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01.04.2008 · IWW-Abrufnummer 080970

Landgericht Meiningen: Urteil vom 13.12.2007 – 1 O 415/07

Der Abruf öffentlicher Fördermittel sowie die Kontrolle der fristgerechten Verwendung abgerufener Fördermittel ist nicht Bestandteil der Grundleistungen der Leistungsphasen 1 - 9 des § 15 HOAI.


Landgericht Meiningen

1 O 415/07 (145)
Verkündet am: 13.12.2007

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

....

hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Meiningen durch Vorsitzenden Richter am Landgericht ###, Richter am Landgericht ### und Richterin am Landgericht ### auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2007

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten, hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz.

Am 10.12.1997 wurde zwischen der Klägerin und der Ingenieurgesellschaft ###, ### & Partner mbH ein Architektenvertrag über die Errichtung eines Altenpflegeheimes mit Außenanlagen in ### Leistungsphasen 1 - 8 des § 15 HOAI, geschlossen, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage I/K 1 Bezug genommen wird. Mit auf den 04.08.1997 rückdatierter Abtretungsvereinbarung wurden sämtliche Rechte und Pflichten aus dieser Vereinbarung von der Ingenieurgesellschaft ###, ### & Partner mbH auf die Beklagte zu 1. übertragen (Anlage I/K 15). Am 17.12.1999 beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 1. auch mit der Erbringung der Leistungsphase 9 (Anlage II/B 3). Das Bauvorhaben wurde mit öffentlichen Mitteln gefördert. Mit Zuwendungsbescheid vom 17.07.1998 (Anlage I/K 2) wurden Fördermittel von 12.900.000,- DM, bestehend aus 10.320.000,- DM Zuwendungen des Bundes und 2.580.000,- DM Zuwendungen des Landes bewilligt. Gemäß Ziff. 1.3. der Allgemeinen Nebenbestimmungen durfte die Zuwendung nur insoweit und nicht eher angefordert werden, als sie innerhalb von zwei Monaten nach der Auszahlung für fällige Zahlungen benötigt wurde. Gemäß Ziff. 5.5 der Allgemeinen Nebenbestimmungen ist der Zuwendungsempfänger verpflichtet, unverzüglich der Bewilligungsbehörde anzuzeigen, wenn die abgerufenen oder ausgezahlten Beträge nicht innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung verbraucht werden können. Wegen der Einzelheiten des Zuwendungsbescheides sowie der Allgemeinen Nebenbestimmungen wird auf die Anlage I/K 2 Bezug genommen. Von den Förderrichtlinien hatten auch die Beklagten Kenntnis. Die bewilligten Fördermittel wurden im August und November 1998 sowie im März, Mai und August 1999 abgerufen (Anlage I/K 22). Dabei wurden die Formblätter zur Mittelanforderung jeweils vom Streithelfer ausgefüllt, von der damaligen Geschäftsführerin der Klägerin - der Zeugin ### - unterzeichnet und beim Staatsbauamt eingereicht. Mit Schreiben vom 10.05.2006 wurde durch den Freistaat ### erklärt, dass beabsichtigt sei, wegen nicht fristgemäßer Verwendung der Zuwendungen einen Zinsanspruch von 43.694,80 € geltend zu machen (Anlage I/K 5). Mit Bescheid des Freistaates ### vom 10.07.2006 wurde die Klägerin wegen nichtfristgemäßer Verwendung von Zuwendungen zur Zahlung von 43.694,80 € verpflichtet (Anlage I/K 10). Die Klägerin zahlte den Betrag am 08.08.2006 (Anlage I/K 11).

Die Klägerin ist der Ansicht, im Rahmen des Architektenvertrages, insbesondere der Leistungsphase 8, sei es Aufgabe der Beklagten gewesen, die Fördermittel abzurufen und diese zur Auszahlung an die jeweiligen Werkunternehmer freizugeben. Sie behauptet, diese Aufgabe sei zwischen ihrer damaligen Geschäftsführerin (der Zeugin ###) und dem Beklagten zu 2. ausdrücklich vereinbart worden. Es sei verabredet worden, dass der von den Beklagten unterbeauftragte Streithelfer je nach Baufortschritt und Rechnungsstellung einen jeweils konkreten Mittelbedarf, welcher für die nächsten Wochen zu erwarten sei, zu planen habe. Die Beklagten hätten sich zur Erfüllung der Aufgabe des Streithelfers bedient. Die Abrufe der Fördermittel seien jeweils nach Zuarbeit des von den Beklagten beauftragten Streithelfers erfolgt. Die Beklagten hätten durch den Streithelfer den Mittelabrufplan und den Bauzeitenplan erstellen lassen (Anlage I/K 4 und 18). Der Streithelfer habe nach Rechnungsprüfungen die Überweisungen des Rechnungsbetrages an die jeweiligen Werkunternehmer veranlasst. Die Fördermittel seien teilweise zu früh abgerufen worden. Die in der Anhörung vom 10.05.2006 (Anlage I/K 5) genannten Daten hinsichtlich Forderungen, Auszahlungsdaten der Fördermittel und Rechnungsbegleichungsdaten seien zutreffend. Die Beklagten hätten die Klägerin zumindest darauf hinweisen müssen, dass die abgerufenen Fördermittel nicht innerhalb der Zwei-Monats-Frist würden Verwendung finden können.

