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29.04.2009 · IWW-Abrufnummer 091225

Landgericht Saarbrücken: Beschluss vom 17.12.2008 – 9 O 188/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


9 O 188/08

LANDGERICHTSAARBRUCKEN

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Schadensersatzes

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 26.11.2008 durch den Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter

beschlossen:

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Gründe

I.

Der Kläger bestellte bei der Beklagten em Neufahrzeug Opel GT 2.0 Turbo mit Innenausstattung "Leder Ebenholz Schwarz" zum Preis von 33.955 €. Bei dem an den Kläger ausgelieferten Fahrzeug wurden jedenfalls die Türinnenverkleidungen, die Kopfstützen und die Sitzwangen nicht mit Leder, sondern mit Kunstleder bezogen.

Mit Anwaltsschreiben vom 18.06.2008 hat der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung zum 27.06.2008 ohne Erfolg zur Nachlieferung aufgefordert.

Der Kläger hat vorgetragen, die Ausstattung mit Kunstleder weiche von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit und auch von der Werbung des Fahrzeugherstellers Adam Opel GmbH in deren Internetauftritt ab.

Der Kläger hat beantragt (BI. 55 f. d. A.),

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein neues Fahrzeug Opel GT 2.0 Turbo mit der weiteren Ausstattung gemäß Anlage K 1 zur Klageschrift, sowie mit den Bezügen der Sitze, der Kopfstützen und der Türinnenverkleidungen aus Leder zu liefern und zu übereignen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen XXX, Fahrzeug-Ident.-Nr. XXX.

2. festzustellen, dass die Beklagte mit der Rücknahme des im Antrag zu 1 näher bezeichneten Fahrzeugs im Annahmeverzug ist und

3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von vorprozessualen Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 1.307,81 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.06.2008 durch Zahlung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers freizustellen;

4. hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Anspruch gemäß dem Antrag zu 1 wegen Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit abweisen sollte, die Beklagte zu verurteilen, an dem im Antrag zu 1 näher bezeichneten Fahrzeug die gesamten Sitze einschließlich der Kopfstützen sowie die Türinnenverkleidungen mit Leder zu beziehen.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Bezeichnungen "Leder" oder "Lederausstattung" für den Innenraum eines Pkw würden marktüblich für die Zusammenfassung von Leder- und Kunstlederelementen verwendet und entsprechend vom Verbraucher verstanden. Eine Nachlieferung mit Echtlederausstattung sei unmöglich, da der Hersteller ein solches Neufahrzeug überhaupt nicht produziere. Davon abgesehen wäre die Nachlieferung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden.

Im Verhandlungstermin vom 26.11.2008 haben die Parteien einen Vergleich folgenden Inhalts abgeschlossen:

,,1. Die Beklagte verpflichtet sich, an dem Kraftfahrzeug Ope1 GT 2.0 Turbo, Fahrzeug-Ident-Nr.: XXX durch einen Kfz-Sattlerbetrieb die Sitzflächen an beiden Sitzen aufpolstern zu lassen sowie beide Sitze - mit Ausnahme der Rückseiten - vollständig, insbesondere auch die Kopfstützen sowie die Türinnenverkleidungen mit Leder in der Farbgebung der vorhandenen Bezüge beziehen zu lassen. Sollte die beauftragte Sattlerei anzeigen, dass diese Arbeiten ganz oder zum Teil nicht ausgeführt werden können oder sollte die Sattlerei Bedenken gegen die Ausführung der Arbeiten erheben, so verpflichtet sich die Beklagte, den Kläger hierüber zu informieren, und strebt mit diesem eine geeignete Ersatzlösung an. Für die Dauer der Durchführung der Arbeiten stellt die Beklagte dem Kläger kostenlos ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung. Mit Erfüllung dieses Vergleichs sind sämtliche Ansprüche des Klägers hinsichtlich der streitgegenständlichen Mängel erledigt.

2. Die Parteien verpflichten sich, über den Inhalt dieses Vergleichs Dritten gegenüber Stillschweigen zu bewahren. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Rechtsschutzversicherung des Klägers kein Dritter im Sinne dieser Vereinbarung ist.

