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03.12.2008 · IWW-Abrufnummer 083773

Sozialgericht Karlsruhe: Urteil vom 03.09.2008 – S 8 SB 3610/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


S 8 SB 3610/07

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens, sind nicht zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von dem Beklagten zu erstattenden Kosten des erfolgreichen Widerspruchsverfahrens des Klägers streitig.

Mit bindendem Bescheid vom XX.XX.1994 hatte der Beklagte beim Kläger einen Grad der Behinderung von 40 seit dem XX.XX.1994 festgestellt. Auf den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 31.07.2001 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16.11.2001 eine Erhöhung des Grades der Behinderung des Klägers ab. Hiergegen erhob für den Kläger ein Sozialrechtsreferent der XXX-Sozialrechtsschutz gGmbH unter Berufung auf eine dem Versorgungsamt Karlsruhe bereits vorliegende Vollmacht Widerspruch. Nach Eingang einer ausführlichen Widerspruchsbegründung stellte der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 18.02.2002 einen Grad der Behinderung von 50 seit Antragstellung fest und erklärte die dem Kläger zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren in vollem Umfange im Rahmen des § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) für erstattungsfähig. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten wurde für notwendig erklärt.

Hierauf beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Erstattung einer Kostenpauschale in Höhe von 210,- EUR zuzüglich 7 % Mehrwertsteuer, insgesamt 224,70 EUR. Er führte aus, der Kläger sei nicht bedürftig i.S.d. § 53 Abgabenordnung (AO). Nach dem Statut der XXX-Sozialrechtsschutz gGmbH für Kostenerstattung habe der nicht bedürftige Kläger bei der In-anspruchnahme von Dienstleistungen ab dem 01.01.2000 eine Kostenpauschale von 210,- EUR zu bezahlen. Diese Aufwendungen seien zur rechtmäßigen Rechtsverfolgung auch notwendig gewesen. Der Beklagte geht gemäß seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 29.01.2008 ü-bereinstimmend mit den Angaben des Klägers ebenfalls davon aus, dass dieser nicht bedürftig im Sinne des § 53 AO ist.

Mit Bescheid vom 07.06.2004 setzte der Beklagte auf den Antrag des Klägers die zu erstattenden Kosten auf 18,- EUR fest. Eine weitergehende Kostenerstattung, insbesondere im Rah-men der geltend gemachten Kostenpauschale von 224,70 EUR, sei im Rahmen des § 63 SGB X nicht möglich, da das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 24.04.1996 (5 RJ 44/95, SozR 3-1300 § 63 Nr. 7) entschieden habe, dass ein Bevollmächtigter, welcher nicht nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen dürfe, gem. § 63 Abs. 2 SGB X sowie § 193 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur Anspruch auf Auslagenersatz habe. Gem. § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X seien die notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Vertretungskosten seien nur dann erstattungsfähig, wenn sie auf einer gesetzlichen Ordnung des Kostenrahmens - einer Gebührenordnung - beruhen würden. Dies folge aus der Gleichartigkeit der Erstattungsregelung des § 63 Abs. 1, 2 SGB X mit der Vorschrift des § 91 Abs. 1, 2 ZPO, der sie inhaltlich nachgebildet sei. So könnten Rechtsanwälte und Rechtsbeistände zur Abgeltung ihres Ar-beitsaufwands Gebühren nach der BRAGO geltend machen. Eine vergleichbare Regelung für andere Personen, die nicht berechtigt seien, nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abzurechnen, gebe es nicht. Eine nur satzungsmäßige Gebührenpflicht löse keine Erstattungspflicht aus. Im Rahmen des § 63 SGB X könnten dem Kläger nur die durch die Rechtsberatung der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH entstandenen Auslagen (Unkosten wie z. B. Porto) erstattet werden. Für diese Auslagen sei der anstelle eines Einzelnachweises vereinbarte Pauschbetrag von 18,- EUR bereits ausgezahlt worden.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch am 17.06.2004 mit der Begründung, gem. § 63 Abs. 1, 2 SGB X bestehe ein Erstattungsanspruch in der geltend gemachten Höhe. Der XXXverband XXX Deutschland, Landesverband B. e. V., Sitz S. (XXX) (XXX) sei eine Vereinigung, die gem. Art. 1 § 7 des Rechtsberatungsgesetzes berechtigt sei, fremde Rechtsangelegenheiten auf dem Gebiet des Sozialrechts zu besorgen. Da der XXX der einzige Gesellschafter der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH mit Sitz in S. sei, gelte dies gem. Art. 1 § 7 S. 3 des Rechtsberatungsgesetzes auch für die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH. Nach der Satzung des Landesverbandes XXX B. bestehe gem. § 3 und § 7 Abs. 4-7 unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf rechtliche Beratung durch den XXX, die der vom XXX errichteten Sozialrechtsschutz gGmbH und deren Geschäftsführern und Mitarbeitern obliege. Nach § 7 Abs. 7 der Satzung hafte der XXX für Schadenersatzansprüche der Mitglieder aus den mit der Sozi-alrechtsschutz gGmbH gegründeten Vertragsverhältnissen. Die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH erfülle daher auch die Voraussetzungen für eine erlaubnisfreie Tätigkeit in sozial-rechtlichen Verfahren nach § 73 Abs. 6 S. 4 SGG, soweit jene Voraussetzungen über die in Art. 1 § 7 S. 3 des Rechtsberatungsgesetzes postulierten Voraussetzungen hinausgingen. Die Satzung der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH sei durch Eintragung der in der Satzung enthaltenen Änderungen in das Handelsregister am 17.04.2000 wirksam geworden. Die Satzung des Landesverbandes B. des XXX sei in der vorgelegten Fassung ab dem 16.07.2001 (Eintragung in das Vereinregister) wirksam geworden. Damit erfüllten der XXX und die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH alle nach Art. 1 § 7 S. 3 des Rechtsberatungsgesetzes und/oder nach § 73 Abs. 6 S. 4 des Sozialgerichtsgesetzes vorgeschriebenen satzungsmäßigen und/oder sonstigen Voraussetzungen für eine Vertretung von Mitgliedern des XXX durch die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH spätestens seit dem 16.07.2001 vollständig und uneingeschränkt.

Ein Erstattungsanspruch des Klägers in Höhe der geltend gemachten 224,70 EUR ergebe sich bereits aus § 63 Abs. 1 SGB X, dessen Voraussetzungen ausnahmslos vorlägen. In dem Ausgangs-Widerspruchsverfahren sei der von dem Kläger eingelegte Widerspruch erfolgreich gewesen (Abhilfebescheid vom 18.02.2002). Bei dem Entgelt, das der Kläger an die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH zu zahlen habe, handele es sich um Aufwendungen i. S. von § 63 Abs. 1 SGB X, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen seien. Dies ergebe sich schon daraus, dass in dem Abhilfebescheid vom 18.02.2002 die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten - namentlich der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH - für notwendig erklärt worden sei. Zum anderen ergebe sich die Notwendigkeit der vom Kläger aufge-wendeten Kosten daraus, dass die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH ohne Übernahme einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung durch den Kläger nicht bereit gewesen wäre, den Kläger in dem Ausgangs-Widerspruchsverfahren zu vertreten. Der Kläger habe am 06.12.2001 die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH in Karlsruhe mit der Wahrnehmung seiner Interessen und insbesondere mit der Einlegung eines Widerspruchs gegen den ablehnenden Bescheid vom 26.11.2001 beauftragt. Bei dieser Gelegenheit sei zwischen dem Kläger und der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen worden, nach dessen Inhalt sich die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH zur Erhebung des Widerspruchs zur Bearbeitung des Widerspruchsverfahrens und im übrigen zur Wahrnehmung der Interes-sen des Klägers im Widerspruchsverfahren verpflichtet habe und sich im Gegenzug der Kläger zur Zahlung eines Entgelts (Kostenerstattung) in Höhe von 210,- EUR zuzüglich 7 % Umsatzsteuer (in Summe 224,70 EUR) verpflichtet habe. Die Berechtigung der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH, die Übernahme eines Vertretungs-Auftrags für den Kläger davon abhängig zu machen, dass dieser sich bereit erklärt habe, die nach dem Kostenstatut, das bei der Gesellschaft bestehe, geforderten Kosten zu zahlen, ergebe sich unmittelbar aus § 7 Abs. 6 der Satzung des Landesverbandes. Nach der Satzung hätten die Landesverbandsmitglieder zwar im Grundsatz einen Anspruch gegen den Landesverband auf Unterstützung bzw. Vertretung in sozialrechtlichen Angelegenheiten. Dieser Anspruch sei von dem Landesverband aber nur dann durch Einschaltung der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH zu erfüllen, wenn sich das je-weilige Mitglied bereit erkläre, die von der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH berechneten Kosten zu tragen. Hierdurch hätte die Beauftragung eines Rechtsanwalts vermieden werden können.

Hilfsweise bestehe ein Kostenerstattungsanspruch in der geforderten Höhe gem. § 63 Abs. 2 SGB X. Hiernach seien die Gebühren und Auslagen eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn dessen Hinzuziehung notwendig gewesen sei. Diese Voraussetzungen erfülle die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH. Es könne nicht eingewandt werden, dass mit Gebühren i. S. von § 63 Abs. 2 SGB X nur "gesetzliche Gebühren" gemeint sein könnten. Vielmehr ergebe sich aus der Gegenüberstellung von § 193 Abs. 3 SGG und § 63 Abs. 2 SGB X, dass der Gesetzgeber mit letzterer Regelung eben nicht nur die Erstattung gesetzlicher Gebühren regeln habe wollen. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der vorgenannten Vorschriften, denn in § 193 Abs. 3 SGG spreche der Gesetzgeber von gesetzlichen Gebühren, während in § 63 Abs. 2 SGB X nur die Erstattung von "Gebühren" geregelt sei.

Das von der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH geforderte Entgelt sei sachlich und wirtschaftlich angemessen und erfülle von daher alle denkbaren Kriterien für eine "notwendige Aufwendung". Die Gesamtkosten der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH im Jahr 2003 in Höhe von XXXXX EUR seien durch die geforderten Gebühren von 210,- EUR im Widerspruchsverfahren, 328,- EUR im Klageverfahren vor dem Sozialgericht, 389,- EUR vor dem Landessozialgericht nicht zu decken. Die geforderten Gebühren führten nicht einmal zu einer anteiligen Kostendeckung und seien daher nicht geeignet, die Gesamttätigkeit der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH ge-winnbringend zu gestalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2004 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Anwendbarkeit von Art. 1 § 7 Rechtsberatungsgesetz und § 73 Abs. 6 SGG für die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH sei nie bestritten worden. Beide Regelungen enthielten jedoch keine Kostenregelung. Unstreitig sei ferner, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig i. S. des § 63 Abs. 2 SGB X gewesen sei. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 24.04.1996 festgestellt, dass ein Bevollmächtigter, welcher nicht nach einer ge-setzlichen Gebührenordnung abrechnen dürfe, gem. § 63 Abs. 2 SGB X sowie § 193 Abs. 2 SGG nur Anspruch auf Auslagenersatz habe. Hierzu zählten Aufwendungen für Porto, Fotokopien und Telefonate oder Abschriften, nicht aber die Kosten für den Arbeitsaufwand des Bevollmächtigten. Die Kosten für die Dienstleistung selbst sollten durch die in § 63 Abs. 2 SGB X bzw. § 193 Abs. 2 SGG genannten Gebühren abgedeckt werden. So könnten Rechtsanwälte und Rechtsbeistände zur Abgeltung ihres Arbeitsaufwandes Gebühren nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) bzw. nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geltend machen. Eine vergleichbare Regelung für Vertreter der sozialpolitischen Verbände gebe es nicht, sodass diese keine Gebühren fordern könnten. Auch die redaktionelle Änderung des § 193 Abs. 3 SGG durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 01.07.2004 spreche für die oben angeführte Rechtsauffassung, da danach weiterhin nur die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwaltes oder Rechtsbeistandes erstattungsfähig sei. Die Erstattung von Kosten der Bevollmächtigten i. S. von § 73 Abs. 6 S. 3, 4 SGG sei derzeit er-neut Gegenstand eines Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (Bundestags-Drucksache 15/ 2722, dort § 183 Abs. 2), was darauf schließen lasse, dass der Gesetzgeber insoweit einen Regelungsbedarf sehe, da auch er diese Kosten nach dem gelten-den Recht als nicht erstattungsfähig ansehe. Hiernach habe es bei der pauschalisierten Abgel-tung von außergerichtlichen Kosten durch die Kostenpauschale von 18,- EUR zu verbleiben.

Mit der am 18.08.2004 beim Sozialgericht Karlsruhe erhobenen Klage (Az. S 8 SB 3473/04) nahm der Kläger zunächst vollinhaltlich auf die Widerspruchsbegründung Bezug.

Mit Urteil vom 22.03.2005 hatte die Kammer die Klage mit der Begründung abgewiesen, erstattungsfähig im Rahmen des § 63 Abs. 1 und 2 SGB X seien lediglich gesetzliche Gebühren, weshalb das Kostenstatut der XXX Rechtsschutz gGmbH als solches keine taugliche Grundlage für einen Kostenerstattungsanspruch darstelle. Die Sprungrevision gegen das Ur-teil wurde zugelassen.

Das im Wege der Sprungrevision hierauf angerufene Bundessozialgericht hat das erstinstanz-liche Urteil aufgehoben und die Sache mit Urteil vom 29.03.2007 (Az. B 9a SB 2/05 R) an das Sozialgericht zurückverwiesen. Zur Begründung führte es aus, lediglich von § 63 Abs. 2 SGB X seien ausschließlich Gebühren in Bezug genommen, die auf gesetzlicher Grundlage beruhten. Anderes gelte hingegen für die Anspruchsgrundlage des § 63 Abs. 1 SGB X, auf den als allgemeine Regelung für die Kostenerstattung immer auch dann zurückgegriffen wer-den könne, wenn eine Kostenerstattung nach § 63 Abs. 2 SGB X ausscheidet. Gestützt hat das BSG diese Auffassung auf Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG. Es kam zu dem Ergebnis, die Ansicht, ein Widerspruchsführer könne im Rahmen des § 63 SGB X lediglich die Kosten der Arbeit eines Bevollmächtigten erstattet erhalten, der nach einer ge-setzlichen Gebührenordnung abrechnen kann, verstoße jedenfalls dann gegen den Gleich-heitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn sich der Widerspruchsführer eines sonstigen Bevollmächtigten bediene, der im Rahmen einer erlaubten Verfahrensvertretung gem. Art. 1 § 7 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) zulässigerweise Kosten erhebe. Derartige Kosten seien daher grundsätzlich als "notwendige Aufwendungen" gem. § 63 Abs. 1 SGB X jedenfalls bis zur Höhe der Kosten eines Rechtsanwalts als Bevollmächtigtem gem. § 63 Abs. 2 SGB X erstattungsfähig. Dabei hat das BSG für die Vertretung durch Verbandsvertreter bestimmte Voraussetzungen aufgestellt, die erfüllt sein müssen, damit es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen aufgrund einer Kostenordnung außerhalb gesetzlicher Regelung um "notwendige Aufwendungen" i.S.d. § 63 Abs. 1 SGB X handelt. Zunächst müsse ausgeschlossen sein, dass in der Ausübung der Tätigkeit ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz liege, denn ein Verstoß gegen Art. 1 § 7 RBerG habe gem. § 134 BGB die Nichtigkeit der von der XXX-Sozialrechtsschutz gGmbH erhobenen Forderung, die vorliegend insgesamt 224,70 Euro be-trägt, zur Folge. Für maßgeblich hält in diesem Zusammenhang das BSG die Frage, ob Rechtsberatung und Prozessvertretung ausschließlich für Mitglieder der gem. Art. 1 § 7 RBerG privilegierten Vereinigung durchgeführt wird. Erhebe eine derartige Vereinigung Kos-ten für die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, müssen der Anspruch auf Rechtsdienstleistungen und die damit korrelierende Kostenerhebung in einer satzungsrechtlichen Regelung wurzeln, einen bloßen Geschäftsbesorgungsvertrag sieht das BSG nicht als ausreichend an. Aus der satzungsrechtlichen Grundlage müsse vielmehr sowohl für Vereinsmitglie-der als auch für Dritte klar und deutlich erkennbar sein, unter welchen Voraussetzungen sowie in welcher Höhe die Forderung entstehe und ob das Vereinsmitglied sie ggf. in dieser Höhe auch endgültig trage. Ebenso wie die gesetzlichen Gebührenordnungen eine Grundlage dafür bildeten, dass die Entstehung und Höhe einer Kostenforderung nachvollzogen werden könne und damit gleichzeitig die Notwendigkeit der Kosten nachgewiesen sei, müssten auch die satzungsrechtlichen Regelungen Gewähr für eine solche Nachvollziehbarkeit und Notwendig-keit bieten. Das BSG äußerte hinsichtlich der ihm vorliegenden vereins- bzw. gesellschaftsrechtlichen Regelungen und deren Anwendung "erhebliche Bedenken" bezüglich der Erfüllung der mit Urteil vom 29.03.2007 aufgestellten Voraussetzungen, sah sich jedoch aufgrund nicht vollständiger Tatsachenfeststellungen an einer eigenen Entscheidung gehindert. Schließ-lich betonte es, dass ausgeschlossen sein müsse, dass die Rechtsberatungstätigkeit eine Teil-nahme am wirtschaftlichen Erwerb mit Gewinnerzielungsabsicht darstelle, sah allerdings selbst kaum Anhaltspunkte für einen derartigen Verstoß gegen das RBerG.

Der Kläger ist Mitglied des XXXverbands XXX Deutschland, Landesverband B. e.V. mit Sitz in S. (Verband XXX). Er hat einen Abdruck der am 11.05.2000 beschlossenen und mit Ein-tragung in das Vereinsregister am 16.07.2001 in Kraft getretenen Satzung des XXX zu den Akten des Gerichts gereicht. Gemäß deren § 2 Nr. 2 verfolgt der XXX ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke i.S.d. Abschnittes "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung (AO) und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Die Mittel des XXX dürfen gem. § 2 Nr. 3 der Satzung nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden; die Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln des XXX. Gemäß § 4 der Satzung begründet die Mitgliedschaft in einem Ortsverband gleichzeitig auch die Mitglied-schaft im XXX Landesverband B. und die Mitgliedschaft im XXX Deutschland. Gemäß § 5 endet die Mitgliedschaft, durch Tod, schriftliche Austrittserklärung oder Ausschluss. Sie endet auch dann, wenn ein Mitglied mit mindestens einem Jahresbeitrag trotz zweier schriftli-cher Mahnungen mit seiner Beitragszahlung im Rückstand geblieben ist. § 7 der Satzung definiert die Rechte und Pflichten der Mitglieder. Gemäß § 7 Nr. 4 der Satzung haben die Mitglieder das Recht, bei der Verfolgung ihrer versorgungs-, fürsorge-, sozialversicherungs-, behinderten-, sozialhilfe- und anderen sozialrechtlichen Ansprüche die Hilfe des XXX in Anspruch zu nehmen. Ein Hilfeanspruch besteht hiernach nicht, wenn das Hilfebegehren offen-sichtlich unbegründet ist oder ihm deshalb nicht entsprochen werden kann, weil die Vertretungsbefugnis fehlt. Insbesondere für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und bei der Strafverfolgung der Mitglieder gibt es keinen Vertretungsanspruch. Soweit für die Wahrnehmung der betreffenden Aufgaben eine Sozialrechtsschutz GmbH des XXX besteht, leistet der XXX gem. § 7 Nr. 4 Satz 4 der Satzung seine Hilfe durch Einschaltung dieser Gesellschaft. Nach § 7 Nr. 5 der Satzung obliegt die Bearbeitung von Verfahren nach dem SGG und die Vertretung vor den Sozialgerichten und Verwaltungsgerichten in allen Instanzen der vom XXX errichte-ten Sozialrechtsschutz GmbH und ihren Geschäftsführern und Mitarbeitern. Gem. § 7 Nr. 6 der Satzung tragen die zu vertretenden Mitglieder die durch die Bearbeitung von Verfahren und durch die Vertretung vor den Sozialgerichten und Verwaltungsgerichten entstehenden Kosten der vom XXX errichteten Sozialrechtsschutz GmbH nach den von der Geschäftsführung der Gesellschaft festgesetzten Richtlinien. Gem. § 7 Nr. 7 der Satzung übernimmt der XXX die Haftung für Schadensersatzansprüche der Mitglieder aus dem mit der Sozialrechtsschutz GmbH begründeten Vertragsverhältnis. Organe des XXX Landesverbandes sind gem. § 9 Nr. 2 d) der Satzung u.a. der Landesverbandsvorstand, die Landesverbandskonferenz und der Landesverbandstag. Gem. § 14 Nr. 4 b) der Satzung liegt die Zuständigkeit für die Fas-sung und Änderung der Satzung beim Landesverbandstag.

Gemäß dem ebenfalls vorliegenden Gesellschaftsvertrag der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH vom 03.04.2000 ist deren einziger Gesellschafter der XXXverband XXX Deutschland, Landesverband B. e.V., Sitz S ... Ausweislich § 2 des Vertrages ist Gegenstand der Gesellschaft die sozialrechtliche Betreuung bedürftiger Personen i.S.d. § 53 der Abgabenordnung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen – insbesondere der Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes. Es heißt dort weiter: "Dieser Unternehmensgegenstand wird insbesondere dadurch verwirklicht, dass die Gesellschaft die Mitglieder des XXXverbandes XXX Deutschland, Landesverband B. e.V. Sitz S. (XXX) in sozialrechtlichen Angele-genheiten berät und in solchen Angelegenheiten außergerichtlich gegenüber Behörden und sonstigen Dritten sowie gegenüber den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit vertritt." Gem. § 5 des Vertrages wird die Gesellschaft durch einen order mehrere Geschäftsführer vertreten. Dessen/deren Befugnis erstreckt sich auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Unternehmens mit sich bringt. Alle Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft hinausgehen, bedürfen im In-nenverhältnis der Zustimmung der Gesellschafter.

Beigezogen von der Kammer wurde eine Abschrift des "Statuts für die Kostenanforderung der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH" vom 01.01.2000. Dieses hat folgenden Wortlaut: " Statut für die Kostenanforderung der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH"

Bedürftige Person (XXX-Mitglied) gem. § 53 AO Widerspruch DM 410,72 EUR 210,- Klage DM 641,51 EUR 328,- Berufung DM 760,82 EUR 389,-

Die vorstehend genannten Kosten sind umsatzsteuerfrei gem. § 4 Nr. 18 UStG

Nichtbedürftige Person (XXX-Mitglied): Netto 7 % MwSt. Brutto Widerspruch DM 410,72 28,75 439,47 EUR 210,- 14,70 224,70 Klage DM 641,51 44,91 686,42 EUR 328,- 22,96 350,96 Berufung DM 760,82 53,26 814,08 EUR 389,- 27,23 416,23

Die vorstehend genannten Kosten unterliegen gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG der Umsatzsteu-er mit einem ermäßigten Steuersatz von derzeit 7 %.

Stand: 01.Januar 2000"

Zum 01.01.2006 wurden die Gebührensätze durch ein im übrigen identisch gestaltetes "Statut für die Kostenanforderung" für das Widerspruchsverfahren auf netto 230,- Euro, das Klageverfahren auf netto 360,- Euro und das Berufungsverfahren auf netto 430,- Euro angehoben. Auf das vom Kläger zu den Gerichtsakten gereichte neue Kostenstatut wird Bezug genom-men.

Der Kläger trägt vor (Schriftsätze vom 27.11.2007 und vom 26.8.2008), durch die XXX Sozi-alrechtsschutz gGmbH werde weniger als ein Drittel XXX-Mitglieder vertreten, die nicht bedürftig im Sinne von § 53 Abgabenordnung (AO) seien. § 66 Abs. 3 AO präzisiere die Rege-lung des § 53 AO, so dass eine mildtätige Aktivität im Sinne von § 53 AO auch dann vorlie-ge, wenn mindestens zwei Drittel der Leistungsempfänger bedürftig im Sinne von § 53 AO seien. Die kritische Grenze von einem Drittel sei bislang nicht überschritten worden, dies werde auch in Zukunft nicht eintreten. Die Formulierung in § 2 Nr. 2, 2. Absatz des Gesell-schaftsvertrages der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH, dass der Unternehmensgegenstand (Rechtsberatung) insbesondere dadurch verwirklicht werde, dass die Gesellschaft die Mitglie-der des XXXverbandes XXX Deutschland in sozialrechtlichen Angelegenheiten berät ( ...) bedeute nicht, dass Rechtsberatung auch für Nichtmitglieder des XXX übernommen werde. Vielmehr werde durch die Mitarbeiter der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH laufend überprüft, ob die Mitgliedschaft weiter fortbestehe. Sowohl nach dem Gesellschaftsvertrag als auch nach der praktischen Handhabung dieser Regelung durch die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH sei sichergestellt, dass ausschließlich solche Auftraggeber beraten und vertreten würden, die Mitglied des XXX-Landesverbandes seien und die Mitgliedschaft auch während der Zeit der Durchführung des Auftrages aufrecht erhielten.

Zu dem "Statut für die Kostenanforderung" der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH trägt der Kläger vor, mit jedem XXX-Mitglied, das von ihr vertreten werden solle, schließe die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH einen Geschäftsbesorgungsvertrag. In dem jeweiligen Geschäftsbesorgungsvertrag verpflichte sich das vertretene XXX-Mitglied, das jeweils nach dem "Sta-tut für die Kostenanforderung" vorgesehene Entgelt an die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH zu zahlen. Durch den Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages werde ein klagbarer Anspruch gegen das jeweilige Mitglied begründet. Der Anspruch entstehe und bestehe unabhängig davon, ob das Verfahren gewonnen werde und sich demgemäß ein Anspruch des vertrete-nen Mitglieds gegen den jeweiligen Gegner ergibt oder ob das Verfahren verloren werde und ein Kostenerstattungsanspruch des vertretenen Mitgliedes nicht entstehe. Im Fall des Obsiegens werde zunächst versucht, den Kostenerstattungsanspruch gegen den jeweiligen Verfahrensgegner zu realisieren. Falls das nach dem "Statut für die Kostenanforderung" geschuldete Entgelt nicht aufgrund eines entsprechenden Kostenerstattungsanspruchs beim jeweiligen Gegner beigetrieben werden könne, sei das vertretene XXX-Mitglied gehalten, das vereinbar-te Entgelt an die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH zu zahlen. Dies gelte für nichtbedürftige Mitglieder ohne jede Einschränkung. Bei bedürftigen Mitgliedern werde das Entgelt teilweise vom XXX-Landesverband übernommen, der damit seiner allgemeinen satzungsmäßigen Aufgabe nachkomme, bedürftige Mitglieder entsprechend zu unterstützen. Der XXX-Landesverband übernehme niemals das Entgelt in voller Höhe, vielmehr sei von dem jeweiligen bedürftigen XXX-Mitglied nach derzeitigem Stand bei einem Widerspruchsverfahren ein Betrag von 15,- EUR, einem Klageverfahren ein Betrag von 25,- EUR und bei einem Berufungsverfahren ein Betrag von 35,- EUR selbst zu tragen und demgemäß an die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH zu zahlen. Diese Unterstützungs-Praxis sei durch Beschluss des Vorstands des XXX-Landesverbandes geregelt.

Die Frage der Bedürftigkeit im Sinne des § 53 AO werde aufgrund einer schriftlichen Selbst-auskunft des jeweiligen Mitglieds mit der Maßgabe geprüft, dass diese im Beisein eines Vertreters der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH erteilt werde. Das Formular befindet sich bei den Akten des Gerichts. Auf S. 2 der Erklärung, in der Angaben zum Einkommen und Vermögen abgefragt werden, findet sich ein anzukreuzendes Feld mit der Überschrift "Ich bin nicht bedürftig im Sinne des § 53 Abgabenordnung (AO)", gefolgt von dem Hinweis "Für nichtbedürftige XXX-Mitglieder entsteht folgendes Kostenrisiko:" Es folgt ein Abdruck des zwei-ten Teils des Status für die Kostenanforderung (nichtbedürftige Person) mit den geforderten Gebührensätzen, dem Mehrwertsteuersatz von 7 % und den hiernach zu entrichtenden Bruttoentgelten. Auf den Inhalt des Vordrucks wird Bezug genommen.

Der Kläger trägt zum "Statut für die Kostenanforderung" auf die Einwendung des Beklagten, dieses sei nicht unterschrieben, vor, eine Unterschrift sei nicht erforderlich. Das "Kostensta-tut" sei nicht durch Unterzeichnung durch die Geschäftsführer der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH in Kraft gesetzt worden, sondern durch einen entsprechenden Beschluss der Ge-schäftsführung, dem der geschäftsführende Landesverbandsvorstand des XXX in einer Sitzung vom 14.12.1999 in S. zugestimmt habe (Beschluss Nr. 275). Nach dem Zustimmungsbeschluss des geschäftsführenden Vorstands des XXX sei das Kostenstatut sodann förmlich in der Weise in Kraft getreten, dass es in der "XXX-Zeitung" veröffentlicht worden sei.

Der Kläger trägt ferner ergänzend zur Frage der Gewinnerzielungsabsicht vor. Auf das diesbezügliche Vorbringen wird im Einzelnen Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 7.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.8.2004 zu verurteilen, ihm weitere Aufwendungen für seine Bevollmächtigten im Vorverfahren in Höhe von 206,70 EUR zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 29.1.2008 bemängelt der Beklagte, § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der XXX Rechtsschutz gGmbH lasse Raum für die Beratung und Vertretung auch von Nichtmitgliedern des XXX, wenn es heiße, dass die sozialrechtliche Betreuung "insbe-sondere" dadurch verwirklicht werde, dass die Gesellschaft die Mitglieder des XXXverbands XXX berät und vertritt. Aus der Satzung des XXX-Landesverbandes ergebe sich ebenfalls für die Beratung und Vertretung keine Beschränkung auf den Kreis der Mitglieder des XXX. Bemängelt wird beklagtenseitig ferner, dass das Statut für die Kostenanforderung nicht mit Unterschriften versehen sei. Dieses sei auch inhaltlich zu beanstanden, denn aus ihm gehe nicht hervor, dass bedürftige Personen im Ergebnis nicht die vollen Kosten der Rechtsverfolgung zu tragen hätten. Auf das weitere Vorbringen des Beklagten wird inhaltlich Bezug ge-nommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Akten des Verfahrens S 8 SB 3473/04, die Akten des Revisionsverfahrens vor dem Bundessozialgericht (Az. B 9a SB 2/05 R) und die Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rech-ten. Der Kläger hat auch unter Zugrundelegung der im Urteil des BSG vom 29.3.2007 (Az. B 9a SB 2/05 R) aufgestellten Rechtsgrundsätze keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Er-stattung von über den bisherigen Erstattungsbetrag von 18,- EUR hinausgehenden weiteren Aufwendungen für seine Bevollmächtigten im Vorverfahren in Höhe von 206,70 EUR aus § 63 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).

Die Kammer legt ihrer Entscheidung die vom BSG im Urteil vom 29.3.2007 aufgestellten Rechtsgrundsätze zugrunde. Hiernach vermittelt § 63 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auch bei zutreffender Auslegung nur einen Erstattungsanspruch für Gebühren, die auf gesetzlicher Grundlage beruhen, wie bereits von der Kammer mit Urteil vom 22.3.2005 vertreten. Allerdings gilt diese Einschränkung für einen Erstattungsanspruch nach § 63 Abs. 1 SGB X nicht, denn die Einwirkung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und - insbesondere - des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG lässt eine allzu enge Auslegung des Begriffs der "Aufwendungen" in Abs. 1 des § 63 SGB X, nach der lediglich die Kosten der Arbeit eines Bevollmächtigten erstattungsfähig sind, der nach einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen kann, grundrechtswidrig erscheinen.

Die Kostenentscheidung im isolierten Vorverfahren regelt § 63 SGB X. Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Gemäß § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

Wie bereits ausgeführt, vermittelt § 63 Abs. 2 SGB X im vorliegenden Fall grundsätzlich kei-nen Erstattungsanspruch aus dem "Statut für die Kostenanforderung" der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH, denn erstattungsfähig nach dieser Rechtsnorm sind lediglich "gesetzliche" Gebühren, mithin nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO), welche bis zum 30.6.2004 Geltung hatte, bzw. nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, welches seit dem 1.7.2004 in Kraft ist, erhobene Gebühren. Da das Statut für die Kostenanforderung eige-ne Gebührensätze enthält und auf die genannten Regelungen nicht Bezug nimmt, handelt es sich nicht um eine taugliche Grundlage für einen Erstattungsanspruch nach § 63 Abs. 2 SGB X.

Im Ergebnis besteht vorliegend darüber hinaus auch kein Anspruch gemäß § 63 Abs. 1 SGB X auf die Erstattung weiterer 206,70 EUR als weitere notwendige Aufwendungen über die bereits geleisteten 18,- EUR hinaus für die Vertretung des Klägers durch die Mitarbeiter der XXX Sozi-alrechtsschutz gGmbH. Zwar sind nach dieser Regelung grundsätzlich auch Aufwendungen für die Vertretung von Mitgliedern berufsständischer oder auf ähnlicher Grundlage gebildeter Vereinigungen oder Stellen im Sinne von Art. 1 § 7 des bis zum 30.6.2008 in Kraft gewese-nen Rechtsberatungsgesetzes für die Vertretung durch sog. "Verbandsvertreter", die im sozi-algerichtlichen Verfahren gemäß § 73 Abs. 6 Satz 3 und 4 eine erlaubte Tätigkeit entfalten, erstattungsfähig, allerdings ist die Notwendigkeit der insoweit erhobenen Kosten im Einzel-nen zu prüfen. Ein Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen besteht nach der Rechtsprechung des BSG nur dann, wenn die Bevollmächtigung notwendig war und - insbesondere - die Kosten auch der Höhe nach zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren. Letzteres ist dann der Fall, wenn der Bevollmächtigte zulässigerweise eine Tätigkeit ver-richtet hat, die derjenigen eines Bevollmächtigten im Sinne des § 63 Abs. 2 SGB X gleich-wertig ist, und dafür Kosten berechnet hat, welche dann - allenfalls - bis zur Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren erstattungsfähig sind. Werden von Verbandsvertretern Kosten nicht auf Grundlage der BRAGO bzw. des RVG erhoben, sondern auf Grundlage ei-ner eigenen Kostenordnung, so muss der Anspruch auf Rechtsdienstleistungen ebenso wie eine damit korrelierende Kostenerhebung in einer satzungsrechtlichen Regelung wurzeln; ein bloßer Geschäftsbesorgungsvertrag reicht insoweit nicht. Aus der satzungsrechtlichen Grundlage muss dabei für Vereinsmitglieder wie auch Dritte klar und deutlich erkennbar sein, unter welchen Voraussetzungen sowie in welcher Höhe die Forderung entsteht und ob das Ver-einsmitglied sie ggf. in dieser Höhe auch endgültig trägt. Dabei muss die Satzung insoweit sowohl formell als auch materiell rechtmäßig sein. Durch diese vom BSG aufgestellten Anforderungen soll sichergestellt werden, dass ein Mitglied von Vereinigungen im Sinne des Art. 1 § 7 Rechtsberatungsgesetz bzw. § 73 Abs. 6 Satz 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz, welches sich durch einen Verbandsvertreter vertreten lässt, der nicht auf Grundlage einer gesetzlichen Gebührenordnung abrechnen kann, nicht besser gestellt wird als bei Beauftragung eines Rechtsanwalts. Er soll im Ergebnis also nur jene Kosten ersetzt bekommen, die er im Falle des Unterliegens selbst zu tragen hätte, so wie dies auch bei Vertretung durch einen Rechtsanwalt der Fall wäre. Ebenso wie die gesetzlichen Gebührenordnungen eine Grundlage dafür bilden, dass die Entstehung und Höhe einer Kostenforderung nachvollzogen werden kann und damit die Notwendigkeit der Kosten nachgewiesen ist, müssen auch die satzungsrechtlichen Regelungen Gewähr für eine solche Nachvollziehbarkeit und Notwendigkeit bieten (vgl. Randnr. 57 des bereits in Bezug genommenen Urteils des BSG vom 29.3.2007).