Die Klägerin beantragt,

1 die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 43.694,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 11.07.2006 zu zahlen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, Verzugsfolgen in Höhe von 777,19 € zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, von dem Mittelabrufplan (Anlage 1/K 4) hätten sie erstmals im Rahmen des Klageverfahrens Kenntnis erlangt. Soweit der Streithelfer hinsichtlich der Fördermittelabrufe tätig gewesen sein sollte, sei dies aufgrund eines direkten Auftrages der Klägerin an den Streithelfer erfolgt, nicht aufgrund eines Auftrages der Beklagten. Der Streithelfer habe das Bauausgabebuch direkt gegenüber der Klägerin abgerechnet und dies sei auch direkt von der Klägerin an diesen gezahlt worden. Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.

Der Streithelfer behauptet, die Klägerin habe ihn um Führung des Bauausgabebuches und Bearbeitung der Anträge auf Fördermittel beim Staatsbauamt Suhl gebeten. Er habe die Rechnungen der Werkunternehmer mit den entsprechenden Kostengruppennummern versehen, die Rechnungen in das Bauausgabebuch eingetragen und an die Klägerin zurückgegeben. Wann die Klägerin welche Fördermittel abgerufen und wann sie auf welche Rechnungen Zahlungen geleistet habe, sei allein ihre Sache gewesen.

Die Kammer hat Beweis erhoben über die Absprachen der Parteien hinsichtlich der Modalitäten der Beantragung von Fördermitteln durch Vernehmung der Zeugin ### und persönliche Anhörung des Beklagten zu 2.. Insoweit wird auf das Protokoll vom 22.11.2007 (Bl. 55 - 59 d. A.) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung von 43.694,80 €. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 635 BGB a.F. noch aus positiver Forderungsverletzung des Architektenvertrages, denn der Abruf und die Kontrolle der fristgerechten Verwendung der abgerufenen Fördermittel war nicht Vertragsbestandteil und gehörte nicht zu den Leistungspflichten der Beklagten.

1. Die Klägerin und die Beklagte zu 1. haben einen Architektenvertrag über die Errichtung des Altenpflegeheimes und Außenanlagen mit den Leistungsphasen 1 - 8 des § 15 HOAI geschlossen. Am 17.12.1999 wurde außerdem die Leistungsphase 9 beauftragt. Eine solche Vereinbarung durch Bezugnahme auf Leistungsbilder oder Leistungsphasen der HOAI stellt für das Gericht eine Auslegungshilfe zur Bestimmung der vertraglich geschuldeten Leistungen dar, wobei generell davon auszugehen ist, dass die Vertragsparteien lediglich die Grundleistungen dieser Leistungsbilder oder -phasen zum Vertragsgegenstand erheben (BGH IBR 2007, 564 = ZfBR 2007, 778). Der Abruf von Fördermitteln sowie die Kontrolle der fristgerechten Verwendung der abgerufenen Fördermittel ist jedoch nicht Bestandteil der Grundleistungen der Leistungsphasen. 1 - 8 und 9 des § 15 HOAI. Insbesondere gehören diese Leistungen nicht zu den Grundleistungen der Leistungsphase 8 des § 15 HOAI, Vielmehr gehören sie allenfalls zum Leistungsbild der Projektsteuerung (§ 31 HOAI}, mit dem die Klägerin die Beklagten jedoch nicht beauftragt hat. Der Abruf von Fördermitteln sowie die Kontrolle ihrer fristgerechten Verwendung wurde auch nicht als zusätzliche Leistung Bestandteil des Architektenvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. Im Vertrag vom 10.12.1997 sind in Ziff. 13. zwar mehrere Zusatzvereinbarungen enthalten. Der Abruf und die Kontrolle der fristgerechten Verwendung von Fördermitteln wird hier jedoch nicht aufgeführt. Die Klägerin hat auch eine mündliche Vereinbarung zwischen ihrer damaligen Geschäftsführerin (der Zeugin ###) und dem Beklagten zu 2. darüber, dass es zu den Aufgaben der Beklagten zu 1. gehören sollte, die Fördermittel abzurufen und diese zur Auszahlung an die jeweiligen Werkunternehmer freizugeben, nicht bewiesen. Ein solcher Beweis wird durch die Aussage der Zeugin ### nicht geführt. Die Zeugin hat bekundet, sie habe mit dem Beklagten zu 2. über Fördermittelbeschaffung keine Absprachen getroffen. Zwar hat sie Zeugin angegeben, sie sei baumäßig ein völliger Laie und sei damals -vielleicht auch etwas leichtfertig - der Meinung gewesen, für die Fördermittelbeschaffung halte sie sich ja einen Architekten, Eine Beauftragung der Beklagten mit dem Abruf der Fördermittel und der Kontrolle ihrer Verwendung hat die Zeugin aber gerade nicht bestätigt. Auch aus dem Umstand, dass die Beklagten eine Kopie des Fördermittelbescheides mit Anlagen erhalten haben, ergibt sich keine Verpflichtung der Beklagten, für den Abruf und die Kontrolle der fristgerechten Verwendung der abgerufenen Fördermittel zu sorgen, Die Zeugin ### hat ausgesagt, dass Details des Fördermittelbescheides zwischen den Parteien nicht besprochen wurden. Auch der persönlich angehörte Beklagte zu 2. hat glaubhaft erklärt, dass es zwischen ihm und der Zeugin ### keine Absprachen darüber gegeben hat, wer die Fördermittel abruft, wann und in welcher Höhe.

2. Auch aus den tatsächlichen Umständen beim Abruf der Fördermittel ergibt sich nicht, dass die Beklagten eine vertragliche Verpflichtung zu deren Abruf und Kontrolle übernommen hätten. Die Zeugin ### hat bestätigt, dass sie den Mittelabrufplan (Anlage I/K 4) vom Streithelfer erhalten hat, auch das Bauausgabebuch habe der Streithelfer erstellt und abgerechnet. Die Mittelanforderungen wurden ebenfalls vom Büro des Streithelfers ausgefüllt, nicht von den Beklagten. Eine Verpflichtung zum Abruf der Fördermittel und zur Kontrolle ihrer fristgerechten Verwendung haben die Beklagten hierdurch jedoch nicht übernommen. Vielmehr oblag der Abruf der Fördermittel und die Kontrolle ihrer fristgerechten Verwendung der Klägerin als Bauherrin und Auftraggeberin. Die Klägerin selbst hat den Fördermittelbescheid mit den Anlagen erhalten. Die Zeugin ###, damals Geschäftsführerin der Klägerin, hat bestätigt, sie habe die Anlage zum Fördermittelbescheid auch gelesen, Damit hatte die Klägerin als Bauherrin Kenntnis von den Regelungen der Ziff. 1.3. und 5.5. der Allgemeinen Nebenbestimmungen. Die Zeugin ### hat — in ihrer Eigenschaft als damalige Geschäftsführerin der Klägerin — auch die jeweiligen Mittelanforderungen unterschrieben. Sie hat bestätigt, dass die Abschlags- und Schlussrechnungen der Baufirmen zur Klägerin kamen und an den Streithelfer weitergeleitet wurden. Die Bezahlung der Rechnungen wurde nach Rechnungsprüfung durch die Klägerin veranlasst. Die Klägerin hatte auch die Kontoauszüge und konnte einschätzen, wie das jeweilige Verhältnis der bewilligten Fördermittel zu den verausgabten Geldern war. Zwar soll diese Kenntnis nach der Aussage der Zeugin ### auch beim Streithelfer vorhanden gewesen sein, hieraus ergibt sich jedoch keine Verpflichtung zur Kontrolle der fristgerechten Verwendung der Fördermittel durch die Beklagten.

3. Eine Vernehmung des Streithelfers ### als Zeugen war nicht veranlasst. Die Klägerin hat den Zeugen ### mit Schriftsatz vom 19.03.2007 als Beweis dafür benannt, dass es im Rahmen der Durchführung des Architektenvertrages, insbesondere Leistungsphase 8, zu den Aufgaben der Beklagten gehört habe, die Fördermittel abzurufen und diese zur Auszahlung an die jeweiligen Werkunternehmer freizugeben. Hierbei handelt es jedoch um eine Rechtsansicht, welche einem Zeugenbeweis nicht zugänglich ist. Für die von der Klägerin behauptete mündliche Vereinbarung zwischen ihrer damaligen Geschäftsführerin (der Zeugin ###) und dem Beklagten zu 2. hat die Klägerin als Beweis lediglich die Zeugin ### angeboten. Diesem Beweisangebot ist die Kammer nachgekommen.

4. Den Beklagten oblag gegenüber der Klägerin auch keine Hinweispflicht dahingehend, dass die abgerufenen Fördermittel nicht innerhalb der Zwei-Monats-Frist verwendet wurden, denn die Beklagten haben nicht die Verpflichtung übernommen, die fristgerechte Verwendung der Fördermittel zu kontrollieren. Diese Aufgabe oblag vielmehr der Klägerin als Bauherrin und Auftraggeberin.

5. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB a.F. § 635; HOAI § 15

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