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01.02.2007 · IWW-Abrufnummer 070363

Verwaltungsgericht Weimar: Urteil vom 27.09.2006 – 6 K 5509/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


6 K 5509/04

VERWALTUNGSGERICHT WEIMAR

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verwaltungsstreitverfahren XXX

wegen Kommunaler Steuern,

hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Weimar durch XXX

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2006 für Recht erkannt:

Der Bescheid der Beklagten über die Festsetzung einer Zweitwohnungssteuer vom 30. Januar 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2004 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens zu je ½.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

T a t b e s t a n d

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer.

Der Kläger studierte im Besteuerungszeitraum in Weimar. Er wohnte in dieser Zeit bei seinen Eltern außerhalb und war dort mit seiner Hauptwohnung gemeldet. In Weimar hatte er ein Studentenzimmer in einer Wohngemeinschaft. Mit Bescheid vom 30. Januar 2004 zog ihn die Beklagte für das Jahr 2004 zur Zweitwohnungssteuer i. H. v. 169,00 ? heran. Den hiergegen mit Schreiben vom 14. Februar 2004 erhobenen Widerspruch wies das Thüringer Landesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2004 zurück.

Am 16. Juli 2004 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, der Steuertatbestand des Innehabens einer Zweitwohnung sei nicht erfüllt, da er nur ein Studentenzimmer in einer Wohngemeinschaft und damit keine abgeschlossene Wohnung bewohne. Die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer von Empfängern von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, sog. BAFöG?Empfängern, sei unzulässig, da die Steuer in die Berechnung des Ausbildungsbedarfs nicht mit eingerechnet worden sei. Der steuerliche Lenkungszweck, die Betroffenen zur Hauptwohnsitznahme am Studienort zu veranlassen, verstoße gegen das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Grundgesetz - GG -. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes im Verfahren 1 BvR 1232/00, in dem es die Erhebung einer Zweitwohnsitzsteuer wegen Verstoßes gegen Art. 6 GG für verfassungswidrig erklärt habe, sei auch auf den vorliegenden Fall anwendbar.

Mit Änderungsbescheid vom 3. August 2004 hat die Beklagte die Steuer auf 84,50 ? ermäßigt. In dem Bescheid ist nicht mehr das ganze Jahr, sondern lediglich noch ein Besteuerungszeitraum vom 1. Januar 2004 bis zum 30. Juni 2004 zugrunde gelegt worden.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich:

Der Bescheid der Beklagten über die Festsetzung einer Zweitwohnungssteuer vom 30. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2004 wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, der der Satzung zugrunde liegende Zweitwohnungsbegriff setze keine Abgeschlossenheit der Wohnung voraus. Die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegte Behördenakte (1 gelbe Heftung), ferner auf die im Verfahren 6 E 6053/04.We vorgelegten Satzungsunterlagen (1 roter Hefter) Bezug genommen. Alle Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Soweit die Beklagte die im angefochtenen Bescheid vom 30. Januar 2004 festgesetzte Zweitwohnungssteuer mit Änderungsbescheid vom 3. August 2004 herabgesetzt hat, ist die Klage, über die das Gericht trotz des Nichterscheinens des Klägers zur mündlichen Verhandlung entscheiden konnte, da er in der Ladung auf diesen Umstand hingewiesen wurde (siehe § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), wegen des weggefallenen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Soweit die Klage die aufrechterhaltene Steuerforderung betrifft, ist sie zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Januar 2004 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 3. August 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2004 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für den Bescheid ist die Satzung der Beklagten zur Erhebung einer Zweitwohnungssteuer vom 25. April 2001 (rathauskurier Nr. 12 vom 6. Juni 2001) ? im Folgenden:
ZwWoStS -. Ob diese Satzung formell wirksam ist, insbesondere in einem ordnungsgemäßen Bekanntmachungsorgan bekanntgemacht wurde, kann dahinstehen (ablehnend VG Weimar, Beschluss vom 17. Juni 2003 ? 6 E 788/03.We -; a. A. ThürOVG, Hinweisbeschluss vom 1. August 2003 - 4 EO 702/03 - und Beschluss vom 27. November 2003 - 4 ZEO 513/99). Denn die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer von Studierenden, die, wie der Kläger, noch bei ihren Eltern wohnen und dort mit Hauptwohnsitz gemeldet sind, ist nach der Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Weimar jedenfalls aus anderen Gründen unzulässig.

