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07.04.2010 · IWW-Abrufnummer 101016

Sozialgericht Fulda: Urteil vom 19.01.2010 – S 4 U 5/08

Wer als Mitglied eines Vereins bei dessen Veranstaltungen (hier: Hoffest) Helfertätigkeiten ausführt, steht auch dann nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn er dabei besondere Fähigkeit, die er aufgrund seiner Berufsausbildung erworben hat, zur Anwendung bringt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Helfertätigkeit der Erledigung typischerweise notwendige Arbeiten zur Durchführung der Vereinsveranstaltung dient.


S 4 U 5/08

Tenor
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen wegen einer Verletzung, die er sich als Helfer im Zusammenhang mit einem von dem W-Verein veranstalteten Hoffestes zugezogen hat.

Der Kläger ist Elektromeister und Gründungsmitglied des vorbezeichneten Vereins, der am Sonntag, dem 29. Juli 2007, ein Hoffest veranstaltete. Zur Vorbereitung, Durchführung sowie für die Abschlussarbeiten des Festes wurden die Vereinsmitglieder gemäß einem vom Vereinsvorstand aufgestellten Helferplan herangezogen. Der Kläger engagierte sich an drei Tagen vom 28. bis 30. Juli 2007 bei den erforderlichen Arbeiten. Insbesondere war er aufgrund seiner berufsbedingten Kenntnisse für die Installation der notwendigen elektrischen Einrichtung für das Hoffest zuständig.

Während der Abbauarbeiten des Festzeltes am 30. Juli 2007, als der Kläger auf einer Leiter in ca. zwei Metern Höhe stehend damit beschäftig war, ein Stromkabel abzumontieren, löste sich eine Zeltplane unkontrolliert und stieß gegen die Leiter des Klägers. Dadurch stürzte der Kläger von der Leiter und zog sich neben einer Platzwunde eine Fraktur des obersten Lendenwirbels zu.

Mit Bescheid vom 12. September 2007 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen aufgrund dieses Ereignisses vom 30. Juli 2007 ab, denn der Kläger habe im Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Es käme vorliegend allein eine Versicherung infolge einer Tätigkeit als Wie-Beschäftigter gem. § 2 Abs. 2 SGB VII in Betracht, was jedoch voraussetze, dass ein Vereinsmitglied für den Verein Arbeitsleistungen erbringe, die über die Mitgliedschaftspflichten hinausgingen. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall gewesen.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2007 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, Vereinsmitglieder stünden auch nicht als Wie-Beschäftigte unter dem Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn sie aufgrund mitgliedschaftlicher Verpflichtung im Rahmen des Vereinszwecks für den Verein tätig würden. Das Hoffest vom 29. Juli 2007 habe sich im Rahmen dieses Vereinszwecks gehalten und die Mitglieder seien aufgrund der Vereinssatzung zur Mithilfe bei den karitativen Veranstaltungen verpflichtet. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Kläger besondere Kenntnisse als Elektromeister angewandt habe oder die von ihm verrichteten Arbeiten besonders gefährlich waren. Denn auch solche Tätigkeiten unterfielen nicht dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz, wenn es wie im vorliegenden Fall üblich sei, solche Aufgaben entsprechend qualifizierten Vereinsmitgliedern zu übertragen.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 7. Januar 2008 hat der Kläger Klage erhoben und macht weiterhin Leistungsansprüche wegen seiner am 30. Juli 2007 erlittenen Verletzungen geltend. Zur Begründung führt er aus, der Kläger habe für das Hoffest des Vereins die notwendigen Elektroinstallationen unter Berücksichtigung der hierfür geltenden besonderen Anforderungen vorgenommen. Hierzu habe es der besonderen Qualifikation des Klägers bedurft, die zum einen ein durchschnittliches Vereinsmitglied nicht aufweise und zum anderen auch nicht üblicherweise verlangt werde. Damit sei die Tätigkeit des Klägers weit über das hinausgegangen, was üblicherweise von einem Vereinsmitglied erwartet werde. Zwar habe der Kläger auch normale Mitgliedstätigkeiten verrichtet zusammen mit anderen Vereinsmitgliedern. Die spezifische Tätigkeit der Elektroinstallation und -deinstallation sei jedoch insofern separat zu betrachten und habe von keinem anderen Vereinsmitglied geleistet werden können. Sie rage daher aus den üblicherweise von den Mitgliedern erwarteten und zu erbringenden Leistungen heraus, so dass der Kläger die Voraussetzungen der gesetzlichen Unfallversicherungen erfüllt habe.

Die Tätigkeiten des Klägers hätten sich zudem über drei Tage erstreckt und damit auch in quantitativer Hinsicht das übliche und zu erwartenden Maß der Hilfe als Vereinsmitglied überschritten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 12. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Leistungen im gesetzlichen Umfang infolge des Unfalles vom 30. Juli 2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide und führt ergänzend aus, dass sich der typische Umfang der jeweils von einem Vereinsmitglied erwarteten Hilfe danach bemesse, was in dem jeweiligen Verein üblich sei. Dabei sei es bei Vereinen, die rein karitativ tätig seien, besonders erforderlich, dass alle Mitglieder aktive unterstützend tätig seien. Dabei sei auch selbstverständlich, dass jedes Mitglied insofern auch sein spezifisches Fachwissen zur Verfügung stelle.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide erweisen sich als rechtmäßig, denn dem Kläger stehen mangels Vorliegens eines Versicherungsfalles keine Ansprüche gegen die Beklagte zu.

Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung können nur dann gegeben sein, wenn ein Versicherungsfall im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB VII vorliegt. Hiernach kommt nach dem vorliegenden Sachverhalt allein in Betracht, dass das den Kläger schädigende Ereignis vom 30. Juli 2007 als Arbeitsunfall anzusehen ist. Dies wäre allerdings nur dann der Fall, wenn der Kläger im Zeitpunkt, als er im Rahmen des Zeltabbaus von der Leiter fiel, in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert war. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Der Kläger war im Unfallzeitpunkt nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter gegen einen Arbeitsunfall versichert, da er die Arbeiten rund um das Hoffest des W-Vereins in Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinspflichten in seiner Eigenschaft als Mitglied geleistet hat. Zwar schließt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Mitgliedschaft in einem Verein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII nicht von vornherein aus (vgl. nur etwa BSGE 14, 1; 17, 211; 52, 11). Die Anwendung dieser Vorschriften setzt aber voraus, dass das Vereinsmitglied als ein in einem Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis Stehender tätig wird. Ist für ein Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis kein Raum, weil die Tätigkeit nicht aufgrund eines solchen Verhältnisses, sondern aufgrund von Mitgliedspflichten ausgeübt worden ist, so entfällt die Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Es ist somit zu unterscheiden zwischen Arbeitsleistungen, die nur auf Mitgliedspflichten beruhen, und Arbeitsleistungen, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden. Nur im letzteren Fall kann, wenn die erforderliche Abhängigkeit gegeben ist, ein Arbeits- oder Dienstverhältnis angenommen werden. Dies ist weder seitens des Klägers vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Es sind aber auch die Voraussetzungen des § 2 Abs 2 i.V.m. Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht gegeben. Ein Vereinsmitglied kann zwar grundsätzlich nicht nur „als“, sondern dementsprechend auch "wie" ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Beschäftigter für den Verein tätig und nach § 2 Abs 2 SGB VII versichert sein (s. etwa BSG Urteil vom 22. September 1988- 2/9b RU 78/87 – HV-Info 1988, 2178). Danach sind gegen Arbeitsunfall Personen versichert, die wie ein nach § 2 Abs 1 SGB VII Versicherter tätig werden. Die Anwendung der Vorschrift erfordert eine ernsthafte, dem Unternehmen zu dienen bestimmte und seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprechende Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen, und die unter solchen Umständen geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses bedarf es bei einem Tätigwerden nach § 2 Abs 2 i.V.m. Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht (s. etwa BSG, NJW 1999, S. 446 ff.).

Der Versicherungsschutz ist aber dann ausgeschlossen, wenn sich die Tätigkeit eines Vereinsmitglieds als Ausfluss seiner Mitgliedschaft im Verein darstellt. Denn maßgebend ist, dass die Tätigkeit aufgrund von Mitgliedspflichten im Rahmen des Vereinszweckes verrichtet wurde. Diese Mitgliedspflichten können sich aus der Satzung des Vereins, den Beschlüssen der zuständigen Vereinsorgane oder aufgrund allgemeiner Vereinsübung ergeben. Zu den auf allgemeiner Vereinsübung beruhenden Mitgliedspflichten zählen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG im allgemeinen Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet werden (BSGE 14, 1; 17, 211; BSG Urteil vom 22. September 1988- 2/9b RU 78/87), wie etwa regelmäßige Arbeiten zur Herrichtung und Reinigung von Sportplätzen, Verkauf von Eintrittskarten und Ordnungsdienste bei Veranstaltungen.

Gekennzeichnet sind diese geringfügigen Tätigkeiten im Allgemeinen dadurch, dass sie nach Art und Umfang nur wenig zeitlichen oder sachlichen Arbeitsaufwand erfordern. Allerdings wurde auch die Leitung eines Pfadfinderlagers über ca. drei Wochen noch als eine allein aus dem Mitgliedschaftsverhältnis heraus folgende Tätigkeit angesehen, die nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand (BSG, NJW 1999, S. 446 ff.). Dies zeigt, dass eine formale Abgrenzung nach Zeit im Hinblick auf § 2 Abs. 2 SGB VII nicht schematisch möglich ist.

Die Grenze der Geringfügigkeit überschreiten kann eine Tätigkeit sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch ihrer Art nach (BSG SozR 2200 § 539 Nr 101). Ferner kann die Geringfügigkeitsmarke je nach Verein verschieden sein. Wenn die Bereitschaft der Vereinsmitglieder, Arbeiten für den Verein zu verrichten, größer ist, wird auch die Grenze, von der an der Verein diese Arbeiten allgemein aufgrund einer sich so entwickelten Vereinsübung von seinen Mitgliedern erwarten kann und die von den Mitgliedern entsprechend dieser Erwartung verrichtet werden, höher liegen. Allgemein betrachtet ist die Grenze der Geringfügigkeit dort überschritten, wo sich eine Arbeitsleistung von wirtschaftlichem Wert deutlich erkennbar von dem Maß an vergleichbarer Aktivität abhebt, das die Vereinsmitglieder üblicherweise aufwenden. Damit ergibt sich hinsichtlich des Maßstabes dafür, ob auch umfangreichere Tätigkeiten noch aufgrund allgemeiner Vereinsübung und damit aufgrund mitgliedschaftlicher Vereinszugehörigkeit erbracht werden können, keine eindeutige Grenzziehung. Hinzukommt, dass der Maßstab für die allgemeine Vereinsübung, Mitglieder zu Arbeitsleistungen heranzuziehen, nicht notwendig für alle Mitglieder gleich ist. Vielmehr gilt, dass hinsichtlich der Vereinsübung allein wesentlich ist, ob der Verein erwarten kann, dass bestimmte Aufgaben von geeigneten Mitgliedern wahrgenommen werden und geeignete Mitglieder regelmäßig der Erwartung des Vereins auch nachkommen (BSG, NJW 1999, S. 446 [448]).

Unter Beachtung dieser Maßstäbe liegen die Voraussetzungen einer versicherten Tätigkeit des Klägers als Wie-Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 SGB VII nicht vor. Die Tätigkeit des Klägers im Rahmen des Hoffestes des W-Vereins weist keine Besonderheiten auf, die sie trotz ihres mitgliedschaftsbezogenen Charakters ausnahmsweise als versicherte Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 SGB VII erscheinen lassen würde.

Dabei ist zunächst zu beachten, dass die isolierte Betrachtung des quantitativen Umfangs einer Tätigkeit als Mitglied eines Vereins bei dessen Veranstaltungen kein entscheidungsleitendes Kriterium darstellt. Denn für die Frage des Versicherungsschutzes der gesetzlichen Unfallversicherung kommt es insoweit auf die üblicherweise von einem Mitglied in Bezug auf den konkreten Anlass erwarteten und typischerweise geleisteten Tätigkeiten an. Wird ein Fest veranstaltet, so ergeben sich notwendig typische Arbeiten an dem oder den Tag(en) vor dem eigentlichen Festbeginn (Zeltaufbau, Getränke und Speisenvorbereitung, Aufbau der Bestuhlung, Verlegung von Stromkabeln für Beleuchtung und sonstige elektrische Geräte etc.), während der Festveranstaltung selbst (Dienst an Getränke und Speisentheke, Kuchenbuffet, Spüldienst, Bedienung der Festgäste etc.) und nach Ende des Festes (Zeltabbau, Aufräumen des Festplatzes, Deinstallation der Geräte). Dabei ist es gerade bei solchen Festveranstaltungen nach allgemeiner Lebenserfahrung regelmäßig erforderlich, schon am Tag vor dem eigentlichen Veranstaltungstag mit dem Aufbau zu beginnen, weil dies am Festtag selbst rein zeitlich nicht mehr geleistet werden kann. Ebenso beginnen die Nacharbeiten typischerweise am Folgetag des Festes, weil – wie der Thekendienst des Klägers bis 1.00 Uhr nachts belegt – ein Fest zumeist bis in die Nachstunden andauert, so dass im Anschluss nicht unmittelbar mit dem Zeltabbau begonnen werden kann – jedenfalls können sie regelmäßig nicht am Festtag selbst abgeschlossen werden. Damit ergeben sich bei eintägigen Vereinsfesten üblicherweise drei Kalendertage, an denen Mitglieder helfend tätig sein müssen. Dabei wird es erfahrungsgemäß nicht so sein, dass alle Vereinsmitglieder permanent helfend anwesend sind, regelmäßig aber gibt es auch solche, die sich bei allen Arbeiten engagieren, besonders dann, wenn es sich wie bei dem Kläger um ein Gründungsmitglied handelt, bei dem typischerweise eine besondere Bindung zu dem jeweiligen Verein besteht.

Wenn somit der Kläger über drei Tage als Helfer bei dem Hoffest engagiert war, so stellt dies bei quantitativer Betrachtung nach allgemeiner Lebenserfahrung keine Besonderheit dar, die ihn derart aus dem durchschnittlichen Vereinsleben herausheben würde, dass er am 30. Juli 2007 als Wie-Beschäftigter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterstanden hätte. Die gilt um so mehr bei einem solchen wie dem W-Verein, der rein karitative Zwecke verfolgt, ohne etwa wie Sportvereine (auch) den Interessen der eigenen Mitglieder zu dienen. Rein karitativ tätige Vereine sind regelmäßig auf die umfassende Mitarbeit weniger Mitglieder angewiesen. Denn bei sonstigen Vereinen führt das Engagement der Mitglieder bei Festen u.ä. zu einem Zuwachs an Vereinsvermögen, das dann den Mitgliedern wieder zu Gute kommt. Hier ist es typischerweise einfacher, eine größere Zahl von Helfern zu finden, die dann einen Einsatz in durchschnittlich geringerem Umfang leisten. Das rein altruistische Prinzip des W-Vereins bedingt somit in besonderem Maße ein erhöhtes Engagement jedes Mitglieds.

Auch in qualitativer Hinsicht ergibt sich kein anderes Ergebnis. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger im Zeitpunkt Sturzes von der Leiter Tätigkeiten verübt hat, für die es besonderen Fachwissens als Elektromeister bedurfte, oder er überhaupt diese berufliche Qualifikation als Helfer bei dem Hoffest vom 29. Juli 2007 zum Einsatz gebracht hat. Dies dürfte zu verneinen sein, denn das Entfernen eines an einem Festzelt hängenden Kabels bedarf nach allgemeiner Lebenserfahrung keinerlei Vorkenntnisse oder gar Ausbildung. Doch selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, führte dies nicht zu einer Wie-Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII. Maßgeblich hierfür ist, dass bei jedem Vereinsfest der hier vorliegenden Art selbstverständlich in gewissem Umfang Elektroverkabelungen für Licht und elektrische Geräte etwa für die Getränkekühlung, die Speisenzubereitung (z.B. Friteusen, Kaffeemaschinen) etc. erforderlich sind. Zu deren Aufbau und Einrichtung werden naturgemäß diejenigen Vereinsmitglieder durch Helferplan o.ä. eingeteilt, die hierfür jeweils als geübt oder gar beruflich qualifiziert sind. Daher ergibt sich aus der Natur der Sache und reiner Zweckmäßigkeit, dass dann, wenn sich unter den Vereinsmitgliedern ein Elektromeister oder auch nur -geselle befindet, dieser die elektrikbezogenen Aufgaben ausführt. Ebenso würden Holzarbeiten, wenn sie für den Festbetrieb erforderlich wären, ohne Weiteres Schreinern oder Zimmerleuten übertragen, wenn diese Mitglied des jeweiligen Vereins sind. Dahinter steht nur das einfache, praktisch jeden dörflichen Verein prägende Prinzip, dass jedes Mitglied sich derart in das Vereinsleben einbringt, wie es seinen jeweiligen Fähigkeiten entspricht. Wer also als Vereinsmitglied mitgliedschaftlich tätig wird und dabei berufliche Qualifikation einbringt, kann (allein) daraus nicht herleiten, dass er anders als andere Mitglieder in besonderer Stellung tätig werde und der mitgliedschaftliche Charakter seines Handelns hinter der besonders qualifizierten Tätigkeit zurückträte.

Ob hiervon in völlig singulären Fällen Ausnahmen zu machen sind, wenn außergewöhnliche, dem allgemeinen Vereinsleben fremde Tätigkeiten wegen einer besonderen Veranstaltung oder aus besonderem Anlass einer Vereinsveranstaltung erforderlich werden, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn die von dem Kläger vorgetragenen Tätigkeiten der Elektroinstallation sind die typischen, die bei dörflichen Veranstaltungen wie dem Hoffest vom 29. Juli 2007 regelmäßig zu erbringen sind. Daher ist der Einsatz des Klägers als Elektromeister zu deren Erledigung nicht derart besonders, dass eine Wie-Beschäftigung in Ausnahme von den zuvor dargelegten Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung angenommen werden könnte. Mit anderen Worten: Der Kläger hat anlässlich des Hoffestes vom 29. Juli 2007 lediglich das getan, was jeder Elektromeister eines dörflichen Vereins im Rahmen eines von diesem veranstalteten Hoffestes getan hätte.

Dabei verkennt die Kammer keineswegs, dass es misslich erscheint, gerade ehrenamtliches Engagement – noch dazu in einem rein karitativen Verein – von dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auszunehmen. Jedoch ist dies Folge der Prinzipien des gesetzlichen Unfallversicherungsrechts, das durch das Gericht aufgrund seiner Gesetzesbindung hinzunehmen ist, ohne es aus sittlich-moralischen Erwägungen korrigieren zu können.

Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben, weil der Kläger im Unfallzeitpunkt nicht Versicherter der gesetzlichen Unfallversicherung war und ihm daher auch keine Ansprüche gegen die Beklagte aufgrund dieses Unfalls zustehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

RechtsgebietSGB 7Vorschriften§ 2 Abs 2 S 1 SGB 7, § 2 Abs 1 Nr 1 SGB 7

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