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07.09.2010 · IWW-Abrufnummer 102746

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 23.06.2010 – 4 K 2258/09

1. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt nicht vor, wenn die gewerblich geprägte Personengesellschaft, an der die gemeinnützige Körperschaft beteiligt ist, nur vermögensverwaltend tätig ist.



2. Die Erzielung gewerblicher Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG impliziert das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes im Sinne des § 14 AO.



3. Die Feststellung gewerblicher Einkünfte für eine Personengesellschaft im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Feststellung entfaltet keine Bindungswirkung für die Beurteilung einer Beteiligung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.


Hessisches FG v. 23.06.2010

4 K 2258/09

Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als gemeinnützige Körperschaft durch Beteiligungen an gewerblich geprägten Personengesellschaften, die vermögensverwaltend tätig sind, einen steuerpflichtigen, wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betreibt oder ob es sich insoweit um steuerfreie Vermögensverwaltung handelt.

Die Klägerin ist als gemeinnützige Stiftung anerkannt. Zweck der Stiftung ist die Förderung von … . Ort der Geschäftsleitung der Klägerin, die ihren Sitz in … hat, ist ...

Neben ihrer gemeinnützigen Tätigkeit erzielt die Klägerin als Kommanditistin Einkünfte aus Beteiligungen an gewerblich geprägten Personengesellschaften in folgender Höhe

Personengesellschaft 2006
A- KG … €
B- KG … €
C- KG … €
Summe … €

Die Personengesellschaften, an denen die Klägerin beteiligt ist, üben vermögensverwaltende Tätigkeiten aus. In dem Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Personengesellschaften sind die Einkünfte der Gesellschaften und aus den Beteiligungen wegen der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als gewerbliche Einkünfte festgestellt worden.

Im Rahmen ihrer Körperschaftssteuererklärung erklärte die Klägerin diese Beteiligungserträge als Einkünfte aus steuerfreier Vermögensverwaltung. Nach Vorlage von geänderten ESt 4 - Mitteilungen erließ das Finanzamt am ...5.2009 einen geänderten Körperschaftssteuerbescheid 2006, in dem es die Körperschaftssteuer unter Berücksichtigung des Verlustausgleichs auf …, -- EUR festsetzte. Dabei ordnete es die Einkünfte aus den o.g. Beteiligungen den Erträgen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinne des § 14 AO zu. Es ging davon aus, dass die Feststellung der Gewerblichkeit der Einkünfte durch das für die Personengesellschaft zuständige Finanzamt für die Qualifizierung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb bindend sei.

Gegen die Qualifizierung der Beteiligungseinkünfte als Einkünfte aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb in dem Körperschaftsteuerbescheid 2006 wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, den das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom ...8.2009 zurückwies. Auf deren Begründung wird im Einzelnen verwiesen (Bl. 51-63 FG-Akte).

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Berücksichtigung der aus der Beteiligung an den Personengesellschaften erzielten Einkünfte als solche aus steuerfreier Vermögensverwaltung im Sinne des § 14 Satz 1 und 3 AO i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KStG. Die nach § 14 Satz 1 AO vom wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgenommene Vermögensverwaltung liege nach Satz 3 dieser Vorschrift regelmäßig vor, wenn Vermögen genutzt, z.B. Kapitalvermögen verzinslich angelegt, oder unbewegliches Vermögen vermietet oder

verpachtet werde. Dies sei im Streitfall gegeben, da Gegenstand der Gesellschaften, an denen die Klägerin beteiligt ist, die Errichtung und Vermietung von Immobilien sei. An der steuerlichen Beurteilung solcher vermögensverwaltender Tätigkeiten gemeinnütziger Körperschaften ändere sich auch durch deren mittelbare Ausübung unter Einschaltung von Personen- oder Kapitalgesellschaften nichts.

Die in den Gewinnfeststellungsbescheiden der Personengesellschaften getroffenen Feststellungen, dass es sich bei den Einkünfte um solche aus Gewerbebetrieb handele, seien dagegen für die Beurteilung der Einkünfte auf Ebene der Stiftung nicht maßgebend. Die einkommensteuergesetzliche Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG habe für den Umfang der Steuerpflicht gemeinnütziger

Körperschaften keine Bedeutung. Zwar werde in dem einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren der Personengesellschaft festgestellt, dass gewerbliche Einkünfte vorlägen, gleichwohl sei bei der Körperschaftsteuerveranlagung einer gemeinnützigen Körperschaft ebenso wie bei der Entscheidung, ob aufgrund der gewerblichen Einkünfte ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb oder ein Zweckbetrieb vorliegt, zu entscheiden, ob es sich um die Beteiligung an einer rein vermögensverwaltenden Personengesellschaft handele, so dass die Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG an der abgabenrechtlichen Qualifizierung der Beteiligung als vermögensverwaltend im Sinne des § 14 Satz 2 AO nicht ändere. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liege nur vor, wenn originär gewerbliche Einkünfte erzielt würden. Dabei komme es für die Qualifizierung der Einkünfte, ausgehend vom Sinn und Zweck der Regelungen über das Vorliegen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 14 AO), entscheidend darauf an, ob die Klägerin durch die Beteiligung eine wettbewerbsrelevante Tätigkeit ausübe. Der Wettbewerbsschutz sei Richtschnur für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes. Zwischenzeitlich habe die Rechtsprechung bei der Abgrenzung der Steuerpflicht gemeinnütziger Körperschaften den Gesetzeszweck einer wettbewerbsneutralen Besteuerung in den Mittelpunkt gestellt. Der am Wettbewerbsgedanken orientierten Rechtsauslegung habe sich auch das Schrifttum weitgehend angeschlossen. Unter Hinweis auf die Dissertation von Hüttemann (Wirtschaftliche Betätigung und steuerliche Gemeinnützigkeit, Köln 1991) führt die Klägerin aus, dass die Abgrenzung der Steuerpflicht gemeinnütziger Körperschaften vor dem Hintergrund des Gesetzeszweckes einer wettbewerbsneutralen Besteuerung zu erfolgen habe. Regelungszweck des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG i.V.m. § 14 AO sei die Identifizierung wirtschaftlich relevanter Tätigkeiten, die über die Vermögensverwaltung hinausgingen. § 14 AO regele daher nicht die objektive Steuerpflicht nach den Einzelsteuergesetzen, sondern nur eine sachliche Eingrenzung der subjektiven Steuerbegünstigung. Erst wenn die Tätigkeit einer gemeinnützigen Körperschaft die Tatbestandsmerkmale eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes im Sinne des § 14 AO erfülle, sei weiter zu prüfen, ob mit dieser Tätigkeit steuerbare Einkünfte nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. §§ 2 Abs. 1, 13 ff. EStG erzielt würden. Auch komme der BFH in seinem Urteil vom 21.05.1997 I R 164/94 BFH/NV 1997, 825 nicht zu dem zwingenden Schluss, dass sobald ein Unternehmen als gewerblich zu beurteilen sei, auch ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliege. Die gezogene Rechtsfolge beziehe sich lediglich auf einen Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG und nicht auf die Fiktion eines Gewerbebetriebs im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Da vermögensverwaltende Tätigkeiten selbst dann Vermögensverwaltung einer gemeinnützigen Körperschaft blieben, wenn diese die Tätigkeit durch eine von ihr beherrschte Kapitalgesellschaft ausüben lasse, könne nichts anderes für die Ausübung von Tätigkeiten der Vermögensverwaltung durch eine Personengesellschaft gelten.

Erst im Rahmen der Steuerveranlagung der gemeinnützigen Körperschaft sei zu entscheiden, ob die Wahrung der Wettbewerbsneutralität eine Besteuerung ihrer Einkünfte erfordere oder ob diese bei fehlendem Wettbewerbsbezug steuerfrei zu belassen seien.

