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20.01.2010 · IWW-Abrufnummer 100160

Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 17.12.2009 – 14 W 820/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Geschäftsnummer:
14 W 820/09
8 O 319/07 LG Koblenz
OBERLANDESGERICHTKOBLENZ
BESCHLUSS
In dem Kostenfestsetzungsverfahren XXX
wegen Kostenfestsetzung
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch XXX ohne mündliche Verhandlung am 17.12.2009 beschlossen:
1. Auf die sofortige Beschwerde vom 18.11.2009 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichtes Koblenz vom 09.11.2009 (8 O. 319/07) betreffend die vormalige Beklagte (Bl. 391 GA) teilweise abgeändert und die von der Klägerin an die vormalige Beklagten zu zahlenden Kosten auf 1.780,20 EUR Nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 25.06.2008 festgesetzt.
2. Da die Beschwerde Erfolg hat, sind für das Beschwerdeverfahren keine Gerichtsgebühren zu erheben. Im Übrigen trägt die Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 890,10 EUR festgesetzt.
G r ü n d e:
I.
Die Klägerin hat am 15.10.2007 per Fax Klage gegen die vormalige Beklagte erhoben. Die Klage datiert vom 14.05.2007. Die vormalige Beklagte war zuvor bereits auf die nachfolgende Beklagte verschmolzen und im Handelsregister am 20.08.2007 gelöscht worden. Dieser Sachverhalt wurde der Klägerin von der nachfolgenden Beklagten unter dem 09.10.2007 mitgeteilt.
Auf den Einwand, dass die Klage gegen die vormalige Beklagte unzulässig ist, hat die Klägerin zunächst „die Bezeichnung der Beklagten“ auf die nachfolgende Beklagte geändert (Bl. 52 GA). Die Einzelrichterin beim Landgericht hat die Klägerin dann darauf hingewiesen, dass nur ein Parteiwechsel (Rücknahme der Klage gegen die bisherige Beklagte und Klage gegen die neue Beklagte) oder eine Parteierweiterung in Betracht komme (Bl. 59/60 GA). Darauf hat die Klägerin am 27.12.2007 klargestellt, dass ein Parteiwechsel gewollt sei (Bl. 61 GA).
Die Prozessbevollmächtigten der vormaligen Beklagten haben dann beantragt, der Klägerin die Kosten der Klagerücknahme gegenüber der vormaligen Beklagten aufzuerlegen (Bl. 74 GA), was mit dem Beschluss der Einzelrichterin am 02.06.2008 geschehen ist. Darauf haben die Prozessbevollmächtigten der vormaligen Beklagten am 24.06.2008 beantragt, gegen die Klägerin eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG aus einem Streitwert von 100.792,90 EUR in Höhe von 1.760,20 EUR nebst einer Auslagenpauschale von 20,00 EUR und der Umsatzsteuer festzusetzen. Zugleich wurde mitgeteilt, dass der Mandant vorsteuerabzugsberechtigt ist.
Am 27.10.2008 hat der Bevollmächtigte der vormaligen Beklagten an die Erledigung des Kostenfestsetzungsantrages erinnert. Darauf hat der Rechtspfleger einen Hinweis erteilt, wonach seines Erachtens „die Verfahrensgebühr nach Kopfteilen gemäß § 100 Abs. 1 ZPO analog aufzuteilen ist (Bl. 225 GA). Dem hat der Bevollmächtigte der vormaligen Beklagten widersprochen (Bl. 237 GA).
In der Hauptsache haben sich die Klägerin und die nachfolgende Beklagte sodann verglichen (Bl. 337 GA) und die Kostenentscheidung dem Gericht nach § 91a ZPO überlassen. Das Landgericht hat darauf mit Beschluss vom 24.06.2009 die Kosten des Rechtsstreites und des Vergleiches gegeneinander aufgehoben(BL. 339 GA). Zugleich wurde der Streitwert bis zum 05.11.2007 auf 87.705,88 EUR und vom 06.11.2007 bis zum 17.04.2008 auf 100.792,90 EUR, vom 18.04.2007 bis 11.09.2008 auf 111.698,85 EUR und ab diesem Zeitpunkt auf 124.785,87 EUR festgesetzt (Bl. 340 GA). Die gegen den Kostenbeschluss gerichtete sofortige Beschwerde (Bl. 351 GA) hat der 8. Senat des OLG Koblenz mit Beschluss vom 07.09.2009 zurückgewiesen (Bl. 373-376 GA).
Auf telefonische Nachfrage vom 06.07.2009 hat der Rechtspfleger erklärt, dass der Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der vormaligen Beklagten nicht beschieden werde, worauf der Prozessbevollmächtigte einen rechtsmittelfähigen Beschluss erbeten hat (Bl. 350 GA)
Mit Beschluss vom 09.11.2009 hat das Landgericht die von der Klägerin an die Beklagte zu erstatteten Kosten auf 890,10 EUR nebst Zinsen, d.h. die Hälfte der zur Festsetzung beantragten Nettovergütung festgesetzt. Dies hat es damit begründet, dass die Kosten nach Kopfteilen gemäß § 100 Abs. 1 ZPO analog aufzuteilen seien. Die Mehrwertsteuer sei aufgrund der Vorsteuerabzugsberechtigung nicht zu berücksichtigen.
Gegen die ihr am 13.11.2009 zugestellte Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde vom 18.11.2009, eingegangen am 19.11.2009 mit der geltend gemacht wird, dass es sich weder um eine Parteihäufung noch eine Streitverkündung handele (Bl. 397/398 GA). Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 10.12.2009 nicht abgeholfen, ohne sich mit der Argumentation der vormaligen Beklagten auseinanderzusetzen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Auf die sofortige Beschwerde war der Beschluss des Landgerichtes aufzuheben und die Sache wie tenoriert zu entscheiden. .
