Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

07.08.2009 · IWW-Abrufnummer 092638

Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 22.05.2009 – 3 Sa 812/08


Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 3 Sa 812/08
12 Ca 31/08 Arbeitsgericht Darmstadt

Verkündet laut Protokoll am 22. Mai 2009

In dem Berufungsverfahren

Berufungskläger und Beklagter

Prozessbevollmächtigt.:

gegen

Berufungsbeklagter und Kläger

Prozessbevollmächtigt.:


hat das Hessische Landesarbeitsgericht, Kammer 3, in Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2009 durch die Vorsitzende Richterin XXX am Landesarbeitsgericht als Vorsitzende und den ehrenamtlichen Richter XXX und die ehrenamtliche Richterin XXX als Beisitzer für Recht erkannt:

Im Namen des Volkes !

Urteil

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 17. April 2008 – 12 Ca 31/08 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.053,76 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus jeweils 756,72 Euro seit dem 01. September 2006, 01. Oktober 2006, 01. November 2006, 01. Dezember 2006, 01. Januar 2007, 01. Februar 2007, 01. März 2007 und 01. April 2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/5, der Beklagten zu 4/5 zu tragen.

Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Entgeltansprüche des Klägers im Hinblick auf die vertraglich vereinbarte Festvergütung und die Berichtigung von Gehaltsabrechnungen. Hinsichtlich der dem Kläger zustehenden Festvergütung ist insbesondere die Auslegung einer vertraglichen Bezugnahmeklausel im Streit.

Der Kläger war vom 1. August 1985 bis 31. März 2007 als leitender Abteilungsarzt der chirurgischen Abteilung des von dem Beklagten getragenen Kreiskrankenhauses beschäftigt. Der Beklagte ist Mitglied der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA).

Dem Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien liegt der Dienstvertrag vom 2. Juli 1985 (Ablichtung als Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 10 - 40 d.A.) zu Grunde, in welchem es über die Vergütung u.a. heißt:

§ 9
Gesamteinkommen

Das Gesamteinkommen des Arztes aus seinem dienstlichen Aufgabenbereich (§ 9 a) und für die Tätigkeiten außerhalb der Dienstaufgaben (§ 19) wird nach Abzug des Nutzungsentgeltes im dienstlichen Bereich (§ 12), des Nutzungsentgeltes im Nebentätigkeitsbereich (§ 3 des Miet- und Dienstbeschaffungsvertrages) und der Mitarbeiterbeteiligung (§ 10) auf höchstens 350.000,00 DM begrenzt. Der diesen Betrag übersteigende Teil fließt dem Krankenhausträger zu. Dieser verpflichtet sich, diese Mittel für Zwecke des Krankenhauses bereitzustellen.

Der vorstehende Betrag erhöht sich jeweils im gleichen Maße und zum gleichen Zeitpunkt, zu der sich die Vergütung aufgrund tarifrechtlicher Änderungen des jeweiligen Vergütungstarifvertrages zum BAT in der Vergütungsgruppe BAT I ändert.



㤠9 a
Vergütung für die Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich

(1) Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich (§§ 5 - 8)

1. als feste Vergütung
Grundvergütung und Ortzuschlag entsprechend Vergütungsgruppe I des BAT in Verbindung mit dem Vergütungstarifvertrag vom 17.05.1976 in der für Mitglieder der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) jeweils gültigen Fassung. …

Wird der BAT oder der maßgebende Vergütungstarifvertrag im Bereich der VkA durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt, so tritt an die Stelle der Vergütungsgruppe I BAT die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrages unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen.

Der Arzt erhält dieselben tariflichen Vergünstigungen (z. B. Weihnachtszuwendung und Urlaubsgeld) wie die übrigen Bediensteten des Krankenhausträgers in sinngemäßer Anwendung der hierfür jeweils gültigen Tarifverträge. Bemessungsgrundlage für die Weihnachtszuwendung ist die Monatsvergütung.

…“

Bei § 9 a Abs. 1 Nr. 1 des Dienstvertrags vom 2. Juli 1985 handelt es sich um eine Musterklausel, welche der Beklagte in allen Chefarztdienstverträgen verwendete.

Mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 trat der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 in Kraft, vereinbart zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände einerseits und ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) andererseits, sowie für den Bereich der Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen dessen Besonderer Teil Krankenhäuser (BT-K). Ebenfalls am 1. Oktober 2005 trat der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) vom 13. September 2005 in Kraft, vereinbart zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände einerseits und ver.di andererseits.

Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum TVöD-BT-K vom 1. August 2006, abgeschlossen zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände einerseits und ver.di andererseits, wurde der bisherige BT-K mit Wirkung zum 1. August 2006 aufgegliedert in den Besonderen Teil Krankenhäuser neuer Fassung und den Besonderen Teil Pflege- und Betreuungseineinrichtungen (BT-B). Ebenfalls traten rückwirkend zum 1. August 2006 der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) vom 17. August 2006 sowie der Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte/VKA und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Ärzte/VKA) vom 17. August 2006 in Kraft, vereinbart jeweils zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände einerseits und dem Marburger Bund andererseits.

Der Beklagte zahlte an den Kläger seit Oktober 2005 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses Festvergütung nach Entgeltgruppe 15 Ü gemäß Anlage 1 zum TVÜ-VKA. Mit Ausnahme der Chefärzte vergütet der Beklagte alle übrigen bei ihm beschäftigten Ärzte mit Wirkung ab 1. August 2006 nach dem TV-Ärzte/VKA.

Mit der Klage begehrt der Kläger die der Höhe nach unstreitige Differenz zwischen der von dem Beklagten gezahlten festen Vergütung nach Entgeltgruppe 15 Ü gemäß Anlage 1 zum TVÜ-VKA und Entgelt nach Entgeltgruppe IV/Stufe 1 der Tabelle TV-Ärzte/VKA Tarifgebiet West für den Zeitraum von August 2006 bis einschließlich März 2007 sowie die Berichtigung der ihm für diese Monate erteilten Gehaltsabrechnungen, hilfsweise die Zahlung der Differenz zwischen der ihm gezahlten Festvergütung und Entgelt nach Entgeltgruppe II Stufe 4 entsprechend § 51 Abs. 1 TVöD-BT-K zuzüglich Funktionszulage gemäß § 51 Abs. 3 TVöD-BT-K für die Monate August 2006 bis einschließlich März 2007 und entsprechende Berichtigung der Gehaltsabrechnungen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, gemäß § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags der Parteien vom 2. Juli 1986 seien ab 1. August 2006 für seine feste Vergütung die Vergütungsregelungen des TV-Ärzte/VKA anzuwenden. Die Parteien hätten bei Vertragsschluss nicht vorhergesehen, dass an kommunalen Krankenhäusern im Jahre 2006 sowohl die Anwendung des TV-Ärzte als auch des TVöD in Betracht kommen könne. Die gegebene Regelungslücke sei durch ergänzende Vertragsauslegung dahingehend zu schließen, dass die Parteien nach dem hypothetischen Parteiwillen vereinbart hätten, dass der TV-Ärzte als der speziellere Tarifvertrag an die Stelle des BAT treten solle. Wäre demgegenüber weiter der TVöD anzuwenden, richte sich seine feste Vergütung ab 1. August 2006 jedenfalls nach § 51 Abs. 1 und 3 TVöD-BT-K und nicht mehr nach der Entgeltgruppe 15 Ü, die zu diesem Zeitpunkt für Ärzte weggefallen sei.

Der Kläger hat beantragt,

1.
a) den Beklagten zu verurteilen, die ihm für die Monate August 2006 bis März 2007 erteilten Lohn-/Gehaltsabrechnungen dergestalt zu berichtigen, dass diese jeweils ein zusätzliches Bruttogehalt von € 756,72 ausweisen;

b) den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 6.053,76 brutto nebst einem Zinssatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus € 756,72 seit 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 2006, 1. Januar, 1. Februar, 1. März sowie dem 1. April 2007 zu zahlen;

2. hilfsweise zu Klageantrag zu Ziffer 1),

a) den Beklagten zu verurteilen, die ihm für die Monate August 2006 bis März 2007 erteilten Lohn-/Gehaltsabrechnungen dergestalt zu berichtigen, dass diese jeweils ein zusätzliches Bruttogehalt von € 606,72 ausweisen;

b) den Beklagten zu verurteilen, an ihn € 4.853,76 brutto nebst einem Zinssatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus € 606,72 seit 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 2006, 1. Januar, 1. Februar, 1. März sowie dem 1. April 2007 zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Er hat die Ansicht vertreten, § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags der Parteien vom 2. Juli 1985 sei als Gleichstellungsabrede auszulegen mit der Folge, dass der Kläger zum 1. Oktober 2005 in die Entgeltgruppe 15 Ü übergeleitet worden sei. Mit dem rückwirkenden In-Kraft-Treten des TV-Ärzte/VKA zum 1. August 2006 sei der TVöD nicht ersetzt worden. Im TVÜ-Ärzte/VKA gebe es zudem keine Regelung zur Überleitung des TVÜ-VKA in den TV-Ärzte/VKA. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Kläger mit anderen Beschäftigten des Krankenhauses, zu 90 vom Hundert unstreitig nicht aus Ärzten bestehend, habe gleichgestellt werden sollen.

