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21.12.2009 · IWW-Abrufnummer 094197

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 01.10.2008 – 1 K 1454/05

Es liegt keine betriebliche Altersversorgung vor, wenn zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Vererblichkeit des Anspruchs vereinbart wurde. Ein noch über die Vererblichkeit hinausgehender Fall liegt vor, wenn dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt wird, jederzeit einen Dritten als Begünstigten benennen zu können. In diesem Fall kann die Person des Begünstigten jederzeit ausgewechselt werden und der Arbeitgeber hat kein Recht, einen vom Arbeitnehmer genannten begünstigten abzulehnen.


Finanzgericht Rheinland-Pfalz v. 01.10.2008

1 K 1454/05

Tatbestand
Streitig ist, ob Zahlungen des Arbeitgebers zur arbeitnehmerfinanzierten Altersversorgung dem steuerpflichtigen Arbeitslohn des Klägers hinzuzurechnen sind.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Beide erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger ist leitender Angestellter der Firma S GmbH mit Sitz in V. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 24. März 1999 wurde beschlossen, u.a. dem Kläger eine arbeitnehmerfinanzierte Zusatzversorgung anzubieten. Dazu sollten die Sonderzahlungen, die regelmäßig im Dezember eines Jahres fällig wurden, in der Weise „eingesetzt” werden, dass die betroffenen Arbeitnehmer auf die Sonderzahlung verzichten und das Geld für die Zusatzversorgung verwandt werden sollte. Die betroffenen Arbeitnehmer, so auch der Kläger, erklärten sich in 1999 mit der angestrebten Vereinbarung einverstanden. Unter dem 8. März 2000 schloss der Kläger sodann mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung über eine „betriebliche Zusatzversorgung”. Die - bis dahin an den Kläger nicht ausgezahlte - Sonderzahlung für 1999 in Höhe von 1.350,00 DM wurde nach Abschluss dieses Vertrages zum Erwerb von Fondsanteilen verwandt (Bl. 25 PA 5 K 2796/02).

In 2001 fand für den Arbeitgeber des Klägers, der Firma S GmbH, eine Lohnsteuer-Außenprüfung für die Kalenderjahre 1998 bis 2000 statt. Dabei wurde u.a. mit abschließendem Bericht vom 10. Dezember 2001 unter der Tz. 3 die folgende Feststellung für das Kalenderjahr 1999 getroffen:

„Arbeitnehmerfinanzierte Altersversorgung

Mit Datum vom 24.03.1999 wurde beschlossen, den Arbeitnehmern W. M. (der Kläger, Anm. d. Neutralisierenden), ... eine Sonderzahlung zu gewähren. In Höhe der Sonderzahlungen übten die Arbeitnehmer einen Gehaltsverzicht aus, um die Beträge steuerfrei in einer betrieblichen Altersversorgung anzulegen. Nach den vorliegenden Verträgen über die betriebliche Zusatzversorgung liegt eine Vererblichkeit der Anwartschaften vor. Damit handelt es sich nicht um eine betriebliche Altersversorgung nach dem Betriebs-Altersversorgungsgesetz (BetrAVG). Die Sonderzahlungen müssen daher der Lohnsteuer unterworfen werden. Es wird beantragt, die Versteuerung durch Mitteilung an die zuständigen Veranlagungsstellen der betroffenen Arbeitnehmer durchzuführen. Hierbei handelt es sich um folgende Beträge: W. M., 1.350,00 DM.

...”

Aus der betrieblichen Zusatzversorgung heißt es u.a.:

„6. Leistungen im Todesfall

6.1. Leistungen im Todesfall erhält auf Antrag der Ehegatte oder ein anderer genannter Begünstigter von Herrn M., wenn sein Anstellungsverhältnis zum Unternehmen durch Tod endet.

6.2. Die Leistung im Todesfall errechnen sich wie die Altersversorgung nach Abschnitt 3.4.”

Das damals zuständige Finanzamt K wertete daraufhin die entsprechende Kontrollmitteilung dergestalt aus, dass es den Arbeitslohn des Klägers in 1999 um 1.350,00 DM erhöhte. Im hieran sich anschließenden Einspruchs- und Klageverfahren hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz im Urteil vom 23. August 2004 5 K 2796/02 den für 1999 geänderten Einkommensteuerbescheid aufgehoben mit der Begründung, dass der Betrag von 1.350,00 DM nicht im Jahr 1999 erfasst werden dürfte, sondern erst im Jahr 2000.

Daraufhin änderte das nunmehr zuständige Finanzamt S den Einkommensteuerbescheid für 2000 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung -AO- am 17. Dezember 2004. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 1. März 2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage tragen die Kläger vor, dass entgegen der Auffassung des Beklagten keine Vererblichkeit der Anwartschaften vorliege. Um eine Vererblichkeit der Anwartschaft an sich zu bewirken, müsste der jeweils Begünstigte in die Rechtsposition des Arbeitnehmers als Anwärter auf die sich aus der Vereinbarung ergebende Altersversorgung eintreten. Das wäre dann der Fall, wenn der Begünstigte im Fall des Versterbens des Arbeitnehmers hinsichtlich der Versorgungsvereinbarung voll in dessen Rechtsposition eintrete. Statt für den Arbeitnehmer (Erblasser) würden dann für den Erben (Begünstigter) bis zum Eintritt des Versorgungsfalles Beiträge eingezahlt; nach Eintritt des Versorgungsfalles beim Begünstigten würde dieser dann Leistungen als Versorgungsempfänger (und nicht als Hinterbliebener) erhalten. Dies könne und solle durch die getroffene Regelung nicht erreicht werden. Vielmehr werde durch diese vertragliche Regelung lediglich der im Fall des Versterbens durch den Arbeitnehmer im Rahmen der im BMF-Schreiben vom 04. Februar 2000 Az. S-2332 A - St 33 1 ausdrücklich als gesetzeskonform beurteilten Hinterbliebenenversorgung Begünstigte benannt. Im vorliegenden Fall sei dies durch namentliche Benennung der Ehefrau - der Klägerin - als Begünstigte gem. Abschn. 6.1 der Versorgungsvereinbarung erfolgt. Dadurch habe sichergestellt werden sollen, dass die Früchte aus der Vereinbarung über die betriebliche Altersversorgung im Fall des Versterbens des Arbeitnehmers (Anspruchsberechtigten) nicht untergehen, sondern die Ehefrau - als dann Hinterbliebene - Nutznießerin der Versorgungsvereinbarung sei. Zwar sei die Ehefrau auch Erbin nach dem Kläger. Ein Übergang der Anwartschaft an sich auf die Ehefrau im Wege der Vererbung - wie vom Beklagten vorgetragen - werde durch die strittige Regelung jedoch weder erreicht, noch sei dies beabsichtigt gewesen. Auch der Schlussfolgerung des Beklagten, aus der möglichen - aber nicht erfolgten - Einsetzung eines nicht in dem o.a. BMF-Schreiben genannten Personenkreis genannten Dritten als Begünstigten resultiere eine Vererblichkeit der Anwartschaft, könne nicht gefolgt werden. Denn im hier strittigen Fall sei ausdrücklich eben nicht ein Dritter, sondern die in dem BMF-Schreiben als zum begünstigten Personenkreis gehörende Ehefrau als Begünstigte benannt worden. Damit seien die Anforderungen zur Anerkennung der Versorgungsvereinbarung als betriebliche Altersversorgung gem. BetrAVG klar erfüllt. Die Beurteilung des Beklagten, dass die strittige Regelung eine Vererblichkeit der Anwartschaft begründe, sei daher rechtsfehlerhaft. Damit sei eine Vererblichkeit der Anwartschaft nicht gegeben.

Auch würden Abschnitt 7.3 und 7.6 der betrieblichen Vereinbarung keinen Verstoß gegen § 3 BetrAVG darstellen. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Schriftsätze vom 8. März 2005 und 18. September 2008 verwiesen.

