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16.04.2010 · IWW-Abrufnummer 100903

Finanzgericht Köln – 1 K 3559/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln

1 K 3559/06

Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Die Revision wird zugelassen.

T a t b e s t a n d
Die Beteiligten streiten darum, ob Beratungskosten, die im Zusammenhang mit der Erstellung und Abgabe einer sog. strafbefreienden Erklärung im Rahmen der Steueramnestie 2004/2005 angefallen sind, steuermindernd zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Kapitalvermögen erzielten und zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Im Dezember 2004 nahm der Kläger die nach dem Gesetz über die strafbefreiende Erklärung (Strafbefreiungserklärungsgesetz – StraBEG) eröffnete Möglichkeit der Steueramnestie 2004/2005 in Anspruch. Hierbei erklärte der Kläger verschiedene Lebenssachverhalte, die neben dem Kläger auch dessen Eltern und Bruder betrafen und in der Vergangenheit steuerrechtlich nicht korrekt erklärt wurden, in mehreren strafbefreienden Erklärungen (Amnestieerklärungen) vom 22.12.2004 nach. Es handelte sich um bislang nicht versteuerte Kapitalerträge, die der Kläger über ein bei einem ausländischen Kreditinstitut geführtes Konto bzw. Wertpapierdepot erzielte, sowie erbschaft- und schenkungsteuerrechtlich relevante Vermögenszuflüsse aus diesen Kapitalanlagen. Aufgrund dessen wurden die Kapitaleinkünfte und Vermögenszuflüsse entsprechend den Regelungen des StraBEG nachversteuert (vgl. Bl. 33, 77 ff. der Finanzgerichtsakte – FG-Akte). Im Zuge der Erstellung und Abgabe dieser Amnestieerklärungen nahm der Kläger die Beratung des jetzigen Prozessbevollmächtigten in Anspruch. Der Bevollmächtigte erstellte am 28.12.2004 eine Honorarrechnung, womit er gegenüber dem Kläger erbrachte Leistungen im Zusammenhang mit den StraBEG-Erklärungen in Höhe von (brutto) ... € liquidierte (Bl. 53 der FG-Akte). Hierbei handelte es sich um eine A-Konto-Rechnung, die der Kläger am 29.12.2004 beglich. Die Endabrechnung unter Berücksichtigung der A-Konto-Zahlung erfolgte im Jahre 2005 (vgl. Bl. 51 f. der FG-Akte).
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für 2004 machten die Kläger das Beraterhonorar in Höhe von ... € als Steuerberatungskosten geltend. Der Beklagte nahm die Veranlagung zur Einkommensteuer für das Streitjahr mit Bescheid vom 28.02.2006 vor, wobei er den geltend gemachten Sonderausgaben die steuerrechtliche Anerkennung versagte. Das hiergegen aufgrund des Einspruchs vom 29.03.2006 gerichtete Einspruchsverfahren blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 11.08.2006, Bl. 13 der FG-Akte). Mit der am 04.09.2006 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr auf Anerkennung der geltend gemachten Steuerberatungskosten gerichtetes Begehren weiter.
Zur Begründung tragen sie vor, die im Dezember 2004 entstandenen Beratungsaufwendungen stellten Steuerberatungskosten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 6 Einkommensteuergesetz in der für den Veranlagungszeitraum 2004 geltenden Fassung (EStG) dar. Mit der Abgabe der strafbefreienden Erklärungen sei der Kläger seinen aus den Steuergesetzen folgenden Pflichten nachgekommen. Die Erklärungen stünden im Ergebnis einer Berichtigungserklärung im Sinne des § 153 Abgabenordnung (AO) gleich (Bl. 2 der FGAkte). Die im Zusammenhang mit der Erstellung dieser Erklärungen angefallenen Aufwendungen seien auch dem Veranlagungsverfahren für das Streitjahr zuzuordnen, da die Nachversteuerung für die Jahre 1993 bis 2002 mit der Amnestieerklärung, welche gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, ihren Abschluss gefunden habe (Bl. 3 der FG-Akte).
