Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

23.02.2010 · IWW-Abrufnummer 100647

BGH: Urteil vom 20.01.2010 – VIII ZR 141/09

Bei Erhöhung einer Brutto- oder Teilinklusivmiete kann der
Vermieter die erforderlichen Angaben zu den in der Miete enthaltenen
Betriebskosten im Prozess über die Mieterhöhung nachholen. Für
eine solche Nachbesserung oder Nachholung des Mieterhöhungsverlangens gilt
die Sperrfrist im Hinblick auf eine vorangegangene Mieterhöhung, die
infolge einer Teilzustimmung des Mieters zum ursprünglichen
Mieterhöhungsverlangen wirksam geworden ist, nicht.



Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
im
schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO
mit
Schriftsatzfrist bis zum 15. Dezember 2009
durch
den Vorsitzenden Richter Ball,

den Richter Dr. Frellesen,
die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie
den
Richter Dr. Bünger
für Recht erkannt:




Tenor:


Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer
des Landgerichts Stuttgart vom 29. April 2009 wird
zurückgewiesen.


Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 1/3 und die
Beklagten zu 2/3.




Tatbestand


1


Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Kläger in S.
. Die monatliche Miete betrug zuletzt 500 EUR zuzüglich 30 EUR für
die Garage sowie Vorauszahlungen von 130 EUR für Heizung und 35 EUR
für Wasser.


2


Mit Schreiben vom 7. August 2007 forderten die Kläger
die Beklagten unter Berufung auf den Mietspiegel von B. /S. auf, einer
Erhöhung der Nettomiete von 500 EUR auf 550 EUR monatlich mit Wirkung ab
1. November 2007 zuzustimmen. Die Beklagten erklärten sich lediglich mit
einer Mieterhöhung auf 530 EUR einverstanden.


3


Die Kläger haben mit der im Februar 2008 zugestellten
Klage Zustimmung zur Erhöhung der Nettomiete von 530 EUR auf 550 EUR
monatlich ab 1. November 2007 verlangt. Nachdem ein vom Amtsgericht eingeholtes
Sachverständigengutachten die ortsübliche Vergleichsmiete auf 526 EUR
(netto) beziffert hatte, machten die Kläger mit Schriftsatz vom 23. Juli
2008 geltend, dass die Beklagten die Kosten für Versicherung und
Grundsteuer nach dem Mietvertrag nicht gesondert zu zahlen hätten
(Teilinklusivmiete). Zur ortsüblichen Nettomiete kämen diese
Nebenkosten - 26,68 EUR monatlich - deshalb noch hinzu. Der Schriftsatz ist den
Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2008 übergeben
worden.


4


Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung
der Kläger hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts unter
Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und die
Beklagten verurteilt, einer Mieterhöhung auf 550 EUR monatlich ab 1. Oktober 2008 zuzustimmen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht
zugelassene Revision, mit der die Beklagten die Wiederherstellung des
amtsgerichtlichen Urteils erstreben.




Entscheidungsgründe


5


Die Revision hat keinen Erfolg.




I.


6


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner
Entscheidung ausgeführt:


7


Das Mieterhöhungsverlangen vom 7. August 2007 sei
unwirksam gewesen. Die Kläger hätten darin lediglich eine
"Nettokaltmiete" von 500 EUR monatlich benannt und eine auf den Mietspiegel
gestützte Mieterhöhung auf 550 EUR verlangt. Da die ortsübliche
Vergleichsmiete nach dem zutreffenden Sachverständigengutachten nur 526 EUR monatlich betrage, handele es sich nicht um eine Erhöhung auf die
ortsübliche Vergleichsmiete im Sinne des § 558 Abs. 1 BGB.


8


Ein weiteres Mieterhöhungsverlangen hätten die
Kläger aber mit Schriftsatz vom 23. Juli 2008 gestellt. Dieses
Mieterhöhungsverlangen, in dem der konkrete Betriebskostenanteil genannt
sei, erfülle die formellen Anforderungen. Zwar sei zu diesem Zeitpunkt die
Jahresfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB noch nicht abgelaufen gewesen, da
das vorangegangene Mieterhöhungsverlangen vom 7. August 2007 datiere. Dies
stehe der formellen Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens indes nicht
entgegen. Die durch eine Teilzustimmung des Mieters bewirkte Mieterhöhung
setze keine neue Jahresfrist in Lauf, wenn sich der Vermieter - wie hier - mit
einer Teilzustimmung nicht zufrieden gebe und wegen des Restbetrags Klage
erhebe. Eine Nachbesserung des ursprünglichen Mieterhöhungsverlangens
sei auch während des anhängigen Rechtsstreits möglich und aus
prozessökonomischen Gründen in der Berufungsinstanz zu
berücksichtigen, selbst wenn in der ersten Instanz die Zustimmungsfrist
noch nicht abgelaufen gewesen sei.


9


Das Mieterhöhungsverlangen vom 23. Juli 2008 sei auch
materiell wirksam, denn bei einer Teilinklusivmiete könne zur
ortsüblichen Vergleichsmiete ein Zuschlag für nicht gesondert
umgelegte Betriebskosten verlangt werden.




II.


10


Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand,
so dass die Revision zurückzuweisen ist.


11


Das Berufungsgericht hat das (nachgebesserte)
Mieterhöhungsverlangen der Kläger zutreffend als formell wirksam und
materiell begründet angesehen. Bei Erhöhung einer Bruttomiete oder
Teilinklusivmiete kann der Vermieter die zur formellen Wirksamkeit des
Mieterhöhungsbegehrens erforderlichen Angaben zu den in der Miete
enthaltenen Betriebskosten gemäß § 558b Abs. 3 BGB noch im
Rechtsstreit über die Mieterhöhung nachholen.


12




1.

Das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen der
Kläger vom 7. August 2007 ist mit dem Mietspiegel B. /S. begründet,
der Nettomieten ausweist; es enthält keine Angaben zu den in der Miete
enthaltenen Betriebskosten, obwohl es sich bei der vereinbarten Miete um eine
Teilinklusivmiete handelt.


13


a)

Nach der Rechtsprechung des Senats bedarf es bei einer
Bruttomiete, die unter Heranziehung eines Mietspiegels, der Nettomieten
ausweist, erhöht werden soll, einer Umrechnung, um die Vergleichbarkeit
der unterschiedlichen Mietstrukturen - Bruttomiete einerseits, Nettomiete
andererseits - zu gewährleisten (Senatsurteil vom 26. Oktober 2005 - VIII
ZR 41/05, NJW-RR 2006, 227, Tz. 13). Dies gilt entsprechend im Falle einer
Teilinklusivmiete, bei der - wie hier - nur ein Teil der Betriebskosten in der
Grundmiete enthalten ist.


14


Die Vergleichbarkeit ist dabei in der Weise herzustellen, dass
entweder in Höhe der auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten, die in
der Grundmiete enthalten sind, ein Zuschlag zu der im Mietspiegel ausgewiesenen
ortsüblichen Nettomiete vorgenommen oder der Betriebskostenanteil aus der
vereinbarten Bruttomiete herausgerechnet wird (Senatsurteil vom 26. Oktober
2005, aaO, Rdnr. 13, 15). Angaben zur Höhe der in der Brutto- oder
Teilinklusivmiete enthaltenen Betriebskosten gehören dabei zu der nach
§ 558a BGB erforderlichen (formellen) Begründung des
Mieterhöhungsverlangens, die dem Mieter die Möglichkeit geben soll,
die sachliche Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens zu
überprüfen und auf diese Weise überflüssige Prozesse zu
vermeiden (Senatsurteile vom 12. Juli 2006 - VIII ZR 215/05, NZM 2006, 864, Tz.
13, sowie vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 331/06, NJW 2008, 848, Tz. 9 f.).


15


b)

Diesen Anforderungen wird das Mieterhöhungsverlangen
vom 7. August 2007, das keine Angaben zu den in der Miete enthaltenen
Betriebskosten enthält, nicht gerecht. Die Kläger konnten es jedoch
insoweit nach § 558b Abs. 3 BGB während des Prozesses - wie mit
Schreiben vom 23. Juli 2008 geschehen - durch die Angabe der auf die Wohnung
zuletzt entfallenden und in der Miete bereits enthaltenen Betriebskosten
nachbessern.


16


Entgegen der Auffassung der Revision haben die Kläger mit
der Nachholung der Angaben zu den Betriebskosten kein vom ursprünglichen
Begehren unabhängiges "weiteres" Mieterhöhungsverlangen gestellt.
Zwar sind die Kläger in ihrem ursprünglichen
Mieterhöhungsverlangen von einer Nettomiete (und nicht von einer
Teilinklusivmiete) ausgegangen und haben eine Erhöhung der
"Nettokaltmiete" begehrt. Dies steht einer Nachbesserung gemäß
§ 558b Abs. 3 BGB aber nicht entgegen, denn die Kläger begehren nach
wie vor (neben der Garagenmiete und den unveränderten Vorauszahlungen
für die abzurechnenden Betriebskosten) eine Erhöhung der Miete von
ursprünglich 500 EUR auf 550 EUR. Es geht mithin lediglich um die
Nachbesserung der im Hinblick auf die tatsächlich vereinbarte
Teilinklusivmiete unzureichenden Begründung des ursprünglichen
Mieterhöhungsverlangens.


17




2.

Entgegen der Auffassung der Revision ist das
Mieterhöhungsverlangen vom 23. Juli 2008 auch nicht wegen Nichteinhaltung
der Jahressperrfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.


18


Allerdings kann ein wirksames Mieterhöhungsverlangen nach
dieser Vorschrift frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung
gestellt werden. Der Revision ist auch zuzugeben, dass aufgrund der
Teilzustimmung der Beklagten zum Mieterhöhungsverlangen der Kläger
vom 7. August 2007 eine Mieterhöhung auf 530 EUR monatlich ab 1. November
2007 wirksam geworden ist und im Zeitpunkt des Zugangs des (nachgebesserten)
Mieterhöhungsverlangens vom 23. Juli 2008 mithin seit der am 1. November
2007 wirksam gewordenen Mieterhöhung noch kein Jahr verstrichen
war.


19


Dem Berufungsgericht ist jedoch darin beizupflichten, dass die
durch eine teilweise Zustimmung des Mieters zu dem Mieterhöhungsbegehren
des Vermieters wirksam gewordene Mieterhöhung einer fristgemäß
erhobenen Klage des Vermieters wegen des Restbetrages - auch im Hinblick auf
die Sperrfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB - nicht entgegensteht (so schon
BayObLG, NJW-RR 1989, 1172, zu § 2 MHG). Zu Recht hat das Berufungsgericht
darauf abgestellt, dass § 558b Abs. 3 BGB dem Vermieter gestattet, ein
Mieterhöhungsverlangen, das den Anforderungen des § 558a BGB nicht
entspricht, noch im Rechtsstreit - auch in der Berufungsinstanz - nachzuholen
oder die Mängel des Mieterhöhungsverlangens zu beheben. Für eine
solche Nachholung oder Nachbesserung gilt die Sperrfrist im Hinblick auf die
Mieterhöhung, die bereits infolge der Teilzustimmung des Mieters wirksam
geworden ist, nicht. Denn das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen
ist erst mit dem Abschluss des Rechtsstreits über den vom Mieter nicht
akzeptierten Teil des Mieterhöhungsbegehrens insgesamt erledigt (vgl.
BayObLG, aaO, 1173; aA Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 558b
Rdnr. 38). Nach der von der Revision vertretenen Auffassung hätte es der
Mieter dagegen weitgehend in der Hand, durch eine - gegebenenfalls auf einen
geringfügigen Betrag beschränkte - Zustimmung die in § 558b Abs. 3 BGB vorgesehene Heilung der Mängel des Mieterhöhungsverlangens oder
dessen wirksame Neuvornahme im anhängigen Rechtsstreit zu verhindern und
den Vermieter auf einen neuen Prozess zu verweisen. Wie das Berufungsgericht
richtig gesehen hat, widerspräche dies auch der Prozessökonomie. Die
Möglichkeiten der Nachholung eines Mieterhöhungsverlangens sind durch
das Mietrechtsreformgesetz inhaltlich ausgeweitet worden, weil im Interesse der
Prozessökonomie vermieden werden sollte, dass Mieterhöhungsprozesse
lediglich wegen formeller Mängel mehrfach neu aufgerollt werden
müssen (BT-Drs. 14/4553, S. 56). Schutzwürdige Interessen des Mieters
sind nicht betroffen, denn dieser ist ausreichend dadurch geschützt, dass
ihm auch bei einer Nachbesserung oder Nachholung des
Mieterhöhungsverlangens die zweimonatige Überlegungsfrist zusteht und
der Vermieter auf diesem Wege keinen höheren Betrag verlangen kann, als er
bereits mit dem ursprünglichen Mieterhöhungsbegehren geltend gemacht
hat.