Zutreffend geht das Landgericht zunächst davon aus, dass auch die nicht existente Partei einen Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Kosten hat. Existiert – wie hier - eine juristische Person zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht, ist das gegen sie in Gang gebrachte Verfahren nicht ohne weiteres wirkungslos. Vielmehr sind die nach dem Klagevorbringen vertretungsbefugten oder handelnden Personen berechtigt, für die in Anspruch genommene juristische Person deren Nichtexistenz mit dem Ziel der Klageabweisung als unzulässig geltend zu machen (BGH v. 10.10.2007, XII ZB 26/05 = NJW 2008, 528; Senat v. 07.03.2001, 14 W 138/01; Senat v. 15.05.2001, 14 W 332/01; OLGR Saarbrücken 2002, 259)
Ergeht in deinem derartigen Fall eine Kostengrundentscheidung, die dem Kläger oder der Klägerin die Kosten auferlegt, kann eine Kostenerstattung der Anwaltsgebühren auf Beklagtenseite nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es fehle an einem Auftraggeber, weil die im Prozess vertretene (Schein-)Partei nicht existent sei. Auftraggeber im gebührenrechtlichen Sinn ist in solchen Fällen die nicht existente juristische Person, während die handelnde Person, die den Anwalt mandatiert hat, Auftraggeber im materiell-rechtlichen Sinne ist (§§ 611ff., 675 BGB). Aufgrund einer den gebührenrechtlichen Auftraggeber begünstigenden Kostenentscheidung kann trotz deren Nichtexistenz die handelnde Person, die den materiell-rechtlichen Anwaltsvertrag geschlossen hat, ihre dadurch verursachten Kosten gegen den unterlegenen Prozessgegner festsetzen lassen (Senat v. 07.03.2001, 14 W 138/01).
Nach alledem sind der vormaligen Beklagten die ihr durch die Abwehr der Inanspruchnahme entstandenen Gebühren zu ersetzen.
Danach ist hier zugunsten der vormaligen Beklagten eine volle 1,3-Verfahrensgebühr zu berücksichtigen. Der Verweis des Rechtspflegers auf § 100 ZPO geht fehlt.
In Fällen der vorliegenden Art ist zu differenzieren:
Soweit die nicht existente Partei neben existenten Parteien in Anspruch genommen wird, entsteht für den gemeinsamen Bevollmächtigten die Verfahrensgebühr und darüber hinaus für jeden weiteren gebührenrechtlichen Auftraggeber die Erhöhungsgebühr, wobei die nicht existente Partei mit zu berücksichtigen sind (so die Fälle in den Entscheidungen vom v. 07.03.2001, 14 W 138/01 und v. 15.05.2001, 14 W 332/01). Nur in diesen Fällen stellt sich die Frage, wie die Streitgenossen im Innenverhältnis die Kosten verteilt haben, wobei als Regelfall von einer gleichmäßigen Verteilung auszugehen ist. Zugunsten der nicht existenten Partei ist dann der Betrag der Mehrkosten festzusetzen, der auf sie entfällt (in der Regel dann eine 0,3-Erhöhungsgebühr).
Der vorliegende Fall liegt jedoch anders. Hier hat ein echter Parteiwechsel stattgefunden, so dass die vormalige Beklagte und die nachfolgende Beklagte zu keinem Zeitpunkt Streitgenossen waren. Vielmehr war bis zum Parteiwechsel am 27.12.2007 allein die nicht existente Partei beklagt, im Anschluss daran dann die nachfolgende Partei. In diesem Fall entsteht für jede der Parteien eine 1,3-Verfahrensgebühr, die dann auf der Grundlage der getroffenen Kostengrundentscheidung festzusetzen ist. Hier hat die Einzelrichterin der Klägerin die Kosten der nicht existenten Partei nach § 269 Abs. 3 ZPO in vollem Umfange auferlegt, so dass dem Kostenfestsetzungsantrag in vollem Umfange zu entsprechen war.
Eine Reduzierung der Gebühr nach Nr. 3403 VV RVG auf eine 0,8-Verfahrensgebühr kam vorliegend nicht in Betracht, da die Klägerin die Klage gegen die vormalige Beklagte erhoben hat, obwohl die Verschmelzung bereits am 20.08.2007 im Handelsregister eingetragen wurde, die Klägerin noch vorgerichtlich auf diesen Umstand hingewiesen wurde, gleichwohl die Klage erhoben und diese auch nicht unverzüglich zurückgenommen hat. Erst auf Hinweis des Gerichtes wurde ein Parteiwechsel vorgenommen. Der Fall liegt damit anders als in der Entscheidung des OLG München vom 18.11.2009 (11 W 2492/09). Dabei darf vorliegend auch die Höhe der Klageforderung und die damit drohende spätere Inanspruchnahme der hinter der vormaligen Beklagten handelnden Personen außer Betracht bleiben.
Der angefochtene Beschluss war danach im tenorierten Sinne zu ändern. Angesichts des Umstandes, dass der Rechtspfleger den Kostenfestsetzungsantrag vom 24.06.2008 erst fast 1 ½ Jahre nach der Antragstellung beschieden hat, wurde diesem Weg im Sinne der Parteien gegenüber der Aufhebung und Zurückverweisung aus formalen Gründen der Vorzug gegeben, auch wenn sich der Rechtspfleger weder in dem angefochtenen Beschluss noch in der Nichtabhilfeentscheidung mit der Argumentation der vormaligen Beklagten auseinandergesetzt hat und dies eine Zurückverweisung wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs gerechtfertigt hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf Nr. 1812 KVGKG, § 91 ZPO.

RechtsgebietGebührenrecht VorschriftenNr. 3100 VV RVG

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