Der nach § 1 Abs. 2 StraBEG vorgenommene pauschale Abschlag auf die nachzuversteuernden Einnahmen sowie die in § 8 StraBEG geregelte steuerrechtliche Abgeltungswirkung stünden einer Berücksichtigung der Aufwendungen nicht entgegen. Denn diese Regelungen könnten nur soweit reichen wie auch sonst die Wirkungen der Steueramnestie 2004/2005. Ebenso, wie sich die strafbefreiende Erklärung nur auf im Amnestiezeitraum 1993 bis 2002 verwirklichte steuerrechtlich relevante Sachverhalte bzw. auf Grund dessen erzielte Einnahmen erstrecke, könne die vom StraBEG vorgesehene Aufwandspauschalierung nur in diesen Zeiträumen angefallene Aufwendungen erfassen (vgl. Bl. 23 der FG-Akte). Vom Gesetzgeber sei allein eine vergangenheitsbezogene Wirkung der Steueramnestie gewollt gewesen, da er mit dem pauschalen Abschlag nach § 1 Abs. 2 StraBEG alle Aufwendungen erfassen wollte, die bei den nachversteuerten Einnahmen angefallen sind. Dies sei in Tz. 3.3.9 des sog. Merkblatts vom 03.02.2004 des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) niedergelegt. Zudem missachte der Beklagte das steuerrechtliche Prinzip der Abschnittsbesteuerung sowie das Zufluss-/Abflussprinzip, wenn nach dem maßgeblichen Zeitraum, auf den sich die Steueramnestie erstreckte (1993 bis 2002), anfallende Aufwendungen vom pauschalen Abschlag erfasst sein sollen. Ein Zusammenhang zwischen den nacherklärten Einnahmen bis zum Jahre 2002 und den Beratungsaufwendungen im Jahre 2004 bestehe nur insoweit, als die Steuerberatungskosten für die im Amnestiezeitraum liegenden Veranlagungszeiträume angefallen sind. Maßgeblich für den steuermindernden Abzug sei jedoch allein, in welchem Veranlagungszeitraum die Kosten angefallen sind.
Der Abzug der Steuerberatungskosten könne schließlich auch nicht mit dem Argument versagt werden, dass es sich um nicht abzugsfähige Strafverteidigungskosten handelt. Denn die geltend gemachten Beratungsaufwendungen seien allein bei der Erstellung der strafbefreienden Erklärungen angefallen. Ein Steuerstrafverfahren wurde überhaupt nicht durchgeführt; vielmehr galt es mit der Abgabe der strafbefreienden Erklärungen gerade, Strafverfahren zu vermeiden (vgl. Bl. 3 der FG-Akte).
Hilfsweise tragen die Kläger weiter vor, es sei eine Aufteilung der geltend gemachten Aufwendungen in einerseits Werbungskosten, die bei der Ermittlung der reinen Kapitaleinkünfte angefallen sind, sowie andererseits Sonderausgaben, die im Zuge der Beratung zu den nachzuerklärenden erbschaft- und schenkungsteuerrechtlich relevanten Sachverhalten angefallen sind, vorzunehmen (vgl. 29 der FG-Akte). Des Weiteren tragen sie hilfsweise vor, dass bei grundsätzlicher Annahme einer pauschalen Abgeltung nach den StraBEG diese allenfalls die Aufwendungen erfassen könne, die bei einem ursprünglich korrekten Erklärungsverhalten der Kläger entstanden wären. Dieser Aufwand sei jedoch deutlich geringer als der mit der Erstellung der strafbefreienden Erklärung im Jahre 2004 verbundene Aufwand (vgl. Bl. 50 der FG-Akte).
