezügliche Obliegenheit zu erfüllen ist. Der Vortrag im nachgelassenen Schriftsatz v. 23.6.2010 vermag den Kläger nicht zu entlasten. Der Kläger verkennt Sinn und Zweck der Obliegenheit, wenn er die unterbliebene Einreichung der Stehlgutliste mit der im beiderseitigen Einverständnis erfolgten Ermittlung der Schadenshöhe durch den von der Beklagten eingeschalteten Sachverständigen entschuldigen will. Probleme zur Schadenshöhe bestanden auch nach dem Vortrag des Klägers wegen des in kg angegeben Golschmucks und Altgoldes. Davon unabhängig hätte der Kläger jedenfalls die entwendeten Dekorationsstücke für Trauringe und Uhren mit genauer Bezeichnung der Polizei in einer Stehlgutliste mitteilen können, worauf ihn die Beklagte am 4.2.2008 –wie bereits ausgeführt- hingewiesen hat.

Hinsichtlich dieser Obliegenheit hält das Gericht eine der Schwere des Verschuldens entsprechende Leistungskürzungsquote von 4/10 für angemessen (Diese Quote schlagen Günther/Spielmann, RuS 2008, 177, 182 unter 4.3 als Einstiegsquote vor).

VI.

Da der Kläger mehrere Obliegenheitsverletzungen begangen hat, die jeweils die Beklagte zur Leistungskürzung berechtigen, stellt sich die Frage, wie aus den einzelnen Kürzungsquoten eine Gesamtquote gebildet werden kann. Auch diese Frage wird in der Literatur nicht einheitlich beantwortet. Es werden verschiedene Modelle angeboten, die zu deutlich unterschiedlichen Gesamtquoten führen.

1.

Nach dem Additionsmodell (Maier/Stadler, AKB 2008 und VVG-Reform, Rn. 144, 146; Schimikowski, jurisPR-VersR 7/2007 Anm. 4) werden die Einzelquoten schlicht zusammengerechnet mit dem Ergebnis, dass es häufig zu einer Leistungskürzung auf "0" kommt. Damit wird das "Alles-oder-Nichts-Prinzip" de facto in vielen Fällen wieder eingeführt, so dass sich die Kammer in Befolgung der gesetzgeberischen Zielsetzung und in Übereinstimmung mit der h.M. (Felsch, RUS 2007, 485, 486f.; Heise in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. § 28 Rn. 199 m.w.N.; Marlow in Marlow/Spuhl, Das neue VVG kompakt, 4. Aufl. 2010, Rn. 347) damit nicht anfreunden kann.

2.

Nach dem Konsumtions- oder Kompensationsmodell kommt nur die Obliegenheitsverletzung mit der höchsten Kürzungsquote zum Tragen, während weitere Obliegenheitsverletzungen mit niedrigeren Kürzungsquoten vollständig außer Betracht bleiben (Felsch, RuS 2007, 485; Veith, VersR 2008, 1580). Diesem Lösungsansatz ist entgegen zu halten, dass er der vom Gesetzgeber gewollten Einzelfallgerechtigkeit widerspricht. Es macht einen Unterschied, ob der Versicherungsnehmer nur eine einzige Obliegenheit grob fahrlässig verletzt hat oder eine Vielzahl davon. Aus Sicht des Gerichts muss der Mehrfachverletzer anders behandelt werden, als derjenige, der nur gegen eine einzige Obliegenheit verstoßen hat (vgl. auch Rixecker, zfs 2009, 5; Günther, RUS 2009, 492, 496).

3.

Nach dem Stufen- oder Ouotenmultiplikationsmodell wird die schwerste Obliegenheit in voller Höhe und die nächste nur zur Hälfte berücksichtigt (Marlw in Marlow/Spuhl, Das neue VVG kompakt, 4. Aufl. 2010, Rn. 347; Kloth/ Neuhaus in Schwintowski/ Brömmelmeyer, Praxiskommentar zu VVG, § 81 Rn. 76 f). Die Kammer kann offen lassen, ob diesem Modell grundsätzlich zu folgen ist oder ob nicht generell eine wertende Gesamtbetrachtung vorzugswürdig ist, die jede Form der Schematisierung unterlässt. Allerdings vermag sie weder aus dem Gesetzestext noch aus der Gesetzesbegründung einen Anhalt für den nach diesem Kürzungsmodell

vorzunehmenden mathematischen Schematismus zu entnehmen und steht ihm deshalb eher skeptisch gegenüber.

4.

Jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art, in denen mehrere Obliegenheitsverletzungen mit unterschiedlichem Kausalitätsumfang zu berücksichtigen sind, verbietet sich jede schematische Lösung (Wandt in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar VVG, § 28 Rn. 253). Hier ist eine Leistungskürzung zu bestimmen, die auf einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände beruht, um so den Besonderheiten des Einzelfalles gerecht werden zu können. Diese wertende Betrachtung führt zu folgendem Ergebnis:

Die Leistungskürzungsquote von 6/10 für die Verletzung der Sicherheitsobliegenheit schlägt auf den gesamten Schaden durch und führt zu einer Kürzung des Anspruchs von 190.393,00 € um 114.235,80 €.

Die Leistungskürzung hinsichtlich der grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit zur Einreichung der Stehlgutliste besteht nur hinsichtlich eines Schadensanteils von 7.993,00 €, da hinsichtlich eines Schadensanteile 182.400,00 € - wie ausgeführt – der Kausalitätsgegenbeweis geführt ist. Der von der Kürzungsbefugnis betroffene Schadensanteil von 7.993,00 € mindert sich wegen der Kürzungsquote von 4/10 um 3.197,20 €.

Die Beklagte könnte mithin von der Entschädigungsleistung in Höhe von 190.393,00 € Einzelkürzungen von 114.235,80 € und 3.197,20 € vornehmen. Da eine Addition der Leistungskürzungsbeträge von der Kammer – wie ausgeführt – nicht für angemessen erachtet wird, hat sie im Wege der wertenden Gesamtbetrachtung den Kürzungsbetrag auf 116.000,00 € festgesetzt. Damit steht dem Kläger noch ein Restanspruch in Höhe von 26.793,00 € zu, da die Beklagte bereits 47.600,00 € vorprozessual gezahlt hat (190.393,00 € ./. 116.000,00 € ./. 47.600,00 €).

Diesen Betrag hat die Kammer dem Kläger zugesprochen nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten, allerdings nach einem Gegenstandswert von bis zu 30.000,00 € mit dem 1,3-fachen Satz für die Geschäftsgebühr.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und deren Abwendung auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

RechtsgebietVVGVorschriftenVVG § 28 Abs. 2

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