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05.01.2010 · IWW-Abrufnummer 093979

Landgericht Potsdam: Beschluss vom 20.11.2009 – 4 O 371/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


LG Potsdam, Beschluss vom 20.11.2009 - 4 O 371/09

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

....

hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam am 20. November 2009 wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung durch den Richter am Landgericht ###

beschlossen:

1. Die Antragsgegnern wird es bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache untersagt, in dem Vergabeverfahren "Flächennutzungsplan mit Umweltbericht, Landschaftsplan der Gemeinde H###" das Verfahren fortzusetzen, insbesondere: einem Bewerber den Zuschlag zu erteilen.

2. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot zu Ziffer 1) wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

3. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt - als Primärrechtsschutz im Vergabeverfahren - den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Antragsgegnerin, einem öffentlichen Auftraggeber, die Zuschlagsentscheidung in einem Vergabeverfahren mit einem ungefähren Auftragsvolumen von 200.000,00 € untersagt werden soll.

Der zulässige Antrag ist begründet.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Insbesondere ist der Zivilrechtsweg mangels Erreichens des Schwellenwertes (gemäß § 2 Nr. 3 VgV bei Planungsleistungen: T€ 211) nicht durch den Vergaberechtsweg nach §§ 100 ff. GWB versperrt. Dass der EU-Schwellenwert nicht erreicht ist, folgt bereits daraus, dass die Antragsgegnerin nur national ausgeschrieben hat. Bei dem zu beurteilenden Vergaberechtsstreit handelt es sich (auch) um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Entscheidung vom 28. Juli 2006, Az.: 1 L 59.06; auch LG Cottbus, Urteil vom 24.10.2007 - Az.: 5 O 99/07 -, OLG Düsseldorf, IBR 2009, 100).

Die Antragstellerin hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ihre (einzige) Konkurrentin - die Firma B### D### GmbH - nach einem Beschluss der Vertretung der Gemeinde H### mit der Erarbeitung des Flächennutzungsplans beauftragt werden soll, obwohl deren Angebot unterhalb der zwingend festlegten HOAI-Sätze liegt.

Ein Verfügungsanspruch der Antragstellerin ist gegeben. Mitbieter im Vergabeverfahren können sich auf die Einhaltung des Preisrechts berufen. Anspruchsgrundlage sind - die Instanzgerichte entscheiden insoweit unterschiedlich -entweder §§ 311, 241, 280 BGB in Verbindung mit den entsprechenden Verdingungsordnungen oder Art. 3 GG in Verbindung mit den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden wesentlichen Vergabegrundsätzen. Das im Rahmen der Vergabegrundsätze insbesondere zu beachtende Transparenzgebot gebietet, dass zumindest ein Minimum an für die Bieter erkennbaren Verfahrensregeln aufgestellt werden muss. Unterwirft sich der öffentliche Auftraggeber (wie vorliegend) keiner konkreten Verdingungsordnung, so muss er in seiner Ausschreibung eigene Regeln, wie er mit den Angeboten umgehen will, aufstellen sowie ein Minimum an ausreichenden Informationen übermitteln, beispielsweise u.a. die Angabe der wesentlichen Honorarparameter der HOAI. Diesen Anforderungen wird die Ausschreibung der Antragsgegnerin nicht gerecht.

Dem Erlass einer einstweiligen Verfügung stand auch nicht das Fehlen eines Verfügungsgrundes entgegen. Gegenstand der von der Antragstellerin erstrebten Maßnahme war nicht der Erlass einer Regelungsverfügung gem. § 940 ZPO. Das Begehren der Antragstellerin ist vielmehr darauf beschränkt, ihren sinngemäß behaupteten Anspruch auf ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren vorläufig zu sichern Die erstrebte einstweilige Verfügung hat temporär deshalb nur einen abwehrenden Charakter. Für die so begehrte Unterlassungsverfügung genügt gemäß § 935 ZPO bereits die Glaubhaftmachung des Umstandes, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Selbst wenn man aber von einer begehrten Regelungsverfügung ausgehen wollte, wäre der Verfügungsgrund für den Erlass einer Regelungsverfügung gegeben. Der Erlass einer Regelungsverfügung setzt voraus, dass der Erlass der einstweiligen Verfügung zu Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint, wobei eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen hat (Huber in Musielak, ZPO, Kommentar, 6. Aufl., § 940 Rn. 4; Vollkommer in Zöller, ZPO, Kommentar, 26. Aufl., § 940, Rn. 4). Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass ihr ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung wesentliche Nachteile drohten. Hierzu ist ausreichend, was nachvollziehbar glaubhaft gemacht ist, dass die Antragstellerin bei ordnungsgemäßer Ausschreibung den Zuschlag erhalten würde oder jedenfalls eine Chance auf die Zuschlagserteilung hat. Denn die B### D### GmbH ist der einzige Konkurrent; deren Angebot ist jedoch HOAI-widrig. Da das Preisrecht der HOAI zwingend ist, kommt insoweit ein Ausschluss dieses Bieters in Betracht.

Die beantragte einstweilige Verfügung war aufgrund des Vortrags des Antragstellers wegen Dringlichkeit antragsgemäß ohne mündliche Verhandlung zu erlassen (§ 937 Abs. 2 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 11.800,00 € festgesetzt, § 48 Abs. 1, 50 Abs. 2 GKG, 3 ZPO analog. Die Kammer bewertet das Interesse der Antragstellerin am Verfahrensergebnis entsprechend der Regelung in § 50 Abs. 2 GKG, die die Bewertung des wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers im Vergabeverfahren anhand einer pauschalierten Gewinnerwartung vornimmt (vgl. hierzu OLG Naumburg JurBüro 2004, S. 86), mit 5 % der Bruttoauftragsumme, die vorliegend 234.712,53 € brutto beträgt.

RechtsgebieteBGB, ZPOVorschriftenBGB §§ 241, 280, 311; ZPO §§ 935, 940

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