Die Kläger beantragen,
den angefochtenen Einkommensteuerbescheid zu berichtigen und die im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend gemachten Steuerberatungskosten erklärungsgemäß zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Berufung auf die Einspruchsentscheidung trägt der Beklagte vor, der Kläger habe mit der Abgabe der strafbefreienden Erklärungen zwar seine steuerrechtlichen Pflichten nachgeholt, eine Berücksichtigung der Beratungsaufwendungen komme gleichwohl nicht in Betracht. Soweit die strafbefreiende Erklärung zur Straffreiheit führe, sei sie einer Selbstanzeige nach § 371 AO gleichzusetzen. Aufwendungen im Zusammenhang mit der Geltendmachung bzw. Durchsetzung der strafbefreienden Wirkung einer Nacherklärung seien als Kosten der Strafverteidigung nicht abzugsfähig (vgl. Bl. 15 der FGAkte). Soweit die Aufwendungen angefallen sind, um die relevanten Einnahmen zu ermitteln, stellten diese zwar grundsätzlich Werbungskosten dar. Einer steuerrechtlichen Berücksichtigung stünden allerdings die Sonderregelungen des StraBEG entgegen. Der Gesetzgeber habe auf die an sich steuerpflichtigen Einnahmen nach § 1 Abs. 2 StraBEG einen pauschalen Abschlag in Höhe von 40 Prozent vorgenommen. Mit diesem Abschlag sollten alle mit der Erzielung bzw. der Ermittlung der steuerpflichtigen Einnahmen im Zusammenhang stehenden Aufwendungen jedweder Art erfasst sein, unabhängig davon, ob sie bereits im Amnestiezeitraum oder erst nachträglich anfielen. Das Zufluss-/Abflussprinzip werde nicht tangiert, da insoweit nach der gesetzgeberischen Entscheidung das Kausalprinzip vorrangig sei (Bl. 26 der FG-Akte). Der Beklagte schließt sich insoweit der bundesweit abgestimmten Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Merkblatt vom 03.02.2004, IV A 4 – S 1928 – 18/04, Bundessteuerblatt -BStBl- Teil I 2004, S. 225, Tz. 3.3.9; Ergänzende Informationen [des BMF] zum Strafbefreiungserklärungsgesetz vom 20.07./16.09.2004, IV A 4 – S 1928 – 120/04, Frage/Antwort 25; Oberfinanzdirektion -OFD- Frankfurt am Main vom 10.10.2005, S 2221 A - 37 St II 2.08, Der Betrieb -DB- 2005, 2495; OFD Münster vom 14.09.2006, DB 2006, 2091) an. Aufgrund der vom Gesetzgeber gewollten pauschalen Abgeltung aller denkbaren Abzüge seien die tatsächlich entstandenen Kosten unbeachtlich. Soweit die Kläger einen Sonderausgabenabzug jedenfalls im Zusammenhang mit der Nacherklärung der erbschaft- bzw. schenkungsteuerrechtlich relevanten Lebenssachverhalte begehren, die möglicherweise nicht im Rahmen der StraBEG-Erklärung zu beurteilen seien, sei dies schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Kläger keinen Aufteilungsmaßstab dargelegt hätten (vgl. Bl. 35, 63 der FG-Akte).
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Klage ist nicht begründet.
Der Beklagte hat die geltend gemachten Beratungsaufwendungen, die dem Kläger im Zusammenhang mit der Erstellung der strafbefreienden Amnestieerklärungen entstanden sind, im Streitjahr zu Recht nicht steuermindernd berücksichtigt.
I. Der erkennende Senat kann dahinstehen lassen, ob es sich bei den Aufwendungen um Werbungskosten oder um Sonderausgaben handelt. Nicht entschieden zu werden braucht zudem, ob die Aufwendungen teilweise bereits als Strafverteidigungskosten nicht abzugsfähig sind. Eine genauere Differenzierung oder gar eine Aufteilung der Aufwendungen, wie dies für den Fall der Selbstanzeige anerkannt ist (vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 397 AO Rz. 62 f.), ist im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidungserheblich, da die geltend gemachten Aufwendungen aufgrund der Sonderregelungen zur Steueramnestie (pauschaler Abschlag nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG) weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Es kommt im vorliegenden Zusammenhang des Weiteren nicht darauf an, ob die Beratungskosten erst nach dem Ende des Steueramnestiezeitraums angefallen sind. Auch insoweit steht der der Steueramnestie zugrunde liegende Regelungszweck einer umfassenden Abgeltungswirkung einer Berücksichtigung solcher Aufwendungen im regulären Besteuerungsverfahren für nachfolgende Veranlagungszeiträume entgegen. Für den Senat sind für diese Beurteilung folgende Gesichtspunkte maßgeblich.
1. Zunächst sind die Beratungskosten, die dem Kläger im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Steueramnestie 2004/2005 angefallen sind, dem Grunde nach von den in § 1 StraBEG geregelten Abschlägen von den Bruttoeinnahmen mit erfasst, obwohl es sich hierbei möglicherweise nicht um Werbungskosten, sondern (zumindest teilweise) um Sonderausgaben handelt. Denn den Regelungen im StraBEG liegt nach Auffassung des erkennenden Senats ein weiter Begriff der mit den strafbefreiend nacherklärten Einnahmen verbundenen Aufwendungen, die pauschal abgegolten sind, zugrunde. Erfasst sind nicht nur unmittelbar mit der Einkünfteerzielung im Zusammenhang stehende Aufwendungen, wie klassischerweise Betriebsausgaben oder Werbungskosten, sondern auch andere, im Nachgang zur eigentlichen Einkommenserzielung anfallende Kosten wie etwa Beratungsaufwendungen.
a) Der Gesetzgeber hatte sich vor dem Hintergrund anderer Gesetzgebungsvorhaben (insbesondere der Schaffung eines automatisierten Abrufs von Konteninformationen nach § 93b Abgabenordnung -AO-) mit dem Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit vom 23.12.2003 (Bundesgesetzblatt -BGBl- Teil I 2003, S. 2928), dessen Bestandteil das StraBEG ist, dazu entschlossen, für einen begrenzten Zeitraum den Steuerpflichtigen die Möglichkeit einzuräumen, in der Vergangenheit unterlassene oder nicht ordnungsgemäß vorgenommene steuerrechtliche Erklärungen mit strafbefreiender Wirkung sowie steuerrechtlicher Abgeltungswirkung nachzuholen bzw. zu berichtigen. Die im Zuge dessen geschaffenen Regelungen der sog. Steueramnestie 2004/2005 nach dem StraBEG traten zeitweilig neben die herkömmliche strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO. Danach bot sich die Möglichkeit, in den Veranlagungszeiträumen 1993 bis 2002 nicht oder nicht ordnungsgemäß erklärte steuerpflichtige Einnahmen und die dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalte im Wege einer Art besonders ausgestalteter Selbstanzeige zu erklären (vgl. § 1 Abs. 1, 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 2 StraBEG). Die Attraktivität der Steueramnestie und damit der vom Gesetzgeber beabsichtigte Anreiz für bislang steuerunehrliche Personen, in die Steuerehrlichkeit zurückzukehren (vgl. zu diesem gesetzgeberischen Motiv die einführenden Bemerkungen in der Gesetzesbegründung, Bundestagsdrucksache -BT-Drs.- 15/1521, S. 1 und 11), ergab sich insbesondere dadurch, dass neben der strafbefreienden Wirkung auch alle Steueransprüche bzgl. der nacherklärten Einnahme zu einem Pauschalsteuersatz von 25 bzw. 35 Prozent, der wiederum auf eine ebenfalls für den Regelfall großzügig verringerte Bemessungsgrundlage (§ 1 Abs. 2 bis 5 StraBEG) angewendet wurde, abgegolten waren.