Soweit der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 27.07.1988 I R 113/84, BStBl II 1989, 134 die Bindungswirkung der einheitlichen und gesonderten Feststellung für das Vorliegen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes bejaht habe, sei diese Rechtsauffassung nach der Entscheidung des Großen Senats, Beschluss vom 11.4.2005 GrS 2/02 BStBl. II 2005, 679 aufgegeben worden. Danach werde die verbindliche Entscheidung über die Einkünfte eines betrieblich an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft beteiligten Gesellschafters sowohl ihrer Art als auch ihrer Höhe nach durch das für die persönliche Besteuerung des Gesellschafters zuständige Finanzamt entschieden. Die Feststellungswirkung des § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO beziehe sich nur auf die gemeinschaftlich verwirklichten Tatbestandsmerkmale. Über die persönlich vom jeweiligen Gesellschafter verwirklichten Tatbestandsmerkmale werde nicht mehr im Grundlagenbescheid, sondern erst im Folgebescheid, demzufolge hier im Körperschaftssteuerbescheid der gemeinnützigen Körperschaft, entschieden. Derartige persönlich vom jeweiligen Gesellschafter verwirklichte Tatbestandsmerkmale seien insbesondere, das Vorliegen eines steuerbefreiten Zweckbetriebs oder einer steuerbefreiten Vermögensverwaltung i.S.d. § 14 Satz 3 AO.

Bezogen auf den Streitfall würden die Tatbestandsmerkmale des § 14 AO von den Gesellschaftern der gewerblich geprägten Personengesellschaft, die ausschließlich vermögensverwaltend tätig sei, nicht gemeinschaftlich verwirklicht, so dass diese Tatbestandsmerkmale bei einer gemeinnützigen Körperschaft zu den verbindlich festgestellten Besteuerungsgrundlagen im Bereich der persönlichen Tatbestandsverwirklichung als Gesellschafter hinzuträten und demzufolge zu einer Bewertung als steuerfreie Vermögensverwaltung im Sinne des § 14 Satz 1 und Satz 3 AO führten. Somit verdränge die Steuerbefreiung der gemeinnützigen Gesellschafterin die Fiktion gewerblicher Einkünfte aufgrund gewerblicher Prägung der Gesellschaft, da die Tätigkeiten der Gesellschaft steuerbefreite Vermögensverwaltung im Sinne des § 14 Satz 1 und 3 AO der gemeinnützigen Gesellschafterin seien.

Entsprechend sei die Rechtslage bei der Abgrenzung zum Vorliegen eines Zweckbetriebes im Sinne des §§ 65-68 AO. Auch hier werde trotz bindender Feststellung gewerblicher Einkünfte bei der Körperschaftsteuerveranlagung der gemeinnützigen Körperschaft auf das Vorliegen hinzutretender Tatbestandsmerkmale im Sinne des §§ 65-68 AO abgestellt. Dass eine gesetzliche Fiktion bei der Gesellschaft keine Auswirkung auf die Einkünftequalifizierung beim Gesellschafter habe, ergebe sich auch aus der Reichweite einer vergleichbaren Fiktion in § 8a KStG 2003 (Hinzurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung aufgrund einer schädlichen Gesellschafterfinanzierung bei der Einkommensermittlung einer Kapitalgesellschaft), die insoweit mit der vorliegenden Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vergleichbar sei.

Des Weiteren verweist die Klägerin auf die aktuelle Rechtsprechung des BFH zu angrenzenden Rechtsfragen und zieht entsprechende Parallelen, z.B. zur Gewerbesteuerbefreiung der Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens bei der Betriebsaufspaltung, trotz der Qualifizierung als gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG infolge der „Abfärbung des Betriebsunternehmens”.

Die Klägerin beantragt,

den Körperschaftsteuerbescheid 2006 vom ...5.2009 in der Fassung

der Einspruchsentscheidung vom ...03.2008 dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer auf 0 € herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Er meint, die Feststellung der Gewerblichkeit der Einkünfte des für die Personengesellschaft zuständigen Finanzamts in den Gewinnfeststellungsbescheiden sei für das Veranlagungsfinanzamt hinsichtlich der Qualifizierung der Einkünfte als gewerbliche Einkünfte bindend. Damit lägen hier Einkünfte aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO i.V.m. § 64 AO vor.

Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Rahmen einer Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft sei nicht deshalb zu verneinen, weil Dritten kein (potentieller) Wettbewerbsnachteil durch die Steuerbegünstigung entstehe. Zwar diene die Steuerpflicht wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe dem Schutz des Wettbewerbs, dennoch sei ein tatsächlich bestehender Wettbewerb mit Dritten nicht Tatbestandsmerkmal des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes im Sinne des § 14 AO. Der BFH habe in seinem Urteil vom 21.05.1997

I R 164/94 ausdrücklich ausgeführt, dass es nicht der Sinn des Gesetzes sei,

in jedem Einzelfall festzustellen, ob sich die Steuerbefreiung konkret auf das Marktgebaren (Wettbewerb) ausgewirkt habe. Vielmehr liege, sobald ein Unternehmen einkommensteuer- und gewerberechtlich als gewerblich zu beurteilen sei, auch ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO vor. In der Urteilsbegründung habe der BFH ausdrücklich ausgeführt, dass durch die Feststellung der Gewerblichkeit der Beteiligungseinkünfte mit bindender Wirkung (§ 182 Abs. 1 AO) festgestellt werde, dass auch aus den Beteiligungen Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt würden. Bei einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handele es sich gerade nicht um ein allein den einzelnen

Gesellschafter betreffendes Besteuerungsmerkmal, über das im Rahmen seiner Veranlagung unabhängig von der einheitlichen Gewinnfeststellung entschieden werden könne. Die von der Klägerin gezogene Parallele der Abgrenzung zwischen wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und Zweckbetrieb aufgrund einer Wettbewerbssituation im Sinne des § 65 Nr. 3 AO könne nicht zum Vergleich herangezogen werden, da ohne das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes im Sinne des § 14 AO ein Zweckbetrieb im Sinne des § 65 AO nicht möglich sei, dieser setze das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gerade voraus. Anders als bei der Regelung des § 14 AO sei die Wettbewerbssituation gerade Tatbestands- und damit Abgrenzungsmerkmal des Zweckbetriebes (§ 65 Nr. 3 AO).

Eine Gleichstellung der Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft mit einer solchen an einer vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil für die Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft kein Feststellungsverfahren nach §§ 179, 180 AO durchzuführen sei, so dass eine bindende Feststellung nach § 182 Abs. 1 AO zur Gewerblichkeit der Einkünfte bei Kapitalgesellschaften im Unterschied zu Personengesellschaften nicht vorliege. Aus dem gleichen Grund sei auch der von der Klägerin herangezogene Vergleich zu § 8a KStG nicht zielführend, da die Regelung des § 8a KStG nur für die Kapitalgesellschaft gelte, ohne im Gegensatz zu § 182 Abs. 1 AO eine Bindungswirkung für die Einkünftequalifizierung des Anteilseigners zu begründen.

Eine Regelungslücke, die durch teleologische Auslegung zu schließen sei, sei im Verhältnis zwischen § 14 AO und § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht erkennbar. Soweit die Klägerin unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 26.06.2007

