Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

02.02.2010 · IWW-Abrufnummer 100216

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 17.12.2009 – 22 U 143/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


22 U 143/07

Verkündet laut Protokoll am
17. Dezember 2009

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

....

hat der 22. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2009 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ###, Richter am Oberlandesgericht ### und Richterin am Oberlandesgericht ###

für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt vom 29. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens -einschließlich der Kosten der Streithelfer der Beklagten - zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Gegenstandswert zweiter Instanz beträgt 1.261.596,85 €.

Gründe

I.

Die Klägerin hat am 15. August 2001 das Grundstück des Ende der 1960er Jahre errichteten und 1997 geschlossenen ### von der ### zu einem Kaufpreis von 15.000.000,00 DM erworben (Anlage K8) und zum Einkaufszentrum umgebaut (Einzelheiten des Projektes Anlage B7). Der Gesamtaufwand einschließlich Erwerbskosten war auf 79.949.447,00 DM netto kalkuliert (Kostenkalkulation K28) worden. Inzwischen ist das Objekt an einen Investor verkauft.

Die beklagte Ingenieurgesellschaft ###, die im Jahr zuvor schon eine Asbestuntersuchung für die Verkäuferin vorgenommen hatte (B1, K36 - 1. Bericht), war am 9. Juli 2001 - vor dem Erwerb - gemäß ihrem Angebot zur Durchführung dieser "Untersuchungen zur Abgrenzung erheblicher finanzieller Risiken beim Kauf des Gebäudes" (K1 = B1) von der Komplementärin der Klägerin zu "Schadstoffuntersuchungen in Gebäude und Untergrund" beauftragt (K3) worden. Das daraufhin für 8.625,00 DM erstattete Gutachten vom 30. Juli 2001 (2. Bericht - K6) erwähnte die in der zweistöckigen Tiefgarage vorhandene - von Fahrzeugen durch Tausalz eingebrachte - Chloridbelastung der dortigen Betonbauteile mit daraus resultierender Korrosion des Bewehrungsstahls nicht. Den entsprechenden Zustand (Anstrichabblätterungen, Salzausblühungen, Betonabplatzungen - K13/4) haben zwei Jahre später das Baustoffberatungszentrum (K12) - und die Beklagte selbst in ihrem gesondert beauftragten Bericht zur Chlorid-Hauptuntersuchung (K13) - dokumentiert; laut Gutachter der Versicherung der Beklagten, ### (K15), hätten im Jahre 2001 "bei ordnungsgemäßer Bestandsaufnahme die an vielen Stellen der Tiefgarage offensichtlich sichtbaren Schäden eindeutig erkannt werden müssen". Korrosionsschäden am Bewehrungsstahl in Tiefgaragen aus den 1960/70er Jahren in Folge Tausalzeintrags durch einfahrende Fahrzeuge sind ein in Fachkreisen allgemein .bekanntes Phänomen, ihr Erkennen gehört zum "Kleinen Einmaleins" (so die Klägerin Bl. 2 d.A.) bzw. zum "Standardwissen" (so die Beklagte Bl. 37 d.A.) von Architekten.

Die Klägerin begehrt - aus abgetretenem Recht ihrer Komplementärin -Schadensersatz in Höhe von 1.261.596,85 €; das ist die Summe (Bl. 12 d.A.) der im Einzelnen dargestellten (K17 - K21) Sanierungskosten der Tiefgarage. Sie trägt vor, sie hätte eine Verringerung des Kaufpreises um diesen Betrag durchgesetzt, wenn sie von den auf Grund der Chloridschäden erforderlichen Sanierungskosten Kenntnis gehabt hätte. In dieser Differenz liege ihr Schaden, der vermieden worden wäre, wenn die Beklagte ihren Gutachtenauftrag, der - so die Klägerin - die Untersuchung der Tiefgarage auf mögliche Chloridschäden umfasste, richtig erfüllt oder doch jedenfalls ihre Hinweispflichten wahrgenommen hätte.