Um die Attraktivität der Steueramnestie 2004/2005 gegenüber der herkömmlichen und alternativ weiterhin möglichen Selbstanzeige nach § 371 AO zu erhöhen, war es erklärtes Ziel des Gesetzgebers, mit den Regelungen im StraBEG "im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (...) die Bemessungsgrundlage für die strafbefreiende Erklärung eindeutig zu regeln" (vgl. BT-Drs.15/1521, S. 10). Es sollte insbesondere vermieden werden, dass nach dem Ende der Steueramnestie Streitigkeiten darüber entstehen, inwieweit ein Steuerpflichtiger, der von der Amnestiemöglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Bemessungsgrundlage für die Amnestiesteuer, d.h. die in der strafbefreienden Erklärung aufgeführten Einnahmen zutreffend ermittelt hat und in der Folge durch seine Erklärung straffrei bzw. von seinen Steuerschulden frei geworden ist. Ausgehend von dieser Prämisse hat der Gesetzgeber mit den Regelungen in § 1 Abs. 2 bis 5 StraBEG eine nach einzelnen Steuerarten differenzierende, aber gleichwohl im Interesse einer Verfahrensvereinfachung pauschale Regelung dazu geschaffen, wie sich die Bemessungsgrundlage für die Amnestiesteuer ermittelt. Danach galt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG für die nacherklärten Einnahmen, welche der Einkommensteuer unterliegen, die Regelung, dass 60 Prozent der einkommensteuerpflichtigen Einnahmen als Einnahmen im Sinne des StraBEG anzusehen sind. Wurde in der Vergangenheit Erbschafts- oder Schenkungsteuer verkürzt, galten 20 Prozent der steuerpflichtigen Erwerbe als Einnahmen (§ 1 Abs. 5 Satz 1 StraBEG). Diese Beträge waren in die strafbefreiende Erklärung aufzunehmen; hiernach wurde die Amnestiesteuer bemessen. Zum Hintergrund dieser pauschalen Abschlagsregelung findet sich in den Gesetzgebungsmaterialen die Überlegung, dass die steuerpflichtige Bruttoeinnahme "dem Steuerschuldner (…) in der Regel nicht ungeschmälert verbleibt". Es sollte berücksichtigt werden, "dass die Einnahmen typisiert mit entsprechenden Aufwendungen verbunden sind. So wird zum Beispiel bei in Deutschland erzielten steuerpflichtigen Zinsen, für die kein Freistellungsauftrag erteilt wurde, ein Kapitalertragsteuerabzug in Höhe von 30 % vorgenommen." (BTDrs. 15/1521, S. 11). Letztendlich sollte der 40-prozentige Abschlag der "pauschalen Abgeltung aller denkbaren Abzüge" (BTDrs. 15/1521, S. 11) dienen. Dem Steuerpflichtigen sollten so aufwendige Ermittlungen und Prüfungen der tatsächlichen Aufwendungen erspart werden (BTDrs. 15/1521, S. 11).
b) Hieraus ergibt sich nach der Auffassung des erkennenden Senats, dass nach der gesetzgeberischen Intention für Amnestiezwecke letztendlich nur der dem Steuerpflichtigen von den steuerpflichtigen (Brutto)Einnahmen verbleibende Nettobehalt, der sich nach einer pauschalen Berücksichtigung aller denkbaren Abzüge ergibt, zum Amnestiesteuersatz nachversteuert werden sollte. Gleichzeitig sollte damit – wiederum als Ausfluss des mit der Steueramnestie verbundenen Zwecks, Rechtsfrieden für die Zukunft zu schaffen – eine umfassende Abgeltung aller "Abzugsposten" bzw. "Aufwendungen" im weitesten Sinne, die den Nettobehalt mindern, d.h. letztendlich kausal mit den nacherklärten Einnahmen im Zusammenhang stehen, verbunden sein. Der Senat wertet dies im Rahmen der Auslegung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG derart, dass, ohne dass der Gesetzgeber dies ausdrücklich so bezeichnet hat, für Zwecke der Steueramnestie ein erweitertes Nettoprinzip gilt. Dies zeigt sich etwa darin, dass in der Gesetzesbegründung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überlegung, dass die Einnahmen typischerweise mit entsprechenden Aufwendungen verbunden sind, steuerliche Freibeträge und der Kapitalertragsteuerabzug angesprochen werden. Nach der ertragsteuerlichen Terminologie und der Systematik des Einkommensteuerrechts stellt der Kapitalertragsteuerabzug keinen Aufwand dar, der zum Zwecke der Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen anfällt. Wenn der Steueramnestiegesetzgeber zur Begründung der pauschalen Abschlagsregelung gleichwohl Steuerabzugsbeträge anspricht, bestätigt dies das weite Verständnis des Begriffs "Aufwendungen". Die von den steuerpflichtigen Einnahmen einbehaltene Kapitalertragsteuer wird als ein Aufwands- bzw. Abzugsposten betrachtet. Dieser Abzugsposten soll aber von der prozentualen Abschlagsregelung (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG) erfasst, d.h. pauschal abgegolten sein, so dass es auf eine Ermittlung der tatsächlichen Höhe des Abzugspostens nicht ankommt.
Nicht zuletzt deshalb hat der Gesetzgeber auch in typisierender Betrachtungsweise einen für den Großteil der Steuerfälle großzügig bemessenen Pauschalabschlagsbetrag in Höhe von 40 Prozent angenommen. Ein derartiger Abschlag rechtfertigt sich nur, wenn man darin eine Abgeltung nicht nur der klassischen Betriebsausgaben oder Werbungskosten, sondern auch sonstiger Aufwendungen, die den beim Steuerpflichtigen letztendlich verbleibenden Nettobehalt mindern, einbezieht. Sind nach dem ausdrücklich geäußerten gesetzgeberischen Willen darunter Kapitalertragsteuerabzugsbeträge zu fassen, müssen Beratungskosten erst recht vom pauschalen Abschlag erfasst sein, sind sie der Sache nach doch viel eher ein mit den Einnahmen zusammenhängender "Aufwand" als Steuerabzugsbeträge.
Es zeigt sich, dass sich der StraBEG-Gesetzgeber nicht nur bei der Bestimmung der einer Besteuerung zugrunde liegenden "Einnahmen" gerade nicht exakt an den herkömmlichen Begriffen des Einkommensteuergesetzes orientiert hat. So wie er in § 1 Abs. 2 bis 5 StraBEG für Amnestiezwecke eine Art eigenständigen Einnahmebegriff geschaffen und abweichend von der herkömmlichen ertragsteuerrechtlichen Methode zur Einkünfteerzielung eine eigenständige Bemessungsgrundlage für die Amnestiesteuer geregelt hat, liegt der Steueramnestie auch ein besonderes, gegenüber den Regelungen des EStG eigenständiges Verständnis vom Umfang der vom pauschalen Abschlag erfassten Aufwendungen (erweitertes Nettoprinzip) zu Grunde.
2. Nach Auffassung des Senats folgt unter Beachtung dieses erweiterten Nettoprinzips, wie es der Amnestiegesetzgeber offenbar vor Augen hatte, auch keine zeitliche Beschränkung der vom pauschalen Abschlag erfassten Aufwendungen allein auf solche, die in den Jahren 1993 bis 2002 angefallen sind. Der pauschale Abschlag erfasst Beratungskosten vielmehr unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung. Aus dem Wortlaut des StraBEG selbst ergibt sich eine zeitliche Beschränkung – entgegen der Ansicht der Kläger – nicht. Wenn auch der Wortlaut des StraBEG, insbesondere die Regelung in § 1 Abs. 2 StraBEG diesbezüglich nicht eindeutig erscheint, ist er doch im Lichte der Historie und des gesetzgeberischen Willens entsprechend auszulegen. Danach sprechen die Systematik des StraBEG selbst und die hinter der geschaffenen Amnestiemöglichkeit stehende gesetzgeberische Intention dafür, dass sich die Wirkungen der Steueramnestie auch auf Aufwendungen erstrecken, die erst nach Ablauf des Amnestiezeitraums bzw. bei Erstellung oder gar erst nach Abgabe der strafbefreienden Erklärung angefallen sind. Der hierzu vertretenen gegenteiligen Ansicht (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 10.09.2007 12 K 5016/06 E, n.v., Juris, Praxis-Streuerstrafrecht - PStR - 2008, 286 sowie aus der Literatur etwa Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 320.2; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 1 StraBEG Rz. 8; Preising/Kiesel, PStR 2006, 41, 42; Derlien/Schencking, Deutsches Steuerrecht-DStR - 2006, 553, 554; Randt/Schauf, DStR 2006, 537, 544; Streck/Spatscheck, Die Steuerfahndung, 6. Aufl. 2006, Rz. 1414) kann sich der erkennende Senat nicht anschließen.
