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29.07.2010 · IWW-Abrufnummer 093894

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 30.06.2009 – 7 U 24/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Gründe
In dem Rechtsstreit weist der Senat darauf hin, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat und darüber hinaus die Rechtssache weder von grundsätzlicher Bedeutung ist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senates erfordert (§ 522 II ZPO).

Das Landgericht hat zu recht der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, Mitglieder des Verfügungsklägers zu kontaktieren, sofern die Kontaktaufnahme unter Nutzung von Daten erfolgt, die sie aus ihrer Maklertätigkeit für den Verfügungskläger erlangt hat. Die Verfügungsbeklagte ist nicht berechtigt, die Kundendaten der Mitglieder des Verfügungsklägers für eigene Zwecke zu nutzen.

Hiergegen hat die Verfügungsbeklagte durch ihr Schreiben vom 1.10.2008 verstoßen.

Da Wiederholungsgefahr besteht, steht dem Verfügungskläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu.

Die Verfügungsbeklagte hat die Kundendaten im Zusammenhang mit der Ausführung des ihr erteilten Geschäftsbesorgungsvertrages - nämlich der Betreuung des von dem Verfügungskläger bei der C -Versicherungs AG abgeschlossenen Rahmen-Tierhalter- Haftpflichtversicherungsvertrages - erlangt. Unstreitig wurden die Anmeldungen der Mitglieder des Verfügungsklägers zur Aufnahme als Versicherte in den Rahmen- Tierhalter-Haftpflichtversicherungsvertrag direkt von diesen an die Verfügungsbeklagte übersandt, die auch die gesamte Vertrags- und Schadensbearbeitung durchgeführt hat.

Die Kundendaten sind der Verfügungsbeklagten danach allein aufgrund ihrer vertraglich gegenüber dem Verfügungskläger übernommenen Pflichten und nicht etwa aufgrund eigener Tätigkeit als Versicherungsmaklerin bekannt geworden. Weder während noch nach Beendigung des Geschäftsbesorgungsvertrages war die Verfügungsbeklagte daher berechtigt, jene Kundendaten für eigene Zwecke und erst recht nicht in einer Weise zu nutzen, die im Widerspruch zu den Interessen der Verfügungsklägerin als ihrer Vertragspartnerin stehen. Nach Beendigung des Geschäftsbesorgungsvertrages war sie gemäß § 667 BGB verpflichtet, das aus der Ausführung des Auftrags Erlangte, wozu auch die Daten der versicherten Mitglieder des Verfügungsklägers gehören, an den Verfügungskläger herauszugeben. Der Hinweis der Verfügungsbeklagten, dass für sie als Versicherungsmaklerin die Vorschriften über Handelsvertreter (§§ 90, 90 a HGB) nicht anwendbar seien, liegt insoweit neben der Sache. Die Verfügungsbeklagte ist zwar nicht als Handelsvertreterin, sondern als Geschäftsbesorgerin für den Verfügungskläger tätig geworden. Ebenso wie einem Handelsvertreter (vgl. hierzu BGH GRUR 2009, 603) ist es aber auch der Verfügungsbeklagten verwehrt, die ihr anvertrauten bzw. durch ihre Tätigkeit für den Verfügungskläger bekannt gewordenen Kundendaten für eigene Zwecke zu verwerten. Genau dieses Recht reklamiert die Verfügungsbeklagte jedoch für sich.

Mit Schreiben vom 1.10.2008 hat sie den bei der C-Versicherungs AG versicherten Mitgliedern des Verfügungsklägers einen anderen, angeblich verbesserten Versicherungsschutz bei der G-versicherung AG zum 1.1.2009 angeboten. Des weiteren hat sie in jenem Schreiben noch darauf hingewiesen, dass im Rahmen der angebotenen Versicherung bei der G-versicherung AG das Erfordernis der Verbandsmitgliedschaft entfällt. Durch dieses Angebot hat die Verfügungsbeklagte schuldhaft gegen die ihr nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag obliegende Pflicht - die Interessen des Verfügungsklägers wahrzunehmen - verstoßen. Darauf, dass sie die Versicherten umfassend habe beraten wollen, kann die Verfügungsbeklagte sich nicht berufen, da sie vertraglich zur Wahrnehmung der Interessen des Verfügungsklägers verpflichtet war.

Dass das unterbreitete Angebot in krassem Widerspruch zu den Interessen des Verfügungsklägers steht, ist offenkundig. Dem Verfügungskläger droht ein Mitgliederverlust, da die angebotene Tierhalter-Haftpflicht-Versicherung nicht mehr an die Mitgliedschaft bei ihm gebunden ist. Um die Entstehung eines (weiteren) Schadens zu verhindern, steht dem Verfügungskläger insoweit ein Unterlassungsanspruch zu.

Der Hinweis der Verfügungsbeklagten auf die Entscheidung des BGH vom 7.4.2005 in GRUR 2005, 603, wonach es grundsätzlich wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist, einem vertraglich noch gebundenen Kunden ein Vertragsangebot - nebst vorbereitetem Kündigungsschreiben - zu unterbreiten, ist abwegig. Die Parteien sind keine Wettbewerber. Ebenso vermag die Verfügungsbeklagte ihr Schreiben vom 1.10.2008 nicht mit datenschutzrechtlichen Erwägungen zu rechtfertigen. Die Verfügungsbeklagte hat die Kundendaten gerade im Auftrag der Verfügungsklägerin erhoben und verwaltet. Warum einer Übermittlung der Daten an den Verfügungskläger als Geschäftsherr und Versicherungsnehmer des von der Verfügungsbeklagten für ihn betreuten Rahmenvertrages datenschutzrechtliche Belange entgegen stehen sollten, erschließt sich daher nicht. Im übrigen würden derartige Bedenken nicht das Unterbreiten von Konkurrenzangeboten, die eine Mitgliedschaft bei dem Verfügungskläger entbehrlich machen, rechtfertigen.

Angesichts dessen, dass die Verfügungsbeklagte es abgelehnt hat, die seitens des Verfügungsklägers mit Schreiben vom 6.10.2008 geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und auch nach wie vor an ihrer Rechtsauffassung festhält, zu einer umfassenden Beratung der Versicherten berechtigt bzw. verpflichtet zu sein, besteht auch die Gefahr, dass die Verfügungsbeklagte ihr pflichtwidriges Verhalten fortsetzen und die Kundendaten weiter für eigene Zwecke nutzen wird. Dem steht nicht entgegen, dass die Verfügungsbeklagte die Kundendaten zwischenzeitlich dem Verfügungskläger bzw. der C-Versicherungs AG per Mail übersandt haben will. Unstreitig hat sie die Daten nicht gelöscht. Ob sie - in Hinblick auf steuerliche Gesichtspunkte bzw. um eine ordnungsgemäße Besorgung der ihr übertragenen Geschäfte zu dokumentieren - berechtigt ist, von einer Löschung der Daten abzusehen, mag dahingestellt bleiben.

Eine vollständige Herausgabe der Daten ist jedenfalls nicht erfolgt, so dass auch die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt worden ist. Insofern kann die Verfügungsbeklagte sich auch nicht darauf berufen, dass sie die letztlich ohnehin entbehrliche Bedingung im Tenor der einstweiligen Verfügung ( ... und nicht an diese herausgegeben worden sind) erfüllt habe und damit die Voraussetzung für den Erlass der einstweiligen Verfügung entfallen sei.

Danach sind sowohl Verfügungsgrund als auch Verfügungsanspruch gegeben. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist der Inhalt der Unterlassungsverfügung auch hinreichend bestimmt. Sie bezieht sich auf sämtliche Kundendaten, welche die Verfügungsbeklagte im Rahmen des ihr erteilten Geschäftsbesorgungsvertrages betreffend den Abschluss von Tierhalter-Haftpflicht-Versicherungen für Mitglieder des Verfügungsklägers bei der C-Versicherungs AG erlangt hat. Um welche Kundendaten es sich hierbei handelt, ist anhand des von den Mitgliedern des Verfügungsklägers verwendeten Anmeldeformulars feststellbar. Der Vortrag der Verfügungsbeklagten, dass sie nicht über eine entsprechende Software verfüge, um zwischen den über den Verfügungskläger und den über andere Vereine Versicherten zu unterscheiden, erscheint wenig nachvollziehbar. Jedenfalls gehörte es zu ihren Aufgaben im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrages, für eine ordnungsgemäße Weiterleitung und Dokumentation der über den Verfügungskläger zur Tierhalter -Haftpflicht- Versicherung angemeldeten Mitglieder zu sorgen.

Da die Berufung der Verfügungsbeklagten danach keine Aussicht auf Erfolg hat, beabsichtigt der Senat nach § 522 II ZPO zu verfahren. Die Verfügungsbeklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 28.7.2009.

Im übrigen erwägt der Senat, die Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils zugunsten des Verfügungsklägers abzuändern. Es erscheint nicht sachgerecht, das Interesse des Verfügungsklägers hinsichtlich des Antrags Ziffer 2 b - der allerdings streitwertmäßig den Antrag Ziffer 1 mit umfassen dürfte - lediglich mit 15% und demgegenüber den Antrag gemäß Ziffer 2 a, der nicht auf eine Löschung der Daten, sondern auf deren Herausgabe zum Zwecke der Übermittlung an die nunmehr von dem Verfügungskläger mit der Geschäftsbesorgung beauftragte Generalagentur F gerichtet ist, mit 85% zu bewerten. Beide Parteien erhalten insofern innerhalb der Frist bis zum 28.7.2009 auch Gelegenheit, zum Streitwert bzw. der Kostenentscheidung Stellung zu nehmen. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass er zu einer Abänderung der Kostenentscheidung grundsätzlich auch ohne entsprechende Anträge von Amts wegen berechtigt ist; das Verschlechterungsverbot gilt insoweit nicht (vgl. Zöller ZPO-Komm., 27. Aufl., § 308 Rz.9, BAG BB 1975, 183).

Anmerkung: Auf den Hinweis wurde die Berufung zurückgenommen.

RechtsgebietBGBVorschriften§ 667 BGB

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