3. Über die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs soll das Gericht in analoger Anwendung des § 91 a ZPO eine Entscheidung treffen."

Die Parteien stellen nunmehr Kostenanträge.

II.

Infolge des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs war gemäß § 91a Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. Haben die Parteien - wie hier - einen Vergleich durch so genannte negative Kostenregelung im protokollierten Vergleichstext ausdrücklich auf die Hauptsache beschränkt, so ist diese damit erledigt und das Gericht muss so dann über die Kosten nach § 91 a ZPO entscheiden (Zöller/Herget, ZPO 26. Aufl. § 98 ZPO Rn. 3). Insbesondere waren die Kosten des Rechtsstreits nicht etwa entsprechend dem Inhalt des Vergleichs zu teilen. Denn es ist es kein Gebot der Billigkeit, demjenigen die Kosten aufzuerlegen, welcher sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begibt und Erfüllungshandlungen (Zöller/Vollkommer, aaO Rn. 25). Da die Parteien durch die negative Kostenregelung im Vergleich gerade zum Ausdruck gebracht haben, dass eine Kostenverteilung entsprechend dem gegenseitigen Nachgeben nicht gewollt ist (vgl. dazu Zöller/Herget, aaO § 98 ZPO Rn. 3), kommt das vergleichsweise Nachgeben als Maßstab für die Verteilung der Kosten nicht in Betracht. Bei der Entscheidung gemäß § 91a ZPO hat in Anbetracht der übereinstimmenden Erledigungserklärung eine Prüfung des Vorliegens eines erledigenden Ereignisses zu unterbleiben. Grundsätzlich trifft somit die Partei die Kostenlast insgesamt, die ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich ganz unterlegen wäre, und der dann gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten auferlegt worden wären (Musielak/Wolst, ZPO 6. Aufl. § 91a Rn. 23). Bei dieser Prognoseentscheidung darf sich das Gericht aus prozessökonomischen Gründen mit einer summarischen Prüfung begnügen (BVerfG NJW 1993, 1060, 1061; vgI. BGHZ 67, 343, 345).

1. Nach diesen Maßstäben sind vorliegend der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, weil sie gegenüber dem Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB voraussichtlich unterlegen gewesen wäre, dementsprechend die Voraussetzungen des Annahmeverzugs gegeben waren (§§ 293 ff. BGB) und die Beklagte auch die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung unter dem Gesichtspunkt des Verzugs (§ 286 Abs. 1 BGB) zu tragen hatte.

a) Das gekaufte Fahrzeug ist mangelhaft, weil die Türinnenverkleidungen, die Kopfstützen und die Sitzwangen nicht mit Leder, sondern mit Kunstleder bezogen sind. Gemäß § 434 Abs. 1 Satz I BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Nach Satz 2 dieser Bestimmung ist die Sache, soweit ihre Beschaffenheit nicht vereinbart ist, frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Nr. 1), sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (Nr. 2). Nach § 446 Satz 1 BGB geht die Gefahr mit Übergabe der verkauften Sache über.

Die Beschaffenheit muss vereinbart sein. Das setzt beiderseitige, zumindest konkludente Willenserklärungen beider Parteien voraus. Nicht erforderlich ist ein besonderer Einstandswille des Verkäufers, wie er früher für die Zusicherung verlangt wurde; andererseits reicht eine einseitige Beschreibung seitens des Verkäufers, auf die der Käufer nicht wenigstens schlüssig eingegangen ist, nicht aus. Es genügt auch, wenn der Käufer beschreibt, welche Eigenschaften der Kaufsache er erwartet und der Verkäufer darauf zustimmend reagiert, dies insbesondere, wenn er als Fachmann die geäußerten Vorstellungen des Käufers von bestimmten Eigenschaften und Umständen widerspruchslos stehen lässt. Das bloße Wissen des Verkäufers um die Vorstellungen des Käufers bezüglich der Beschaffenheit der Sache genügt aber nicht (MünchKomm-BGB/Westermann, 5. Aufl. § 434 Rn. 12). Demnach ist hier vom Zustandekommen einer Vereinbarung über eine Innenausstattung aus (echtem) Leder auszugehen. Die ohne jede Einschränkung und ohne Hinweis auf Zusätze erfolgte Beschaffenheitsangabe der Beklagten "Leder Ebenholz Schwarz" im Rahmen des mit sogenanntem Premium-Paket erworbenen Opel GT 2.0 Turbo war aus Sicht des Klägers bei vernünftiger Würdigung dahin zu verstehen, dass für die Innenausstattung echtes Leder und nicht etwa eine Zusammenfassung von Leder- und Kunstlederelementen verwendet worden ist. Der Einholung eines . von der Beklagten beantragten (BI. 28 d. A.) - Sachverständigengutachtens hätte es insoweit nicht bedurft, weil das Gericht gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen hat, wie die Vertragserklärung der Beklagten aus der Sicht des Klägers als Verbraucher zu verstehen ist. Ausdrückliche (mündliche) Abreden über die Bedeutung des Begriffs "Leder" haben die Parteien nicht getroffen, vielmehr ging es nach dem Vorbringen der Beklagten beim Verkaufsgespräch gerade nicht um Details der Innenausstattung (BI. 24 d. A. oben). Bei dieser Sachlage kann der Einwand der Beklagten, der Kläger habe den von ihm im Verkaufsraum in Augenschein genommenen GT bestellt (BI. 24 d. A. unten), keinen Erfolg haben. Der Vortrag der Beklagten, Kunstleder sei wesentlich pflegeleichter als Leder und nahezu komplett nässeempfindlich (BI. 31 d. A. Abs. 1), ändert daran nichts. Ist ein vereinbartes Ausstattungsmerkmal wie hier in einem eindeutigen Sinne auszulegen, kann eine davon abweichende Ausstattung nicht mit sonstigen Vorteilen gerechtfertigt werden, d. h. dem Käufer eines bearbeiteten Naturprodukts kann nicht entgegen gehalten werden, das verarbeitete Kunstprodukt weise bessere Materialeigenschaften auf.

Im Übrigen wird die eindeutige Auffassung von "Leder" als echtem Leder auch in der von den Parteien getroffenen Wortwahl der Nr. 1 des Vergleichs deutlich, wonach der Bezug mit "Leder" zu erfolgen hat.

b) Die Beklagte war nicht gemäß § 439 Abs.3 BGB zur Verweigerung der Nacherfüllung berechtigt. Der Verkäufer, der den Nacherfüllungsanspruch nicht glaubt erfülIen zu können oder (noch) zu müssen, hat Unmöglichkeit im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB, die Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 439 Abs. 3 BGB sowie auch die Voraussetzungen von § 275 Abs. 2 und 3 dartun und beweisen. Dies betrifft also vor allem die bei ihm anfallenden Kosten einer Nachbesserung oder Nachlieferung (MünchKomm-BGB/Westermann, aaO § 439 Rn. 28). Die Unverhältnismäßigkeit ist festzustellen durch eine Vergleichsrechnung, entweder zwischen den Kosten der geforderten Art der Nacherfüllung mit den für die andere Art aufzuwendenden (relative Unverhältnismäßigkeit), oder zwischen den Nacherfüllungskosten und dem Interesse des Käufers an der Nacherfüllung (absolute Unverhältnismäßigkeit; MünchKomm-BGB/Westemann, aaO § 439 Rn. 21). Diese Voraussetzungen lassen sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen. Ohne Erfolg hat die Beklagte schließlich eingewandt, es gebe keinen einzigen lieferbaren Neuwagen mit Lederbezug der Sitzwangen und Innenverkleidung der Türen (BI. 35 d. A. oben). Dass ein Neuwagen mit Lederbezug ausgestattet werden kann, geht schon aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich hervor. In Anbetracht einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob andere (Serien-) Fahrzeuge die vereinbarte Beschaffenheit nicht aufweisen.

2. Die Kostentragung durch die Beklagte entspricht auch billigem Ermessen.

RechtsgebietKaufrechtVorschriften§ 434 Abs. 1 BGB, §§ 439, 275 BGB

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