a) Den Klägern ist zunächst noch darin beizupflichten, dass § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG bei der Regelung zur Bemessungsgrundlage für die nacherklärten einkommensteuerpflichtigen Einnahmen für Zwecke der Amnestiesteuer (nur) von Einnahmen, die bei den Steuerfestsetzungen "der Veranlagungszeiträume 1993 bis 2002 nicht berücksichtigt wurden", spricht. Es trifft auch zu, dass nur ein tatsächlich in diesem Amnestiezeitraum eingetretener Lebenssachverhalt (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 StraBEG), d.h. ein reeller Zufluss von Einnahmen, nacherklärt werden konnte, hingegen kein "fiktiver Sachverhalt". Der Senat verkennt zudem nicht, dass nach § 8 Abs. 1 Satz 1 StraBEG die steuerrechtliche Abgeltungswirkung nur so weit reicht wie die Amnestieerklärung auch Straffreiheit (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StraBEG) bewirkt, d.h. nur soweit im Amnestiezeitraum (1993 bis 2002) verwirklichte und mit der strafbefreienden Erklärung nacherklärte Sachverhalte erfasst sind. Ebenfalls gilt, dass neben dem Steueramnestieverfahren das reguläre Besteuerungsverfahren ungehindert Geltung behielt, soweit dieses nicht Steueransprüche betrifft, die von § 8 StraBEG erfasst sind (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 StraBEG). Und schließlich geht auch der Senat davon aus, dass im Zuge der Fertigung einer Amnestieerklärung regelmäßig ein höherer Aufwand angefallen sein dürfte als bei einer herkömmlichen Selbstanzeige. Der Steuerpflichtige musste die Amnestiesteuer selbst ermitteln; eine inhaltliche Überprüfung durch die Finanzverwaltung fand nicht statt (vgl. BMF v. 03.02.2004, Tz. 12.3, 12.5 ff., 14.7, BStBl I 2004, 225 ff.). Zudem trifft den Steuerpflichtigen u.U. die Beweislast dafür, dass Lebenssachverhalte ordnungsgemäß in der strafbefreienden Erklärung enthalten sind (§ 8 Abs. 3 StraBEG). Insoweit galt es – anders als bei der Selbstanzeige nach § 371 AO –, das Risiko einer unzutreffenden rechtlichen Beurteilung auszuschließen.
b) Jedoch ergibt sich daraus nicht, dass sich die Wirkung der Amnestie auch im Hinblick auf die – grundsätzlich die Einnahmen mindernden – Aufwendungen nur auf die Zeiträume 1993 bis 2002 erstreckt mit der Folge, dass später, d.h. nach 2002 entstandene Aufwendungen im regulären Besteuerungsverfahren Berücksichtigung finden können. Wie bereits ausgeführt, liegt dem im StraBEG geregelten Pauschalabschlag auf die steuerpflichtigen Einnahmen der Amnestiegedanke und der gesetzgeberische Wille zugrunde, für die in den Jahren 1993 bis 2002 nicht erklärten Einnahmen eine einfache und rechtssichere abschließende Regelung zu schaffen (BTDrs. 15/1521, S. 10 und 11). Dieses Ziel bedingt, auch Aufwendungen, die außerhalb des Amnestiezeitraums anfallen, aber mit den nacherklärten und pauschal versteuerten Einnahmen im Zusammenhang stehen, als abgegolten anzusehen. Denn die vom Gesetzgeber beabsichtigte pauschale, typisierende Betrachtung würde konterkariert, wenn nunmehr hinsichtlich einzelner Abzugsposten – wie vorliegend der Beratungskosten – wiederum danach differenziert werden sollte, in welchen Veranlagungszeiträumen diese Abzugsposten tatsächlich angefallen sind. Ausreichend ist vielmehr, dass die Abzugsposten kausal mit den nacherklärten steuerpflichtigen Einnahmen im Zusammenhang stehen und den letztendlich verbleibenden Nettobehalt des Steuerpflichtigen mindern, wie dies vorliegend der Fall ist.