Das Arbeitsgericht Darmstadt hat der Klage mit am 17. April 2008 verkündeten Urteil nach dem Hauptantrag stattgegeben. Zur Begründung hat es, kurz zusammengefasst, ausgeführt, die ergänzende Vertragsauslegung des § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 1 und 2 des Dienstvertrags der Parteien ergebe die Anwendbarkeit des TV-Ärzte/VKA auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ab 1. August 2006. Die Parteien hätten geregelt, dass für den Fall, dass der BAT oder der maßgebende Vergütungstarifvertrag im Bereich der VKA durch einen anderen Tarifvertrag ersetzt werde, anstelle der Grundvergütung nach Vergütungsgruppe I des BAT die entsprechende Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrags trete, unter Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen. Nicht geregelt hätten die Parteien, wie zu verfahren sei, wenn die ehemaligen Tarifvertragsparteien des BAT nach dessen Beendigung zwei inhaltlich abweichende Tarifverträge abschlössen, wie dies zeitlich versetzt mit dem TVöD einerseits und dem TV-Ärzte/VKA andererseits erfolgt sei. Diese Regelungslücke im Dienstvertrag sei durch Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens im Rahmen ergänzender Vertragsauslegung (§ 157 BGB) zu schließen. Diese ergebe, dass die Parteien die Anwendung des TV-Ärzte/VKA vereinbart hätten. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 17. April 2008, dort S. 6 - 11 (Bl. 111 - 116 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses ihm am 5. Mai 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 27. Mai 2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag bis zum 8. September 2008, mit am 3. September 2008 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Beklagte verfolgt sein Klageabweisungsbegehren unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Er meint, die Regelungslücke des Dienstvertrages könne nicht durch Auslegung oder ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden. Ein Wille der Vertragsschließenden, von zwei unterschiedlichen Tarifwerken dasjenige zu wählen, welches die höhere höchste Vergütungsgruppe enthalte, lasse sich weder dem Vertrag noch den sonstigen Umständen als hypothetischer Parteiwille entnehmen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 17. April 2008 - 12 Ca 31/08 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze vom 3. September 2008 (Bl. 132 – 136 d. A.), vom 8. Oktober 2008 (Bl. 150 – 160 d. A.) und vom 26. Februar 2009 (Bl. 178 – 191 d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 22. Mai 2009 (Bl. 278/279 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 17. April 2008 - 12 Ca 31/08 - ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b ArbGG nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft und auch darüber hinaus zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Abs. 1, 3 und 5 ZPO.

B.

In der Sache hat die Berufung des Beklagten jedoch keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung richtet. Der Kläger hat für die Zeit von August 2006 bis einschließlich März 2007 Anspruch auf Zahlung der Festvergütung gemäß § 9 a Abs. 1 Nr. 1 des Dienstvertrags vom 2. Juli 1985 nach Entgeltgruppe IV Stufe 1 des TV-Ärzte/VKA. Die Berufung des Beklagten ist begründet, soweit dieser zur Berichtigung der erteilten Abrechnungen für die Monate August 2006 bis März 2007 verurteilt wurde. Der Hilfsantrag fällt nicht zur Entscheidung an, da er nur hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag zu 1) insgesamt gestellt ist.

I. Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Festvergütung nach Entgeltgruppe IV Stufe 1 des TV-Ärzte/VKA für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. März 2007 aus § 611 Abs. 1 BGB iVm. §§ 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags der Parteien vom 2. Juli 1985 und § 305 c Abs. 2 BGB. Bei den in § 9 a des Dienstvertrags getroffenen Vereinbarungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von §§ 305 ff. BGB. Die objektive Auslegung von § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags lässt gleichermaßen drei Ergebnisse als vertretbar erscheinen, welche im Sinne der Klausel der Vergütungsgruppe I BAT entsprechende Vergütungsgruppe eines neuen, den BAT ersetzenden Tarifvertrags für die Zeit ab 1. August 2006 an die Stelle der bisher für die Festvergütung des Klägers maßgeblichen Vergütungsgruppe I BAT treten sollte. Da keines dieser Ergebnisse den klaren Vorzug verdient, findet die Unklarheitenregel gemäß § 305 c Abs. 2 BGB Anwendung. Dies führt zur Maßgeblichkeit der für den Kläger günstigsten Auslegung, nämlich der Bemessung seiner festen Vergütung ab 1. August 2006 nach Entgeltgruppe IV/Stufe 1 des TV-Ärzte/VKA. Ergibt damit die Anwendung von § 305 c Abs. 2 BGB den maßgeblichen Vertragsinhalt hinsichtlich der Festvergütung, besteht insoweit weder eine Regelungslücke, noch kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht.