20




3.

Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass
die Mieterhöhung auf 550 EUR monatlich zum 1. Oktober 2008 und nicht erst
zum 1. Februar 2009 wirksam geworden ist. Nachdem die Kläger die
Mängel des ursprünglichen Mieterhöhungsverlangens mit
Schriftsatz vom 23. Juli 2008, den Beklagten übergeben am 24. Juli 2008,
beseitigt hatten, stand den Beklagten gemäß § 558 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB eine Zustimmungsfrist bis zum Ablauf des zweiten
Kalendermonats ab diesem Zeitpunkt zu, so dass die Mieterhöhung mit Beginn
des dritten Kalendermonats nach Zugang des Schreibens vom 23. Juli 2008, mithin
am 1. Oktober 2008, wirksam geworden ist (§ 558b Abs. 1 BGB). Entgegen der
Auffassung der Revision mussten die Kläger bei der Nachbesserung des
Mieterhöhungsverlangens keine (erneute) 15-monatige Wartefrist (§ 558
Abs. 1 Satz 1 BGB) einhalten. Für die Wartefrist gilt bei der Nachholung
oder Nachbesserung eines Mieterhöhungsverlangens gemäß § 558b Abs. 3 BGB nichts anderes als für die Sperrfrist (siehe oben unter
2).


21




4.

Zu Recht wendet sich die Revisionserwiderung gegen die
Kostenentscheidung des Berufungsgerichts, die in der Revisionstanz von Amts
wegen geändert werden kann, ohne dass das Verbot der Schlechterstellung
des Rechtsmittelführers gilt (BGHZ 92, 137, 139). Entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 ZPO nicht
vor, weil die Kläger nicht aufgrund eines neuen Vorbringens obsiegt haben,
das sie bereits in einem frühren Rechtszug hätten geltend machen
können. Denn die Kläger haben den Schriftsatz vom 23. Juli 2008, in
dem sie ihr Mieterhöhungsverlangen nachgebessert haben, bereits in der
mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht überreicht. Die
Kläger haben in der Sache überwiegend obsiegt und sind (nur) insoweit
unterlegen, als ihnen die begehrte Mieterhöhung erst zum 1. Oktober 2008
und nicht schon zum 1. November 2007 zugesprochen worden ist; hieraus ergibt
sich für die Tatsacheninstanzen eine Kostenquote von 1/3 zu Lasten der
Kläger und 2/3 zu Lasten der Beklagten (§ 92 Abs. 2 ZPO).


Ball

Dr. Frellesen
Dr. Milger
Dr. Fetzer
Dr.
Bünger


Von Rechts wegen


Verkündet am: 20. Januar 2010

VorschriftenBGB § 558 Abs. 1 Satz 2, § 558b Abs. 3

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr