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21.03.2007 · IWW-Abrufnummer 070970

Amtsgericht Marienberg: Urteil vom 04.08.2006 – 2 C 61/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


2 C 0061/06

AMTSGERICHT MARIENBERG
-Zivilgericht-

Verkündet am 04.08.2006

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In Sachen XXX

wegen Forderung

hat das Amtsgericht Marienberg
durch Richter am Amtsgericht XXX
mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO
für R E C H T erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.656,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.08.2005 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung der ihm als Antragsteller im selbständigen Beweisverfahren vor dem Amtsgericht Wildeshausen - Geschäftsnummer 4 H 9/04 (IV) entstandenen Kosten.

Das selbständige Beweisverfahren hatte der Kläger mit Antrag vom 02.07.2004 mit dem Ziel eingeleitet, durch schriftliches Sachverständigen-Gutachten feststellen zu lassen, dass das Getriebe des am 08.10.2002 bei der Beklagten erworbenen Pkw Citroen Picasso mangelhaft ist. Das im Rahmen dieses selbständigen Beweisverfahrens eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. . vom 24.11.2004 bestätigte die Mangelhaftigkeit des Getriebes in Form von Heulgeräuschen, die im dritten Gang auftreten. Es könne nicht von einem derzeitigen Stand der Technik ausgegangen werden, auch betriebsbedingter Verschleiß sei nicht ursächlich für die Geräuschentwicklung.

Im Anschluss an das selbständige Beweisverfahren ließ die Beklagte die festgestellten Mängel vollständig beseitigen. Der Kläger fordert nunmehr die Erstattung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens (Gerichtsgebühren, klägerseits verauslagte Sachverständigenkosten und Rechtsanwaltsgebühren).

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte sei kostentragungspflichtig, da sie sich zum Zeitpunkt der Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens mit der ihr obliegenden Mangelbeseitigung in Verzug befunden habe. Nachdem zunächst die Citroen-Niederlassung in erfolglose Nachbesserungsarbeiten an dem bei der Beklagten erworbenen Citroen Picasso durchgeführt habe, sei die Beklagte mit Schreiben des Klägervertreters vom 04.05.2004 und 11.06.2004 unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung aufgefordert worden. Dies habe die Beklagte jedoch abgelehnt bzw. die Mangelbeseitigung an für den Kläger unzumutbare Bedingungen geknüpft.

Der Kläger meint, die Beklagte sei insbesondere nicht berechtigt gewesen, zu verlangen, dass der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug zur Durchführung eines Nachbesserungsversuches - zunächst auf eigene Kosten - zur Werkstatt der Beklagten verbringt.

Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.656,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.08.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe sich zum Zeitpunkt der Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens nicht in Verzug befunden, sie habe durch ihr Verhaltendem Kläger keinen Anlass zur Einleitung dieses Beweisverfahrens gegeben. Sie habe vielmehr dem Kläger mit Schreiben vom 08.06.2004 mitgeteilt, dass sie zur Mangelbeseitigung bereit sei, falls anlässlich der Vorstellung des Fahrzeuges in ihrer Werkstatt ein Mangel am Getriebe festgestellt wird. Damit habe sich die Beklagte den Obliegenheiten eines Verkäufers im Rahmen der Nacherfüllung gemäß verhalten. Durch sein Verhalten habe der Kläger der Beklagten jedoch die Chance zur Nachbesserung vor Durchführung des Beweisverfahrens verwehrt.

Die Beklagte meint, es sei ihr nicht zuzumuten gewesen, sich an den Wohnort des Klägers zu begeben, dessen Fahrzeug aufzuladen und zur Werkstatt nach Marienberg zurückzufahren. Denn es unterliege der Entscheidungsbefugnis der Beklagten, wie die Nachbesserung durchzuführen ist, dies stehe nicht zur Disposition des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit Zustimmung beider Parteien (Kläger laut Schriftsatz vom 21.06.2006, Beklagte laut Schriftsatz vom 17.07.2006) hat das Gericht per Beschluss vom 18.07.2006 unter Aufhebung des anberaumten Verhandlungstermins vom 25.07.2006 die Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet, wobei der Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, auf Mittwoch, den 26.07.2006 bestimmt wurde und Verkündungstermin auf 04.08.2006 anberaumt wurde.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

1)
Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der für das selbständige Beweisverfahren am Amtsgericht Wildeshausen, Geschäftsnummer 4 H 9/04 (IV), angefallenen Kosten in Höhe von 1.656,82 EUR zu.

Die Beklagte, als Verkäufer des Pkw Citroen Picasso, ist gemäß § 439 Abs. 2 BGB verpflichtet, die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen zu tragen. Dazu gehört auch der erforderliche Aufwand zum Auffinden des Mangels bzw. seiner Ursache, einschließlich Sachverständigen-Gutachten und Rechtsanwaltskosten (vgl. Palandt BGB-Kommentar, 63. Auflage, § 439 Rdnr. 11 m.w.N.).

Bei den streitgegenständlichen, der Höhe nach unstreitigen Kosten des Beweisverfahren handelt es sich um erforderliche Aufwendungen des Klägers, die zum Zwecke der Nacherfüllung angefallen sind. Der Kläger durfte, ohne dabei eigene Obliegenheiten zu verletzen, zur Mangelfeststellung von der Möglichkeit des selbständigen Beweisverfahrens (§§ 485 ff ZPO) Gebrauch machen.

Das Verhalten der Beklagten vor Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens, insbesondere die beklagtenseits mit Schreiben vom 08.06. und 17.06.2004 unterbreiteten Vorschläge zur Verfahrensweise hinsichtlich der Prüfung und eventuellen Beseitigung des klägerseits behaupteten Mangels (Getriebeschaden) , entspricht nicht den Obliegenheiten des Verkäufers im Rahmen einer Nacherfüllung, ist demzufolge nicht geeignet, die Erforderlichkeit der Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens durch den Kläger zur Mangelfeststellung in Frage zu stellen.

Der an das Verhalten beider Parteien bei Auftreten eines Sachmangels anzusetzende Maßstab richtet sich nach § 439 BGB i.V.m. den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen laut Kfz-Kaufvertrag vom 04.09.2002, insbesondere Ziffer VII 2. der in den Kaufvertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten.

Danach konnte der Kläger seine Forderung auf Mängelbeseitigung bei der Beklagten (Verkäufer) oder bei anderen, vom Hersteller/Importeur anerkannten Betrieben geltend machen; im letzteren Fall ist der Verkäufer (Beklagte) hiervon zu unterrichten, Ziffer VII. 2. a) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die anfallenden Mangelbeseitigungskosten, insbesondere Transport-/Wegekosten usw., sind vom Verkäufer (Beklagte) zu tragen, § 439 Abs. 2 BGB.

Unter diesen Voraussetzungen war der Kläger nicht gehalten, dem Vorschlag der Beklagten laut Schreiben vom 08.06./17.06.2004 (Anlagen K 3, K 4) zu folgen und das Fahrzeug auf eigene Kosten nach Marienberg zur Beklagten zur Mangelprüfung zu verbringen. Dem Vorschlag der Beklagten zufolge hätte der Kläger die Prüfung "zum angeblichen Mangel" und die Beurteilung "ob tatsächlich ein Mangel im Sinne der Gewährleistung vorliegt" der Beklagten zu überlassen gehabt. Für den Fall der Mangelfeststellung wurde beklagtenseits in diesem Zusammenhang ein "Nachbesserungsversuch" zugesichert. "Sollte dies nicht der Fall sein, müssen sämtliche Kosten von Ihrem Mandanten getragen werden." (Schreiben der Beklagten vom 08.06.2004, Anlage K 3).

Dieser Vorschlag der Beklagten entspricht nicht dem vorgegebenen Verhaltensmaßstab bei Behauptung bzw. Vorliegen eines Sachmangels. Er erweist sich in mehrfacher Hinsicht als unzureichend und mithin ungeeignet, die Erforderlichkeit der Einschaltung eines neutralen Sachverständigen durch den Kläger in Frage zu stellen:

1.
Die Beklagte hätte den Kläger nicht darauf verweisen dürfen, dass es sich bei dem Vorschlag vom 08.06.2004 um "die einzige Möglichkeit" zur Mangelfeststellung und -beseitigung handelt (Schreiben der Beklagten vom 17.06.2004 - Anlage K 4). Denn laut Ziffer VII. 2. Buchstabe a der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Kaufvertrag vom 04.09.2002 hätte der Getriebeschaden auch von einer anderen anerkannten Citroenwerkstatt geprüft und festgestellt werden können. Insoweit wurde klägerseits mit Schreiben vom 11.06.2004 auf die Citroen-Vertragswerkstatt, in verwiesen (Anlage K 2), ohne dass beklagtenseits dieser Vorschlag aufgegriffen wurde.

2.
Der Diktion des Schreibens der Beklagten vom 08.06.2004 ist zu entnehmen, dass die Beklagte dem klägerseits behaupteten Mangel und der verlangten Mangelbeseitigung mit erheblichen Vorbehalten begegnete ("angeblicher Mangel", "ob tatsächlich ein Mangel im Sinne der Gewährleistung vorliegt", "Nachbesserungsversuch", "sämtliche Kosten von Ihrem Mandanten getragen werden"). Unter diesen Umständen war es dem Kläger nicht zuzumuten, unter erheblichem Kostenrisiko sich auf eigene Kosten zur Beklagten zu begeben; insbesondere im Hinblick auf die gesetzlich geregelte Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung, § 439 Abs. 2 BGB.

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass eine - deklaratorische - Bestätigung der Kostenübernahme im Falle der Mangelfeststellung, d.h. des berechtigten Nacherfüllungsverlangens, durch die Beklagte weder am 08.06.2004 (Anlage K 3) noch am 17.06.2004 (Anlage K 4) abgegeben wurde. Auch insoweit konnte der Kläger nicht auf eine reibungslose Nacherfüllung einschließlich Kostenerstattung vertrauen.

Die Frage, ob es der Beklagten zuzumuten gewesen wäre, sich auf die Behauptung des Mangels hin zum Wohnort des Klägers zu begeben, dessen Fahrzeug aufzuladen und zur Werkstatt der Beklagten zu transportieren, stellt sich unter den gegebenen Umständen nicht. Denn der Beklagten standen andere Möglichkeiten zur Verfügung, um eine kostensparende Mangelfeststellung in die Wege zu leiten (z.B. Verbindungsaufnahme mit der Citroen-Werkstatt welche die Mangelfeststellung hätte durchführen können oder Überweisung eines Kostenvorschusses hinsichtlich der anfallenden Fahrtkosten zur Werkstatt der Beklagten in Marienberg an den Kläger).

Dass der Kläger im vorliegenden Fall den Weg der Feststellung des Getriebeschadens durch einen unabhängigen Gutachter im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens wählte, erweist sich als sachgerecht und mithin im Sinne von § 439 Abs. 2 BGB als erforderlicher Aufwand zum Zwecke der Mangelfeststellung.

2)
Die Zinsforderung des Klägers ist gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

RechtsgebietKaufrechtVorschriften§ 439 II BGB

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