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06.05.2010 · IWW-Abrufnummer 101453

Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 09.02.2010 – 6 K 1908/07 K

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Düsseldorf
6 K 1908/07 K
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Auszugsweise Wiedergabe aus dem
T a t b e s t a n d
"Der Kläger begehrt seine Anerkennung als gemeinnützigen Zwecken dienende Körperschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG."
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Klage ist unbegründet.
Mit dem satzungsmäßigen Zweck der Förderung der internationalen Gesinnung und Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens verfolgt der Kläger zwar gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 52 Abs. 2 AO (unter 1.). Er hat sich bei der tatsächlichen Verfolgung seiner satzungsmäßigen Zwecke auch im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gehalten (unter 2.). Die Klage muss jedoch daran scheitern, dass sich der Kläger über den Rahmen seiner satzungsmäßigen Zwecke hinaus allgemeinpolitisch betätigt (unter 3.).
1. Die Satzung des Klägers entspricht den Anforderungen des § 60 AO. Die gemeinnützigen Zwecke und die Art ihrer Verwirklichung sind hinreichend genau bestimmt. Die tatsächliche Geschäftsführung des Klägers steht auch im Einklang mit den Satzungsbestimmungen.
a) Mit dem in § 2 der klägerischen Satzung (unter Nr. 1) aufgeführten Zweck "Förderung der internationalen Gesinnung und Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens" verfolgt der Kläger einen gemeinnützigen Zweck im Sinne des § 52 AO. Zwar ist in dem im Streitjahr (2003) noch anwendbaren § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO a.F. lediglich von der Förderung der Völkerverständigung die Rede. Die Satzungsbestimmung stimmt jedoch mit dem in Anlage 1 Nr. 10 zu § 48 Abs. 2 EStDV a.F. als besonders förderungswürdig aufgelisteten Zweck überein, der sich in dem in 2007 neu gefassten Katalog des Abs. 2 des. § 52 AO i.d.F. des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 1.10.2007 – AO n.F. – unter Nr. 13 wortgleich wiederfindet.
b) Die tatsächliche Geschäftsführung entsprach im Streitzeitraum auch dem Satzungszweck der Förderung der Völkerverständigung.
aa) Folgt man der in der Literatur und Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung, wonach die Völkerverständigung zur Entwicklung und Stärkung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Völkern und damit zur Friedenssicherung und internationalen Entspannung beitragen soll (so Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 52 AO Tz. 33; wortgleich Buchna, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 9. Aufl. S. 62 jeweils unter Hinweis auf Art. 9 Abs. 2 und Art. 24 bis 26 GG; ähnlich Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit 2. Aufl., § 5 Rdnr. 60) und der Völkerverständigung somit alle Aktivitäten dienen, die zur zwischenmenschlichen Begegnung der Angehörigen verschiedener Völker beitragen, das Wissen über andere Völker mehren und die Einsicht in die Vorteile friedlichen Zusammenlebens der Völker fördern (so auch Bericht der unabhängigen Sachverständigenkommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, S. 124) oder die die kulturelle, politische, soziale, religiöse Lage von Völkern darstellen und für das Verständnis der Völker untereinander sowie die Respektierung der bestehenden Unterschiedlichkeiten werben (so FG Berlin, Urteil vom 26.01.1998 8 K 8264/97, EFG 1998, 1193 unter Bezugnahme auf das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 4.02.1988 X K 196/85, EFG 1988, 270), könnte allerdings zweifelhaft erscheinen, ob die durchweg einseitige Parteinahme des Klägers für eine der jeweiligen Konfliktparteien in Krisenregionen geeignet ist, die Einsicht in die Vorteile des friedlichen Zusammenlebens zwischen den Völkern zu fördern.
Die Förderung der Völkerverständigung verlangt jedoch nicht zwingend Neutralität oder ausgewogene politische Meinungsäußerungen, wenn man Völkerverständigung als Friedenspolitik versteht (so zutreffend BFH-Urteil vom 23.11.1988 I R 11/88, BStBl II 1989, 391, wonach im Begriff der Völkerverständigung der Friedensbegriff enthalten ist). Friedenspolitik kann vielmehr kontrovers angelegt sein, wenn sie zu kontrovers diskutierten politischen Themen Stellung nimmt. Es kommt insbesondere auch nicht darauf an, ob die Auffassung des Klägers mehrheitsfähig ist (vgl. hierzu Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung § 52 Tz. 5). Weder der Beklagte noch der erkennende Senat haben über die Richtigkeit der klägerischen Auffassung zu befinden, solange er sich im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung betätigt. Auch gemeinnützige Körperschaften dürfen sich einer drastischen Sprachweise bedienen. Die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke wird deshalb auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger Gegner seiner politischen Auffassung in polemischer Form angreift (so schon Urteil des FG Düsseldorf vom 11.11.1975 II 32/75 K, EFG 1976, 203).
