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12.01.2010 · IWW-Abrufnummer 100141

Bundesgerichtshof: Beschluss vom 10.12.2009 – VII ZB 31/09

Auch bei der eingeschränkten pauschalen Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung gemäß § 119 Abs. 2 ZPO ist die Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts in Anwendung des § 121 Abs. 2 ZPO für die jeweilige Maßnahme der Zwangsvollstreckung zu prüfen.


VII ZB 31/09

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 10. Dezember 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka,

den Richter Dr. Kuffer,

den Richter Bauner,

die Richterin Safari Chabestari und

den Richter Dr. Eick

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 26. Februar 2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Gläubigerin beabsichtigt, gegen den Schuldner aus einem vor dem Arbeitsgericht abgeschlossenen Vergleich, in dem sich der Schuldner zur Zahlung restlichen Arbeitslohns in Höhe von 3.618 EUR und zur Erteilung entsprechender Lohnabrechnungen verpflichtete, die Zwangsvollstreckung zu betreiben.

Sie hat beantragt, ihr für das Vollstreckungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin C. beizuordnen.

Die Rechtspflegerin hat der Gläubigerin für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners vorerst auf die Dauer eines Jahres Prozesskostenhilfe bewilligt, jedoch die Beiordnung der Rechtsanwältin abgelehnt.

Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren auf Beiordnung der Rechtsanwältin C. für das Zwangsvollstreckungsverfahren weiter.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 575 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1.

Das Landgericht vertritt in Übereinstimmung mit Teilen der Instanzgerichte (z.B. LG Düsseldorf, JurBüro 1993, 361; LG Koblenz, Rpfleger 2005, 200 sowie FamRZ 2005, 529 und JurBüro 2002, 321; ebenso LG Deggendorf, JurBüro 2002, 662; LG Kleve, Rpfleger 2005, 54; LG Bayreuth, JurBüro 2000, 546) die Ansicht, jedenfalls für einfache Fälle der Mobiliarvollstreckung sei die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich. Daran sei für den vorliegenden Fall festzuhalten. Besondere Schwierigkeiten seien hier nicht erkennbar, zumal es sich nach dem Inhalt des arbeitsgerichtlichen Vergleichs um einen verhältnismäßig geringfügigen Betrag handele. Erforderlichenfalls könne die Gläubigerin die notwendige Unterstützung durch die Rechtsantragsstelle erhalten. Dass sie hierzu in der Lage sei, habe die Gläubigerin bewiesen, indem sie insoweit laut den unwidersprochenen amtsgerichtlichen Feststellungen in anderen Vollstreckungsverfahren ohne anwaltliche Hilfe zu Protokoll der Rechtsantragstelle zwei die Vollstreckung einleitende Anträge gestellt habe.

2.

Demgegenüber macht die Rechtsbeschwerde geltend, von der Frage der Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts für bestimmte Vollstreckungsmaßnahmen sei die Frage der Erforderlichkeit der (pauschalen) Beiordnung eines Rechtsanwalts für das gesamte Zwangsvollstreckungsverfahren zu unterscheiden. In den Fällen, in denen gemäß § 119 Abs. 2 ZPO pauschal Prozesskostenhilfe bewilligt werde, sei wegen der Komplexität der Materie und nicht zuletzt der schwierigen Frage der Pauschalbewilligung selbst die Vertretung durch einen Rechtsanwalt regelmäßig erforderlich. Ein Teil der Instanzgerichte (z.B. LG Koblenz, FamRZ 2005, 529 sowie JurBüro 2002, 321) sowie Teile der Literatur (Zöller/Phillippi, ZPO, 27. Aufl., § 121 Rdn. 8; Musielak/ Fischer, ZPO, 6. Aufl., § 121 Rdn. 15; Fischer, Rpfleger 2004, 190; Hornung, JurBüro 1998, 381, 383) seien zu Recht der Ansicht, dass heutzutage jede Vollstreckungsmaßnahme ohne das Risiko von Nachteilen von einem Laien nicht optimal ausgewertet und durchgeführt werden könne. So diene etwa die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung der Vorbereitung der weiteren Zwangsvollstreckung. Nach Erstellung des Vermögensverzeichnisses durch den Schuldner sei der Gläubiger auf fachkundigen Rat angewiesen. Auch die Mobiliarzwangsvollstreckung sei nicht grundsätzlich sehr einfach, etwa in Fällen der Austauschpfändung, der Vorwegpfändung oder der Taschenpfändung. Hinzu komme, dass die vom Gesetzgeber mit der Einführung der Pauschalbewilligung angestrebte Verfahrenserleichterung praktisch in das Gegenteil verkehrt würde, wenn der Anwalt für jede einzelne Vollstreckungshandlung einer Beiordnung bedürfte.

3.

Damit hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Verfahren ohne Anwaltszwang nach § 121 Abs. 2 ZPO ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Partei dies beantragt und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, d.h. wenn Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache Anlass zu der Befürchtung geben, der Hilfsbedürftige werde nach seinen persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage sein, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen und die notwendigen Maßnahmen in mündlicher oder schriftlicher Form zu veranlassen. Die Notwendigkeit der Beiordnung des Rechtsanwalts hängt danach einerseits von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen gerade des Antragstellers und andererseits von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigenden Rechtsmaterie ab (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 124/03, NJW 2003, 3136 = JurBüro 2004, 42). Maßgebend ist die jeweilige Zwangsvollstreckungsmaßnahme, so dass nicht allein darauf abgestellt werden kann, ob die Zwangsvollstreckung insgesamt wenige (dazu BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 124/03, a.a.O.) oder erfahrungsgemäß viele rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten aufweist (BGH, Beschluss vom 25. September 2003 - IXa ZB 192/03, FamRZ 2003, 1921).

Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Ansicht gilt auch in den Fällen der eingeschränkten Pauschalbewilligung gemäß § 119 Abs. 2 ZPO nichts Anderes. Die durch das zweite Gesetz zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften eingeführte Norm ermöglicht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen für alle Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Amtsgerichts und hat damit die Streitfrage, ob für jede Vollstreckungsmaßnahme isoliert Prozesskostenhilfe zu beantragen ist, mit diesem Inhalt gelöst (BT-Drucks. 13/391, S. 13; vgl. dazu auch Hornung, Rpfleger 1988, 381 ff.). Sie verhält sich jedoch nicht zur Beiordnung eines Rechtsanwalts (zutreffend Hornung, Rpfleger 1988, 381; ebenso Frank, Rpfleger 2004, 190, 194; jedoch befürworten beide in den Fällen des § 119 Abs. 2 ZPO die regelmäßige Beiordnung eines Rechtsanwalts). Dies ist nach wie vor in Anwendung des insofern unverändert gebliebenen § 121 Abs. 2 ZPO und den hierzu vom Bundesgerichtshof gestellten Anforderungen zu beurteilen.

4.

Nach alldem ist die Beschwerde zurückzuweisen. Konkrete Maßnahmen der Zwangsvollstreckung sind noch nicht beantragt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

RechtsgebietZPOVorschriftenZPO §§ 119 Abs. 2

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