Dem steht nicht entgegen, dass in den Gesetzgebungsmaterialien im Zusammenhang mit der pauschalen Abgeltung von Aufwendungen die Rede ist, die "angefallen sind" (vgl. BT-Drs. 15/1521, S. 11). Dies versteht der Senat dahin, dass der Gesetzgeber primär die unmittelbar mit den Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen, die regelmäßig klassische Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind, im Blick hatte. Gleichwohl ist – wie ausgeführt – angesichts der auch sonst nicht immer exakten Verwendung von Begrifflichkeiten in der Gesetzesbegründung die sprachliche Zeitform nicht als bewusste Einschränkung des Regelungsbereichs des Gesetzes zu verstehen. Vielmehr spricht die aus dem Kontext der Gesetzesbegründung erkennbare Intention des Amnestiegesetzgebers dafür, dass auch ggf. noch nach der eigentlichen Einnahmenerzielung anfallende Aufwendungen oder sonstige den Nettobehalt mindernde Abzüge vom 40-prozentigen Abschlag erfasst sein sollen. Eine andere Betrachtung ist auch nicht dadurch geboten, dass durchaus Aufwendungen (im weiten Sinne) anfallen können, die mehr als 40 Prozent der Einnahmen betragen. Sollte die gesetzliche Typisierung in Form der Pauschalregelung im Einzelfall tatsächlich ungünstig ausfallen, war es dem Steuerpflichtigen unbenommen, eine Selbstanzeige abzugeben, bei der die tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt werden, statt von der Steueramnestie Gebrauch zu machen (vgl. auch BT-Drs. 15/1521, S. 11). Der Umstand, dass für eine solche dem Steuerpflichtigen obliegende Günstigerprüfung die tatsächlichen Kosten vorab nicht genau kalkulierbar sein mögen, erfordert keine andere Betrachtung. Dieses "Risiko" ist allein der Sphäre des Steuerpflichtigen, der sich steuerunehrlich verhalten hatte, zuzurechnen.
c) Bei dieser Gesetzesauslegung kommt es auch nicht auf das nach dem EStG zu beachtende sog. Abflussprinzip (vgl. § 11 EStG) oder das Prinzip der Abschnittsbesteuerung (vgl. § 2 Abs. 7, § 25 Abs. 1 EStG) an. Diese Prinzipien sind vorliegend nicht einschlägig, da zunächst die Frage zu klären ist, ob überhaupt berücksichtigungsfähige, d.h. nicht anderweitig – wie vorliegend auf Grund der Sonderregelungen zur Steueramnestie – als abgegolten zu betrachtende und damit nicht mehr relevante Aufwendungen vorliegen. Erst wenn dies zu bejahen wäre, was vorliegend nicht der Fall ist, würde sich die Frage stellen, in welchem Veranlagungszeitraum diese Aufwendungen steuerrechtlich zu berücksichtigen sind.
Soweit die Finanzverwaltung in den vorliegenden Fallgestaltungen den Abzug nachträglich entstandener Beratungsaufwendungen mit der Begründung versagt, ein derartiges Kausalprinzip durchbreche das Zufluss-/Abflussprinzip, ist dies irreführend. Tatsächlich kommt es, wie ausgeführt, auf das Abflussprinzip nicht an. Entscheidend ist, dass sich der pauschale Abschlag auf alle kausal mit den nacherklärten Einnahmen zusammenhängende Aufwendungen und sonstigen Abzugsposten im Sinne des erweiterten Nettoprinzips erstreckt, wie es dem geäußerten gesetzgeberischen Willen entspricht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
II. Die Zulassung der Revision gründet sich auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Wenngleich es sich bei den Regelungen des StraBEG um ausgelaufenes Recht handelt, misst der Senat den von ihm angewandten Grundsätzen der Gesetzesauslegung grundsätzliche Bedeutung bei.

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