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30.04.2009 · IWW-Abrufnummer 091413

Landgericht Mannheim: Urteil vom 13.03.2009 – 1 S 142/08

Die Honorarforderung eines Zahnarztes ist am Wohnort des Patienten zu erfüllen. Ein besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO am Praxissitz des Zahnarztes besteht für den Honoraranspruch nicht.


1 S 142/08
14 C 95/08 AG Mannheim

13.03.2009

Landgericht Mannheim

Urteil

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 31.07.2008 – Az.: 14 C 95/08 – aufgehoben und der Rechtsstreit an das Amtsgericht Karlsruhe verwiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des gegen ihn aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages erbringt.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I.

Die in Karlsruhe wohnhafte Beklagte unterzog sich im Jahr 2006 einer Zahnbehandlung bei dem in Mannheim ansässigen Kläger. Mit seiner vor dem Amtsgericht Mannheim erhobenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung seines Honorars.

Der Kläger ist unter Bezugnahme auf zwei Urteile des OLG Düsseldorf vom 13.02.2003 (Az.: I-8 U 99/029) und 03.06.2004 (Az.: I-8 U 110/03) der Ansicht gewesen, bei einem zahnärztlichen Behandlungsvertrag sei der Praxissitz des Zahnarztes der gemeinsame Erfüllungsort beider Vertragspartner.

Er hat in erster Instanz beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 949,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gerügt und Einwände gegen die Klageforderung erhoben. Sie ist der Auffassung gewesen, der geltend gemachte Anspruch bestehe nicht. Ein privatärztlicher Behandlungsvertrag liege nicht vor.

Mit Urteil vom 31.07.2008 hat das Amtsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, ein gemeinsamer Gerichtsstand in Mannheim als Erfüllungsort der gegenseitigen Leistungspflichten sei nicht gegeben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter verfolgt. Hilfsweise beantragt er nunmehr, den Rechtsstreit an das Amtsgericht Karlsruhe zu verweisen.

Der Kläger rügt mit der Berufung die Rechtsauffassung des Amtsgerichts und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, auch die geänderte Rechtsprechung bei Geltendmachung von anwaltlichen Honorarforderungen stehe einer örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts Mannheim nicht entgegen. Anders als beim Anwaltsvertrag, bei welchem der Dienstverpflichtete seine Leistungen beispielsweise bei der gerichtlichen Vertretung seines Mandanten nicht stets an seinem Kanzleisitz erbringen müsse, sei der zahnärztliche Behandlungsvertrag grundsätzlich ortsgebunden. Der Schwerpunkt des Vertrages liege am Sitz des Zahnarztes. Er könne die Heilbehandlung wegen der hierzu benötigten medizinischen Ausstattung regelmäßig nur in seiner Praxis vornehmen. Dies rechtfertige es, auch für die Zahlung des Honorars den Erfüllungsort am Praxissitz des Zahnarztes anzunehmen.

Der Kläger beantragt:

Unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 31.07.2008 – Az.: 14 C 95/08 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 949,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Hilfsweise beantragt er,

den Rechtsstreit an das Amtsgericht Karlsruhe zu verweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Voraussetzungen eines gemeinsamen Erfüllungsortes lägen nicht vor. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum anwaltlichen Vertrag sei auf den vorliegenden Fall übertragbar. Gründe, weshalb der Kläger gegenüber anderen Gläubigern von Geldforderungen privilegiert werden sollte, seien nicht ersichtlich.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die in zweiter Instanz eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Mannheim für die Entscheidung über den geltend gemachten Honoraranspruch ist nicht gegeben.

Der streitgegenständliche Honoraranspruch des Klägers ist gemäß §§ 269 Abs. 1, 270 Abs. 4 BGB am Wohnsitz des Schuldners, mithin am Wohnsitz der Beklagten in Karlsruhe zu erfüllen. Die Parteien haben weder einen Ort gemeinsamer Leistungserbringung bestimmt, noch weist das Schuldverhältnis der Parteien Besonderheiten auf, die einen bestimmten anderen Leistungsort als den Wohnsitz des jeweiligen Schuldners sachgerecht erscheinen lassen.

Es besteht keine tatsächliche Übung, ärztliche Honoraransprüche am Sitz der Praxis zu erfüllen. Beim ärztlichen Behandlungsvertrag werden die Zahlungspflichten üblicherweise nicht wie beim klassischen Ladengeschäft des täglichen Lebens oder beim Beherbergungsvertrag in einem Hotel sogleich an Ort und Stelle erledigt. Vielmehr zahlen die gesetzlichen Krankenkassen und die Patienten typischerweise das Entgelt erst nach Rechnungsstellung bargeldlos von ihrem Sitz bzw. Wohnsitz aus.

Der Behandlungsvertrag weist auch keinen so starken Bezug zum Ort der Praxis auf, dass es geboten wäre, diesen auch als Erfüllungsort für die Gegenleistung anzunehmen. Die Auffassung des OLG Düsseldorf, welches in den genannten Entscheidungen bei Honorarklagen eines Zahnarztes einen gemeinsamen Erfüllungsort am Praxissitz bejaht, wird von der Kammer nicht geteilt. Sachliche Gründe, die höchstrichterliche Rechtsprechung zum anwaltlichen Dienstvertrag (BGH NJW-RR 2003, 192) nicht auf den zahnärztlichen Behandlungsvertrag zu übertragen, liegen nicht vor. Sowohl der Mandant als auch der Patient schulden im Falle einer sachlichen Berechtigung der geltend gemachten Forderung lediglich Geld.

Im Gegensatz zum Bauwerksvertrag, bei dem der Besteller am Ort des Bauwerks mit dessen Abnahme eine seiner Hauptpflichten erfüllen muss und es deshalb interessengerecht sein mag, auch die Zahlungspflicht dort zu erfüllen, ist bei einer ärztlichen Behandlung typischerweise eine Abnahme ausgeschlossen, weil der Arzt nur die kunstgerechte Behandlung, nicht aber den Eintritt des Behandlungserfolges schuldet.

Ein besonderes Interesse an einem einheitlichen Erfüllungsort für Leistung und Gegenleistung besteht auch nicht im Hinblick auf eine mögliche gerichtliche Auseinandersetzung. Anders als bei Werkverträgen über Bauwerke, bei denen eine Beweisaufnahme häufig vor Ort stattfinden muss, erfolgt die sachverständige Begutachtung der zahnärztlichen Leistungen am Patienten, der regelmäßig den Sitz des Sachverständigen aufsucht. Die hierzu erforderlichen Krankenunterlagen werden keineswegs in der Praxis eingesehen, sondern regelmäßig nach Beiziehung durch das Gericht an den Sachverständigen versandt.

Nachdem die Klage unzulässig ist, erfolgt keine Entscheidung in der Sache.

III.

Auf den Hilfsantrag des Klägers, der auch in der Berufungsinstanz noch zulässig ist (vgl. Baumbach/Lauterbach ZPO, 67. Aufl. 2009, § 281 Rn. 18), wird der Rechtsstreit an das zuständige Amtgericht Karlsruhe verwiesen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Mit Rücksicht auf die ausgesprochene Verweisung ist es angebracht, über die Kosten der Berufung schon jetzt zu entscheiden (vgl. BGH NJW 1954, 554, 557). Da der Kläger mit seinem Rechtsmittel eine Sachentscheidung erstrebt, diese aber nicht erreicht hat, hat er die Kosten des Rechtsmittels nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen. Die Kammer weicht von der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf ab. Eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage, ob Honorarforderungen von Zahnärzten gemäß § 29 Abs. 1 ZPO am Gericht des Praxissitzes geltend gemacht werden können, liegt bisher nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 949,98 EUR festgesetzt.

RechtsgebietBGBVorschriften§§ 269 Abs. 1, 270 Abs. 4 BGB

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