Diesen Anforderungen entspricht weder die Satzung des Landesverbandes des XXX, noch das "Statut für die Kostenanforderung der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH", weshalb es sich dabei nicht um eine taugliche Grundlage für die Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruchs gegen Dritte gemäß § 63 Abs. 1 SGB X handelt. Zwar wurzelt der Anspruch auf Rechtsdienstleistungen und die damit korrelierende Kostenerhebung in § 7 Nr. 4 bis 7 der Satzung des XXX Landesverbandes B., und damit einer satzungsrechtlichen Regelung, jedoch ergibt sich weder hieraus noch aus dem "Statut für die Kostenanforderung der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH", unter welchen Voraussetzungen sowie in welcher Höhe die Forderung entsteht und – insbesondere – ob das Vereinsmitglied sie in dieser Höhe auch endgültig trägt. Rechtlichen Bedenken begegnet dabei bereits, dass gemäß § 7 Nr. 6 der Satzung des XXX-Landesverbandes B. die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH, deren einziger Gesellschafter der XXX Landesverband ist, durch eine Generalklausel ermächtigt, die von den vertretenden Mitgliedern zu tragenden Kosten für die Bearbeitung von Verfahren und die Vertretung vor den Sozialgerichten und Verwaltungsgerichten durch "Richtlinien" festzusetzen, denn aus der satzungsrechtlichen Grundlage selbst ist so weder für Vereinsmitglieder noch für Dritte klar und deutlich erkennbar, unter welchen Voraussetzungen sowie in welcher Höhe die Forderung entsteht und ob das Vereinsmitglied sie in dieser Höhe auch endgültig trägt. Erst durch die Heranziehung des "Status für die Kostenerstattung", welches von den Geschäftsführern der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH erlassen wurde, wird erkennbar, in welcher Höhe ein Kostenanspruch der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH gegen Mitglieder des XXX-Landesverbandes entsteht.

Selbst unter außer Achtlassung dieser rechtlichen Bedenken ist das "Statut für die Kostenanforderung" der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH keine taugliche Grundlage, auf die ein Anspruch auf Erstattung von Kosten gegen Dritte gemäß § 63 Abs. 1 SGB X gestützt werden kann, denn auch in der Zusammenschau mit der Satzung des XXX-Landesverbandes lässt dieses nicht erkennen, dass von der Mehrheit der Mitglieder des XXX, die Rechtsschutz in Anspruch nehmen, die Kosten jedenfalls im Falle ihres Unterliegens in der jeweiligen Rechtssache tatsächlich nicht in der in diesem "Kostenstatut" angeführten Höhe zu entrichten sind. So hat der Kläger auf Frage des Gerichts selbst eingeräumt, dass für rechtsuchende XXX-Mitglieder, die die Voraussetzungen des § 53 AO erfüllen – und das sind nach dem Kläger-vortrag stets mehr als 2/3 der von der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH betreuten Mitglieder –, der XXX-Landesverband den Hauptteil des an die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH zu entrichtenden Entgelts "übernimmt", mithin das betroffene Mitglied dann, wenn ein Kostener-stattungsanspruch gegen den jeweiligen Verfahrensgegner nicht besteht, für die Vertretung im Widerspruchsverfahren im Ergebnis nur 15,- EUR an die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH zu entrichten hat, für die Vertretung im Klageverfahren 25,- EUR und im Berufungsverfahren 35,- EUR. Da diese auf einen Beschluss des XXX-Landesverbandes gestützte Praxis weder aus der Satzung des XXX-Landesverbandes selbst noch aus dem "Statut für die Kostenanforderung" der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH zu entnehmen ist, enthalten diese insbesondere für Drit-te keine ausreichend klare und deutlich erkennbare Regelung, welche Kosten im Ergebnis vom jeweiligen Mitglied zu tragen sind.

Ein Beschluss, mithin eine Regelung unterhalb der Ebene des Satzungsrechts, bildet für einen Kostenerstattungsanspruch gem. § 63 Abs. 1 SGB X keine ausreichende Grundlage. Zudem ist der Beschluss, mit dem letztlich die aufgrund der satzungsrechtlichen Regelung des § 7 Nr. 6 von der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH auf Grundlage des "Kostenstatuts" bestehende Kostenforderung gegen von deren Mitarbeitern vertretene XXX-Mitglieder im Falle des Un-terliegens in der Rechtssache des jeweiligen Mitgliedes (und nur in diesem Fall) "durch die Hintertür" bis auf eine Restforderung von 15,- Euro für das Widerspruchsverfahren, 25,- Euro für das Klageverfahren und 35,- Euro für das Berufungsverfahren für im Sinne des § 53 AO bedürftige Kläger reduziert wird, satzungswidrig. Der Beschluss sowie die hierauf gegründete tatsächliche Handhabung verstößt nicht nur gegen § 7 Nr. 6, sondern auch und insbesondere gegen § 2 Nr. 3 Satz 2 der Satzung, wonach die Mitglieder keine Zuwendungen aus Mitteln des XXX erhalten sollen, denn es handelt sich der Sache nach um eine Freistellung von i.S.d. § 53 AO bedürftigen Mitgliedern von Forderungen der vom XXX-Landesverband gegründeten Sozialrechtsschutz gGmbH (bis auf die genannten Restbeträge) durch den XXX-Landesverband und damit um eine Zuwendung des XXX-Landesverbandes an das Mitglied.

Es handelt sich zudem um eine – gleichheitswidrige – Regelung zu Lasten Dritter, denn ausweislich der Ausführungen des Klägers tritt der XXX-Landesverband nur dann in die Forderung der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH ein, wenn ein Kostenerstattungsanspruch gegen den jeweiligen Verfahrensgegner nicht besteht, weil das bedürftige Mitglied des XXX-Landesverbandes in einem Widerspruchs- oder gerichtlichen Verfahren unterlegen ist. Hieraus folgt, dass jedenfalls bei Bedürftigkeit eines Mitgliedes der gegen den Verfahrensgegner erhobene Kostenerstattungsanspruch mit (bis zum Jahr 2006) 210,- EUR um ein vielfaches höher ist als der Betrag, den das Mitglied des XXX-Landesverbandes im Falle seines Unterliegens gegenüber der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH letztlich zu tragen hat, nämlich 15,- EUR. Die Regelung über die Kostentragung, wie sie vom XXX-Landesverband B. und der von ihm ge-gründeten XXX-Sozialrechtsschutz gGmbH derzeit tatsächlich praktiziert wird, zielt mithin darauf ab, ihre Mitglieder bei Vertretung durch einen Verbandsvertreter der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH gegenüber einer Vertretung durch einen Rechtsanwalt besser zu stellen, indem im Falle des Unterliegens der Großteil der anfallenden Gebühren nach dem "Kostenstatut" der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH vom Landesverband übernommen wird, ohne diese Privilegierung auch einem Verfahrensgegner zugute kommen zu lassen. Die Kammer sieht hierin einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, denn ein sachlicher Grund, der diese unterschiedliche Behandlung von Mitglied und Verfahrensgegner rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich.

Bereits aus den dargestellten Gründen bildet die satzungsrechtliche Regelung in § 7 der Satzung des XXX-Landesverbandes B. in Zusammenschau mit dem "Statut über die Kostenanforderung" unter Berücksichtigung deren tatsächlicher Handhabung durch den XXX-Landesverband B. und die von ihm gegründete XXX Sozialrechtsschutz gGmbH keine taugli-che Grundlage, die Entstehung und Höhe einer Kostenforderung analog einer gesetzlichen Gebührenordnung nachvollziehbar und transparent darzulegen und zu begründen, wie vom BSG gefordert. Es kommt hiernach im vorliegenden Fall nicht mehr entscheidend darauf an, ob die Kostenregelung, wäre sie hinreichend klar und ausführlich in der Satzung selbst dargestellt und würde sie die Privilegierung von im Sinne des § 53 AO bedürftigen Mitgliedern in Form der Freistellung vom überwiegenden Teil des Gebührenanspruchs auch zugunsten von Verfahrensgegnern entfalten, angesichts der ganz erheblichen Bevorzugung von Personen, die die Bedürftigkeitskriterien des § 53 AO erfüllen, gegenüber denjenigen Personen, die – wie der Kläger – diese Kriterien nicht erfüllen, mit dem vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsge-bot vereinbar wäre.

Offen bleiben konnte ebenfalls, ob die Praxis, das Vorliegen der Kriterien für eine Bedürftig-keit i.S.d. § 53 AO, wovon die Höhe der außergerichtlichen Kosten abhängt, die ein von der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH vertretenes XXX-Mitglied im Falle seines Unterliegens in der Rechtssache im Ergebnis tatsächlich zu tragen hat, lediglich durch Erteilung einer Selbst-auskunft zu prüfen, ausreichend ist, um den vom BSG aufgestellten Grundsätzen zur Klarheit und Nachvollziehbarkeit von Kostenforderungen gemäß einer eigenständigen Kostenordnung aufgrund Satzungsrechts auch für Dritte zu genügen, woran für die Kammer angesichts offen-kundiger Missbrauchsmöglichkeiten Zweifel bestehen.

Offen bleiben konnte hiernach ebenfalls, ob die XXX Sozialrechtsschutz gGmbH tatsächlich ausreichende Vorkehrungen getroffen hat, um eine Vertretung von Nichtmitgliedern auszuschließen (vgl. Art. 1 § 7 Satz 3 des bis zum 30.6.2008 geltenden Rechtsberatungsgesetzes) und ob von der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH eine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht verrichtet wurde bzw. wird.

Die Klage war hiernach als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Revisionsentscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 29.3.2007) zwar zur Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht geführt hat, die in dem Urteil des Bundessozialgerichts erfolgte grundsätzliche rechtliche Klärung jedoch den Kläger seinem Klageziel im Ergebnis nicht näher gebracht hat, da weder die Satzung des XXX-Landesverbandes noch das Kostenstatut der XXX Sozialrechtsschutz gGmbH die vom Bundessozialgericht aufgestellten Anforderungen an eine auch für Dritte verbindliche Festsetzung außergerichtlicher Kosten, welche auf satzungsrechtlicher Grundlage fußt, nicht erfüllen. Hiernach verbleibt es insgesamt bei dem Grundsatz, dass der unterliegende Kläger die außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat.

Zwar wird die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (750,- EUR) im vorliegenden Fall, in welchem um 206,70 EUR gestritten wird, nicht erreicht, jedoch hat die Rechtssache weiterhin grundsätzliche Bedeutung, weshalb die Berufung zum Landessozialgericht zuzulassen war.

RechtsgebietEntschädigungs-/Schwerbehindertenrecht

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