1. Es handelt sich bei § 9 a Abs. 1 Nr. 1 des Dienstvertrags der Parteien vom 2. Juli 1985 um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.

2. Die Auslegung der Bezugnahmeklausel in § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags der Parteien ergibt nach ihrem und dem von ihr typischerweise verfolgten Zweck kein eindeutiges Ergebnis, ob für die feste Vergütung des Klägers mit Wirkung ab 1. August 2006 weiter die höchste allgemeine Entgeltgruppe 15 Ü gemäß Anlage 1 zum TVÜ-VKA maßgeblich war, oder die höchste Vergütungsgruppe für Ärzte gemäß § 51 TVöD-BT-K, oder die höchste Vergütungsgruppe nach § 16 TV-Ärzte/VKA. Sowohl der TVöD als auch der TV-Ärzte/VKA stellen im Sinne der Klausel den BAT ersetzende Tarifverträge dar. Innerhalb des TVöD kommen ab 1. August 2006 sowohl die höchste allgemeine Entgeltgruppe 15 Ü gemäß Anlage 1 zum TVÜ-VKA als der bisherigen Vergütungsgruppe I BAT im Sinne der Klausel entsprechende Vergütungsgruppe in Betracht als auch die Entgeltgruppe II als höchste Vergütungsgruppe für Ärzte gemäß § 51 Abs. 1 TVöD-BT-K, im TV-Ärzte/VKA die Entgeltgruppe IV gemäß § 16 Buchst. d des TV-Ärzte/VKA. Sämtliche Auslegungsergebnisse werden dem typischerweise verfolgten Zweck der Klausel, die feste Vergütung des Chefarztes dynamisch nach einer der Vergütungsgruppe I des BAT/VKA entsprechenden Vergütungsgruppe zu bemessen, in gleichem Maße gerecht.

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 274, zu B II 2 a der Gründe, Rn. 43; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - AP BGB § 307 Nr. 32, zu II 1 a der Gründe, Rn. 13).

Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 274, zu B II 2 b der Gründe, Rn. 44; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - AP BGB § 307 Nr. 32, zu II 1 b der Gründe, Rn. 14).

b) Die objektive Auslegung von § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags der Parteien vom 2. Juli 1985 lässt drei Ergebnisse als gleichermaßen vertretbar erscheinen, welche der Vergütungsgruppe I BAT entsprechende Vergütungsgruppe eines neuen, den BAT ersetzenden Tarifvertrags für die Zeit ab 1. August 2006 an die Stelle der bisher für die Festvergütung des Klägers maßgeblichen Vergütungsgruppe I BAT treten sollte. Von diesen verdient keines den klaren Vorzug.

aa) Vom Wortlaut der Bezugnahmeklausel in § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags der Parteien kommen sowohl der TVöD als auch der TV-Ärzte/VKA als den BAT im Sinne der Klausel ersetzende Tarifverträge in Betracht.

(1) Der Begriff des ersetzenden Tarifvertrags hat in einzelvertraglichen Bezugnahmeklauseln typischerweise die tarifrechtliche Ablösung eines Tarifvertrags durch einen anderen zum Inhalt. Ob ein Tarifvertrag einen anderen tarifrechtlich ersetzt, bestimmen die den neuen Tarifvertrag schließenden Tarifvertragsparteien. In diesem Sinne ersetzt jedoch bei tarifgebundenen Arbeitgebern im Bereich der VKA sowohl, in Verbindung mit dem TVÜ-VKA, der TVöD den BAT (§ 2 Abs. 1 TVÜ-VKA), als auch, in Verbindung mit dem TVÜ-Ärzte/VKA, der TV-Ärzte/VKA den TVöD und den BT K sowie den BAT (§ 2 Abs. 1 TVÜ-Ärzte/VKA).

(2) Unerheblich ist, dass sowohl der TVöD als auch der TV-Ärzte nicht von sämtlichen Tarifvertragsparteien auf Arbeitnehmerseite geschlossen wurden, die noch Tarifvertragspartei des BAT waren. Denn in ihrem Geltungsbereich handelt es sich bei beiden Tarifwerken nach dem ausdrücklichen Willen der jeweiligen Tarifvertragsparteien um den BAT ersetzende Tarifverträge. Für die Auslegung, dass ein den BAT ersetzender Tarifvertrag im Sinne von § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags der Parteien vom 2. Juli 1985 auch ein Tarifvertrag sein kann, welcher nicht von allen, sondern nur von einem Teil der Tarifvertragsparteien des BAT auf Arbeitnehmerseite geschlossen wurde, spricht zudem die Vertragspraxis der Parteien, wonach der Kläger ab dem 1. Oktober 2005, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVöD, die feste Vergütung entsprechend Entgeltgruppe 15 Ü der Anlage 1 zum TVÜ-VKA gezahlt wurde, obwohl der Marburger Bund den TVöD bereits nicht mehr mit abgeschlossen hatte. Sowohl der TV-Ärzte als auch der TVöD wurden vielmehr nur noch von einem Teil der Tarifvertragsparteien des BAT auf Arbeitnehmerseite geschlossen.