2. Der Kläger hat sich bei seiner Betätigung auch im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung bewegt.
a) Die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt, dass sich die Betätigung einer gemeinnützigen Körperschaft zur Förderung der Allgemeinheit im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung i.S.d. Art. 2 Abs. 1 GG halten muss (grundlegend BFH-Urteil vom 29.08.1984 I R 215/81, BStBl II 1985, 106, ferner Jäschke, DStR 2009, 1669 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Sie wertet bereits die Ankündigung "gewaltfreien Widerstands", z.B. durch Sitzblockaden als Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung (Rechtsordnung) (BFH-Urteil in BStBl II 1985, 106). Im Schrifttum wird es für zweifelhaft angesehen, ob die Aberkennung der Gemeinnützigkeit wegen einzelner Rechtsverstöße, insbesondere im Bereich des Ordnungswidrigkeitsrechts, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang steht (vgl. hierzu Jäschke, DStR 2009, 1670, 1671 m.w.N.). Darüber hinaus werden verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Verbotsregelung in Art. 9 Abs. 2 GG geltend gemacht Hiernach sind Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, verboten. Nach § 3 Abs. 1 Vereinsgesetz darf ein Verein allerdings erst dann als verboten im Sinne des Art. 9 Abs. 2 GG behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, dass seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder dass er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Solange die Körperschaft nicht verboten ist, soll auch die Nichtanerkennung der Gemeinnützigkeit nicht darauf gestützt werden können, dass sich die Tätigkeit der Körperschaft gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet (Leisner-Engensperger in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung – Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 52 AO Rdnr. 32).
b) Diesen Bedenken gegen die restriktive Auslegung des Verstoßes gegen die verfassungsmäßige Ordnung muss im Streitfall nicht weiter nachgegangen werden. Denn der Senat vermag keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass sich die Aktivitäten des Klägers gegen die verfassungsrechtliche Ordnung im Sinne der BFH-Rechtsprechung gerichtet haben. Weder aus den dem Senat vorliegenden Akten noch aus den Feststellungen in den Verfassungsschutzberichten ergeben sich verwertbare Hinweise für ein rechts- oder gesetzeswidriges Verhalten des Klägers oder einzelner Mitglieder. Nicht zuletzt hat der Senat auch durch die Erläuterungen des Vorsitzenden des Klägers in der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger keine verfassungsfeindlichen Ziele verfolgt.
Soweit der Kläger im Rahmen seiner friedenspolitischen Aktivitäten überwiegend Auffassungen vertritt, die nicht mehrheitsfähig sind, stellt er die verfassungsmäßige Ordnung, die herkömmlich als freiheitlich demokratischen Grundordnung verstanden wird (vgl. z.B. Bauer in Dreier, Grundgesetz, Kommentar, Art. 9 Rz. 49) schon deshalb nicht in Frage, weil gerade die Meinungsfreiheit für die Demokratie konstituierend ist und insbesondere auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner, aber auch mit Verfassungsgrundsätzen und -werten zulässt. So ist Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ebenso erlaubt, wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern (vgl. BVerfG-Beschluss vom 24.05.2005 1 BvR 1072/01, BVerfGE 113, 63, NJW 2005, 2912).
Die Ausführungen in den Verfassungsschutzberichten erschöpfen sich in bloßen Mutmaßungen. Soweit der Kläger als eine Gruppierung bezeichnet wird, die kommunistisch geprägten Weltbildern anhängt und der international organisierten Antiimperialistischen Koordination zugerechnet wird (wortlautgleich in den Berichten 2007 S. 204 und 2008 S. 220) erschließen sich hieraus dem Senat die verfassungswidrigen Zielsetzungen des Klägers nicht. Auch die in den früheren Berichten gerügte ideelle Unterstützung extremistischer Organisationen in Palästina sowie im Irak und Baskenland ist weder straf- noch ordnungswidrigkeitsrechtlich relevant.
c) Die Neuregelung des § 51 Abs. 3 AO i.d.F. des JStG 2009 führt zu keiner anderen Beurteilung.
aa) Nach dieser Vorschrift ist die Gewährung einer Steuervergünstigung zu versagen, wenn die Körperschaft nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes fördert sowie dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt. Es handelt sich hierbei um Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes, die darauf gerichtet sind, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen, ferner um Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen und schließlich Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung im umfassenden Sinne. Abs. 3 Satz 2 führt eine Beweislastumkehr dergestalt ein, dass bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, widerlegbar vermutet wird, dass die Gründe für die Versagung der Steuerbefreiung nach Satz 1 erfüllt sind.
bb) Nach Artikel 97 § 1d Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur AO i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2704) ist § 51 Abs. 3 AO erst ab dem 1.01.2009 anwendbar.
Ob die Neuregelung auf alle noch offenen Fälle früherer Veranlagungszeiträume anwendbar ist, hängt davon ab, ob es sich um eine Verfahrensvorschrift handelt, die grundsätzlich unabhängig vom maßgebenden Besteuerungszeitraum ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens Anwendung findet. Hierfür spricht, dass § 51 Abs. 3 Satz 3 AO n.F. nach der Gesetzesbegründung lediglich eine "Verfahrensvereinfachung" darstellen soll (BT-Drs. 16/11108 v. 27.11.2008, S.55), die auch mit den allgemeinen Feststellungslastgrundsätzen in Einklang stünde, nach denen der Kläger nachzuweisen hätte, dass seine tatsächliche Geschäftsführung mit den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben im Einklang stünde. Diesen Nachweis hat der Kläger zur Überzeugung des Senats geführt, wie vorstehend unter 1. näher dargelegt. Der Gesetzgeber hat zugleich klargestellt, dass weiterhin allein der Finanzbehörde und nicht dem Verfassungsschutz die Prüfung der Anerkennung der Gemeinnützigkeit obliegt (BT-Drs. 16/11108 v. 27.11.2008, S.55).
Sollte die Neuregelung dagegen dahin zu verstehen sein, dass der Gesetzgeber der Körperschaft zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO n.F. eine Beweisführung auferlegen wollte, die über das für die Überzeugungsbildung des Gerichts üblicherweise ausreichende Beweismaß hinausgeht, so handelte sich um eine im Ergebnis steuerverschärfende materiell-rechtliche Regelung, die kraft der ausdrücklichen Anwendungsregelung im Streitjahr noch nicht greift.
3. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit scheitert jedoch daran, dass der Kläger über die Verfolgung seiner satzungsmäßigen Zwecke hinaus sich bereits nach seinem eigenen Verständnis, das er in seinen "politischen Zielsetzungen" detailliert niedergelegt hat, allgemein politisch betätigt.
a) Mit der Beeinflussung der allgemeinen politischen Meinungsbildung, die sich vorrangig aber nicht ausschließlich in der Förderung politischer Parteien und ihrer politischen Ziele vollzieht, werden grundsätzlich keine gemeinnützigen Zwecke verfolgt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung stellen Körperschaften, bei denen sich aus dem Vereinszweck und/oder aus der Geschäftsführung eine alleinige oder doch andere Zwecke weit überwiegende politische Zielsetzung und deren Verwirklichung ergibt, sog politische Vereine im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG 1977dar (vgl. grundlegend BFH-Urteile vom 29.08.1984 I R 203/81, BStBl II 1984, 844 und I R 215/81, BStBl II 1985, 106 jeweils zu Umweltschutzvereinen, ferner BFH-Beschluss vom 14.03.1990 I B 79/89, BFH/NV 1991, 485). Diese politischen Vereine im engeren Sinne zeichnen sich dadurch aus, dass sie unmittelbar auf politische Angelegenheiten einwirken. Sie unterscheiden sich von politischen Parteien i.S.v. § 2 Parteiengesetz im wesentlichen lediglich dadurch, dass sie sich nicht an Wahlen beteiligen.
Die Abgrenzung des politischen Vereins im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG 1977 von den unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG fallenden gemeinnützigen Körperschaften ist nicht dadurch gegenstandslos geworden, dass seit der Neuregelung durch das Parteienfinanzierungsgesetz vom 22.12.1983 (BGBl I 1983, 1577) diese Befreiungsvorschrift die nicht unter das Parteiengesetz fallenden politischen Vereine nicht mehr gesondert aufführt. Aus der Gesetzesbegründung (vgl. hierzu Jost in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 5 Abs. 1 Nr. 5-8 n.F. Rdnr. 121) ergeben sich jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Steuerbefreiung für politische Vereine im engeren Sinn deshalb für entbehrlich gehalten hat, weil er sie als Körperschaften behandelt wissen wollte, die unter das Gemeinnützigkeitsrecht fallen. Die mögliche Benachteiligung politischer Vereine im engeren Sinne gegenüber Parteien im Sinne des Parteiengesetzes, die der Gesetzgeber zwischenzeitlich (mit dem Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom 22.12.1999, BGBl I 1999, 2601) zumindest für politische Vereine in Gestalt kommunaler Wählervereinigungen beseitigt hat, lässt sich zudem systemkonform nicht dadurch beheben, dass diesen Körperschaften die Gemeinnützigkeit zuerkannt wird. Die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft kann deshalb auch nicht davon abhängig gemacht werden, ob es - was beim Kläger offenkundig nicht der Fall ist - zu den Zwecken eines politischen Vereins gehört, Spenden für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes zu akquirieren, was die Möglichkeit der Umgehung der verfassungsrechtlich gebotenen gesetzlichen Begrenzung des Abzugs von Parteispenden (vgl. § 10b Abs. 2 EStG) eröffnen würde.
b) Stellt sich der gemeinnützige Zweck – wie im Streitfall – unmittelbar als Gegenstand der allgemeinen Politik dar, so schließt eine Beeinflussung der politischen Meinungsbildung in diesem Bereich die Förderung der Allgemeinheit und damit auch die Gemeinnützigkeit allerdings schon deshalb nicht aus, weil die begünstigte Tätigkeit hier zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist. Eine andere Beurteilung hätte wegen des weiten Begriffs der Politik zur Folge, dass gemeinnützige Zwecke bei fast jeder Körperschaft ausgeschlossen wären, die im Rahmen ihrer satzungsgemäßen Tätigkeit aktuelle politische Fragen berührt. Dies stünde mit dem geltenden Gemeinnützigkeitsrecht nicht im Einklang (so zutreffend BFH-Urteile vom 23.11.1988 I R 11/88, BStBl II 1989, 391 und in BStBl II 1984, 844).
Die politischen Forderungen und Meinungsäußerungen des Klägers gehen jedoch über die Verfolgung seines satzungsmäßigen Zwecks der Förderung der Völkerverständigung weit hinaus. So sind etwa die Forderungen: "Weg mit Agenda 2010 und Hartz IV, Kein Abbau von Sozialleistungen, Gegen Arbeitszwang, Für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, Keine EU-Verfassung und Abschaffung der WTO" nicht mehr aus dem Gedanken der Völkerverständigung abzuleiten. Der Kläger erhebt damit den Anspruch, umfassend zu allgemeinpolitischen Themen und Fragen Stellung zu nehmen. Vor diesem Hintergrund erweist sich auch der Aufruf zur Wahl einer bestimmten Partei bei der Bundestagswahl 2005, den der Senat für sich gesehen noch nicht als gemeinnützigkeitsschädlichen Verstoß gegen das in der Satzung verankerte Gebot der parteipolitischen Neutralität wertet, als Ausdruck des politischen Selbstverständnisses des Klägers und konsequente Umsetzung seiner umfassenden politischen Zielvorstellungen.
c) Der Senat hält es für ernstlich zweifelhaft, ob die gemeinnützigkeitsschädliche allgemeinpolitische Betätigung eines Vereins durch eine entsprechende Erweiterung der satzungsmäßigen Zwecke vermieden werden könnte.
Ob die politischen Zielsetzungen des Klägers der allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich der AO dienen (§ 52 Abs 2 Nr. 3a AO a.F. wortlautgleich § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO n.F.) oder anderen im Katalog des § 52 Abs. 2 AO aufgeführten Zwecken zugeordnet werden könnten, kann jedoch schon deshalb offen bleiben, weil es hinsichtlich dieser weiteren Zwecke bereits an der nach § 60 AO erforderlichen Aufnahme und genauen Bezeichnung in der klägerischen Satzung fehlt. Für das Streitjahr könnte der Verstoß gegen die sog. formelle Satzungsmäßigkeit damit auch durch eine nachträgliche Satzungsänderung nicht mehr geheilt werden.
d) Da der Kläger neben seinem steuerbegünstigten Zweck in einem nicht zu vernachlässigendem Umfang auch gemeinnützigkeitsschädliche allgemeinpolitische Ziele verfolgt, scheidet eine Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG im Hinblick auf das Ausschließlichkeitsgebot des § 65 AO zur Gänze aus.
4. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Höchstrichterlicher Klärung bedarf zumindest die Frage, inwieweit der in § 5 Abs. 1 Nr. 7 KStG nicht mehr aufgeführte Begriff des politischen Vereins als Abgrenzungsmerkmal für Körperschaften geeignet ist, die sich neben der Verfolgung ihrer gemeinnützigen Zwecke auch allgemeinpolitisch betätigten.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietUStGVorschriften§ 5 Abs. 1 UStG

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