(IV R 9/05) folgere, dass die dort vorgenommene teleologische Auslegung zu § 9 Nr. 1 Satz 5 Gewerbesteuergesetz (GewStG) auf den vorliegenden Fall zu übertragen sei und zu dem Schluss gelange, es läge deshalb eine vermögensverwaltende Tätigkeit vor, sei dies rechtsirrig. Der BFH habe in diesem Fall lediglich entschieden, dass eine Befreiung von der Gewerbesteuer gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG weiterhin zu gewähren sei, wenn ein Grundstücksunternehmen neben der Verwaltung eigenen Grundbesitzes ein weiteres Grundstück einem steuerbefreitem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters überlasse. Damit habe er jedoch keine Umqualifizierung der gewerblichen Grundstücksüberlassung als nicht gewerblich vorgenommen, sondern vielmehr die Aussage getroffen, dass die nach wie vor gewerblichen Einkünfte aus der Überlassung von Grundstücken an einen Gesellschafter, der sachlich von der Gewerbesteuer befreit ist, nicht notwendigerweise zum Ausschluss der Steuervergünstigung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG führe. Die Begünstigung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG setze im Übrigen die Gewerblichkeit der Einkünfte voraus. Es sei nicht die Frage entschieden worden, ob die Einkünfte aus der Grundstücksüberlassung an den Gesellschafter von der Gewerbesteuer befreit seien, sondern nur, ob diese Einkünfte die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG notwendigerweise ausschlössen.

Die Feststellung der Gewerblichkeit der Einkünfte im Feststellungsbescheid binde das Veranlagungsfinanzamt hinsichtlich der Beurteilung inwieweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliege. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin erst im Rahmen der Veranlagung zu entscheiden, ob dies der Fall sei oder die Einkünfte wegen fehlendem Wettbewerb steuerfrei zu belassen seien, verkenne die Regelung des § 65 Nr. 3 AO, wonach bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in einem weiteren Prüfungsschritt zu entscheiden sei, ob die Zweckbetriebsvoraussetzungen vorlägen, so dass bei Vorliegen der Zweckbetriebseigenschaften, z.B. weil u.a. keine Wettbewerbsbeeinträchtigung vorliegt, die Feststellung der Gewerblichkeit im Feststellungsbescheid dennoch Bindungswirkung entfalte, der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nur mehr nach § 65 AO steuerfrei sei. Auch die Rechtsprechung des BFH zum Feststellungsverfahren bei sog. Zebragesellschaften (betriebliche Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft) habe keine Auswirkungen auf den vorliegenden Fall. Sie besage nur, dass auf der Ebene der betrieblich Beteiligten seitens des Veranlagungsfinanzamtes eine Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Tätigkeit in gewerbliche Einkünfte vorgenommen werde. Die Umqualifizierung von Vermögensverwaltung in gewerbliche Einkünfte sei dabei Ausfluss des Subsidiaritätsprinzips des § 20 Abs. 3 EStG.

Dagegen sehe das EStG eine Umqualifizierung von gewerblichen in vermögensverwaltende Einkünfte in keinem Fall vor.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten zur Steuernummer … vorgelegen, sie waren Gegenstand des Verfahrens.



Gründe
Die Klage ist begründet.

Die Beteiligung der Klägerin als Kommanditistin an den gewerblich geprägten ausschließlich im Bereich der Vermögensverwaltung tätigen Gesellschaften ist nicht als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu qualifizieren.

Gemeinnützige Körperschaften sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 KStG von der Körperschaftsteuer befreit. Die Befreiung ist ausgeschlossen, soweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 KStG).

Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist nach § 14 S. 1 AO eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Definition stimmt insoweit grundsätzlich mit dem Begriff des Gewerbebetriebs im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG und § 2 Abs. 1 GewStG überein. Nicht erforderlich ist jedoch die Absicht, Gewinn zu erzielen (§ 14 S. 2 AO) sowie eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.

Begrifflich besteht demzufolge kein Zweifel daran, dass ein Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO ist (BFH, Urteil vom 21.05.1997 I R 164/94 BFH/NV 1997, 825). Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist insoweit der Oberbegriff. Aus der ausdrücklichen Einschränkung in § 14 AO, wonach Merkmal eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes ist, dass die Tätigkeit über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehen muss, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Auch die Annahme eines Gewerbebetriebes ist vom Nichtvorliegen einer Vermögensverwaltung im Sinne eines negativen Tatbestandsmerkmals abhängig (ständige Rechtsprechung BFH, Beschluss des Großen Senats vom 25.06.1984 GrS 4/82 BStBl. II 1984, 751, 762).

Für die Beteiligungen an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist, kann nichts anderes gelten (BFH, Urteil vom 27.03.2001 I R 78/99, BStBl II 2001, 449 m.w.N.), die daraus bezogenen Gewinnanteile der Gesellschafter stellen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, beziehungsweise wenn Gesellschafter eine gemeinnützige Körperschaft ist, bei dieser einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Dies folgt aus dem System der Besteuerung von Mitunternehmerschaften, das die einzelnen Mitunternehmer – unabhängig von ihrer Rechtsform als Gewerbetreibende und Rechtssubjekt behandelt, und gilt gleichermaßen für Kommanditbeteiligungen.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn es sich – wie im Streitfall – bei der Kommanditbeteiligung um eine Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft handelt, die vermögensverwaltend tätig ist. Diese vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft erfüllt mangels gewerblicher Tätigkeit tatbestandsmäßig weder die Voraussetzungen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes noch die eines Gewerbebetriebes im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG. Gleichwohl sind die aus der Tätigkeit erzielten Einkünfte aufgrund der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG einkommensteuerrechtlich als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren. Diese Fiktion gilt jedoch nicht für den Bereich der Abgabenordnung, so dass mangels Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 AO, wegen der Ausübung einer vermögensverwaltenden Tätigkeit, kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gegeben ist. Anders als im Gewerbesteuergesetz, das auch eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 GewStG behandelt, weil § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG zur Bestimmung eines gewerblichen Unternehmens ausdrücklich auf die Regelungen des Einkommensteuergesetzes verweist und demzufolge auch als Fiktion gestaltete Ausnahmeregelungen des Einkommensteuergesetzes in das GewStG übernommen werden (vergleiche BFH Urteile vom 20.11.2003 IV R 5/02, BStBl II 2004,464), fehlt eine entsprechende Verweisungsnorm in der Abgabenordnung.

Nachdem der Bundesfinanzhof seine Geprägerechtsprechung in 1984 aufgegeben hat, nach der eine vermögensverwaltende Betätigung einer Personengesellschaft stets als Gewerbebetrieb darstellte, wenn an der Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft beteiligt war, die der Personengesellschaft das Gepräge gab, betreibt eine Personengesellschaft nunmehr nur dann einen Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit zur Personengesellschaft tatsächlich ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG ausüben (BFH, Urteile vom GrS 4/82 BStBl II 1984, 751). Ein solches gewerbliches Unternehmen wird vorliegend nicht betrieben.

Soweit in der Kommentarliteratur vertreten wird, dass eine Beteiligung an einer mitunternehmerischen – auch an einer gewerblich geprägten (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) – Personengesellschaft stets als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzusehen ist (Hübschmann/Hepp/Spitaler, Fischer § 14 AO Rn. 105) verkennen die Kommentatoren, dass nur ein originärer Gewerbebetrieb gleichzeitig die Tatbestandsmerkmale eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erfüllt. Für die Qualifizierung einer Tätigkeit als gewerblich außerhalb des Einkommensteuergesetzes ist – sofern keine ausdrückliche Verweisung auf den einkommensteuerlichen Begriff des Gewerbebetriebs besteht – dagegen auf Art und den Inhalt der Tätigkeit abzustellen. Dass nur dann, wenn originär gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG vorliegen, auch in anderen Rechtsgebieten außerhalb der Einkommensteuer von gewerblichen Gewinnen auszugehen ist, hat der Bundesfinanzhof in einer kürzlich ergangenen Entscheidung für den Bereich des Abkommensrechts bestätigt (vgl. BFH, Urteil vom 28.4.2010

I R 81/09 DB 2010, 1322). Nichts anderes gilt für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes nach der Abgabenordnung, wenn – wie vorliegend – kein ausdrücklicher Verweis auf die Definition der gewerblichen Einkünfte nach dem Einkommensteuergesetz besteht.

Eine Qualifizierung der Gewinnanteile aus den Gesellschaften als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ergibt sich auch nicht aus der Bindungswirkung der einheitlichen und gesonderten Feststellung betreffend diese Gesellschaften. Zwar hat das Betriebsstättenfinanzamt mit bindender Wirkung (§ 182 Abs. 1 AO) festgestellt, dass die Klägerin aus diesen Beteiligungen Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO). Dies bedeutet jedoch nicht sogleich die Feststellung, dass die Klägerin einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhielt. Soweit der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 27.07.1988 (BFH-Urteil vom 27.07.1988 I R 113/84, BStBl II 1989, 134) ausgeführt hat, dass im einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren bindend festgestellt werde, dass gewerbliche Einkünfte bezogen und damit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten worden sei, beruht dies auf der Prämisse, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb als Oberbegriff den Gewerbebetrieb mit umfasst. Auch die Feststellung des Bundesfinanzhofs, dass über die Art der Tätigkeit der Gesellschafter einer Personengesellschaft nur einheitlich mit Bindungswirkung entschieden werden könne und es sich bei der Feststellung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes um einen gemeinschaftliches Merkmal der Gesellschaft und nicht um ein nur den einzelnen Gesellschafter betreffendes Steuermerkmal handele, beruht auf der Feststellung, dass eine gewerbliche Tätigkeit nur im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes möglich sei. Dies gilt jedoch nicht, wenn gewerbliche Einkünfte nur aufgrund der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vorliegen. In diesem Fall wird auch im Feststellungsverfahren keine Abgrenzung zur Vermögensverwaltung getroffen, da die Einkünfte aus einer gewerblich geprägten Personengesellschaft bereits per Fiktion gewerblich sind. Faktisch würde damit unzulässigerweise die Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG über die Feststellungswirkung des Grundlagenbescheides auf die Abgabenordnung übertragen, da im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte wegen der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht geprüft wird, ob die Beteiligungsgesellschaft lediglich vermögensverwaltende Tätigkeiten ausübt.

Demzufolge wird im Rahmen des Feststellungsbescheides zwar die Art der erzielten Einkünfte der Personengesellschaft verbindlich festgestellt, insoweit handelte es sich auch um ein gemeinschaftlich verwirklichtes Tatbestandsmerkmal (im BFH, Beschluss vom 11.04.2005 GrS 2/02, BStBl II, 2005,679). Darüber, ob die stets gewerblichen Einkünfte im Rahmen der Gemeinnützigkeit auch steuerbefreit sind, wird jedoch erst im Rahmen der Steuerveranlagung der Klägerin entschieden. Wenn – wie im Streitfall – die Kommanditbeteiligung nicht als Mitunternehmerschaft an einem gewerblichen Unternehmen angesehen werden kann, da die Gesellschaft nur eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausübt, liegt bloße Vermögensverwaltung und damit keinen wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor.

Der Zweck des Feststellungsverfahrens, verbindliche Vorgaben für alle (materiellrechtlich) an der Einkunftsquellen Beteiligten zu liefern und divergierende Entscheidungen der Finanzämter möglichst auszuschließen, steht der Beurteilung nicht entgegen. Es besteht ein Unterschied zwischen der Art der einkommenssteuerlichen Einkünfte, die für alle Beteiligten einheitlich festgestellt werden und dem Umstand, ob die erzielten Gewinne bei dem Einzelnen den Tatbestand eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes erfüllen. § 14 AO regelt insoweit nicht die objektive Steuerpflicht nach den Einzelsteuergesetzen, sondern nur eine sachliche Eingrenzung der subjektiven Steuerbegünstigung. Dabei kommt es für die Qualifizierung der Einkünfte, ausgehend vom Sinn und Zweck der Regelung über das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes (§ 14 AO), entscheidend darauf an, ob die Klägerin durch die Beteiligung eine wettbewerbsrelevante Tätigkeit ausübt. Der Wettbewerbsschutz ist Richtschnur für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, nicht die einkommensteuerrechtliche Qualifizierung der Einkünfte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 der Zivilprozessordnung.

RechtsgebieteAO, EStGVorschriftenAO § 14 AO § 182 EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2

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