Der Kläger unterliegt nicht der Steuerpflicht. Gegenstand der Besteuerung nach § 2 Abs. 1 ZwWoStS ist das Innehaben einer Zweitwohnung. Zweitwohnung ist gemäß § 2 Abs. 2 ZwWoStS nur eine solche Wohnung, über die jemand neben seiner Hauptwohnung als Nebenwohnung im Sinne des Thüringer Meldegesetzes verfügen kann. Durch das Merkmal ?neben seiner Hauptwohnung verfügen kann? bringt der Satzungsgeber zum Ausdruck, dass die Verfügungsbefugnis des Steuerpflichtigen hinsichtlich beider Wohnungen, also sowohl hinsichtlich der Haupt? als auch der Nebenwohnung gegeben sein muss (zum Erfordernis des Innehabens auch der Hauptwohnung vgl. auch BVerfG, Entscheidung vom 6. Dezember 1983 ? 2 BvR 1275/79 -, zitiert nach Juris Rdnr. 75 und Benne, Weiterentwicklung und Rechtsprechung zur Zweitwohnungssteuer, ZKF 1991, 266, 267; zum Erfordernis der tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsbefugnis OVG NW, Urteil vom 23. April 1993 ? 22 A 3850/92 -, NVwZ?RR 1994, 43, 46; wohl auch NdsOVG, Urteil vom 17. Juli 1985 ? A 167/84 -, ZKF 1986, 134, 135).

Der Kläger ist weder tatsächlich noch rechtlich befugt, über die von ihm mitbewohnte Wohnung seiner Eltern zu verfügen. Die Kammer hat hierzu in einem Fall, in dem das lediglich am Wochenende zu Besuchszwecken genutzte ehemalige Kinderzimmer in der Wohnung der Eltern als Nebenwohnung besteuert worden war (Beschluss vom 15. September 2005 - 6 E 971/05 We -) in Bezug auf das Merkmal des ?Innehabens? dieser Zweitwohnung bereits ausgeführt:

?Der Antragsteller ist weder tatsächlich noch rechtlich befugt, über sein ehemaliges Kinderzimmer in der Wohnung seiner Eltern (sowie die dortige Küche, Waschgelegenheit und Toilette, vgl. § 2 Abs. 4 ZwStSErf) uneingeschränkt zu verfügen. In den sogenannten ?Besucherfällen?, in denen, wie hier, das volljährige Kind einen auswärtigen Hauptwohnsitz hat, und nur vorübergehend, z. B. am Wochenende, in die Wohnung der Eltern zurückkehrt und dort unentgeltlich sein früheres Kinderzimmer wieder bewohnt, ist das Zimmer lediglich als unselbständiger, der elterlichen Wohnung angegliederter Bestandteil zu betrachten. Nicht das besuchsweise zurückkehrende Kind, sondern die Eltern haben in diesen Fällen die volle tatsächliche und rechtliche Verfügungsgewalt über das Zimmer. Den Kindern wird lediglich wie einem Gast Unterkunft im elterlichen Haushalt gewährt. Sie haben schon tatsächlich kaum eine Möglichkeit, über die Verwendung des Zimmers, in dem sie sich innerhalb der Woche gar nicht aufhalten, selbst zu bestimmen. Es fehlt ihnen aber auch die rechtliche Befugnis, da sie weder Eigentümer (§ 903 BGB), noch etwa Mieter (§ 535 Abs. 1 BGB) oder Pächter (§ 581 Abs. 1 BGB) des Zimmers sind (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 5. Dezember 2002 ? 16 K 3699/01 -, KStZ 2003, 213, 215 mit Anmerkung von Meyer, Erhebungsdefizit bei der Zweitwohnungssteuer, KStZ 2003, 201, 202; vgl. auch FG Berlin, Urteil vom 16. Dezember 2002 ? 8 K 8353/01 -, zitiert nach JURIS, Rdnr. 30, zum ?eigenen Hausstand? beim Werbungskostenabzug im Einkommenssteuerrecht, hier: doppelte Haushaltsführung).?

Hieran wird auch im vorliegenden Fall festgehalten. Die Verfügungsbefugnis an einer Wohnung steht regelmäßig nur dem Eigentümer oder Besitzer der Wohnung zu. Studierende, die bei den Eltern wohnen, sind regelmäßig nicht Eigentümer der Wohnung. Auch ein Besitzrecht, aufgrund dessen sie über die Wohnung verfügen könnten, ist nicht anzunehmen. Das ist in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt. Kindern sind Räume der elterlichen Wohnung durchweg nicht zu selbständigem Gebrauch überlassen. Sie haben deshalb in der elterlichen Wohnung regelmäßig keinen Mit? oder Teilbesitz daran, sie sind lediglich Besitzdiener (§ 855 BGB; KG Berlin, Entscheidung vom 26. Oktober 1993 ? 1 W 6068/93 -, zitiert nach JURIS Rdnr. 5; LG Lüneburg, Entscheidung vom 12. Februar 1998 ? 1 S 244/97 -, NJW?RR 1998, 662). Dies gilt nicht nur für minderjährige, sondern - wenn auch mit eigener Haushaltsführung - auch für erwachsene Kinder, die weiterhin in der elterlichen Wohnung in dem ihnen zugewiesenen Zimmer wohnen und Gemeinschaftseinrichtungen wie Küche und Bad etc. mitbenutzen (OLG Hamburg, Entscheidung vom 6. Dezember 1999 ? 6 W 73/90 -, zitiert nach JURIS Rdnr. 3; unter verfassungsgerichtlichen Gesichtspunkten bestätigt von BVerfG, Entscheidung vom 16. Januar 1991 ? 1 BvR 59/91 -, zitiert nach JURIS Rdnr. 4; vgl auch KG Berlin, Entscheidung vom 26. Oktober 1993 ? 1 W 6068/93 -, zitiert nach JURIS Rdnr. 5 -; Meier/Juhre, Aktuelle Problemfragen im Zusammenhang mit der Zweitwohnungssteuer bei Studierenden, KStZ 2005, 46, 48 und KStZ 2005, 167, 169). Ausnahmen können allenfalls aufgrund besonderer Umstände in Erwägung gezogen werden, etwa bei abgeschlossenem Lebensbereich, eigenem Hausstand oder Mietzahlung (vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 21. Auflage, § 885, Rdnr. 7). Dafür ist hier aber nichts ersichtlich. Damit ist eine Steuerpflicht für Studierende, die ihren Hauptwohnsitz als Zimmer in der elterlichen Wohnung haben, nicht gegeben (im Ergebnis ähnlich OVG S.-H., Urteil vom 20. März 2002 ? 2 L 136/00 -, zitiert nach JURIS; VG Lüneburg, Urteil vom 2. Januar 2004 ? 5 A 118/04 -, zitiert nach JURIS; zustimmend für den Fall, dass sich das Erfordernis der Verfügungsbefugnis auch für die Hauptwohnung aus der Satzung ergibt Meier/Juhre, Aktuelle Problemfragen im Zusammenhang mit der Zweitwohnungssteuer bei Studierenden, KStZ 2005, 46, 48 und KStZ 2005, 167, 169).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da das Rechtsschutzbedürfnis i. H. d. Hälfte der Steuerforderung entfallen ist, war es angemessen, den Kläger zur Hälfte an der Kostentragung zu beteiligen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung zum Thüringer Oberverwaltungsgericht war nicht zuzulassen, da ein Grund für die Zulassung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO i.V.m. § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht vorlag.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g XXX

B e s c h l u s s

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 169,00 ? festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g XXX

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