(3) Ein im Sinne der Bezugnahmeklausel den BAT ersetzender Tarifvertrag liegt nicht nur dann vor, wenn dieser den BAT insgesamt, insbesondere hinsichtlich der gesamten Vergütungsordnung ablöst. Der Wortlaut stellt allein auf die „Ersetzung“ ab, welche notwendig nur für den Geltungsbereich des neuen Tarifvertrags in Betracht kommt. Maßgeblich soll nach dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel sodann die in dem ersetzenden Tarifvertrag der bisherigen Vergütungsgruppe I BAT entsprechende Vergütungsgruppe sein. Sollte es in dem neuen Tarifvertrag gegebenenfalls keine „entsprechende“ Vergütungsgruppe geben, etwa wegen eines möglicherweise nur auf die Arbeitnehmer der unteren Vergütungsgruppen bezogenen persönlichen Geltungsbereichs, schiede eine Orientierung der festen Vergütung des Klägers an einer Vergütungsgruppe dieses Tarifvertrags aus diesem Grund aus, nicht, weil dieser den BAT nicht im Sinne der Bezugnahmeklausel ersetzt hätte.

(4) Der Begriff „ersetzender Tarifvertrag“ setzt nicht notwendig voraus, dass der BAT nur durch einen einzigen Tarifvertrag in diesem Sinne ersetzt werden kann. Die Parteien mögen bei Vertragsschluss eine mögliche Aufspaltung der Tariflandschaft für die Ärzte nicht bedacht haben. Typischerweise verfolgter Zweck einer Bezugnahmeklausel wie im Streitfall ist jedoch, den fraglichen Vergütungsbestandteil an die Tarifentwicklung zu koppeln. Dem widerspräche es für den Fall, dass der BAT nicht durch einen einzigen, sondern durch mehrere Tarifverträge in ihrem jeweiligen Geltungsbereich ersetzt wird, keinen von diesen als „ersetzenden Tarifvertrag“ im Sinne der Vertragsklausel anzusehen, da dies gerade zur Abkopplung des an sich dynamisch gestalteten Vergütungsbestandteils von der Tarifentwicklung führen würde.

(5) Der Umstand, dass zum 1. Oktober 2005 zunächst der TVöD/VKA im Sinne von § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags der Parteien vom 2. Juli 1985 den BAT/VKA ersetzt hat, hindert nicht, dass auch der TV-Ärzte mit Wirkung ab 1. August 2006 ein den BAT ersetzender Tarifvertrag im Sinne von § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags ist. Von der Bezugnahmeklausel umfasst ist nicht nur ein den BAT unmittelbar ablösender anderer Tarifvertrag, sondern auch ein den zunächst an die Stelle des BAT getretenen Tarifvertrag ablösender weiterer Tarifvertrag. Dies ergibt sich aus dem typischen Zweck der dynamischen Bezugnahme auf eine bestimmte Vergütungsgruppe, die feste Vergütung des Chefarztes an die Tarifentwicklung zu koppeln. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn nur die der Vergütungsgruppe I BAT entsprechende Vergütungsgruppe eines unmittelbar den BAT ablösenden Tarifvertrags maßgeblich sein sollte, nicht hingegen ein möglicherweise diesen Tarifvertrag erneut ablösender weiterer Tarifvertrag. Der TV-Ärzte ersetzt in seinem Geltungsbereich gemäß § 2 Abs. 1 TVÜ-Ärzte/VKA ausdrücklich sowohl den TVöD, einschließlich BT-K, als auch den BAT.

(6) Auf die Frage, wie im Falle beiderseitiger Tarifgebundenheit die mit dem TVöD und dem TV-Ärzte entstandene Tarifpluralität tarifrechtlich aufzulösen wäre, kommt es für die Auslegung der Bezugnahmeklausel im Dienstvertrag der Parteien nicht an. Bei der Bezugnahmeklausel in § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Chefarztdienstvertrags handelt sich nicht um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, da selbst bei beiderseitiger Tarifgebundenheit weder der BAT noch der TVöD oder der TV-Ärzte Anwendung auf das Chefarzt-Dienstverhältnis des Klägers gefunden hätten. Eine Gleichstellungsabrede soll hingegen lediglich eine eventuell fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers ersetzen, dieser soll vertragsrechtlich so gestellt werden, wie ein tarifgebundener Arbeitnehmer tarifrechtlich steht (vgl. BAG 1. Dezember 2004 - 4 AZR 55/04 - AP TVG § 3 Verbandsaustritt Nr. 12, zu I 2 a der Gründe; 20. September 2006 - 10 AZR 770/05AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 41, zu II 5 a aa der Gründe).

(7) Weder nach dem Wortlaut noch nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der Bezugnahmeklausel verdient die Auslegung den Vorzug, wonach ersetzender Tarifvertrag im Sinne der Klausel nur der nach seinem persönlichen Geltungsbereich speziellere sei. Der Wortlaut gibt hierfür keine Anhaltspunkte. Der objektive Zweck der Klausel besteht darin, die feste Vergütung der bei dem Beklagten beschäftigten Chefärzte an die Tarifentwicklung einer der bisherigen Vergütungsgruppe I BAT entsprechenden Vergütungsgruppe eines den BAT ersetzenden Tarifvertrags zu koppeln. Diesen Zweck erfüllt eine Bezugnahme auf eine entsprechende Vergütungsgruppe des TVöD ebenso gut wie eine solche auf eine entsprechende Vergütungsgruppe des TV-Ärzte. Beide Tarifwerke finden zudem nach ihrem persönlichen Geltungsbereich nicht unmittelbar Anwendung auf Chefärzte. Im Hinblick auf die Vergütung enthält außerdem auch § 51 TVöD-BT-K spezielle Regelungen für Ärzte.

Eine allgemeine Übertragung des tarifrechtlichen Spezialitätsgrundsatzes auf einzelvertragliche Bezugnahmen auf Tarifverträge scheidet ebenfalls aus. So führt selbst die individualvertragliche Inbezugnahme eines gesamten Tarifvertrags nicht zu dessen tarifrechtlicher Geltung, so dass dessen Bestimmungen nicht im Wege der Auflösung einer Tarifpluralität nach dem tarifrechtlichen Spezialitätsgrundsatz verdrängt werden könnten (BAG 22. Oktober 2008 – 4 AZR 784/07NZA 2009, 151, zu II 3 c der Gründe, Rn. 34).

(8) Nicht maßgeblich für den objektiven Inhalt der Bezugnahmeklausel in § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags der Parteien vom 2. Juli 1985 ist schließlich, dass der Beklagte auf die Arbeitsverhältnisse aller übrigen bei ihm beschäftigten Ärzte, mit Ausnahme der Chefärzte, seit dem 1. August 2006 den TV-Ärzte/VKA anwendet. Die Bezugnahmeklausel stellt für die feste Vergütung des Klägers nicht auf eine den anderen Ärzten tatsächlich gewährte Vergütung ab, sondern auf eine bestimmte Vergütungsgruppe bzw. die entsprechende Vergütungsgruppe eines ersetzenden Tarifvertrags.

bb) Als der bisherigen Vergütungsgruppe I BAT im Sinne der Bezugnahmeklausel entsprechende Vergütungsgruppe kommt ab 1. August 2006 im TVöD sowohl gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA die Entgeltgruppe II nach § 51 Abs. 1 TVöD-BT-K, als auch die allgemeine Entgeltgruppe 15 Ü gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. der Anlage 1 zum TVÜ-VKA in Betracht, im TV-Ärzte die Entgeltgruppe IV gemäß § 16 Buchst. d TV-Ärzte/VKA.

(1) Nach den allgemeinen Überleitungsbestimmungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. der Anlage 1 zum TVÜ-VKA entspricht der Vergütungsgruppe I BAT die Vergütungsgruppe 15 Ü. Für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern galt jedoch gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA nicht die Anlage 1, sondern die Entgeltordnung gemäß § 51 BT-K. Auch wenn der Kläger als Chefarzt nicht unmittelbar dem persönlichen Anwendungsbereich der fraglichen Tarifverträge unterfällt, lässt sich der Begriff der der Vergütungsgruppe I BAT „entsprechenden“ Vergütungsgruppe im Sinne der Verweisungsklausel ebenso dahin verstehen, dass auch etwaige Spezialregelungen für einschlägige Tarifbereiche nachzuvollziehen sind, hier diejenigen für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern. Der Vertragswortlaut, seine Systematik oder der objektive Zweck der Verweisungsklausel geben keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, ob für das Ziel einer als angemessen erachteten Dynamisierung der Festvergütung des Klägers im Falle des In-Kraft-Tretens von tarifrechtlichen Spezialregelungen für seine Berufsgruppe diese oder weiterhin nur die höchste allgemeine Entgeltgruppe für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst maßgeblich sein soll. Da es zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine speziellen Vergütungsgruppen für in kommunalen Krankenhäusern beschäftigte Ärzte gab, können die Parteien die Vergütungsgruppe I BAT/VKA als Bezugsgröße für die feste Vergütung des Klägers sowohl deswegen bestimmt haben, weil es sich allgemein um die höchste Vergütungsgruppe im BAT handelte, als auch deswegen, weil es zugleich auch für Ärzte die höchste Vergütungsgruppe war. Die einzelvertragliche Regelung gibt hierüber keinen Aufschluss.

(2) Für den Bereich des TV-Ärzte/VKA entspricht im Sinne der Bezugnahmeklausel der bisherigen Vergütungsgruppe I BAT die Entgeltgruppe IV gemäß § 16 Buchst. d TV-Ärzte/VKA. Zwar gibt es insoweit keine Überleitungsbestimmung im TVÜ-Ärzte/VKA. Die Bezugnahmeklausel im Dienstvertrag der Parteien verlangt aber nur die Berücksichtigung etwaiger Überleitungsbestimmungen. Die „Entsprechung“ ist, sofern eine solche Überleitungsbestimmung nicht vorhanden ist, anhand eines Vergleichs zwischen bisheriger und neuer Vergütungsordnungsstruktur zu bestimmen. So war die Vergütungsgruppe I BAT im Geltungsbereich des BAT die höchste Vergütungsgruppe. In ihr waren insbesondere die Ärzte unmittelbar unterhalb der Chefärzte eingruppiert. Für diese ist nunmehr die im Geltungsbereich des TV-Ärzte/VKA höchste Entgeltgruppe IV maßgeblich.

cc) Von den drei gleichermaßen vertretbaren Auslegungsergebnissen, nach welcher Vergütungsgruppe sich die feste Vergütung des Klägers ab 1. August 2006 richtete, verdient keines den klaren Vorzug. Dem objektiven Zweck der Bezugnahmeklausel in § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags der Parteien vom 2. Juli 1985 und der typischen Interessenlage der Parteien werden alle gleichermaßen gerecht. Objektiv vorzugswürdig ist weder die Orientierung der festen Vergütung des Klägers auch ab 1. August 2006 weiterhin an der allgemein die Vergütungsgruppe I BAT ablösenden Entgeltgruppe 15 Ü, noch ihre Bemessung nach der spezielleren Entgeltgruppe II TVöD-BT-K oder der Entgeltgruppe IV TV-Ärzte/VKA. Dem objektiven Zweck der Dynamisierung der festen Vergütung des Klägers entsprechend der Tarifentwicklung, werden sämtliche Auslegungsergebnisse in gleichem Maße gerecht. Auszuschließen ist lediglich, dass es sich weder beim TVöD noch beim TV-Ärzte um einen im Sinne der Klausel den BAT ersetzenden Tarifvertrag handelt, weil dann die feste Vergütung des Klägers entgegen dem objektiven Inhalt der Klausel an die von den Tarifvertragsparteien nicht mehr weiter entwickelte Vergütungsgruppe I BAT gebunden bliebe.

Eine objektive Präferenz für die allgemeine Entgeltgruppe oder eine der spezielleren lässt sich der einzelvertraglichen Regelung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn nicht entnehmen. Diese ergibt sich auch nicht daraus, dass die Vergütungsgruppe I BAT allgemein lediglich in die Entgeltgruppe 15 Ü übergeleitet wurde. Einerseits waren die Ärzte hiervon gerade ausgenommen, andererseits sind nach dem Wortlaut der Klausel nur etwaige Überleitungsbestimmungen zu berücksichtigen. Dies schließ es gerade nicht aus, eine Vergütungsgruppe auch dann als im Sinne der Klausel der Vergütungsgruppe I BAT entsprechende anzusehen, wenn insoweit keine Überleitungsbestimmungen existieren.

3. Da weder eine Auslegung den klaren Vorzug verdient, wonach sich die feste Vergütung des Klägers auch ab 1. August 2006 nach der höchsten allgemeinen Vergütungsgruppe 15 Ü gemäß der Anlage 1 zum TVÜ-VKA richtete, noch eine Auslegung, wonach die höchste Vergütungsgruppe des Besonderen Teils Krankenhäuser gemäß § 51 TVöD-BT-K ab 1. August 2006 maßgeblich war oder die höchste Vergütungsgruppe gemäß § 16 des TV-Ärte/VKA, findet die Unklarheitenregel gemäß § 305 c Abs. 2 BGB Anwendung. Dies führt zur Maßgeblichkeit der für den Kläger günstigsten Entgeltgruppe IV des TV-Ärzte/VKA hinsichtlich seiner festen Vergütung ab 1. August 2006.

a) Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB scheitert zwar in Bezug auf arbeitsvertragliche Klauseln, die auf ein Tarifwerk insgesamt Bezug nehmen, da die Anwendbarkeit oder Unanwendbarkeit eines Tarifvertrags insgesamt je nach der vom Arbeitnehmer erstrebten Rechtsfolge für ihn günstig oder ungünstig sein kann (BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - AP BGB § 305 c Nr. 11, zu A III 1 a ee der Gründe, Rn. 27). In § 9 a Abs. 1 Nr. 1 des Dienstvertrags vom 2. Juli 1985 haben die Parteien aber nicht ein gesamtes Tarifwerk in Bezug genommen, sondern lediglich für die feste Vergütung des Klägers die Vergütungsgruppe I BAT bzw. die dieser entsprechende Vergütungsgruppe eines den BAT ersetzenden Tarifvertrags. § 305 c Abs. 2 BGB gilt auch für vertraglich vereinbarte Hauptleistungspflichten (vgl. BAG 14. März 2007 – 5 AZR 630/06AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 45, zu III 2 c der Gründe, Rn. 22).

§ 305 c Abs. 2 BGB gibt einen allgemeinen Rechtsgrundsatz wieder, der schon vor In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auch im Arbeitsrecht Geltung besaß (vgl. BAG 18. August 1998 - 1 AZR 589/97 - NZA 1999, 659, zu II 1 c der Gründe; 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - AP BGB § 305 c Nr. 4, zu II 2 b der Gründe). Die Unklarheitenregel gilt gerade auch für den Fall, dass die Tragweite einer Verweisung auf Tarifnormen zweifelhaft ist (BAG 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - AP BGB § 305 c Nr. 4, zu II 2 d dd der Gründe).

b) Maßgeblich ist damit die für den Kläger günstigste Auslegung, wonach der Beklagte dem Kläger gemäß § 9 a Abs. 1 Nr. 1 Unterabs. 2 des Dienstvertrags vom 2. Juli 1985 eine feste Vergütung für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. März 2007 nach der Entgeltgruppe IV/Stufe 1 des § 16 Buchst. d TV-Ärzte/VKA schuldet. Die Höhe des von dem Kläger geltend gemachten Differenzbetrages zur bisher gezahlten Vergütung ist zwischen den Parteien unstreitig. Dem Anspruch steht auch nicht die Regelung des Höchstgesamteinkommens des Klägers gemäß § 9 Abs. 1 des Dienstvertrags der Parteien vom 2. Juli 1985 entgegen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass dieser Betrag überschritten wäre. Zudem hat sich der Höchsteinkommensbetrag gemäß § 9 Abs. 2 des Dienstvertrags der Parteien vom 2. Juli 1985 seinerseits entsprechend der Entwicklung der Vergütungsgruppe I BAT erhöht.

4. Die Zinsansprüche folgen aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

II. Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger mit dem Antrag zu 1b) die Berichtigung der ihm für die Monate August 2006 bis März 2007 erteilten Gehaltsabrechnungen verlangt. Hierfür fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.

1. § 108 GewO betrifft nur die Abrechnung der bereits erfolgten Zahlung (vgl. BAG 12. Juli 2006 - 5 AZR 646/05 - AP BGB § 611 Lohnabrechnung Nr. 1, zu II 1 der Gründe; 10. Januar 2007 – 5 AZR 665/06 – AP BGB § 179 Nr. 3, zu II der Gründe, Rn. 18). Unstreitig hat der Beklagte dem Kläger Vergütung für den fraglichen Zeitraum bislang jedoch nur in der abgerechneten Höhe gezahlt.

2. Die Sache war auch insoweit zur Endentscheidung reif. Die Gewährung eines von der Vertreterin des Berufungsbeklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht beantragten Schriftsatznachlasses war nicht geboten, nachdem in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit bestand, zu dem erteilten rechtlichen Hinweis betreffend § 108 GewO Stellung zu nehmen. Weiteres erhebliches tatsächliches Vorbringen war nicht zu erwarten. Die Vertreterin des Berufungsbeklagten hat vielmehr das Verständnis auch bereits des Arbeitsgerichts als richtig bestätigt, dass mit dem Antrag die Berichtigung der Brutto-/Nettoabrechnungen geltend gemacht werde.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für den Beklagten zuzulassen, für die Zulassung der Revision für den Kläger gibt es keinen gesetzlichen Grund.

RechtsgebieteArbeitsrecht, Tarifrecht, Zivirecht VorschriftenBGB, ZPO, ArbGG, BAT, TVöD-BT-K, TV-Ärzte/VKA, TVÜ-VKA

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr