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30.09.2010 · IWW-Abrufnummer 103054

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 23.04.2010 – 7 U 271/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


7 U 271/08
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt/M. vom 10.11.2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zur Vollstreckung gebrachten Betrages leistet.
Gründe
I)
Der Kläger macht aus abgetretenem Recht des Versicherungsnehmers A einen Deckungsanspruch aus einer Spezial-Haftpflichtversicherung für Handwerksbetriebe gegenüber der Beklagten geltend. Auf den Versicherungsschein nebst den Allgemeinen Haftpflichtbedingungen (Bl. 44 ff d.A.) wird Bezug genommen.
Am 28.3.2004 bestellte der Kläger bei Herrn A als Inhaber der Fa. B die Lieferung eines Fertigteilschwimmbeckens zum Preis von 7.604,96 Euro. Das Schwimmbecken wurde am 19.6.2004 angeliefert. Die erforderliche Baugrube hatte der Kläger von einem lokalen Bauunternehmer ausheben lassen. Den anschließenden Einbau ließ der Kläger durch den von ihm beauftragten Bauunternehmen auf der Grundlage der seitens Herrn A erteilten Einbauanleitung - nämlich durch Verfüllen mit Schlämmsand - ausführen. Diese Verfüllmethode entsprach – wie in dem seitens des Klägers eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren festgestellt - nicht den anerkannten Regeln der Technik. Sie führte dazu, dass am Schwimmbecken Schäden in Form eines Risses und Aufwölbungen entstanden.
Herr A meldete den Schaden bei der Beklagten und füllte am 3.6.2004 die ihm übersandte Schadensanzeige aus. Mit Schreiben vom 10.6.2004, 16.9.2004 und 30.1.2006 bat die Beklagte um Auskünfte bzw. forderte ihren Versicherungsnehmer zur Stellungnahme ihm übersandter Unterlagen auf. Mit Schreiben vom 6.4.2006 berief die Beklagte sich auf Leistungsfreiheit, da ihr Schreiben vom 16.9. trotz wiederholter Erinnerung unbeantwortet geblieben sei. Darüber hinaus nahm sie Bezug auf eine vorangegangene Versicherungsschutzversagung mit Schreiben vom 16.7.2004.
Im April 2006 erhob der Kläger Klage vor dem Landgericht Wiesbaden (Az.: 9 O 110/06), mit welcher er Schadensersatz in Höhe von 28.382,90 Euro gegenüber Herrn A geltend machte. Durch Versäumnisurteil vom 2.3.2007 wurde Herr A antragsgemäß verurteilt.
Durch Vereinbarung vom 16.4.2007 trat Herr A seine Ansprüche aus der bei der Beklagten bestehenden Haftpflichtversicherung in Höhe des titulierten Anspruchs an den Kläger ab. Der Kläger forderte die Beklagte auf, ihm Deckung zu gewähren, was diese mit Schreiben 14.6.2007 mit der Begründung, dass kein Versicherungsschutz bestehe, ablehnte.
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 28.382,90 Euro in Anspruch genommen. Die Beklagte hat die fehlende Aktivlegitimation in Hinblick auf das Abtretungsverbot gemäß § 7 AHB gerügt und sich im übrigen darauf berufen, dass es sich um einen Erfüllungsschaden handele, für den kein Versicherungsschutz bestehe. Vorsorglich hat sie sich auch auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten berufen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 10.11.2008 – auf dessen Inhalt (Bl. 188 ff d.A.) wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird – die Klage abgewiesen. Es hat dahingestellt sein lassen, ob die Beklagte passivlegitimiert sei und für den geltend gemachten Schaden Versicherungsschutz bestehe. Die Beklagte sei jedenfalls wegen Verletzung der Auskunftsobliegenheit seitens des Versicherungsnehmers A leistungsfrei.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung.
Er rügt, dass es bereits an einer konkreten Feststellung der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit fehle. Aus dem Schriftwechsel – insbesondere dem eigenen Schreiben der Beklagten vom 1.9.2005 - und der Beteiligung der Beklagten am selbständigen Beweisverfahren ergebe sich, dass die Beklagte umfassend informiert gewesen sei. Im übrigen sei diesbezüglich auch Beweis angetreten worden, so dass das Landgericht zumindest die angetretenen Beweise – Vernehmung der Zeugen A und C – hätte erheben müssen. Soweit die Beklagte mit Schreiben vom 30.1.2006 angefragt habe, wer die mangelhafte Hinterfüllung des Beckens definitiv zu vertreten habe, handele es sich zudem um eine Rechtsfrage, welche die Beklagte auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen selbst hätte beurteilen müssen. In subjektiver Hinsicht habe das Landgericht den Tatbestand der Obliegenheitsverletzung ohne Berücksichtigung des konkreten Sachverhalts bejaht. Vorsatz setze Kenntnis der Verhaltensnorm voraus. Ohne Fristsetzung und weitere Mahnung sei weder von Vorsatz noch von grober Fahrlässigkeit auszugehen.
Des weiteren fehle es an einer Belehrung über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung, die sich vorliegend auch noch darauf erstrecken müsse, bis zu welchem Zeitpunkt die Aufklärungsobliegenheit noch erfüllbar sei. Das Landgericht habe auch zu Unrecht angenommen, dass die Obliegenheitsverletzung nicht folgenlos geblieben sei. Hierzu reiche eine bloße Gefährdung der Interessen des Versicherers nicht aus. Im übrigen sei Folge einer Aufklärungspflichtverletzung gemäß § 6 AHB nur, dass der Versicherungsnehmer den verursachten Mehrschaden nicht ersetzt verlangen könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt/M. vom 10.11.2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 28.382,90 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.7.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Nach den Feststellungen im landgerichtlichen Urteil sei die Schadensanzeige das einzige, ihr vorliegende Schriftstück seitens ihres Versicherungsnehmers A. Des weiteren seien die Einbauarbeiten unstreitig nicht Gegenstand des Auftrags ihres Versicherungsnehmers gewesen. Da von dritter Seite jedoch behauptet worden sei, ihr Versicherungsnehmer habe Anweisungen für die Verfüllung erteilt, habe für sie ein Aufklärungsbedürfnis dahingehend bestanden, wer für die mangelhafte Verfüllung verantwortlich gewesen sei. Im übrigen verweist sie darauf, dass eine Belehrung über die Folgen einer Obliegenheitsverletzung bereits in der Schadensanzeige erfolgt sei. Selbst bei einer fehlenden Belehrung bleibe der Versicherer - wie bei einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung - nur insoweit zur Leistung verpflichtet, als die Verletzung weder die Feststellung des Versicherungsfalls noch die Feststellung des Umfangs der Leistungspflicht beeinflusst habe. Hierbei obliege es dem Versicherungsnehmer den Kausalitätsgegenbeweis zu führen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II)
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Zwar steht die Aktivlegitimation des Klägers außer Frage, da der Kläger auf der Grundlage des vollstreckbaren Titels gegen Herrn A dessen Deckungsanspruch hätte pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen können. In einem solchen Fall fehlt es an einem in den Zweckbereich des § 7 Ziffer 3 AHB fallenden Interesse des Versicherers am Abtretungsverbot (vgl. OLG Saarbrücken VersR 2005, 394).
Nach der Spezial-Haftpflichtversicherung für Handwerksbetriebe besteht jedoch kein Versicherungsschutz für den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch. Die Leistungspflicht der Beklagten ist gemäß § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB ausgeschlossen.
Gemäß § 4 I Nr. 6 Abs. 3 AHB ist die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllungsleistung tretende Ersatzleistung nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung. Als Erfüllungssurrogate werden dabei diejenigen Schadensersatzansprüche bezeichnet, die auf das Vertragserfüllungsinteresse gerichtet sind, also sämtliche Ansprüche, durch die ein unmittelbares Interesse am Leistungsgegenstand selbst geltend gemacht wird. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche, die den Gläubiger in den Genuss der ordnungsgemäßen Leistung bringen oder das Ausbleiben der in der ordnungsgemäßen Leistung liegenden Vermögensmehrung kompensieren sollen. Unberührt bleiben hingegen Haftpflichtansprüche, die einen Schaden zum Gegenstand haben, der über das unmittelbare Erfüllungsinteresse hinausgeht, d.h. für den Gläubiger eine zusätzliche Einbuße über die Beeinträchtigung seines Erfüllungsinteresses hinaus bedeutet (vgl. Späte, Haftpflichtversicherung, AHB-Komm., § 1 AHB Rz. 132, § 4 AHB Rz. 174; BGH NJW 1975, 1278).
Der vorliegend geltend gemachte Schadensersatzanspruch, der die Kosten für den Einbau eines neuen Schwimmbeckens beinhaltet, stellt ein Erfüllungssurrogat dar. Zwar hatte Herr A vertraglich nicht den Einbau des gelieferten Schwimmbeckens übernommen. Gegenstand des Vertrages war neben der Anlieferung des Schwimmbeckens aber auch die Erteilung einer Montageanleitung.
