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02.07.2008 · IWW-Abrufnummer 081999

Landgericht Bonn: Beschluss vom 05.03.2004 – 6 T 41/04

Zu den Voraussetzungen der Auferlegung von Kosten des Rechtsstreits auf den Beklagten nach Klagerücknahme, insbesondere dazu, ob der "Erbe vor Ausschlagung" nach erfolgter Ausschlagung diesen Umstand dem Vertragspartner des Erblassers mitzuteilen hat.


Landgericht Bonn

6 T 41/04

Beschluss

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der Kosten der Säumnis des Beklagten, die dieser selbst trägt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit, dem ein Mahnverfahren mit Vollstreckungsbescheid vorausgegangen ist, gegen den Beklagten rückständige Miete für die Monate Januar 2003 (Teilbetrag) sowie Februar bis April 2003 in einer Gesamthöhe von 1.104,32 EUR nebst Zinsen geltend gemacht.

Dem lag im Wesentlichen zugrunde:

Das Wohnungsmietverhältnis bestand ursprünglich zwischen der Stadt und der Mutter des Beklagten. Die nach dem 31.12.2002 entstehenden Ansprüche hatte die Stadt an die X GbR (im Folgenden: GbR) abgetreten. Unter dem 30.04.2003 wurde die Klägerin als neue Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Die Klägerin hat behauptet, die GbR habe ihre Rechtsform geändert. Der Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin Rechtsnachfolgerin der Stadt geworden sei.

Mit Schreiben vom 09.01.2003 an die GbR kündigte der Beklagte unter Hinweis darauf, dass seine Mutter verstorben war, das Mietverhältnis zum Monatsende. Die GbR teilte mit Schreiben vom 16.01.2003 dem Beklagten mit, dass die Kündigung erst zum 30.04.2003 wirksam werde. Am 23.01.2003 schlug der Beklagte als gesetzlicher Erbe seiner Mutter die Erbschaft aus. Unter dem 27.01.2003 mahnte die GbR beim Beklagten unter Hinweis darauf, dass er als Erbe in das Mietverhältnis seiner Mutter eintrete, einen Mietrückstand für Januar 2003 in Höhe von 32,96 EUR an; zugleich bat die GbR um Mitteilung, falls der Beklagte das Erbe ausgeschlagen habe. Dieses Schreiben beantwortete der Beklagte ebenso wenig wie das weitere Mahnschreiben der GbR vom 18.02.2003, das sich zusätzlich noch auf die Februar-Miete bezog

Am 25.04.2003 hat die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheides gegen den Beklagten beantragt. Mangels Widerspruchs ist auf weiteren Antrag unter dem 10.6.2003 Vollstreckungsbescheid ergangen, gegen den der Beklagte rechtzeitig Einspruch erhoben hat. Unter dem 11.07.2003 hat die Klägerin den Klageanspruch begründet. In der Klageerwiderung vom 30.07.2003 hat der Beklagte auf die Erbausschlagung hingewiesen. Mit ihrem weiteren Schriftsatz vom 08.08.2003 hat die Klägerin sich Prüfung vorbehalten. Mit Verfügung vom 11.08.2003 hat das Amtsgericht den Parteien als Ergebnis seiner Einsicht in die Nachlassakte mitgeteilt, dass der Beklagte am 23.01.2003 die Erbschaft ausgeschlagen hat. Entsprechendes ergab sich aus dem Beklagtenschriftsatz vom 21.08.2003 mit Anlagen. Mit Schriftsatz vom 15.09.2003 hat sodann die Klägerin die Klage zurückgenommen und zugleich in einen Feststellungsantrag hinsichtlich der Kostentragungspflicht geändert. Auf weiteren Hinweis des Amtsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.10.2003 die Klage zurückgenommen und Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO gestellt, dem der Beklagte entgegengetreten ist.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 ZPO dem Beklagten auferlegt. Zur Begründung hat es im; Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe die mietvertragliche Nebenpflicht gehabt, der Klägerin die Erbausschlagung mitzuteilen, insbesondere nachdem diese ausdrücklich danach gefragt habe.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der er geltend macht, keine vertragliche Verpflichtung gegenüber der Klägerin gehabt zu haben. Für den Mietzinsanspruch sei er schon bei erster Geltendmachung im Schreiben vom 27.01.2003 nicht passivlegitimiert gewesen. Eine Mitteilungspflicht habe er nicht gehabt. Die Klägerin habe sich selbst informieren müssen.

Die Klägerin verteidigt den angefochtenen Beschluss. Der Anlass zur Klageerhebung sei erst dadurch weggefallen, dass der Beklagte im Laufe des Verfahrens die Ausschlagung der Erbschaft mitgeteilt habe, worauf sie unverzüglich die Klage zurückgenommen habe. Der Beklagte habe sich durch die Kündigung ihr gegenüber als Erbe dargestellt. Diesen Eindruck habe er trotz der Anfrage im Schreiben vom 27.01.2003 aufrechterhalten.

II.

Die an sich statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde ist im wesentlichen begründet.

Mit Ausnahme der -allerdings nach Aktenlage nicht berechenbaren- Säumniskosten, die der Beklagte nach §§ 700 Abs. 1, 344 ZPO zu tragen hat, hat die Kosten des Rechtsstreits die Klägerin zu tragen gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, nachdem sie die Klage zurückgenommen hat.

Die Voraussetzungen für eine anderweitige Kostenverteilung gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO sind nicht erfüllt.

Es ist schon zweifelhaft, ob die Klage nach Mitteilung der Erbausschlagung unverzüglich zurückgenommen worden ist -dies ist jedenfalls nicht im ersten Schriftsatz der Klägerin nach der Mitteilung geschehen-, weil die Klägerin dies erst überprüfen wollte und die Konsequenz erst gezogen hat, als die Erbausschlagung urkundlich feststand. Hätte der Beklagte vorprozessual der Klägerin formlos mitgeteilt, dass er die Erbschaft ausgeschlagen habe, hätte die Klägerin sich ihm gegenüber damit begnügen und weitere Prüfungen, falls gewollt, selbst vornehmen müssen; der Beklagte wäre zum Nachweis jedenfalls nicht verpflichtet gewesen.

Gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ist bei der Entscheidung auch der bisherige -d.h. bis zur Klagerücknahme- Sach- und Streitstand zu berücksichtigen.

Die KIägerin hat jedoch bis zur Klagerücknahme ihre Aktivlegitimation nicht hinreichend dargelegt. Die Klägerin ist zwar am 30.04.2003 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden, das bewirkt einen Eintritt in das Mietverhältnis jedoch nur für die Zukunft. Die bis dahin entstandenen Ansprüche der Vermieterin fallen ihr mit der Grundbucheintragung nicht automatisch zu. Diese, soweit hier streitgegenständlich gewesen, standen vielmehr der GbR aufgrund der Abtretung zu. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, nach einer Änderung der Rechtsform der GbB sei die Klägerin als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden, dies die Änderung der Rechtsform- in der Folgezeit jedoch weder näher dargelegt noch urkundlich belegt, obwohl die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten war. Damit stand zur Zeit der Klagerücknahme nicht fest, dass der Klägerin der Klageanspruch zustand.

Der Beklagte war schon zur Zeit der erstmaligen Geltendmachung eines Mietzinsanspruches auch nicht passivlegitimiert. Zwar war er ursprünglich gesetzlicher Erbe, infolge der Erbausschlagung gilt jedoch der Erbanfall rückwirkend als nicht erfolgt (§ 1953 Abs. 1 BGB) mit der Folge, dass der Beklagte rechtlich zu keiner Zeit als in das Mietverhältnis eingetreten gilt und endgültig ab 23.01.2003 als Nichterbe feststand.

Der Beklagte hat auch keinen Anlass zur Klageerhebung gesetzt, der vor Rechtshängigkeit weggefallen ist.

Anlass zur Klageerhebung ist regelmäßig die Nichterfüllung eines Anspruchs. Ein solcher bestand indessen, wie dargelegt, gegenüber dem Beklagten nicht.

Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, der Klägerin die Erbausschlagung mitzuteilen, so dass auch nicht durch Unterlassung der Mitteilung ein Anlass zur Klageerhebung gesetzt worden ist.

Soweit das Amtsgericht diesbezüglich eine mietvertragliche Nebenpflicht annimmt, kann dem nicht gefolgt werden. Der Beklagte ist nicht in das Mietverhältnis eingetreten, weil er die Erbschaft ausgeschlagen hat, so dass er im Verhältnis zur Klägerin auch keine vertraglichen Nebenpflichten haben kann.

Der Beklagte war zu einer entsprechenden Mitteilung auch nicht aus anderen Gründen verpflichtet.

Zur Zeit des Schreibens der GbR vom 27.01.2003 hatte der Beklagte die Erbschaft schon ausgeschlagen. Eine rechtliche Beziehung zur Klägerin bestand nicht, auch nicht zur GbR, so dass sich auch keine Verpflichtung zur Beantwortung des Schreibens ergab. Gleiches gilt für das weitere Mahnschreiben der GbR.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte das Mietverhältnis gekündigt hat. Zu dieser Zeit war er im Sinne des § 1959 BGB Erbe vor der Ausschlagung, seine Verfügung dürfte gemäß § 1959 Abs. 2 BGB als unaufschiebbare Maßnahme ordentlicher Nachlassverwaltung wirksam geblieben sein. Daraus ergibt sich aber nicht, dass er im Verhältnis zur Klägerin oder zur GbR zur Mitteilung der Ausschlagung verpflichtet gewesen wäre. Eine solche Pflicht hätte allenfalls den letztlichen Erben als Vertragspartner treffen können.
Schließlich hat der Beklagte auch nichts unternommen, einen Eindruck der Klägerin, er sei der Erbe, aufrechtzuerhalten. Zum einen hat er nach Aktenlage zu keinem Zeitpunkt nach der Erbausschlagung noch durch irgendein Tun den Eindruck erweckt oder gefördert, er sei Erbe. Zum anderen kann die schlichte Nichtbeantwortung von Schreiben nicht als Aufrechterhalten eines Eindrucks gewertet werden.

Die KIägerin hat es unterlassen, sich durch Einholung von Auskünften selbst Sicherheit darüber zu verschaffen, wer Erbe der ehemaligen Mieterin ist. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte in seinem Kündigungsschreiben nicht einmal angegeben hat, er sei Erbe seiner Mutter, deren Wohnung er kündigt. Dafür, dass die KIägerin den Falschen verklagt hat, kann sie den Beklagten nicht verantwortlich machen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Umstand, dass der Beklagte die Kosten seiner Säumnis zu tragen hat, fällt nicht ins Gewicht, weil insoweit ausscheidbare Kosten -die von der Klägerin im VB-Antrag auch nicht geltend gemacht worden sind- nicht ersichtlich sind.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht erfüllt sind.

Beschwerdewert: bis 300,00 EUR

RechtsgebietZPOVorschriften§ 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO

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