Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

05.10.2009 · IWW-Abrufnummer 091400

Sozialgericht München: Urteil vom 15.01.2009 – S 30 EG 59/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


S 30 EG 59/08

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 11.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2008 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Elterngeldes. Die 1973 geborene Klägerin beantragte am 23.01.2008 die Zahlung von Elterngeld wegen Erziehung ihres am.2008 geborenen und am 2008 adoptierten Sohnes D. H ... Mit Bescheid vom 11.02.2008 bewilligte der beklagte Freistaat das beantragte Elterngeld. Für den Zeitraum vom 17.01.2008 bis 16.01.2009 wurde jeweils ein Zahlbetrag von EUR 966,62 festgesetzt. Die Klägerin erhob am 26.02.2008 hiergegen Widerspruch und beanstandete die Berechnung des maßgeblichen Bemessungsentgeltes für die Monate Mai bis Juli 2007. In diesen Monaten habe sie aufgrund des Streiks bei der Deutschen Telekom eine Streikleistung in Höhe von EUR 2031,31 bezogen, die dem Entgelt hinzuzurechnen sei. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, nach § 2 Abs. 1 S. 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) vom 05.12.2006 (BGBl. I S. 2748) werde Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich gezahlt. Steuerfreie Einnahmen im Sinne von § 3 bis § 3 c des Einkommensteuergesetzes (EStG) würden jedoch nicht als Einnahmen berücksichtigt, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob sie sonst als Einkommen aus Erwerbstätigkeit anzusehen wären. Die Klage hält an dem Begehren fest, die Streikunterstützung als Einkommen zur Berechnung der Höhe des Elterngeldes zu berücksichtigen. Nach § 24 Nr. 1 a EStG gehörten zu den Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt wurden. Zwischen der Streikunterstützung und den entgangenen oder entgehenden Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit bestehe ein wirtschaftlicher Zusammenhang. Die Streikgelder dienten unmittelbar dazu, den streikbedingten Lohnausfall auszugleichen. Die Suspendierung des Dienstverhältnisses infolge des Streiks führe dazu, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen im Sinne von § 19 Abs. 1 EStG entgehen. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH, 30.03.1982, Az. III R 150/80) seien Streikunterstützungen steuerpflichtig.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 11.02.2008 der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2008 zu verurteilen, Elterngeld unter Berücksichtigung des Streikgeldes in Höhe von EUR 2031,31 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Akten des Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhoben und ist somit zulässig. Sie erweist sich jedoch in der Sache als unbegründet. Die angegriffenen Bescheide entsprechen der gesetzlichen Vorschrift des § 2 Abs. 1 BEEG. Der Klägerin ist zwar auf den ersten Blick durchaus zuzustimmen, wenn sie die Streikunterstützung als Fortsetzung eines entgangenen Arbeitsentgelts betrachtet und ihr damit dieselbe Zweckbestimmung zuerkennt, nämlich die Sicherung des Lebensunterhalts. Das Elterngeld dient jedoch nicht allgemein dem Ziel, den durch finanzielle Zuflüsse aus verschiedensten Quellen gestützten Lebensstandard der Eltern während der Erziehung ihres Kindes auf einem gewissen Niveau zu halten, sondern will ganz speziell die Einbuße an Erwerbseinkommen in der ersten Phase der Erziehung eines Kleinkindes ausgleichen. Das Gesetz lässt bei der Ermittlung des für die Höhe des Elterngeldes maßgeblichen Arbeitsentgeltes auch Lohnersatzleistungen der Sozial- und Arbeitslosenversicherung außer Betracht, die in einer mit dem Streikgeld vergleichbaren Weise den unverschuldeten Wegfall von Arbeitsentgelt ausgleichen. Dies kann bei einer überschlägigen verfassungsrechtlichen Prüfung als auch nicht als willkürlich gelten, weil es plausibel ist, dass zur Berechnung einer aus Steuermitteln finanzierten Leistung auch nur Einnahmen maßgeblich sein sollen, die ihrerseits der Steuerpflicht unterlagen. Dies ist bei der Streikunterstützung nicht der Fall. Die klägerseitig zitierte ältere Entscheidung des BFH kann nicht mehr herangezogen werden, seit der BFH in seiner grundsätzlichen und zwischenzeitlich vielfach bestätigten Entscheidung vom 24.10.1990 (X R 161/88) festgestellt hat, dass Streikunterstützungen nicht der Einkommensteuer unterliegen. Sie sind nach dieser Entscheidung auch weder Arbeitslohn noch Gegenleistung für eine Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG noch eine Entschädigung in der Form des Ersatzes entgangener Einnahmen im Sinne von § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG. Generell ist der Hinweis erlaubt, dass das Elterngeld eine möglichst schnell auszuzahlende für eine überschaubare Zeitdauer bestimmte Sozialleistung ist, vor deren Berechnung anders als etwa bei der für Jahrzehnte bestimmten Altersrente keine allzu vielstufige Ermittlungsarbeit verlangt und keine breite Diskussionsmöglichkeit über die tatsächlichen Grundlagen eingeräumt werden kann. Die vollständige Orientierung an der steuerrechtlichen Handhabung ist mit Blick auf die Effektivität der Elterngeldzahlung hinzunehmen. Weitergehende Differenzierungen mögen unter dem einen oder anderen Aspekt wünschenswert sein, sind jedoch rechtlich nicht geboten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

RechtsgebietBEEGVorschriften§ 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr