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09.06.2009 · IWW-Abrufnummer 091107

Landessozialgericht Bayern: Urteil vom 14.10.2008 – L 5 KR 365/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


L 5 KR 365/06

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 31. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 48.418,59 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen zur Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2003 in Höhe von insgesamt 48.418,59 Euro, wobei in der Nachforderung für die Zeit vom 15. Januar 2001 bis Juli 2005 Säumniszuschläge in Höhe von 13.130,15 Euro enthalten sind.

Der Kläger ist Inhaber der Firma A., Leichttransporte in A-Stadt.
Bei einer Verkehrskontrolle wurde festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) mit einem Fahrzeug der Firma des Klägers als selbstständiger Kraftfahrer eine Beförderung nach dem Güterkraftverkehrsgesetz ausgeführt hat, ohne über eine entsprechende Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr zu verfügen. Das Landratsamt N. stellte fest, dass zwar im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen das Güterkraftverkehrsgesetz vorliege, da Kraftfahrer ohne Lizenz und eigenes Fahrzeug als weisungsabhängige Arbeitnehmer eingestuft werden. Der Sachverhalt wurde deshalb der Beklagten zur Prüfung vorgelegt (Anzeige vom 5. März 2004).

Die Beklagte hat daraufhin am 29.04.2004 eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1
SGB IV durchgeführt. Geprüft wurden die Jahre 2000 bis 2003.
Dabei stellte die Beklagte fest, dass für diese Jahre überwiegend Rechnungen des Beigeladenen zu 1) vorliegen. Die Abrechnungen wurden pro Monat von der Firma A. erstellt und enthalten alle Fahrten des Beigeladenen zu 1). Dieser benutzte einen Lkw bzw. Kleintransporter des Klägers, der von der Firma des Klägers betankt und gewartet wurde. Die Unterhaltskosten für den Transporter wurden ebenfalls vom Kläger bezahlt. Nach Aussage des Steuerberaters erfolgte keine Verrechnung der Kosten mit dem Beigeladenen zu 1).
Der Beigeladene zu 1) wurde über das Ergebnis der Betriebsprüfung informiert und um weitere Angaben gebeten. Er teilte mit, ein langjähriger Bekannter des Klägers zu sein und selbst den Vorschlag der selbstständigen Beschäftigung gemacht zu haben. Eine Erlaubnis nach § 3 des Gesetzes zur Reform des Güterkraftverkehrsrechts besitze er nicht, seine Tätigkeit habe im Fahren sowie im Be- und Entladen bestanden. Er sei nach Absprache gefahren und habe die Aufträge nach Vereinbarung angenommen. Eine feste Tour habe er nicht gehabt, habe aber Einfluss auf die zugeteilten Aufträge genommen. Die Tour habe entweder der Kläger oder er selbst zusammengestellt, wobei die Auslieferungsfristen vom Kunden bestimmt wurden. Er habe die Leistung nicht persönlich erbringen müssen, gegebenenfalls habe auch seine Frau die Tour übernommen. Während der Tour habe er weitere Güter in Eigenregie annehmen und befördern dürfen und Aufträge ablehnen können. Ein Konkurrenzverbot habe nicht bestanden. Er sei bei verschiedenen Fahrerservicezentren gemeldet, gelegentlich habe er auch ein eigenes Fahrzeug benutzt. Kontrollen durch den Kläger hätten nicht stattgefunden.

Vor Erlass des streitigen Bescheides führte die Beklagte die erforderliche Anhörung gegenüber dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) durch. Beide ließen durch ihre Prozessbevollmächtigten Einwendungen gegen die Feststellung der Versicherungspflicht vorbringen.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2005 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) die Beitragspflicht für die Zeit vom 1. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2003 fest und forderte Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 48.418,59 Euro nach. Darin enthalten sind Säumniszuschläge in Höhe von 13.130,15 Euro. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Beigeladene zu 1) seit Jahren bei einem weiteren Arbeitgeber in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe und zusätzlich im Betrieb des Klägers ab 1. Dezember 2000 eine Fahrertätigkeit als Subunternehmer aufgenommen habe. Dabei habe der Kläger die Abrechnungen für die geleisteten Fahrten erstellt, wobei die Berechnung des Entgelts unterschiedlich nach Festpreis, Kilometer, Entfernung oder Zeitaufwand erfolgte. Der Beigeladene zu 1) habe dabei Zahlungen als Vorschuss oder Abschlag sowie Restzahlungen erhalten, auch seien zweimal Zahlungen für den Beigeladenen zu 1) an das Finanzamt geleistet worden. Diesem seien zur Durchführung der Aufträge Fahrzeuge unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden, die auf den Kläger angemeldet waren und für die der Kläger die Kosten getragen habe. Auch wenn dem Beigeladenen zu 1) möglich gewesen sei, Aufträge abzulehnen oder gelegentlich durch seine Ehefrau durchführen zu lassen, sei er als abhängig Beschäftigter anzusehen, zumal seine Ehefrau im streitigen Zeitraum als abhängig beschäftigte Aushilfsfahrerin beim Kläger tätig gewesen sei. Der Beigeladene zu 1) habe keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigt und auch über keine eigene Betriebsstruktur verfügt und sei nicht im Besitz der Erlaubnis für den gewerblichen Güterverkehr gewesen, die aber zwingende Voraussetzung für eine Tätigkeit als selbstständiger Unternehmer gewesen wäre. All diese Umstände sprächen für eine persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen zu 1) der keinerlei Unternehmerrisiko getragen habe, insbesondere keinerlei Kapitaleinsatz zu erbringen hatte und nach Absprache tätig geworden sei. Unerheblich sei, dass er auch Aufträge hätte ablehnen können, da die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung überwiegen.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Beigeladene zu 1) als auch der Kläger Widerspruch. Der Beigeladene zu 1) teilte auf Anfrage die auf ihn bzw. seine Ehefrau zugelassenen Kraftfahrzeuge mit. Es handelte es sich nach Mitteilung des Landratsamts in der Zeit ab Dezember 2000 um einen auf die Ehefrau zugelassenen Citroen-Pkw-Kombi (Stilllegung 2002 Dezember) sowie ab Juni 2003 einen Renault-Pkw ebenfalls auf die Ehefrau zugelassen. Auf den Beigeladenen waren ein "Krad" und ein "Lkrad Roller" in der streitigen Zeit zugelassen.
Während auf Anregung der Beklagten der Beigeladene zu 1) sein Einverständnis mit der Aussetzung einer Entscheidung über seinen Widerspruch erklärte, erließ die Beklagte gegenüber dem Kläger den Widerspruchsbescheid vom 25. April 2006, der im Wesentlichen zur Begründung auf die Merkmale abstellt die bereits im Bescheid angesprochen waren.

Dagegen richtet sich die zum Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage. Zu deren Begründung wurde vorgetragen, dass der Kläger Inhaber eines kleinen Speditionsunternehmens mit ca. drei Fahrzeugen sei und ab 1. Dezember 2000 den Beigeladenen zu 1) als selbstständigen Unternehmer mit Fahrten betraut habe. Die Fahrten seien zwischen den Beteiligten vorab telefonisch vereinbart worden und teilweise nach Kilometern, teilweise nach Zeit oder pauschal abgerechnet worden. Der Beigeladene zu 1) habe weder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall noch bezahlten Erholungsurlaub noch eine Vergütung von Überstunden erhalten. Er sei umfangreich anderweitig beschäftigt gewesen, so dass eine regelmäßige Tätigkeit als Fahrer für den Kläger nicht möglich war. In der Regel habe er 40% des vom Kläger für die Ausführung des Auftrags vereinnahmten Entgelts erhalten. Er habe die Durchführung von Fahrten auch ablehnen oder an seine Ehefrau weitergeben können, was eindeutig gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche. Diese Fahrten seien über den Beigeladenen zu 1) abgerechnet worden. Gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche auch, dass der Beigeladene anderweitig rentenversichert und freiwillig krankenversichert sei und die Beteiligten das Arbeitsverhältnis als selbstständige Tätigkeit gestalten wollten.

In der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2006 hat das SG Nürnberg den Kläger und den Beigeladenen zu 1) befragt, insoweit wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Der Beigeladene hat dabei auch Angaben zu seinen anderen Tätigkeiten, insbesondere seiner Tätigkeit für den Insolvenzverwalter R. gemacht, wo er abhängig beschäftigt jeweils einige Stunden, drei Tage die Woche beschäftigt ist. Ein Gewerbe habe er für Serviceleistungen angemeldet und sei davon ausgegangen, dass hierunter auch die Fahrertätigkeit falle.

Mit Urteil vom 31. Oktober 2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es war der Auffassung , dass der Beigeladene zu 1) nach der Definition des § 7 Abs. 1 SGB IV abhängig beschäftigt sei, da die nach den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale bei weitem überwiegen. Insbesondere habe der Beigeladene zu 1)keine eigenen Betriebsmittel eingesetzt, sondern die vom Kläger ihm unentgeltlich zur Verfügung gestellten LKWs benutzt und somit auch kein Unternehmerrisiko getragen. Es sei ihm auch nicht möglich gewesen, auf dem Markt den Transport von Waren anzubieten, da er über keinen eigenen LKW verfügte und darüber hinaus auch die entsprechende Erlaubnis nach dem Güterkraftverkehrsgesetz nicht besitzt. Die Rechnungen habe der Kläger für ihn erstellt. Unschädlich sei, dass er Aufträge auch habe ablehnen können, wobei die Aussagen der mündlichen Verhandlung ergeben hätten, dass der Beigeladene zu 1) regelmäßig für den Kläger gefahren ist und dieser auf ihn bauen konnte. Eine derart umfassende Vertragsbeziehung sei von beiden Seiten auch gewollt gewesen. Unschädlich sei, dass der Beigeladene zu 1) hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit keinen wesentlichen Weisungen unterlag, denn dies ergebe sich aus der Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses, da die Vorgabe von Fracht und Ziel im Wesentlichen durch den Auftrag geregelt sei. Die Ehefrau sei im Übrigen überwiegend dann eingesetzt worden, wenn sie die im Rahmen ihrer geringfügigen Beschäftigung erforderliche Arbeitsleistung noch nicht erbracht hatte. Die Versicherungspflicht sei auch nicht erst mit Bekanntgabe des Bescheides vom 13. Oktober 2005 eingetreten, da die Voraussetzungen des § 7b SGB IV nicht vorliegen, auch wenn der Beschäftigte zugestimmt habe und bei ihm für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine entsprechende Absicherung vorhanden sei, denn sowohl der Kläger als auch der Beigeladene zu 1) hätten grob fahrlässig die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) verkannt. Grobe Fahrlässigkeit sei zu bejahen, da der Beigeladene zu 1) die gleichen Arbeitsleistungen erbracht hat wie die Arbeitnehmer, die vom Kläger im gleichen Zeitraum aufgrund von Arbeitsverträgen beitragspflichtig beschäftigt waren (Herrn M. und Herrn P. und teilweise auch die Ehefrau des Beigeladenen zu 1)). Gerade auch der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) nicht über die erforderliche Erlaubnis verfügte, zeige die grobe Fahrlässigkeit, denn diese Voraussetzung seien dem Kläger, der selbst eines seiner Fahrzeuge regelmäßig fahre bekannt gewesen. Im Übrigen habe auch der Beigeladene zu 1) mindestens grob fahrlässig gehandelt, da er wissen musste, dass er über keine eigenen Betriebsmittel verfügte und in formeller Hinsicht ein eigenes Gewerbe nicht ausüben konnte, da er die entsprechende Erlaubnis nicht besaß und nicht einmal die Abrechnungen selbst erledigte.

Dagegen richtet sich die zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung im Wesentlichen das Vorbringen aus dem sozialgerichtlichen Verfahren wiederholt wurde. Dabei wurde betont, dass das Sozialgericht fälschlicherweise von einem bestehenden Arbeitsverhältnis ausgehe, denn es fehle an der Eingliederung in den Betrieb des Klägers und am Weisungsrecht des Klägers gegenüber dem Beigeladenen zu 1). Dieser sei frei in seiner Entscheidung gewesen, ob er eine Fahrt für den Kläger durchführe. Es spiele auch keine Rolle, ob der Beigeladene zu 1) ein Gewerbe angemeldet habe, da sich dies dem Einflussbereich des Klägers entziehe. Aufgrund der Vereinbarung mit dem Kläger habe der Beigeladene zu 1) auch keinen eigenen LKW benötigt und es sei auch nicht unüblich, dass aufgrund der Vertragsbeziehungen die Abrechnungen vom Kläger erstellt wurden. Maßgeblich sei, dass der Beigeladene zu 1) berechtigt war, nicht nur einzelne Aufträge abzulehnen. Er konnte vielmehr jeden Auftrag ablehnen. Ebenso sei unerheblich, dass es naturgemäß bei einem Kurierdienst keine festen Arbeitszeiten gebe, sondern sich die Arbeitszeiten nach dem Auftragsaufkommen richteten. Anders als ein fest angestellter Arbeitnehmer habe der Beigeladene zu 1) nicht auf Abruf zur Verfügung stehen müssen. Auch habe sich der Beigeladene zu 1) zur Erbringung des Auftrages auch anderer Personen bedienen dürfen. Selbst wenn man zum Ergebnis gelange, der Beigeladene zu 1) sei abhängig beschäftigt gewesen, so hätten die Beteiligten hier nicht grob fahrlässig gehandelt, denn der überwiegende Umsatz im Betrieb des Klägers wurde gerade nicht von Arbeitnehmern erledigt sondern von ihm selbst, der unstreitig selbstständig sei und vom Beigeladenen zu 1). Es sei in diesem Fall von den Beteiligten zwar fälschlich angenommen worden, dass Selbstständigkeit bestehe aber dies erfülle nicht die Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 31. Oktober 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, es seien keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, daher sei das Urteil des SG nicht zu beanstanden.

Die Beigeladenen 2), 3) und 4) beantragen,

ebenfalls die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten des Sozialgerichts Nürnberg und des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), erweist sich jedoch als unbegründet.

Die Beklagte war gemäß § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV befugt, durch eine Betriebsprüfung beim Kläger festzustellen, ob die Beitragszahlungen ordnungsgemäß erfüllt wurden. Im Rahmen dieser Prüfung hat sie zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) beim Kläger abhängig als Transportfahrer beschäftigt war. Daher wurden zu Recht vom Kläger die in der Höhe unstreitigen Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachgefordert. Dabei ist neben der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) auch zu prüfen, ob die Beitragspflicht gemäß § 7b SGB V in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung erst ab dem Tag der Bekanntgabe der Entscheidung, dem 13. Dezember 2005 eintrat.
Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung knüpft an die "entgeltliche Beschäftigung "an (§§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1
SGB III; § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V; § 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI; § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI) an.
Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Einteilung der Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder tätig ist hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSG Urteil vom 19. August 2003, B 2 U 38/02 R m.w.N.), wobei den tatsächlichen Verhältnissen entscheidende Bedeutung zukommt (BSG vom 22. Juni 2005, B 12 KR 28/03 R m.w.N.).
Insoweit besteht Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses, wonach Arbeitnehmer ist, wer nach dem Gesamtbild der vertraglichen Vereinbarung und dessen praktischer Durchführung weisungsgebunden hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer, Ort oder sonstigen Modalitäten die geschuldete Leistung erbringt. Insoweit lassen sich abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltenden Kriterien nicht aufstellen, weil manche Tätigkeiten sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen freier Dienst- oder Werkverträge erbracht werden können, so dass das jeweilige Bild im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu bewerten ist (vgl. BAG Urteil vom 19. November 1997, 5 AZR 653/96).
Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (Urteil vom 22. Juni 2005, B 12 KR 28/03 R m.w.N., Urteil vom 4. Juni 1998,
B 12 KR 10/01 R und zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996, 1 BvR 21/96).
Maßgebend ist also stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, sowie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor (vgl. BSG zuletzt im Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R).

Eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten ist nicht bekannt geworden. Aus den Schilderungen des Klägers und des Beigeladenen zu 1) sowohl vor dem Sozialgericht als auch vor dem Senat steht fest, dass der Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum überwiegend mit einem Fahrzeug des Klägers die Aufträge ausgeführt hat und die Kosten für dieses Fahrzeuge in vollem Umfang vom Kläger getragen wurden. Die Nachfrage bei der Zulassungsstelle hat für diesen Zeitraum kein auf den Beigeladenen zugelassenes Fahrzeug ergeben und auch die Angaben zeigen, dass er das Fahrzeug der Ehefrau nur gelegentlich für diese Fahrten nutzte. Damit ist ein wesentliches Merkmal für die abhängige Beschäftigung, nämlich das Fehlen eines Unternehmerrisikos und das Fehlen eines Kapitaleinsatzes zur Ausübung der Beschäftigung erfüllt. Der Beigeladene zu 1) hatte also keinen finanziellen Einsatz zu erbringen und somit keinerlei Risiko bei der Ausübung der Tätigkeit. Im Transportgewerbe hat es der Senat immer als besonderes Merkmal der abhängigen Beschäftigung angesehen, wenn der Fahrer kein eigenes Fahrzeug sondern das Fahrzeug des Auftraggebers benutzt.

Dass er Aufträge ablehnen konnte, ändert nichts an dieser Einschätzung, denn zum einen hat er davon nur selten Gebrauch gemacht und zum andern konnte er diese Tätigkeit beim Kläger nicht zuletzt aufgrund der Absprache mit seinen übrigen Tätigkeiten insbesondere der beim Insolvenzverwalter vereinbaren. Der Annahme einer abhängigen Beschäftigung steht auch nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 1) gelegentlich die Fahrten durch seine Ehefrau ausführen ließ, denn diese war im maßgeblichen Zeitraum geringfügig beim Kläger beschäftigt und wie im Verfahren eingeräumt wurde, dienten diese Fahrten dann der Erfüllung ihrer aus dem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis geschuldeten Arbeitszeit.
Als weiterer Punkt für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ist auch zu werten, dass der Kläger die Aufstellung der Fahrten und der daraus zu zahlenden Bezüge gefertigt hat und somit der Beigeladene zu 1) keine Buchhaltungsarbeiten für sein "Unternehmen" zu leisten hatte. Die Rechnungsstellung und Verrechnung erfolgte somit im Betrieb des Klägers, was als Hinweis auf die Einbindung des Beigeladenen zu 1) in diesem Betrieb zu werten ist. Die Arbeitsleistung des Beigeladenen zu 1) hat sich außer der fehlenden Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht von den Tätigkeiten der beim Kläger fest angestellten Arbeitnehmer unterschieden, da wie der Kläger vor dem SG eingeräumt hat, auch diese auf Provisionsbasis bezahlt wurden.
Weiteres Indiz für die Abhängigkeit des Beschäftigungsverhältnisses ist, dass der Beigeladene zu 1) die für eine selbstständige Tätigkeit erforderliche Zulassung nach dem Güterkraftverkehrsgesetz nicht besitzt und somit dieses Gewerbe selbstständig nicht ausüben könnte. Sein Gewerbe hat der Beigeladene zu 1) im Übrigen erst im März 2004 auf dem Bereich "Pkw- und Lkw-Fahrerservice" erweitert.
Weiter ist auch festzustellen, dass die vom Beigeladenen zu 1) abhängig ausgeübte Tätigkeit beim Insolvenzverwalter R. einen wesentlich geringeren Umfang hatte, als die nach den Abrechnungen durchgeführten Fahrten für den Kläger, d.h. der Beigeladene
zu 1) hat im streitigen Zeitraum zumindest den überwiegenden Teil seiner durch Arbeitsleistung erbrachten Einnahmen aus der Tätigkeit beim Kläger bestritten.
Zu Recht hat das Sozialgericht auch darauf hingewiesen, dass es ein Abrufarbeitsverhältnis war, das der Beigeladene zu 1) ausgeübt hat, dies aber nach der zitierten Entscheidung des BSG (Urteil vom 3. Dezember 1998, B AL18/97 R) einer Sozialversicherungspflicht nicht entgegensteht.
Es überwiegen somit die Merkmale, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) beim Kläger sprechen, so dass Sozialversicherungspflicht besteht und die Beklagte die Beiträge nachzufordern hatte.

Das Sozialgericht hat sich ausführlicher, als die Beklagte dies im angefochtenen Bescheid getan hat, mit der Prüfung des § 7b SGB IV in der damals geltenden Fassung auseinander gesetzt und im Ergebnis aber die Entscheidung der Beklagten auch in diesem Punkt zu Recht bestätigt. Sowohl in der Person des Klägers als auch des Beigeladenen zu 1) ist grobe Fahrlässigkeit zu bejahen und damit die Anwendung des § 7b SGB IV ausgeschlossen. Beim Kläger ist der Umstand, dass er mit gleichen Arbeiten gleichzeitig auch abhängig Beschäftigte betraut hat, als Beweis der groben Fahrlässigkeit zu werten, denn es wurde bei beiden vollzeitbeschäftigten Fahrern und dem Beigeladenen zu 1) keine Unterschiede weder bei der Benutzung des Fahrzeugs noch bei der Lohnabrechnung gemacht. Da sich somit keine Unterschiede zwischen der Person des Beigeladenen zu 1) zu sonstigen Beschäftigten ergaben, hätte der Kläger auch nach seinem subjektiven Fähigkeiten ohne weiteres erkennen müssen, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestand.

In der Person des Beigeladenen zu 1) ist vor allem das Fehlen der Erlaubnis nach § 3 GüKG als Beweis für die zumindest grobe Fahrlässigkeit des Beigeladenen zu 1) zu werten. Ihm musste bewusst sein, dass er weder über einen eigenen Lkw verfügte, noch die erforderliche Erlaubnis besaß, noch das Gewerbe für diese Tätigkeiten angemeldet hatte.

Dem Urteil des Sozialgerichts ist somit in vollem Umfang zuzustimmen, es hat zu Recht mit ausführlicher und zutreffender Begründung die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) bejaht und die Voraussetzungen des § 7b SGB IV für eine erst ab Bekanntgabe eintretende Beitragspflicht verneint, da weder der Kläger als Arbeitgeber noch der Beigeladene zu 1) gutgläubig von einer selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen ausgehen konnten, sondern vielmehr grob fahrlässig gehandelt haben.
Sowohl die Beitragsforderung als auch die von der Beklagten errechneten Säumniszuschläge sind rechtmäßig, so dass die Entscheidung nicht zu beanstanden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, § 154 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung entspricht der streitigen Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 48.418,49 Euro einschließlich der Säumniszuschläge in Höhe von 13.130,15 Euro und der Festsetzung im erstinstanzlichen Verfahren (§§ 47
Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 GKG).

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

RechtsgebietSGB IVVorschriften§ 7 SGB IV

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