Die Beklagte hingegen hält Chlorid nicht für einen Schadstoff oder eine Altlast. Nur auf solche sei der Untersuchungsauftrag gerichtet gewesen und nicht auf statisch-konstruktive Schäden an der Bausubstanz. Im Übrigen beruft sich die Beklagte auf fehlenden bzw. in zu großer Höhe geltend gemachten Schaden, Verjährung, Haftungsausschluss für entgangenen Gewinn und Folgeschäden sowie Mitverschulden, weil die Klägerin den Schaden nicht gegenüber dem zur schlüsselfertigen Erstellung zum Pauschalpreis verpflichteten Generalunternehmer geltend gemacht habe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf das angefochtene Urteil wird Bezug genommen.

Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin ihren Anspruch unter Ergänzung und Vertiefung ihres Vorbringens weiter.

Sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.261.596,85 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 611.596,85 € seit dem 3.3.2005 und aus 650.000,00 € seit dem 10.5.2004 zu zahlen.

Die Beklagte und ihre Streithelfer beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres Vorbringens.

Auf die in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze aller Prozessbeteiligten nebst Anlagen wird zur Ergänzung des Sachvortrags Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben über den Inhalt der die Auftragserteilung vorbereitenden Besprechung vom 23. Mai 2001 durch Vernehmung der Zeugen ###. Zum Beweisergebnis wird auf die Sitzungsniederschriften vom 17. September und 29. Oktober 2009 verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte haftet der Klägerin nicht auf den geltend gemachten Schaden, weder aus unrichtigem Gutachten (1.), noch wegen Verletzung eines Beratungsvertrages (2.) oder vertraglicher Nebenpflichten (3.). Zu beurteilen war dies nach dem bis 31. Dezember 2001 geltenden Recht.

1.
Das Gutachten der Beklagten ist nicht unvollständig und damit nicht fehlerhaft im Sinne der §§ 633 ff BGB a.F. Es erfüllt den erteilten Gutachtenauftrag. Dieser hatte nicht den Inhalt, die Tiefgarage des Gebäudes auf eventuelle Chloridschäden zu untersuchen.

Der ausdrückliche Wortlaut der schriftlich fixierten Vereinbarung umfasst keine solche Verpflichtung. Wie schon das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, lässt sie sich auch nicht durch eine verständige Auslegung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen hineininterpretieren. Hierauf wird Bezug genommen.

Etwas anderes kann der Senat auch nicht auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme zum Inhalt der dem Vertragsschluss mit der Beklagten vorangehenden Besprechung vom 23. Mai 2001 annehmen.

Ausgangspunkt ist, dass diese Besprechung aller an der "due diligence" -Prüfung Beteiligten der Aufgabenverteilung auf die Spezialisten für die jeweiligen Problemfelder diente. Hierüber wurde ein Protokoll geführt, die Gesprächsnotiz (S1.1. - Bl. 406f d.A.) des Architekten ### der Klägerin, des jetzigen Streithelfers der Beklagten. Über den Inhalt der Gesprächsnotiz hinaus konnte er bei seiner Zeugenvernehmung (Bl. 675 d.A.) keine Angaben machen, so dass von ihrem Inhalt auszugehen ist. Danach war Aufgabe der Beklagten die "Altlastenklärung und deren Kostenermittlung" und - unter der Überschrift "Altlasten" - erläuterte der Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge ###, dass er "mögliche Altlastenprobleme" in den Bereichen "Asbest, Boden, Parkettkleber, Fassadenabdichtung, Flachdachabdichtung" sehe.

Dass der Zeugin ### die Verwendung des Wortes "Altlast" in dieser Notiz aus heutiger Sicht als "etwas ungünstig" erscheint, ist verständlich. Zugleich hat sie jedoch auch bestätigt, das Wort "Altlast" ebenso wie "Kontamination" gewiss gebraucht zu haben. Der Senat glaubt ihr auch, dass sie, die für die Analyse der mit dem Kauf verbundenen Risiken verantwortlich war, von den eingeschalteten Fachleuten alle technischen Risiken erfahren wollte, die wirtschaftlich von Bedeutung sein konnten, und deshalb alle Begriffe im weitesten Sinne verstanden haben wollte. Nur hilft dies bei der Beantwortung der Frage, welchen Ausschnitt aus diesen technischen Fragen gerade die Beklagte bearbeiten sollte, nicht entscheidend weiter. Hierbei kommt es nämlich weniger auf Feinheiten der begrifflichen Abgrenzungen, als darauf an, was nach dem übereinstimmenden Willen die jeweilige Aufgabenstellung sein sollte.