Dies hat der Kläger im Verfahren 9 O 110/06 vor dem Landgericht Wiesbaden selbst vorgetragen hat.
Da die rechtskräftige Entscheidung des Haftpflichtprozesses für den Deckungsprozess – und zwar auch im Falle eines Versäumnisurteils – Bindungswirkung entfaltet (vgl. Späte,a.a.O., § 3 AHB Rz. 44), ist hiervon auch im vorliegenden Rechtsstreit auszugehen. Darüber hinaus hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der Einzelrichterin auch eingeräumt, dass Herr A bereits vor Lieferung des Schwimmbeckens zugesagt hatte, eine Montageanleitung zu erteilen. Soweit im Schriftsatz vom 22.3.2010 nunmehr behauptet wird, dass es sich insoweit nur um eine spontan als Gefälligkeit angebotene Hilfsleistung gehandelt habe, kann der Kläger damit nicht gehört werden. Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Schwimmbeckens war dessen Einbau ins Erdreich nebst Hinterfüllung der ausgehobenen Grube erforderlich. Die insoweit seitens A fehlerhaft erteilte Einbauanleitung, nämlich eine Verfüllung mit Schlämmsand vorzunehmen, stellt einen Sachmangel im Sinne des § 434 II 2 BGB dar.
Eine zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Kaufsache erforderliche Montage- bzw. Einbauanleitung kann auch mündlich erteilt werden (vgl. Staudinger, BGB-Komm., §§ 433 ff BGB, Stand 2004, § 434 Rz. 105; OLG Hamm BauR 2006, 1149). Es handelt sich insoweit um einen den Leistungsgegenstand selbst betreffenden Schaden.
Des weiteren besteht auch kein Deckungsanspruch auf der Grundlage des mitversicherten Produkthaftpflicht-Risikos (Abschnitt C des Vertrages).
Gegenstand der Produkthaftpflichtversicherung sind gemäß Ziffer 1 Schäden, die durch vom Versicherungsnehmer hergestellte oder gelieferte Erzeugnisse, Arbeiten oder sonstige Leistungen nach Ausführung der Leistung oder nach Abschluss der Arbeiten entstehen. Gemäß Ziffer 2 sind danach eingeschlossen gesetzliche Schadensersatzansprüche, die aus der Herstellung oder Lieferung mangelhafter Erzeugnisse oder Leistungen einschließlich der Falschlieferung von Erzeugnissen sowie aus dem Fehlen zugesicherter Eigenschaften – insoweit abweichend von §§ 1, 4 Ziffer I 1 und Ziffer I 6 Abs. 3 AHB – resultieren. Wie sich bereits aus der verwendeten Formulierung „resultieren“ ergibt, muss der insoweit gedeckte Schaden als Folge des mangelhaft hergestellten oder gelieferten Erzeugnisses auftreten, was auch nochmals unter Ziffer 3 (Mängelbeseitigungskosten) ausdrücklich klargestellt wird. Weiter heißt es in Ziffer 3, dass Kosten, wenn sie nur zur Nachbesserung aufgewendet werden, ohne dass ein Folgeschaden eingetreten ist, nicht gedeckt sind. Gleichfalls nicht gedeckt sind die Kosten für die Beseitigung des Mangel selbst.
Um einen solchen nach Abschluss der vertraglichen Leistung eingetretenen Folgeschaden handelt es sich vorliegend jedoch nicht. Geltend gemacht wird vielmehr der an der Kaufsache selbst infolge fehlerhafter Einbauanleitung entstandene Schaden. Danach besteht bereits kein Deckungsanspruch aus der Spezial-Haftpflichtversicherung für Handwerksbetriebe gegenüber der Beklagten. Auf Leistungsfreiheit gemäß § 5 Ziffer 3 AHB kann die Beklagte sich allerdings nicht berufen, da keine Verletzung der Aufklärungspflicht vorliegt. Der Beklagten war der gesamte, entscheidungserhebliche Sachverhalt – nämlich, dass ihr Versicherungsnehmer zwar nur die Lieferung, nicht aber den Einbau des Beckens schuldete, der Einbau aber nach seinen (fehlerhaften) Vorgaben erfolgte – bekannt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

RechtsgebietAHB 2002Vorschriften§ 4 Abs 1 Nr 6 S 3 AHB 2002

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