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11.01.2010 · IWW-Abrufnummer 100070

Sozialgericht Marburg: Urteil vom 01.07.2009 – S 12 KA 225/09

Die Ermächtigung eines hochspezialisierten Krankenhausarztes hat nicht allein den Bedarf des Planungsbereichs und der angrenzenden Planungsbereiche zu berücksichtigen, sondern in Ausnahmefällen auch einen überregionalen (bundesweiten) Bedarf. Fallzahlobergrenzen sind dann nach regionalem und überregionalem Bedarf zu differenzieren.


S 12 KA 225/09

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und des Beigeladenen zu 1) und die Gerichtskosten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Umfang der Ermächtigung des Beigeladenen zu 1).

Der 1953 geborene und zu 1) Beigeladene ist Arzt für Radiologische Diagnostik mit Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie und Nervenarzt sowie Direktor der Abteilung Neuroradiologe des Zentrums für Nervenheilkunde im Fachbereich Humanmedizin am A Stadt. Er wurde seit längerem zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt.

Mit Beschluss vom 24.06.2003 ermächtigte der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Klägerin den Beigeladenen zu 1) bis zum 30.09.2004 für verschiedene Leistungen. Am 01.06.2004 beantragte der Beigeladene zu 1) die Verlängerung seiner Ermächtigung im bisherigen Umfang, jedoch ohne Fallzahlbegrenzung, weil der Bedarf angestiegen sei und weiterhin kein Neuroradiologe niedergelassen sei. Die Bezirksstelle A-Stadt der Beigeladenen zu 1) teilte unter Datum vom 15.09.2004 mit, sie habe eine Stellungnahme der Gemeinschaftspraxis Dr. GJ. u. Partner, Radiologen, sowie eine Analyse der Abrechnung des Beigeladenen zu 1) auf der Basis des Quartals II/04 einbezogen. Die Gesamtfallzahl (einschl. Notfälle) betrage 403, davon Überweisungen aus der Neurochirurgischen Poliklinik 95, aus der HNO-Poliklinik 101, Neurologischen Poliklinik 81 und Orthopädischen Poliklinik 5. Weitere Überweisungen seien aus verschiedenen Facharztgruppen erfolgt, jedoch im einstelligen Zahlenbereich. Eine vertiefte Analyse der aus der HNO-Poliklinik überwiesenen Patienten habe erhebliche Zweifel ergeben, ob diese tatsächlich von der Ermächtigung erfasst werden würden. Sie empfehle die Fortführung der Ermächtigung für zwei Jahre bei Beibehaltung der Fallzahlgrenze und Herausnahme der HNO-Ärzte bzw. HNO-Poliklinik aus der Gruppe der zuweisungsberechtigten Ärzte. Mit Beschluss vom 29.09.2004, ausgefertigt am 15.12.2004 verlängerte der Zulassungsausschuss die Ermächtigung bis zum 30.09.2006 im bisherigen Umfang ohne weitere Einschränkung. Hiergegen legte ein in A-Stadt ansässiges Medizinisches Versorgungszentrum Widerspruch ein. Zur Begründung führte es aus, die Versorgung sei durch niedergelassene Praxen umfänglich gewährleistet. Die Klägerin legte ebf. Widerspruch ein. Sie trug vor, sie halte an ihrer Auffassung fest, dass die aus der HNO-Poliklinik überwiesenen Patienten in jedem Fall auch in Praxen der niedergelassenen Radiologen behandelt werden könnten. Mit Beschluss vom 25.05.2005 änderte der Beklagte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass im dortigen Tenor die HNO-Ärzte aus dem Ermächtigungskatalog des Beigeladenen zu 1) herausgenommen wurden. Zur Begründung führte er an, für die Überweisungsmöglichkeit von HNO-Ärzten bestehe kein Bedarf. Dies folge aus der von der Bezirksstelle A-Stadt angefertigten Analyse. Sämtliche Leistungen der Ermächtigung seien auch von niedergelassenen Ärzten erbringbar. Dies habe das Medizinische Versorgungszentrum bestätigt. Auch sei Dr. D als Facharzt für Nuklearmedizin weiterhin tätig. Eine Erkrankung mit u. U. bedrohlicher Entwicklung könne nicht dazu führen, dass eine Übergehung der niedergelassenen Fachärzte erfolge. Gegen die Fallzahlgrenze habe der Beigeladene zu 1) keinen Widerspruch eingelegt. Auf Klage des Beigeladenen zu 1) zum Az.: S 12 KA 593/05 erklärten die Beteiligten vor der Kammer am 31.05.2006 den Rechtsstreit für erledigt, nachdem die Kammer erklärt hatte, es sei nicht ersichtlich, inwiefern ein besonderer Bedarf bestehe. Soweit der Beigeladene zu 1) sich hierzu aber eingelassen habe, dass er eine besondere Spezialisierung habe und im Grunde genommen nur Patienten behandele und behandeln wolle, die abschließend bereits von anderen Fachärzten diagnostiziert worden seien, insbesondere auch von Radiologen, so rate die Kammer ihm dringend an, diesen besonderen Bedarf schriftlich zu fixieren und dies seinem Antrag bei den Zulassungsgremien zur Verlängerung der Ermächtigung beizufügen, damit die Zulassungsgremien eingehend diesen insoweit neuen Sachvortrag prüfen könnten.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung ermächtigte den Beigeladenen zu 1) dann mit Beschluss vom 26.09.2006, befristet bis 30.09.2008 für folgende Leistungen:

Durchführung besonderer Untersuchungsmethoden auf dem Gebiet der Neuroradiologie bei ambulant vordiagnostizierten Patienten mit neurologischen Erkrankungen sowie zur Betreuung endovaskulärer Therapien, ausschließlich auf Überweisung durch Radiologen, Neuroradiologen, Neurologen, Neurochirurgen und Kinderradiologen abzurechnen nach den Nrn. 01310 bis 01312, 02100, 02330, 02331, 02340, 02341, 02343, 16210 bis 16212, 16310, 34210, 34221 bis 34223, 34230, 34282, 34310, 34311, 34320 bis 34322, 34330, 34340 bis 34342, 34350, 34351, 34410, 34411, 34420 bis 34422, 34430, 34440 bis 34442, 34450, 34451, 34460 und 34500 EBM 2005

- die Zahl der abrechnungsfähigen Fälle wird auf maximal 500 je Quartal begrenzt; Notfälle fallen nicht unter die Fallobergrenze -.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Beschluss vom 26.09.2007 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Beigeladene zu 1) habe überzeugend dargetan, dass eine überregionale und bundesweite Nachfrage nach den von ihm erbrachten Leistungen bestehe. Diese Nachfrage übersteige die von dem Beigeladenen zu 1) erstrebte Fallzahl von 350 Fällen pro Quartal. Aus den Fallzahlen der letzten Jahre ergebe sich, dass die Anzahl derjenigen Patienten, deren Wohnort außerhalb des Planungsbereichs liege, regelmäßig zwischen 70 und 80 % derjenigen Fälle betrage, bei denen die Patienten ihren Heimatort im Planungsbereich hätten. Da nicht davon auszugehen sei, dass das Medizinische Versorgungszentrum ebenfalls über einen überregionalen Einzugsbereich verfüge, sei davon auszugehen, dass die Fallzahl von 350 Fällen bereits aus dem regionalen Patientenaufkommen gespeist werde.

Am 28.04.2008 hat der Beigeladene zu 1) einen weiteren Antrag auf Verlängerung seiner Ermächtigung gestellt. Zur Begründung trug er vor, er grenze sich von den im Planungsbereich niedergelassenen Fachärzten für Radiologie insoweit ab, als er den Bedarf an spezieller neuroradiologischer Diagnostik abdecke. Im Planungsbezirk A-Stadt sei kein Facharzt für Radiologie mit der Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie niedergelassen. Er stehe am Ende einer fachärztlichen Diagnostikkette. Sein Tätigkeitsspektrum beziehe sich auf neuroradiologische-diagnostische Untersuchungen bei schwierigen Diagnosen im Rahmen von vaskulären und tumorösen Erkrankungen. Bestimmte Untersuchungen, insbesondere im Rahmen der pränatalen Diagnostik von Föten sowie bei Neugeborenen, könnten nur von ihm oder bei einem Fachkollegen in Paris durchgeführt werden. Aufgrund seiner Spezialisierung werde er überregional in Anspruch genommen. Die Ermächtigung sei ausdrücklich auch auf Überweisungen aus den Hochschulambulanzen zu erstrecken. Die Fallzahl habe im Jahre 2004 noch bei 2.043 Fällen gelegen, sei im Jahre 2006 bereits auf 2.587 Fälle und im Jahre 2007 noch weiter angestiegen. Der Anstieg resultiere auch aus der Möglichkeit der aktiveren Diagnostik und Therapie bei der Frühversorgung von Schlaganfallpatienten. Auch von dem RMer Medizinischen Versorgungszentrum erhalte er Überweisungen. Er greife in deren Tätigkeitsfeld nicht ein. Ihm müsse eine Ermächtigung ohne Fallzahlbegrenzung, wenigstens aber auf mindestens 750 Fälle pro Quartal begrenzt erteilt werden.

Das Kompetenzzentrum Bedarfsprüfung und Sicherstellung der Klägerin erklärte unter Datum vom 09.09.2008 zum Antrag, ein im Rahmen der Bedarfsprüfung befragtes radiologisch-nuklearmedizinisches Versorgungszentrum in A-Stadt habe sich ausdrücklich gegen die Fortführung der Ermächtigung des Antragstellers ausgesprochen. Im Planungsbereich sei in dem medizinischen Versorgungszentrum neben Radiologen mit allen Genehmigungen, konventionell tätigen Radiologen und Nuklearmedizinern seit dem 01.07.2007 eine Neuroradiologin niedergelassen, die alle Tätigkeitsbereiche abdecke, die der Beigeladene zu 1) ambulant erbringen könne. Das Medizinische Versorgungszentrum sei hinsichtlich der personellen und apparativen Voraussetzungen auf dem neuesten Stand der Medizin. Das Tätigkeitsspektrum der Ärzte des Medizinischen Versorgungszentrums beziehe sich ausdrücklich auch auf Untersuchungen bei schwierigen Diagnosen im Rahmen von vaskulären und tumorösen Erkrankungen. Durch die langjährige universitäre Erfahrung der Ärzte auf verschiedenen radiologischen Gebieten stehe darüber hinaus eine universell radiologisch-neuroradiologische Kompetenz zur Verfügung, die von einem Neuroradiologen allein nicht gewährleistet werde. Falls medizinisch notwendig, würden die Patienten in die neurologische oder neurokardiologische Klinik des Universitätsklinikums A-Stadt überwiesen werden. Die dann evtl. notwendige Behandlung sei in aller Regel stationär und bedürfe keiner Ermächtigung. Der vom Beigeladenen zu 1) angegebene Anteil von Patienten außerhalb des Planungsbereichs sei nach Auffassung des Medizinischen Versorgungszentrums kein Kriterium für eine Beurteilung der lokalen Versorgungssituation. Das Medizinische Versorgungszentrum teile mit, über ausreichend freie Kapazitäten zu verfügen. Es bestehe weder ein quantitativer noch ein qualitativer Bedarf für eine Ermächtigung. Im Rahmen der Bedarfsprüfung seien nicht die überregionale Versorgungssituation und überregionale Zuweisungen zu berücksichtigen. Im Quartal II/08 seien von 297 Überweisungen an den Beigeladenen zu 1) 23 außerhessische Zuweisungen erfolgt. Sie lehne eine Ermächtigung des Antragstellers ab.

Der Beigeladene zu 1) erwiderte hierauf, es träfe zu, dass im Planungsbereich A-Stadt zwischenzeitlich eine Fachärztin für Radiologie mit Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie niedergelassen sei. Diese Niederlassung stehe jedoch seiner Ermächtigung nicht entgegen. Die Neuroradiologin könne in keiner Weise den speziellen Versorgungsbedarf im Bereich der schwierigen Diagnosen bei vaskulären und tumorösen Erkrankungen abdecken. Die bisherige Einschränkung trage dem Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte bereits ausreichend Rechnung. Auf dem Gebiet der pränatalen Diagnostik bei Föten und der Frühdiagnostik bei Neugeborenen sei er europaweit führend. Er sei ferner spezialisiert auf die Diagnostik vaskulärer Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarkes sowie der Höhlstrukturen sowie der Schädelbasis und des Gesichts sowie von hypervaskulärisierten Tumoren. Im Jahre 2007 habe er 2.018 Fälle, die ihm von Ärzten innerhalb des Planungsbezirks zugewiesen worden seien, und 1.603 Fälle, die ihm von Ärzten außerhalb des Planungsbezirks zugewiesen worden seien, behandelt. Damit liege die Fallzahl pro Quartal insgesamt bei 900 Fällen.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen lehnte mit Beschluss vom 16.09.2008 den Antrag als unbegründet ab. Zur Begründung führte er aus, unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Kompetenzzentrums Bedarfssicherung und Sicherstellung sei er zu dem Ergebnis gelangt, dass eine weitere Ermächtigung nicht mehr erforderlich sei. Solange ein die Ermächtigung rechtfertigender Bedarf nicht festzustellen sei, bestehe keine Möglichkeit, eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung auszusprechen.

Gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 16.09.2008 legte der Beigeladene zu 1) unter Datum vom 22.10.2008 Widerspruch ein.

Ferner hat der Beigeladene zu 1) am 10.10.2008 den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Er trug vor, durch die Niederlassung der Fachkollegin mit Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie ändere sich nichts an dem vorhandenen qualitativen Versorgungsbedarf. Er habe sich auf sehr seltene Krankheitsbilder spezialisiert. Es handele sich um folgende Diagnosegruppen: Aneurysmata der cerebralen Gefäße, cerebrale arteriovenöse Malformationen, Durafisteln der intracraniellen Dura, spinale durale Fisteln, perimedulläre Fisteln, intramedulläre AVM, hypervaskularisierte spinale Tumore und Prozesse, Nasen-Rachen-Fibrome, Glomus-jugulare und Caroticum-Tumore, Morbus Rendu Osler, Gesichtsangiome und –cavernome, tumor-, angiombedingtes und spontanes Nasenbluten, posttraumatische Nasenbluten. Vorgenannten Krankheitsgruppen sei gemein, dass diese nur an wenigen spezialisierten Zentren ambulant, teilweise auch nur stationär, diagnostiziert, betreut und behandelt würden. Diese Krankheiten seien sehr selten in der Bevölkerung. Der bereits bestehende Facharztfilter verhindere eine unspezifische Zuweisung von Patienten. Allein die Facharztqualifikation mit Teilgebietsbezeichnung stelle nicht sicher, dass die niedergelassene Kollegin die gleichen Behandlungs- und Untersuchungstechniken anwende. Er beantrage auch nicht das Gesamtgebiet der Neuroradiologie. Den Patienten könne ein Zuwarten bis zur Entscheidung durch den Berufungsausschuss nicht zugemutet werden. Es handele sich hier in der Regel um schwerwiegende, sehr beeinträchtigende Krankheitsbilder. Das Patientenwohl sei unmittelbar gefährdet.

Der Beklagte war u. a. der Auffassung, es bestehe kein Anordnungsanspruch. Ein regionaler Bedarf in neuroradiologischer Hinsicht sei nicht gegeben. Abzustellen sei auf den regionalen Bedarf. Bei den vom Beigeladenen zu 1) geltend gemachten besonderen Untersuchungsmethoden handele es sich zunächst nur um eine Behauptung. Es sei zunächst davon auszugehen, dass eine Neuroradiologin das gesamte Spektrum der Radiologie ihres Teilgebietes abdecke. Eine Ermächtigung komme dann allenfalls eingeschränkt auf eine Überweisungsmöglichkeit durch niedergelassene Neuroradiologen in Betracht. Auch sei zu prüfen, ob die vom Beigeladenen zu 1) genannten seltenen Erkrankungen tatsächlich einer ambulanten Behandlung zugänglich seien oder aber der stationären Versorgung bedürften. Der Wegfall der Fallzahlbegrenzung sei in keiner Weise substantiiert.

Die erkennende Kammer erließ mit Beschluss vom 14.11.2008 eine einstweilige Anordnung, derzufolge der Beigeladene zu 1) bis zu einer Entscheidung im Widerspruchsverfahren, längstens bis zum 31.10.2009 für bestimmte neuroradiologische Leistungen zu ermächtigen ist. Die Kammer führte darin aus, der Beschluss des Zulassungsausschusses sei nicht ausreichend begründet. Da nicht hinreichend feststehe, dass tatsächlich keine Versorgungslücke bestehe, müsse der Beigeladene zu 1) bis zur abschließenden Aufklärung der Versorgungssituation im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes bis zur abschließenden Klärung der Situation ermächtigt bleiben.

Der Berufungsausschuss erteilte daraufhin dem Beigeladenen zu 1) eine entsprechende vorläufige Ermächtigung bis zum Abschluss des Widerspruchverfahrens.

Die Klägerin führte mit Schriftsatz vom 15.01.2009 weiter aus, dass die neuroradiologische Versorgung im Planungsbereich A-Stadt durch die niedergelassenen Fachärzte für Radiologie und eine Fachärztin für Radiologie mit der Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie sichergestellt sei. Eine Überprüfung der Abrechnungen der Quartale III/07-II/08 habe ergeben, dass die streitgegenständlichen GO-Nummern des EBM durch die niedergelassenen Radiologen und die niedergelassene Fachärztin für Radiologie mit der Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie erbracht und abgerechnet würden. Zum Beleg fügte sie eine anonymisierte Abrechnungsübersicht der streitgegenständlichen Leistungen der Quartale III/07 - II/08 bei. Eine Auswertung der ICD-Angaben der Abrechnung III/08 der niedergelassenen Radiologen und der Abrechnung des Widerspruchsführers habe ergeben, dass die folgenden Codierungen lediglich von dem Beigeladenen zu 1) angesetzt worden seien:

ICD Legende
C00.1 Bösartige Neubildung des Zungengrundes
C71.9 Bösartige Neubildung des nicht näher bezeichneten Gehirns
E23.7 Störung der Hypophyse, nicht näher bezeichnet
F09 Nicht näher bezeichnete organische oder symptomatische psychische Störung
G11.9 Hereditäre Ataxie, nicht näher bezeichnet
G21.2 Parkinson-Syndrom durch sonstige exogene Agenzien
G44.0 Cluster-Kopfschmerzen
G47.39 Schlafapnoe, nicht näher bezeichnet
G50.0 Trigeminusneuralgie
G50.1 Atypischer Gesichtsschmerz
G81.1 Spastische Hemiparese und Hemiplegie
G81.9 Hemiparese und Hemiplegie, nicht näher bezeichnet
G83.1 Monoparese und Monoplegie der unteren Extremitäten
G90.2 Horner-Syndrom
H47.2 Stauungspapille, nicht näher bezeichnet
I69.0 Folgen einer Subarachnoidalblutung
I69.1 Folgen einer intrazerebralen Blutung
I69.3 Folgen eines Hirninfarktes
Q03.9 Angeborener Hydrozephalus, nicht näher bezeichnet
Q28.10 Angeborenes Aneurysma der präzerebralen Gefäße
Q28.28 Sonstige angeborene arteriovenöse Fehlbildung der zerebralen Gefäße
Q28.30 Angeborenes Aneurysma der zerebralen Gefäße
R25.1 Tremor, nicht näher bezeichnet
R47.0 Dysphasie und Aphasie
R47.1 Dysartherie und Anathrie
R47.8 Sonstige nicht näher bezeichnete Sprech- und Sprachstörungen
T09.3 Verletzungen des Rückenmarks, nicht näher bezeichnet
T90.5 Folgen einer intrakraniellen Verletzung

Hier sei allerdings zu beachten, dass die ICD-Codierung allgemein und speziell gefasste Formulierungen ermögliche. Das befragte MVZ habe mitgeteilt, dass im Bereich von Praxen und Medizinischen Versorgungszentren nur die Informationen Eingang in die ICD-Codierung fänden, die bei der Überweisung der Patienten und der anschließenden Diagnose bekannt seien. Spezielle Diagnosen, die erst nach weiterer klinischer Untersuchung im Klinikum gestellt werden, z.B. nach Biopsie und Feststellung der genauen Erkrankung von Gutartigkeit oder Bösartigkeit, würden den niedergelassenen Ärzten grundsätzlich nicht mitgeteilt. Dies sei auch der Fall, wenn der Patient durch die niedergelassenen Ärzte an das Klinikum überwiesen worden sei. Das Medizinische Versorgungszentrum im Planungsbereich A-Stadt habe erklärt, dass dort die Leistungen der gesamten o.g. ICD-Codierungen erbracht werden könnten. In dem befragten Medizinischen Versorgungszentrum im Planungsbereich A-Stadt seien fünf Fachärztinnen und Fachärzte für Radiologie, für die Neuroradiologie ein Teil ihres Berufsbildes sei, und eine Fachärztin für Radiologie mit der Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie niedergelassen. Das MVZ verfüge über mehrere Computertomographen und Kernspintomographen an verschiedenen Standorten im Planungsbereich. In dem MVZ bestünden ausreichend freie Kapazitäten, was die Klägerin im Einzelnen näher erläuterte. Das MVZ verfüge über eine 24-Stunden-Genehmigung zur Teleradiologie, unter anderem im Bereich neuroradiologischer Notfälle. Die neuroradiologische Versorgung sei damit durch die niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzte für Radiologie und die Fachärztin für Radiologie mit der Teilgebietsbezeichnung Neuroradiologie im Planungsbereich A-Stadt sichergestellt.

Der Beklagte gab dem Widerspruch mit Beschluss vom 21.01.2009 teilweise statt und ermächtigte unter Abänderung des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 16.09.2008 den Beigeladenen zu 1) auch weiterhin zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Die Ermächtigung befristete er bis 31.12.2010 und erstreckt sich auf folgende Leistungen: Durchführung besonderer Untersuchungsmethoden auf dem Gebiet der Neuroradiologie bei ambulant vordiagnostizierten Patienten mit neurologischen Erkrankungen sowie zur Betreuung endovaskulärer Therapien, ausschließlich auf Überweisung durch Radiologen, Neuroradiologen, Neurologen, Neurochirurgen, Kinderradiologen und HNO-Ärzte sowie nach entsprechender Vordiagnostik durch vorgenannte Fachärzte auch auf Überweisung durch Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen, abzurechnen nach den Nrn. 01310 bis 01312, 02100, 02330, 02331, 02340, 02341, 02343, 16210 bis 16212, 16310, 34210, 34221 bis 34223, 34230, 34282, 34310, 34311, 34320 bis 34322, 34330, 34340 bis 34342, 34350, 34351, 34410, 34411, 34420 bis 34422, 34430, 34440 bis 34442,34450, 34451, 34460 und 34500 EBM

Die Zahl der abrechnungsfähigen Fälle wird wie folgt begrenzt:
- maximal 200 Fälle im Quartal aus dem Planungsbereich A-Stadt sowie den unmittelbar angrenzenden Planungsbereichen
- maximal 300 Fälle im Quartal aus den übrigen Planungsbereichen. Notfälle fallen nicht unter die Fallzahlobergrenze.

Zur Begründung führte er aus, ein Abgleich der vom konkurrierenden MVZ Diagnostikzentrum A-Stadt erbrachten EBM-Ziffern mit denjenigen, die bislang vom Beigeladenen zu 1) erbracht worden seien, erscheine in diesem Zusammenhang nicht zielführend, da naturgemäß diese Abrechnungsziffern jeweils einen umfangreichen Leistungsbereich abdeckten, so dass allein aufgrund der Abrechnungsziffer nicht festgestellt werden könne, ob und gegebenenfalls welche hochspezielle Leistung tatsächlich erbracht worden sei. Auch ein Vergleich der ICD-Angaben sei nur beschränkt aussagekräftig. Andererseits müsse beachtet werden, dass der Beigeladene zu 1) bereits seit längerem gerade wegen seiner speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten ermächtigt sei und unstrittig eine überregionale Versorgungsfunktion besitze. Die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) hochspezialisierte Leistungen erbringen könne, die im niedergelassenen Bereich in dieser Weise nicht vorgehalten würden, ergebe sich nicht zuletzt aus der Tatsache, dass das konkurrierenden MVZ Diagnostikzentrum A-Stadt mit Schriftsatz vom 17. Januar 2009 eine Ermächtigung mit einer Fallzahlbegrenzung von 300 Fällen pro Quartal als akzeptabel angesehen habe. Allerdings müsse im Hinblick auf den Nachrang der Ermächtigung und die Privilegierung der niedergelassenen Ärzteschaft bei der Neuerteilung der Ermächtigung der Tatsache Rechnung getragen werden, dass nunmehr die neuroradiologische Versorgung im Planungsbereich seit zwei Jahren auch von einer niedergelassenen Ärztin wahrgenommen werde. Demgemäß sei durch die Einfügung entsprechender Nebenbestimmungen zu gewährleisten, dass die Ermächtigung durch den Beigeladenen zu 1) nur in den Fällen ausgeübt werde, in denen die Kenntnisse und Fähigkeiten der niedergelassenen Radiologin nicht ausreichend erschienen. Da im Hinblick auf die vor weniger als zwei Jahren erfolgte Niederlassung dieser Neuroradiologin davon ausgegangen werden müsse, dass deren Einzugsbereich regional begrenzt sei, nehme er im Hinblick auf den bundesweiten Einzugsbereich des Beigeladenen zu 1) eine Differenzierung nach dem Herkunftsorten der Patienten vor. Angesichts der Tatsache, dass sich das konkurrierende MVZ Diagnostikzentrum A-Stadt mit einer Fallzahl von 300 Fällen pro Quartal einverstanden erklärt habe und der Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung bekundet habe, eine Fallzahl von 200 300 Fällen aus dem engeren Einzugsbereich erscheine ihm ausreichend, sei eine Fallzahlbegrenzung von 200 Fällen pro Quartal für den Einzugsbereich des eigenen Planungsbereiches und der unmittelbar angrenzenden Planungsbereiche als zum Schutze der niedergelassenen Vertragsärzte notwendig, aber auch ausreichend. Für den darüber hinausgehenden – bundesweiten - Einzugsbereich erscheine die Fallzahlbegrenzung auf 300 Fälle pro Quartal im Hinblick auf den eigenen Vortrag des Beigeladenen zu 1) in der möglichen Verhandlung angemessen.

Hiergegen hat die Klägerin am 06.04.2009 die Klage erhoben.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Satz in der Ermächtigung "Notfälle fallen nicht unter die Fallzahlobergrenze." gestrichen. Ferner hat er die unter Punkt 2 des Ermächtigungsbeschlusses genannten Leistungen nach Nr. 16210 bis 16212 und 01310 bis 01312 EBM gestrichen und den Leistungskatalog um die Nrn. 01320 und 01321 EBM ergänzt.

Entsprechend hat die Klägerin ihren Klageantrag weiter begrenzt.

Die Klägerin verweist auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren und ist der Auffassung, im angefochtenen Umfang würden die Leistungen von den niedergelassenen Ärzten im Planungsbereich erbracht werden. Die Ausweitung auf Überweisungen durch HNO-Ärzte und MKG-Chirurgen werde von den niedergelassenen Ärzten abgelehnt. Eine Ausweitung der Ermächtigung auf Patienten aus den übrigen Planungsbereichen sei nicht zulässig. Hierfür fehle es an einer Subspezialisierung. Allenfalls seien die angrenzenden Planungsbereiche zu berücksichtigen. Für die Behandlung von Notfällen sei eine Ermächtigung nicht erforderlich. Die Umstellung auf den neuen EBM 2009 sei erforderlich, da im Ermächtigungskatalog Leistungen aus Kap. 34.2 – Diagnostische Radiologie – enthalten seien und in der Vergangenheit keine neurologischen Leistungen und keine Grundpauschalen abgerechnet worden seien.

Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 21.01.2009 insoweit aufzuheben, als

1. der Facharztfilter unter Punkt 2. des Ermächtigungsbeschlusses auf die Überweisungsmöglichkeit durch HNO-Ärzte und MKG-Chirurgen erweitert wurde,

2. unter Punkt 2. des Beschlusses eine Ermächtigung für maximal 300 Fälle im Quartal aus den übrigen Planungsbereichen erteilt worden sei,

3. unter Punkt 3. beschlossen wurde, dass dem Beigeladene zu 1) 80 % der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten sind

und den Beklagten zu verpflichten, den Widerspruch insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er hat in der mündlichen Verhandlung auf den angefochtenen Beschluss verwiesen und nochmals dargelegt, weshalb er die Fallzahlbegrenzung der Ermächtigung aufgeteilt hat.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, mit der Ermächtigung schließe er eine qualitative Lücke in im Einzelnen von ihm aufgezählten Diagnosegruppen. Diese seltenen Krankheiten würden nur an wenigen Zentren diagnostiziert, betreut und behandelt werden. Er stehe am Ende einer langen Diagnostikkette.

Die übrigen Beteiligten haben keinen Antrag gestellt und sich zur Sache schriftsätzlich nicht geäußert.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 08.04.2009 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sowie der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie konnte dies trotz Ausbleibens des Beigeladenen zu 8) tun, weil dieser ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126 SGG).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Beschluss des Beklagten vom 21.01.2009 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Widerspruchs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Der Beschluss des Beklagten vom 21.01.2009 ist rechtmäßig, soweit er noch angefochten wird.

Rechtsgrundlage der Entscheidung der Zulassungsgremien ist § 116 SGB V, § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV. Nach diesen Vorschriften kann der Zulassungsausschuss mit Zustimmung des Krankenhausträgers einen Krankenhausarzt mit abgeschlossener Weiterbildung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigen, soweit und solange deren ausreichende ärztliche Versorgung ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird.

Der in dieser Formulierung zum Ausdruck kommende Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte gilt für den gesamten Bereich der ambulanten Krankenversorgung und mithin auch für diagnostische Leistungen auf Überweisungen von denjenigen Ärzten, die die Patienten unmittelbar behandeln. Nicht nur die eigenverantwortliche ambulante Behandlung, sondern auch die Beratung und Unterstützung eines anderen Vertragsarztes bei dessen Behandlung obliegen in erster Linie den entsprechend weitergebildeten und qualifizierten Vertragsärzten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt die Erteilung einer Ermächtigung gemäß § 116 SGB V, § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV an einen weitergebildeten Krankenhausarzt einen quantitativ-allgemeinen oder einen qualitativ-speziellen Versorgungsbedarf voraus, bei dessen Überprüfung und Feststellung die Zulassungsgremien über einen der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglichen Beurteilungsspielraum verfügen. Ein quantitativ-allgemeiner Bedarf liegt vor, wenn in einem Planungsbereich in einer Arztgruppe zu wenige niedergelassene Ärzte vorhanden sind, um den Bedarf zu decken. Das Vorliegen eines qualitativ-speziellen Bedarfs setzt voraus, dass ein Krankenhausarzt besondere, für eine ausreichende Versorgung notwendige Untersuchungs- und Behandlungsleistungen anbietet, die von den niedergelassenen Ärzten nicht bzw. nicht in erforderlichem Umfang erbracht werden (vgl. BSG, Urt. v. 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 R - SozR 3-2500 § 116 Nr. 24 = MedR 2002, 529 = KRS 02.028 = USK 2002-89, zitiert nach juris Rdnr. 18 bis 20; BSG, Urt. v. 12.09.2001 - B 6 KA 86/00 RSozR 3-2500 § 116 Nr. 23, juris Rdnr. 18, jeweils m. w. N.).

Maßstab für die Bedarfsprüfung ist grundsätzlich der Planungsbereich. Bei der Ermittlung eines Bedarfs in quantitativ-allgemeiner Hinsicht sind als Voraussetzung für die Ermächtigung eines Krankenhausarztes, also der Prüfung, ob im jeweiligen Planungsbereich eine ausreichende Anzahl von Ärzten einer bestimmten Arztgruppe für die ambulante Versorgung zur Verfügung steht, die Angaben des Bedarfsplans zugrunde zu legen (vgl. BSG, Urt. v. 14.071993 - 6 RKa 71/91 - SozR 3-2500 § 116 Nr. 4 = BSGE 73, 25 = MedR 1994, 73 = NJW 1994, 1612 = USK 93140, juris Rdnr. 19; BSG, Beschl. v. 20.04.1998 - B 6 KA 36/97 B - juris Rdnr. 11; BSG, Urt. v. 22.06.1994 - 6 RKa 46/93, SozR 3-2500 § 116 Nr. 10 = USK 94164, juris Rdnr. 21 f.). Auch für die Prüfung des qualitativ-speziellen Bedarfs ist grundsätzlich der Zuschnitt der regionalen Planungsbereiche maßgeblich (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 09.02.2005 - L 3 KA 290/03 - MedR 2005, 559, juris Rdnr. 33; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.09.1997 - L 11 Ka 88/97 -, juris Rdnr. 64). Hierbei ist der Bedarf in der jeweiligen Gruppe der Gebietsärzte (Arztgruppe) maßgeblich. Auf den Bedarf in Teilgebieten ist nicht gesondert abzustellen. Das beruht darauf, dass nach ärztlichem Berufsrecht Ärzte mit Gebietsbezeichnungen alle Leistungen ihres Gebietes erbringen dürfen, auch wenn es sich um solche handelt, die in ein Teilgebiet des Fachgebietes fallen. Selbst wenn man bei der Prüfung der Versorgungslücke die Teilgebiete zugrunde legen würde, dürften bei der Ermittlung des Bedarfs nicht nur die Ärzte berücksichtigt werden, die die entsprechende Teilgebietsbezeichnung zu führen berechtigt sind bzw. führen; es wären vielmehr alle Gebietsärzte, deren Gebiet das Teilgebiet zugeordnet ist, einzubeziehen. Aus diesem Grunde wird auch in dem durch die Bedarfsplanung rechtlich vorgegebenen Rahmen bei der Feststellung des allgemeinen Versorgungsgrades eine Differenzierung nach Teilgebieten nicht vorgenommen (vgl. BSG, Urt. v. 14.07.1993 - 6 RKa 71/91 -, aaO., juris Rdnr. 19). Lediglich dann, wenn ein besondere Zuschnitt des Planungsbereiches wie die Trennung in einen Stadt- und Landkreis, wobei in der geographischen Mitte des Landkreises der Planungsbereich Stadtkreis liegt, gegeben ist, kann die unter Bedarfsplanungskriterien ermittelte rechnerische Nichtauslastung des Planungsbereiches eine tatsächliche Unterversorgung der Versicherten u. U. nicht bewirken (vgl. BSG, Urt. v. 25.11.1998 - B 6 KA 81/97 R - aaO., juris Rdnr. 26).

Der Beklagte hat die Bedarfsermittlung zunächst an dem Planungsbereich ausgerichtet und deshalb die Zahl der abrechnungsfähigen Fälle auf maximal 200 Fälle im Quartal aus dem Planungsbereich A-Stadt sowie den unmittelbar angrenzenden Planungsbereichen begrenzt. Dies wird auch von der Klägerin nicht angefochten. Durch diese Begrenzung hat der Beklagte auch den Belangen des MVZ im Planungsbereich Rechnung getragen.

Der Beklagte hat darüber hinaus wegen der hochspezialisierten Leistungen des Klägers eine überregionale Versorgungsfunktion festgestellt. Die Klägerin hat in der mündlichen Behandlung nunmehr eingeräumt, dass auch sie davon ausgehe, dass es sich bei dem Beigeladenen zu 1) um einen Spezialisten handele, der für seinen Bereich Leistungen erbringt, die im Planungsbereich selbst nicht erbracht werden und dass es auch bundesweit nur sehr wenige solcher Spezialisten für dieses Leistungsspektrum gibt. Auch die Kammer hat keine Zweifel, von der Richtigkeit dieser Aussage auszugehen. Damit steht aber fest, dass ein weiterer Versorgungsbedarf für diejenigen Versicherten besteht, die in ihrem Planungsbereich keinen Leistungserbringer in ihrem Planungsbereich haben und deren Behandlung auch aufgrund des regionalen Einzugsbereichs nicht von dem örtlichen MVZ abgedeckt wird. Insofern besteht für diese Versicherten ein weiterer Versorgungsbedarf, der durch eine Ermächtigung zu schließen ist. Ansonsten wären diese Versicherten aufgrund einer Versorgungslücke auf das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 3 SGB V verwiesen, was gerade durch die Erteilung von Ermächtigungen vermieden werden soll. Insofern kann in solchen seltenen Ausnahmefällen die Ermächtigung nicht ausschließlich auf eine Bedarfsanalyse des Planungsbereichs und der angrenzenden Planungsbereiche bzw. auf die zumutbaren Entfernungen erstreckt werden und ist der Bedarf auch nicht auf den Bezirk der Klägerin beschränkt. Der insoweit fachkundig mit einem Arzt und einem Kassenvertreter besetzte Kammer ist insoweit bekannt, dass gerade bei seltenen bis sehr seltenen Krankheiten sich auch zwischen den Universitäten Spezialisierungen herausbilden können, da ansonsten keine hinreichend große Fallzahlen bei dem einzelnen Behandler vorhanden sind, worunter dessen Erfahrung und damit auch Behandlungsqualität leiden würde. Gerade solche Behandler, die im Regelfall auch nicht in Konkurrenz zu den niedergelassenen Ärzten stehen, müssen auch den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung stehen.

Zulassungen und Ermächtigungen haben vorrangig die Funktion, dass der Behandlungsanspruch des Versicherten (§§ 11, 27 SGB V) erfüllt werden kann. Den Sicherstellungsauftrag hierfür hat der Gesetzgeber auf die Krankenkassen übertragen. Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Lediglich im ambulanten Versorgungsbereich wird der Sicherstellungsauftrag auf die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen übertragen. Diese haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht (§ 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Der Umfang des in § 73 Abs. 2 SGB V bezeichneten Sicherstellungsauftrags ist, wenn auch der Gesetzgeber im Wortlaut hiervon z. T. abweicht, im Wesentlichen identisch mit dem Leistungsanspruch des Versicherten nach § 27 Abs. 1 SGB V. Soweit ein Anspruch des Versicherten auf ärztliche Behandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V besteht, wird dieser Anspruch vom Sicherstellungsauftrag nach § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V erfasst. Leistungsrecht und Leistungserbringerrecht sind insofern deckungsleich. Der Sicherstellungsauftrag der Krankenkassen gilt bundesweit. Entsprechend kann der auf die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen übertragene Sicherstellungsauftrag für den ambulanten Versorgungsbereich nicht auf Planbereich- oder Bezirksgrenzen reduziert werden, wenn auch im Regelfall erst durch das Abstellen auf Planbereichsgrenzen dem Sicherstellungsauftrag durch für die Versicherten zumutbare Wegstrecken Genüge getan wird und von daher die Bedarfsplanung an den Planungsbereichen, die den Stadt- und Landkreisen entsprechen sollen, anknüpft (§ 101 Abs. 1 Satz 6 SGB V; §§ 5 und 10 i.V.m. Anlage 3 BedarsplRL-Ä; vgl. hierzu BSG, Urt. v. 03.12.1997 - 6 RKa 64/96 - BSGE 81, 207 = SozR 3-2500 § 101 Nr. 2, juris Rdnr. 17 ff.). Die weiterbestehende Verantwortung der Krankenkassen kommt auch darin zum Ausdruck, dass Zulassungen und Ermächtigungen nicht von den Kassenärztlichen Vereinigungen allein ausgesprochen werden, sondern von den Zulassungsgremien in sog. paritätischer Besetzung unter Mitwirkung von Vertretern der Krankenkassen (§§ 96, 97 SGB V). Soweit die Zulassungsgremien für einen Zulassungsbezirk errichtet werden (§§ 96 Abs. 1, 97 Abs. 1 Satz 1 SGB V), erstreckt sich ihre Verantwortung auch nur auf diesen Zulassungsbezirk. Soweit aber Ärzte in diesem Zulassungsbezirk tätig sind, die allein oder im Zusammenwirken mit anderen Spezialisten einen auch außerhalb des Zulassungsbezirks auftretenden (qualitativen) Versorgungsbedarfs aufgrund ihrer hohen Spezialisierung abdecken, gehört es zur Zuständigkeit der Zulassungsgremien, diese Ärzte zu ermächtigen, da überregionale Instanzen vom Gesetzgeber hierfür nicht eigens geschaffen wurden. Die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung des Bedarfs in einen lokal-regionalen und überregionalen Bedarf ist dabei geeignet, dem in § 116 SGB V zum Ausdruck kommenden Vorrang der niedergelassenen Ärzte hinreichend Rechnung zu tragen. Nur bei Anerkennung eines überregionalen Bedarfs kann im Ausnahmefall hochspezialisierter Leistungen systemkonform der Leistungsanspruch Rechnung getragen werden. Aufgrund des sog. Fremdkassenausgleichs können hierdurch Verwerfungen der an die Kassenärztlichen Vereinigungen zu zahlenden Gesamtvergütungen nicht auftreten.

Auch bisher hat die Rechtsprechung ein Abweichen von der auf den Planungsbereich bezogenen Bedarfsfeststellungen für atypische Gegebenheiten als zulässig angesehen. Generell kann besonderen Bedarfssituationen, die sich aufgrund der regionalen Struktur eines Planungsbereiches ergeben, durch eine sachgemäße Ausübung des Beurteilungsspielraums bei der Prüfung der Bedarfslage Rechnung getragen werden und ist ggf. auch Rechnung zu tragen (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.1994 - 6 RKa 46/93 - SozR 3 2500 § 116 Nr. 10, juris Rdnr. 22). So hat das BSG erst jüngst betont, der räumliche Bereich, für den zu klären ist, ob ein die vertragsärztliche Versorgung sicherstellendes Versorgungsangebot vorliegt, sei nur "grundsätzlich" der Planungsbereich, in dem der Krankenhausarzt praktiziert und die Einbeziehung der in anderen Planungsbereichen bestehenden Versorgungsangebote oder -defizite komme in Ausnahmefällen in Betracht (vgl. BSG, Urt. v. 19.07.2006 - B 6 KA 14/05 RSozR 4-2500 § 116 Nr. 3 = GesR 2007, 71 = MedR 2007, 127 = ZMGR 2007, 40-43 = USK 2006-95, juris Rdnr. 18 u. 19 m.w.N.). So kann dann, wenn ein besondere Zuschnitt des Planungsbereiches wie die Trennung in einen Stadt- und Landkreis, wobei in der geographischen Mitte des Landkreises der Planungsbereich Stadtkreis liegt, gegeben ist, die unter Bedarfsplanungskriterien ermittelte rechnerische Nichtauslastung des Planungsbereiches eine tatsächliche Unterversorgung der Versicherten u. U. nicht bewirken (vgl. BSG, Urt. v. 25.11.1998 – B 6 KA 81/97 RSozR 3-2500 § 97 Nr. 2, juris Rn. 26). Das gilt insbesondere in den Fällen, in denen aufgrund der jeweiligen regionalen Konstellation der unter Bedarfsplanungsgesichtspunkten festgestellte Versorgungsgrad in einem Planungsbereich zu den tatsächlichen Verhältnissen in krassem Widerspruch steht (vgl. BSG, Urt. v. 25.11.1998 – B 6 KA 81/97 RSozR 3-2500 § 97 Nr. 2, juris Rdnr. 27). Besondere Bedarfssituationen sind für laborärztliche Untersuchungen anerkannt worden, da diese Leistungen auch außerhalb eines Planungsbereichs oder Bezirks einer KV erbracht werden (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 16.03.2005 - L 1 KA 8/03 - juris Rdnr. 34 f., 38 und 43 ff.). Für die noch relativ junge Fachgruppe der Phoniater und Pädaudiologen hat LSG Niedersachsen-Bremen von dem Grundsatz, dass der Bedarfsermittlung für eine beantragte Ermächtigung der jeweilige regionalen Planungsbereich zu Grunde zu legen ist, im Einzelfall Ausnahmen für möglich gehalten, etwa wenn besondere geografische Verhältnisse die zusätzliche Berücksichtigung eines benachbarten Planungsbereichs nahelegen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 09.02.2005 - L 3 KA 290/03 - MedR 2005, 559, juris Rdnr. 31; Revision B 6 KA 15/05 R wurde durch gerichtlichen Vergleich erledigt, s. BSG, Termin-Bericht Nr. 40/06, juris). LSG Sachsen hat es für die Frage des Bedarfs für eine Leistungserbringung durch hausärztliche Internisten (§ 73 Abs. 1a Satz 3 SGB V) (hier: Gastroskopien nach Nr. 741 EBM) als zulässig angesehen, wenn die Zulassungsgremien bei der Beurteilung der Bedarfssituation auch die zum Praxissitz angrenzenden Planungsbereiche mit einbeziehen, weil es sich um Subspezialisierungen einzelner Fachgebiete handelt (vgl. LSG Sachsen, Beschl. v. 26.05.2005 – L 1 B 31/05 KA-ER – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 17 f.)

Wenn auch diese Rechtsprechung bisher konkret nur über Fallkonstellationen zu entscheiden hatte, in denen – restriktiv – der Bedarf für eine Ermächtigung planungsbereichsübergreifend festzustellen war, so hält die Kammer die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung für einhellig, dass bei atypischen Gegebenheiten von dem Grundsatz der planungsbereichsbezogenen Bedarfsermittlung abzuweichen ist. Die Kammer hält es daher für konsequent, eine solche atypische Konstellation auch dann anzunehmen, wenn es sich um einen hochspezialisierten Krankenhausarzt mit einem überregionalen Einzugsbereich handelt. Versicherte können dann u. U. nicht nur auf längere Wege verwiesen werden, sondern es muss ihnen überhaupt erst ein – ermächtigter - Leistungserbringer zur Verfügung stehen.

Soweit die Beklagte hinsichtlich des Umfangs der Ermächtigung auf eine Auswertung verwiesen hat, so beruht diese auf einer Auswertung des Praxissitzes der überweisenden Ärzte, nicht aber des allein maßgeblichen Wohnsitzes der vom Beigeladenen zu 1) behandelten Patienten. Wenn auch in der mündlichen Verhandlung nicht vollends aufgeklärt werden konnte, worauf der von der Klägerin angeführte geringe Anteil auswärtiger Überweiser beruht, wobei zunächst die Richtigkeit der im Einzelnen nicht vorgelegten Auswertung unterstellt wird, so war dieser Hinweis nicht geeignet, eine Fehlerhaftigkeit bei der Ausübung des Beurteilungsspielraums durch den Beklagten nachzuweisen. Im Übrigen ist der strittige Teil der Ermächtigung insofern eindeutig bestimmt und können Patienten mit Wohnsitz im Planungsbereich des Beigeladenen zu 1) und den angrenzenden Planungsbereichen hierüber nicht behandelt werden. Im Übrigen würde dieser strittige Teil der Ermächtigung, die Richtigkeit der Schlussfolgerungen der Klägerin unterstellt, aufgrund der Aufspaltung der Fallzahlgrenzen lediglich ganz oder teilweise ins Leere laufen.

Nicht zu beanstanden ist, dass der Beklagte hier von dem Behandlungsumfang auswärtiger Patienten in der Vergangenheit ausgegangen ist, um den Umfang des Bedarfs zu ermitteln. Dies ist noch von seinem Beurteilungsspielraum gedeckt.

Nicht zu beanstanden war auch die Ausweitung auf Überweisungen durch HNO-Ärzte und MKG-Chirurgen. Soweit die Klägerin darauf verweist, dies werde von den niedergelassenen Ärzten abgelehnt, fehlt es zum Einem an einem nachprüfbaren Nachweis. Zum anderen kann ein Bedarf nicht allein aufgrund der Aussagen niedergelassener Ärzte, die letztlich in einem Konkurrenzverhältnis zum ermächtigten Arzt stehen, gestützt werden. Sachlich-medizinische Einwände werden von der Klägerin aber nicht vorgetragen. Solche vermochte auch die insoweit fachkundig besetzte Kammer nicht zu entdecken.

Soweit die Einwände der Klägerin nicht durchgreifen, ist auch die Kostenentscheidung nicht zu beanstanden. Die vom Beklagten vorgenommenen Abänderungen der Ermächtigung im Wege der Abhilfe sind im Verhältnis zu den übrigen strittigen Teilen der Ermächtigung lediglich von marginaler Bedeutung und bereits von daher ohne Auswirkung auf die Kostenentscheidung.

Nach allem war der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs.1 und Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Verfahrenskosten. Der Beigeladene zu 1) hat sich zur Sache geäußert und einen Antrag gestellt. Von daher hat auch er einen Anspruch auf Erstattung seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten.

RechtsgebietÄrzte-ZVVorschriften§ 116 S 2 SGB 5, § 31a Abs 1 Ärzte-ZV

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