Deutlicher geworden in dieser Hinsicht, welchen technischen Risikobereich die Beklagte abdecken sollte, ist der Zeuge ###. Da das Gebäude "gestrippt", also alle Teile bis auf den tragenden Rohbau entfernt werden sollten, sei auch die Frage aufgetaucht, welche Entsorgungskosten entstehen, wenn in den zu entsorgenden Massen Asbest, PCB oder Ähnliches enthalten sein sollte. Dies entspricht vollinhaltlich dem in der Gesprächsnotiz Festgehaltenen. Die erforderlichen Kosten sollten in der Kalkulation unter Position 213 "Altlastenbeseitigung" gebucht werden. ### bestätigt auch, was arm ausgeführt hat, dass es um die Auswertung und Aktualisierung der schon vorhandenen Gutachten ging, die auf Ergänzungsnotwendigkeit hin überprüft werden sollten. Diese Gutachten bezogen sich hinsichtlich des Gebäudes auf Asbest, also einen Stoff, welcher gesondert zu entsorgen ist, ebenso wie krebserregende Weichmacher (PCB) und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK).

Der konkrete Auftrag an die Beklagte ist nicht in dieser Besprechung erteilt worden, sondern sollte ausdrücklich anschließend erfolgen (letzter Satz der Gesprächsnotiz - Bl. 407 d.A.). Demzufolge hat der Zeuge ### noch am selben Tage seine Einschätzung der bisherigen Gutachten und Vorschläge für weitere Untersuchungen zusammengefasst (B3). Dass diese Darstellung nicht der abgesprochenen und beabsichtigten Aufgabenstellung entspreche, ist ihm nicht entgegengehalten worden. Konsequent enthält sein konkretisiertes Angebot vom 31. Mai 2001 (B4) unter der Position "Kostenschätzung": "Massenschätzung der kontaminierten Materialien und Schätzung der Kosten für die Sanierung und Entsorgung der kontaminierten Materialien". Dies entspricht dem, was ### als Aufgabe von der Beklagten erwartete, so dass es nicht verwundert, dass zwar über die Reduzierung des Honorars der Beklagten (Herausnahme der PAK-Prüfung), nicht aber über eine Erweiterung des Auftragsumfangs verhandelt wurde, bevor das reduzierte Angebot vom 9. Juli 2001 (K1) am 12. Juli 2001 angenommen wurde (K3).

Nach alledem ist der Senat überzeugt, dass die Beklagte nach dem Vertrag keineswegs die Tiefgarage auf Chloridbelastung untersuchen sollte. Zwar kann Chlorid (hier Tausalz) abstrakt begrifflich gewiss unter den Oberbegriff "Schadstoff" eingeordnet werden, weil es in bestimmten Zusammenhängen durchaus "schädlich" sein kann. Ein hoher Chloridgehalt wirkt unter anderem auf Beton und eisenhaltige Metalle zerstörend (vgl. Die Umweltdatenbank - Bl. 527 d.A.). Konkret bestand aber im seinerzeitigen Zusammenhang aus der Sicht der Beteiligten keine Veranlassung, im Gebäude nach Tausalz zu suchen, um es - und die von ihm kontaminierten Materialien - zu entfernen und die Kosten dieser Beseitigung zu kalkulieren. Da Tausalz als solches keine direkte toxische Wirkung zeigt (Schadstoff-Glossar - Bl. 530 d.A.), wirft seine Entsorgung keine Kostenprobleme auf, zu deren Schätzung ein Ingenieurbüro hätte beauftragt werden müssen.