Die Kläger beantragen,

den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 17. Dezember 2004 und die Einspruchsentscheidung vom 1. März 2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, nach dem einschlägigen Erlass des BMF vom 24. Februar 2000 handele es sich nur dann um eine betriebliche Altersversorgung nach dem BetrAVG, wenn der Arbeitgeber mindestens ein biometrisches Risiko (Alter, Tod, Invalidität) übernehme und vorbehaltlich des § 3 BetrAVG Ansprüche auf Leistungen erst mit dem Eintritt des biologischen Ereignisses fällig würden. Keine betriebliche Altersversorgung würde vorliegen, wenn zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Vererblichkeit von Anwartschaften vereinbart worden sei. Im strittigen Vertrag der Firma S GmbH als Arbeitgeber liege zwar vom Wortlaut her keine Vererblichkeit vor (Punkt 6.1 des Vertrages), es werde jedoch dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt, jederzeit einen Dritten als Begünstigten zu benennen. Die Person des Begünstigten könne jederzeit ausgewechselt werden durch den Kläger. Der Arbeitgeber habe nicht das Recht, einen vom Arbeitnehmer benannten Begünstigten abzulehnen. Dieser Vertragspassus gehe noch über die Vererblichkeit hinaus, denn er ermögliche die Todesfallleistung auch außerhalb des Erbfalles (§§ 328, 331, 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-). Im Ergebnis trage hier der Arbeitnehmer kein Risiko. Das angesparte „Altersvorsorgekapital” bleibe erhalten und gehe im Todesfall in jedem Fall auf einen Dritten durch die Benennung eines Begünstigten auf Grund des Vertrages zu Gunsten des Dritten (§ 328 BGB) über. Damit sei die Geldanlage durch Gehaltsverzicht nicht als betriebliche Altersversorgung mit nachgelagerter Besteuerung zu behandeln.

Die Prozessakten 5 K 2796/02 wurden dem Verfahren beigezogen.



Gründe
Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte hat zu Recht den Betrag von 1.350,00 DM aus der betrieblichen Altersversorgung als Arbeitslohn behandelt.

Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist insofern auf die zutreffenden Ausführungen in der Einspruchsentscheidung (§ 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Ergänzend wird ausgeführt, dass eine betriebliche Altersversorgung vorliegt, wenn dem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber Leistungen zur Absicherung mindestens eines biometrischen Risikos (Alter, Tod, Invalidität) zugesagt werden und Ansprüche auf diese Leistungen erst mit dem Eintritt des biologischen Ereignisses fällig werden (§ 1 BetrAVG). Werden mehrere biometrische Risiken abgesichert, ist aus steuerrechtlicher Sicht die gesamte Vereinbarung nur dann als betriebliche Altersversorgung anzuerkennen, wenn für alle Risiken die Vorgaben in dem BMF-Schreiben vom 4. Februar 2000 a.a.O. beachtet werden. In § 2 BetrAVG wird ausdrücklich davon gesprochen, dass bei Eintritt des Versorgungsfalles u.a. wegen Tod die Hinterbliebenen einen Anspruch haben. Eine Hinterbliebenenversorgung im steuerlichen Sinn darf nur Leistungen an die Witwe des Arbeitnehmers oder den Witwer der Arbeitnehmerin, die Kinder im Sinne des § 32 Abs. 3 und 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG, den früheren Ehegatten oder die Lebensgefährtin/den Lebensgefährten vorsehen. Der Begriff des/der Lebensgefährten/in ist aber als Oberbegriff zu verstehen, der auch die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft miterfasst. Die Möglichkeit, andere als diese eben genannte Person als Begünstigte für den Fall des Todes des Arbeitnehmers zu benennen, führt steuerrechtlich dazu, dass es sich nicht mehr um eine Hinterbliebenenversorgung handelt, sondern von einer Vererblichkeit der Anwartschaft auszugehen ist (vgl. BMF-Erlass vom 17. November 2004 , BStBl 2004 I S. 106 Rz. 154 f.).

Der streitige Vertrag der Firma S GmbH mit dem Kläger sieht zwar vom Wortlaut her keine Vererblichkeit vor. Jedoch wird dem Kläger als Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt, jederzeit einen Dritten als Begünstigten zu benennen. Die Person des Begünstigten kann der Kläger jederzeit auswechseln. Der Arbeitgeber hat nicht das Recht, einen vom Arbeitnehmer genannten Begünstigten abzulehnen. Die Tatsache, dass der Kläger bei Abschluss des Vertrages am 8. März 2000 durch einseitige Willenserklärung die Klägerin - seine Ehefrau - als Begünstigte angegeben hat, hindert ihn nicht daran, von der im Vertrag eröffneten Möglichkeit, eine andere Person als Begünstigten zu benennen, jederzeit Gebrauch zu machen. Allein die Möglichkeit, eine andere Person zu benennen, führt steuerrechtlich dazu, dass es sich nicht mehr um eine Hinterbliebenenversorgung handelt.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 19

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