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21.02.2007 · IWW-Abrufnummer 070603

Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 17.01.2007 – 14 U 262/05

1. Für Ansprüche aus Verträgen, die vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden sind und nach altem Recht unter § 196 Abs. 1 BGB fielen, gilt die zweijährige Verjährungsfrist und nicht die längere des neuen Rechts.


2. Ein Architekt ist grundsätzlich nicht bevollmächtigt, als Vertreter des Bauherrn gegenüber dem Bauunternehmer insbesondere umfangreiche Schlussrechnungen rechtswirksam anzuerkennen.


Oberlandesgericht Celle

Im Namen des Volkes

Schlussurteil

14 U 262/05
Verkündet am 17. Januar 2007

In dem Rechtsstreit XXX

hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2006 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht König, die Richterin am Oberlandesgericht Apel und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Wessel für Recht erkannt:

Das Teilversäumnisurteil des Senats vom 13. Juni 2006 wird aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 17. November 2005
abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 30. Mai 2006 veranlassten Kosten; diese haben die Beklagten zu tragen.

Die Kosten der Nebenintervention werden dem Streithelfer der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahren: 7.425,06 ?.

G r ü n d e (abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO):

Die Berufung hat insgesamt Erfolg.

1. Der zulässige Einspruch der Beklagten vom 24. Juli 2006 (Bl. 234 d. A.) gegen das - auf die Säumnis der Beklagten im Termin vor dem Senat vom 30. Mai 2006 (Bl. 214 d. A.) erlassene - Teilversäumnisurteil des Senats vom 30. Juni 2006 (Bl. 224 d. A.) ist begründet; denn der Klageanspruch ist verjährt und entsprechend die Klage unbegründet. Das Teilversäumnisurteil war damit gemäß § 343 S. 2 ZPO aufzuheben und auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt - soweit sie nach der (weiteren) Teilrücknahme im Berufungsverfahren (Bl. 182 d. A.) noch anhängig gewesen ist - abzuweisen.

2. Der Klageanspruch ist verjährt.

Nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EGBGB finden die Vorschriften des BGB über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung; der Beginn, die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung bestimmen sich jedoch für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 nach dem BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung. Für den Bauleistungsauftrag zwischen den Parteien vom 1. Juli 1997 (Anlage K 1, Bl. 4 d. A.), aus dem die Klägerin ihre Forderung herleitet, begann demnach die Verjährung gemäß §§ 196 Abs. 1 Nr. 1, 198, 201 BGB a.F. mit dem Schluss des Jahres 1998. Denn die Klägerin hat ihre Schlussrechnung am 18. März 1998 vorgelegt (vgl. Anlage K 9, Bl. 80 d. A.). Danach war ihr Anspruch auf Schlusszahlung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B - die insoweit dem Bauleistungsauftrag zugrunde lag - fällig und entsprechend der Klageanspruch entstanden (vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 198, Rdnr. 1 m. w. N.). Im Anschluss verhandelten die Parteien "über mehrere Jahre" (vgl. Seite 3 der Klageschrift, Bl. 3 d. A.) über die Forderung aus der Schlussrechnung. Diese Verhandlungen - deren Begriff i. S. des Verjährungsrechts weit auszulegen ist (vgl. nur zuletzt BGH, Urt. vom 26. Oktober 2006, VII ZR 194/05, juris) - begannen spätestens im Jahre 2000 (vgl. LGU 3 sowie Seiten 3 f. des Schriftsatzes der Klägerin vom 4. April 2005, Bl. 46 f. d. A. und S. 6 des Schriftsatzes der Klägerin vom 24. April 2006, Bl. 187 d. A.). Gemäß §§ 202, 205 BGB a.F. bzw. entsprechend § 203 BGB n.F. war für den Zeitraum der Verhandlungen die Verjährung gehemmt.

Nach dem Vortrag der Klägerin (Seite 7 des Schriftsatzes vom 24. April 2006, Bl. 188 d. A.) wusste sie aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 23. Juni 2002 (Anlage K 11, Bl. 191 d. A.), dass diese nicht zahlen konnten bzw. allenfalls monatliche Raten in Höhe von 500 DM künftig entrichten wollten. Die Klägerin hat daraufhin mit dem - gleichfalls von ihr vorgelegten - Schreiben vom 1. Juli 2002 (Anlage K 12, Bl. 192 d. A.) reagiert und durch ihren Streithelfer mitteilen lassen, dass die Beklagten ab dem 1. August 2002 mit einer Ratenzahlung in Höhe von monatlich 501,55 ? beginnen sollten. Sie hat eine Frist für die Zahlung der ersten Rate bis zum 3. August 2002 gesetzt und für den Fall der Nichtzahlung bis zu diesem Tag ohne weitere Mahnung die Klageerhebung angedroht. Damit hat sie in die von den Beklagten initiierte Ratenzahlungsvereinbarung, mit der der jeweilige Eintritt der Fälligkeit entsprechend herausgeschoben werden sollte, modifiziert eingewilligt. Dies bedingte eine Hemmung i. S. von § 202 BGB a. F. (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 202, Rdnr. 4) bis zum 3. August 2002, mit dessen Ablauf die Verhandlungen spätestens gescheitert waren.

Nach Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB ist auf die Verjährungsfrist das Recht nach dem BGB in der bis zu dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, weil die seinerzeitige Verjährungsfrist kürzer - nämlich nur zwei Jahre - war als die nunmehr gemäß § 195 BGB geltende dreijährige Frist. Denn für Ansprüche aus Verträgen, die vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden sind und nach altem Recht unter § 196 Abs. 1 BGB fielen, gilt die zweijährige Verjährungsfrist und nicht die längere des neuen Rechts (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB, Rdnr. 5). Demnach lief die Verjährungsfrist (wieder) ab dem 4. August 2002, weil die Verjährung für die unter § 196 BGB a. F. fallenden Ansprüche vom Beginn des nächsten Tages nach Ablauf der Hemmung weiterläuft (vgl. Palandt/Heinrichs, 60. Aufl., § 201, Rdnr. 1; § 205, Rdnr. 1, je m. w. N.).

Der Anspruch der Klägerin verjährte demnach gemäß §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB a. F. mit Ablauf des 3. August 2004 (und bei ggf. späterem Verhandlungsbeginn sogar noch früher). Die Klägerin hat jedoch entgegen ihrer Ankündigung, unmittelbar nach ergebnislosem Verstreichen der bis zum 3. August 2002 gesetzten Frist Klage zu erheben, sich innerhalb der nächsten zwei Jahre nicht weiter um die Angelegenheit gekümmert. Die Klageschrift ist erst nach Eintritt der Verjährung am 23. Dezember 2004 eingereicht worden (Bl. 1 d. A.). Andere verjährungshemmende oder verjährungsunterbrechende Tatbestände nach dem 3. August 2002 sind nicht ersichtlich. Insoweit kann dahinstehen, ob in dem Schreiben der Beklagten vom 23. Juni 2002 (K 11, Bl. 191 d. A.) ein verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis lag, weil auch dann Verjährung eingetreten wäre mit Ablauf des 3. August 2004.

3. Den Beklagten ist es nicht verwehrt, sich auf die Verjährung zu berufen. Dies ist nicht treuwidrig, wie die Klägerin meint.

Denn selbst wenn die Beklagten die Klägerin über eine angebliche Hinterlegung der Restforderung bei dem Rechtsanwalt Peitz getäuscht haben sollten, wie die Klägerin behauptet, wusste sie spätestens seit Mitte 2002 aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 23. Juni 2002 sowie durch eigene Erkundigungen ihres Streithelfers, dass das Anderkonto über 16.000 DM nicht bestand bzw. ohne Guthaben war (vgl. S. 4 des Schriftsatzes der Klägerin vom 4. April 2005, Bl. 47 d. A.). Soweit sich die Klägerin also bis Mitte 2002 auf diese behaupteten Zusagen der Beklagten verlassen hat, bestand bei ihr jedenfalls nach dem 23. Juni 2002 kein entsprechendes Vertrauen mehr. Sie hätte es danach selbst in der Hand gehabt, ihre Forderung - wie auch in ihrem Schreiben vom 1. Juli 2002 angekündigt (Bl. 192 d. A.) - fristgerecht in unverjährter Zeit durchzusetzen. Dass sie dies nicht getan hat, ist jedenfalls nicht den Beklagten anzulasten.

4. Im Hinblick auf die weiteren Erwägungen im angefochtenen Urteil, aufgrund derer das Landgericht die Klage weitgehend für begründet gehalten hat, weist der Senat klarstellend darauf hin, dass ein Architekt grundsätzlich nicht bevollmächtigt ist, als Vertreter des Bauherrn gegenüber dem Bauunternehmer insbesondere umfangreiche Schlussrechnungen rechtswirksam anzuerkennen. Ein Architekt als bevollmächtigter Vertreter des Bauherrn hat auch dann, wenn die Vollmacht nicht ausdrücklich auf bestimmte Handlungen beschränkt ist, nicht ohne weiteres unbegrenzte rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht in allen mit dem Bau zusammenhängen Fragen. Stattdessen ist der Vertrag hinsichtlich der Reichweite der Vertretungsmacht zum Schutz des Bauherrn, den eine uneingeschränkte Vollmacht des Architekten zu sehr belasten würde, eng auszulegen, weshalb der Architekt als unmittelbarer Vertreter des Bauherrn in dessen Beziehung zum Bauhandwerker ohne weiteres keine Befugnis hat, den Bauherrn durch Anerkennung umfangreicher Schlussrechnungen zu verpflichten. Eine derartige Vertretungsmacht kann nur angenommen werden, wenn sich ein dahingehender Wille des Bauherrn aus seiner Erklärung oder den Umständen zweifelsfrei feststellen lässt (vgl. BGH NJW 1978, 995 [juris-Rdn. 21 f.]; grundlegend schon BGH, NJW 1960, 859).

Ebenfalls geht die Auffassung des Landgerichts fehl, die Mängelrügen der Beklagten seien wesentlich ohne Substanz bzw. nicht einlassungsfähig (LGU 4). Es ist nicht Aufgabe des Bauherrn, darzulegen, worauf die behaupteten Baumängel zurückgehen. Es genügt, wenn der Besteller der Bauleistung die Symptome vorträgt, aus denen er die Mangelhaftigkeit des Werkes herleitet. Das gilt auch bei Mängeln der Architektenwerks (vgl. BGHZ 136, 342 = NJW 1998, 135; BGH NJW-RR 1997, 1376; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl., Einl., Rdn. 89 ff.).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 (2. Alt.), 269 Abs. 3 S. 2, 344 ZPO. Die Kosten des Streithelfers waren nicht der Klägerin aufzuerlegen, da zwischen ihr und dem Streithelfer kein Prozessrechtsverhältnis besteht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision i. S. von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Bei der Streitwertfestsetzung war zu berücksichtigen, dass die Klagerücknahme in Höhe von 2.601,43 ? (Schriftsatz vom 26. April 2006, Bl. 171 d. A.) erst durch die

Einwilligung der Beklagten innerhalb der mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2006 wirksam geworden ist (Bl. 270 d. A.).

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB a.F. § 187 Abs. 2, §§ 188, 196 Abs. 1 Nr. 1, §§ 198, 201, 202, 205; BGB n.F. § 203

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