An dieser Beurteilung ändert sich auch dadurch nichts, dass die Beklagte nach Darstellung der Klägerin später eine Auftragserteilung insoweit eingeräumt haben soll. Dass der Geschäftsführer der Beklagten, ### der Geschäftsführerin der Klägerin, ### gegenüber bestätigt habe, zu einer Chloriduntersuchung der Tiefgarage verpflichtet gewesen zu sein, hält der Senat nicht für bewiesen. Es ist schon fraglich, ob. einem Satz wie "Die (meine Leute) haben einfach nicht daran gedacht" überhaupt eine solche Bedeutung zugemessen werden kann. Jedenfalls ist es überzeugend, wie es ### ausgeführt hat, dass ein - zumal neuer -Geschäftsführer nicht ohne nähere Prüfung der Einzelheiten mit weitreichenden finanziellen Folgen Fehler seiner Mitarbeiter einräumt.

2.
Die Beklagte haftet nicht aus positiver Vertragsverletzung eines selbständigen Beratungsvertrags. Ein gesonderter Beratungsvertrag zusätzlich zum oben genannten Werkvertrag ist zwischen den Parteien nicht geschlossen worden.

Zwar kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter bestimmten Voraussetzungen eine vertragliche Haftung eines Auskunftgebers für die Richtigkeit seiner Auskunft auf Grund eines stillschweigenden Abschlusses eines - auch unentgeltlichen -Auskunftsvertrages in Betracht. Dabei ist entscheidend darauf abzustellen, ob die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses den Rückschluss zulassen, dass beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2005 - KZR. 12/04 - zitiert nach Juris Rn 12 m.w.N.). Bei der hiesigen Konstellation lässt sich jedoch weder feststellen, dass die Beklagte einen Rat oder eine Auskunft erteilt hat (ihr wird gerade vorgeworfen, dies nicht getan zu haben), noch dass sie insoweit eine Verpflichtung hatte eingehen wollen. Aus dem Vorschlag der Beklagten, bestimmte zusätzliche Untersuchungen für erforderlich zu halten, lässt sich kein verbindlicher Rat herleiten, die Klägerin. solle ihren Auftrag auf diese Untersuchungen beschränken. Die Beklagte hatte ein Interesse daran, möglichst weit reichende und umfassende Aufträge zu erhalten und der Klägerin stand es frei, solche zu erteilen. In diesem Zusammenhang einen rechtsverbindlichen Rat der Beklagten anzunehmen, ihr keine weiteren Aufträge zu erteilen, wäre ihrem Interesse zuwider gewesen. In solchen Akquisitionsphasen besteht kein Verkehrsbedürfnis für eine eventuelle Haftung über die bei Vertragsanbahnungen ohnehin geschuldete übliche und erforderliche Sorgfalt, hinaus.

3.
Die Beklagte hat auch keine (vor-)vertragliche Nebenpflicht zur Aufklärung (§ 242 BGB) schuldhaft verletzt, indem sie die Klägerin nicht darauf hingewiesen hat, dass die Tiefgarage möglicherweise durch Tausalzeintrag chloridbelastet sei, Untersuchungen auf Chloridbelastungen aber von ihrem Auftrag nicht umfasst seien. Eine solche Pflicht der Beklagten bestand nicht.

Aus Treu und Glauben abzuleitende Informations- und Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass jeder Vertragspartner verpflichtet ist, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den von diesem verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2001 - V ZR 402/99 - zitiert nach Juris Rn 8); dies gilt auch für den Unternehmer gegenüber dem Besteller eines Werkes (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 - X ZR 26/97 - zitiert nach Juris Rn 18 m.w.N.). Der Umfang der Aufklärungs- und Prüfungspflicht wird maßgeblich durch das Fachwissen des Unternehmers .und den Beratungsbedarf des Auftraggebers bestimmt (BGH, Urteil vom 2. November 1995 - X ZR 81/93 - zitiert nach Juris Rn 25). Treu und Glauben gebieten es insbesondere, dass der Wissende den Unwissenden aufklärt (BGH, Urteil vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04 - zitiert nach Juris Rn 19). Im Übrigen steckt der Rahmen der vertraglich übernommenen Verpflichtungen zugleich den Umfang der Obhuts- und Beratungspflichten ab (BGH, Urteil vom 3. Mai 2000 - X ZR 49/98 - zitiert nach Juris Rn 9).

Ein solches Informationsgefälle, welches die Beklagte nach Treu und Glauben hätte beseitigen müssen, ist hier jedoch nicht feststellbar:

Das Gebäude sollte "gestrippt", also alle Teile bis auf den Rohbau entfernt, werden. Der Beklagten war als Fachingenieurunternehmen die Prüfungsaufgabe zugewiesen, Schadstoffe / Altlasten zu identifizieren und im Rahmen der Abbruchmaßnahmen den Beseitigungsaufwand der von ihnen kontaminierten Materialien abzuschätzen (siehe oben unter II.1.). Festzustellen, ob oder in welchem Umfang die verbleibende Rohbausubstanz - insbesondere von der Statik der Betonkonstruktionen her - tauglich war oder Schäden aufwies und der Sanierung bedurfte, oder in welchem Umfang der Estrich erneuert werden musste, war reine Architektenaufgabe. An vielen Stellen der Tiefgarage waren Schäden sichtbar. Dass bei in den 1960er Jahren gebauten Tiefgaragen in Folge Tausalzeintrags durch einfahrende Fahrzeuge wahrscheinlich Korrosionsschäden an Beton und Bewehrungsstahl entstanden seien, war in Fachkreisen allgemein bekannt. Dass der Stoff, durch welchen Estrich und Betonkonstruktionen der Tiefgarage in Mitleidenschaft gezogen worden waren, Tausalz war, war ebenfalls bekannt und bedurfte keiner ingenieurtechnischen Untersuchung. Es ging nicht darum, das Salz - wie die anderen schädlichen Stoffe - als solches zu entfernen, sondern die Folgen, die es in den letzten dreißig Jahren an der Bausubstanz verursacht hatte. Die zur Sanierung der Tiefgarage erforderlichen Kosten waren unter der Rubrik "300 Baukonstruktionen" und nicht unter "213 Altlastenbeseitigung" zu kalkulieren. Dies ist auch geschehen. Nach Angaben des Architekten der Klägerin waren für die Betonsanierung Kosten angesetzt.

Es bestand demnach für die Beklagte keinerlei Veranlassung, sich ohne ausdrückliche Anfrage - wie zwei Jahre später an sie herangetragen - um diesen Problemkreis zu kümmern. Sie wusste, dass die Klägerin Architekten eingeschaltet hatte, so dass für sie kein Informationsdefizit der Klägerin ersichtlich war. Die Architekten der Klägerin zu kontrollieren, war nicht ihre Aufgabe. Die Beklagte durfte sich darauf verlassen, dass nach der Aufgabenverteilung der Spezialisten für die "due diligence" - Prüfung sie nur für ihren Bereich "Altlasten" verantwortlich war. Hinsichtlich Betonsanierungen hatte sie auch kein überlegenes Fachwissen. Wenn die Architekten der Klägerin ihre Kostenschätzungen zur Betonsanierung machten, ohne die Tiefgarage überhaupt besichtigt zu haben (so Architekt ### im Senatstermin vom 19. März 2009 - Bl. 493 d.A.), ist dies der Klägerin zuzurechnen und nicht der Beklagten.

Hinzu kommt, dass auch eine seinerzeitige Chloriduntersuchung keineswegs die von der Klägerin gewünschte Information über Kosten der Sanierung gezeitigt hätte. Wie die spätere gesondert beauftragte Untersuchung der Beklagten (K13) zeigt, bringt sie über das seinerzeit für die Architekten der Klägerin ohnehin Sichtbare (der Estrich ist auszutauschen, die auffälligen Bereiche sind instand zu setzen, eine Schädigung der Bewehrung -Lochkorrosion - ist wahrscheinlich, ein Instandsetzungskonzept muss aufgestellt werden) hinaus keine neuen Erkenntnisse.

4.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 101, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

RechtsgebietBGB a.F.VorschriftenBGB a.F. §§ 242, 633 ff

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr