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06.03.2007 · IWW-Abrufnummer 063241

Oberlandesgericht Bamberg: Urteil vom 09.02.2006 – 1 U 175/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


1 U 175/05
21 O 75/05 Landgericht Bayreuth

Oberlandesgericht Bamberg

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

in dem Rechtsstreit XXX

wegen Forderung

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg hat unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts und der Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2006

für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Bayreuth vom 14.07.2005 ? Az. 21 O 75/05 ? abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, die mit Schreiben des Insolvenzverwalters vom 07.04.2003 gekündigte Lebensversicherung Nr. xx gegenüber der Klägerin zum Stichtag 01.05.2003 abzurechnen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin den sich aus der Abrechnung in Ziff. 1 ergebenden Betrag zuzüglich Jahreszinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 18.02.2005 zu zahlen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 10 %, die Beklagte 90 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

G r ü n d e:

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche der Klägerin aus einem Lebensversicherungsvertrag.

Die am 00.00.1962 geborene Klägerin war seit 01.08.1986 bei der Firma xxxx beschäftigt, die für ihre Mitarbeiterin bei der Beklagten eine Lebensversicherung in der Form einer Direktversicherung, Versicherungsbeginn 01.01.1992, abschloss.

Unter im Einzelnen näher bezeichneten Vorbehalten des Arbeitgebers wurde der Klägerin eine ?unwiderrufliche? Bezugsberechtigung eingeräumt.

Vereinbart war u.a. auch das jederzeitige Kündigungsrecht durch den Versicherungsnehmer mit der Folge der Auszahlung des Rückkaufswertes.

Im Jahr 1997 übernahm der neue Firmeninhaber den Betrieb der Fa. .

Die Klägerin erhielt die Zusage einer betrieblichen Altersversorgung in Form der abgeschlossenen Direktversicherung sowohl vom ehemaligen als auch vom neuen Firmeninhaber.

Zur Sicherung eines der Klägerin von der Bank X gewährten Darlehens unterzeichneten der Firmeninhaber und die Klägerin am 20.12.2001 eine Abtretungserklärung zugunsten des Kreditinstituts betreffend Ansprüche aus der Lebensversicherung in Höhe von 3.130,-- Euro.

Die Abtretungsvereinbarung enthält u.a. folgende Regelungen
unter Ziff. 2.2:
Die Abtretung umfasst ? das Recht auf Kündigung des Vertrags und die Auszahlung des Rückkaufswertes; ?
unter Ziff. 3.1:
Der Versicherungsgeber widerruft für die Dauer der Abtretung eine etwa bestehende Bezugsberechtigung, soweit sie den Rechten der Bank entgegensteht. ? Wenn die Bank die abgetretenen Versicherungsansprüche freigibt, kann die Bezugsberechtigung ungehindert durch die Abtretung wieder geltend gemacht werden.

Die Beklagte bestätigte die Abtretung mit Schreiben vom 16.01.2002.

Nach Rückführung des Darlehens durch die Klägerin bestätigte die Bank X mit Schreiben vom 22.09.2003 die Freigabe der Sicherheit.

Bereits sieben Monate zuvor, nämlich am 28.02.2003, wurde über das Vermögen des Firmeninhabers bei dem Amtsgericht Hof das Insolvenzverfahren eröffnet (Az: IN 59/03), das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete insolvenzbedingt zum 30.09.2003.

Der zum Insolvenzverwalter bestellte forderte die Beklagte mit Schreiben vom 07.04.2003 zur Auszahlung des Rückkaufswertes aus der Lebensversicherung auf.

Diesem Begehren kam die Beklagte nach und zahlte an den Insolvenzverwalter den Rückkaufswert zuzüglich Überschussanteile sowie abzüglich rückständiger Beiträge und Steuern in Höhe von insgesamt 6.476,19 Euro.

Dem Verlangen der Klägerin, den ausbezahlten Betrag an sie weiterzuleiten, kam der Insolvenzverwalter nicht nach, überließ ihr jedoch mit Schreiben vom 17.06.2004 seine Rechtsstellung als Versicherungsnehmer.

Mit Schreiben vom 23.06.2004 leitete die Klägerin die Erklärung des Insolvenzverwalters an die Beklagte weiter und kündigte ihrerseits den Versicherungsvertrag.

Die Klägerin fordert nun die Abrechnung der Lebensversicherung und Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, den sich aus der Abrechnung ergebenden Betrag an sie auszuzahlen.

Die Klägerin hält ihren Anspruch schon deshalb für begründet, weil sie aufgrund ihrer Betriebszugehörigkeit eine unverfallbare Anwartschaft auf die Direktversicherung erworben habe.

Die Abtretung an die Bank X sei mit Darlehenstilgung und Freigabe der Sicherheit im September 2003 gegenstandslos geworden.

Während der Dauer der Abtretung sei nicht der Insolvenzverwalter, sondern allenfalls die Bank X einziehungsbefugt gewesen.

Nach der Freigabe durch die Bank X sei das unwiderrufliche Bezugsrecht der Klägerin wieder aufgelebt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1. die Beklagte dazu zu verurteilen, die von der Klägerin zum 31.12.2004 gekündigte Lebensversicherung Nr. x auf diesen Zeitpunkt abzurechnen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den sich aus der Abrechnung in Ziffer I des Klageantrags ergebenden Betrag zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Klägerin habe zwar eine unverfallbare Anwartschaft auf die Direktversicherung erworben, mit der Abtretung an die Bank X sei die Bezugsberechtigung der Klägerin allerdings widerrufen worden, so dass sie so zu stellen sei, als habe sie noch keine unwiderruflichen Anwartschaften erworben. Deshalb habe der Insolvenzverwalter den Versicherungsvertrag kündigen und eine Auszahlung fordern können. Dies ergebe sich insbesondere aus §§ 166 Abs. 2, 51 InsO.

Die Beklagte hat dem Insolvenzverwalter mit Schriftsatz vom 14.06.2005 den Streit verkündet, dieser ist dem Rechtsstreit jedoch nicht beigetreten.

Das Landgericht Bayreuth hat mit Endurteil vom 14.07.2005 der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Versicherungsverhältnis nicht schon zum 01.05.2003 beendet worden sei, da der Insolvenzverwalter nicht kündigungsberechtigt gewesen sei.

Zwar handele es sich bei Ansprüchen aus Versicherungsverträgen grundsätzlich um Forderungen i.S. von § 166 Abs. 2 InsO, dennoch habe der Insolvenzverwalter den Rückkaufswert der Lebensversicherung nicht zur Masse ziehen können. Dem stehe der Inhalt des Abtretungsvertrages entgegen.

Mit der Abtretung an die Bank X sei auch das Kündigungsrecht an den Zessionar abgetreten worden, so dass zum Zeitpunkt März 2003 allein die Hausbank der Klägerin über den Versicherungsvertrag habe verfügen dürfen.

Im Übrigen folge aus dem in der Abtretungsvereinbarung mit der Bank erklärten Widerruf der unwiderruflichen Bezugsberechtigung ohnehin nicht, dass der Arbeitgeber bzw. der Insolvenzverwalter wieder frei und schrankenlos über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu Lasten der Klägerin habe verfügen können. Der Widerruf sei vielmehr nur deshalb erforderlich gewesen, um die Ansprüche aus der Lebensversicherung wirksam an die Bank abtreten zu können.

Nach der mit Schreiben des Insolvenzverwalters vom 17.06.2004 vorgenommenen Übertragung der Rechtsstellung des Versicherungsnehmers auf die Klägerin habe diese den Lebensversicherungsvertrag wirksam kündigen können.

Zum Zeitpunkt der klägerischen Kündigungserklärung hätten sowohl die Voraussetzungen einer unverfallbaren Anwartschaft i.S. von § 1b Abs. 1 i.V.m. § 30 f. S. 1 BetrAVG als auch die Voraussetzungen eines Arbeitgeberverlangens i.S. von § 2 Abs. 2 S. 2 BetrAVG vorgelegen. Jedenfalls sei das entsprechende Verlangen des Insolvenzverwalters durch die Klägerin an die Beklagte weitergeleitet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der Entscheidungsgründe erster Instanz wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 31 ? 38 d.A.) Bezug genommen.

Gegen das ihr am 22.07.2005 zugestellte Endurteil des Landgerichts Bayreuth hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.08.2005, eingegangen am 19.08.2005, Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach antragsgemäß gewährter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit weiterem Schriftsatz vom 21.10.2005, eingegangen am selben Tag, begründet.

Selbst wenn man der Argumentation des Landgerichts folge, so die Beklagte, könne die Klägerin allenfalls Wiederherstellung der Lebensversicherung, nicht aber Auszahlung des Rückzahlungswertes verlangen. Ein Zahlungsanspruch bestehe nämlich erst bei Eintritt eines Versicherungsfalles.

Die Beklagte hält abweichend von der erstgerichtlichen Auffassung die Vorschrift des § 166 Abs. 2 InsO für anwendbar, zumal ?Sicherungsgeber? die Fa. als Arbeitgeberin gewesen sei. Der Insolvenzverwalter habe damit diese abgetretenen Rechte einziehen dürfen.

Die Klägerin habe dagegen keine Befugnis zur Kündigung gehabt, da sie nicht Versicherungsnehmerin geworden sei.

Die Dreimonatsfrist des § 2 Abs. 2 S. 3 BetrAVG sei nämlich nicht eingehalten worden. Da es sich insoweit um eine Ausschlussfrist handele, sei auch eine Rüge der Nichteinhaltung dieser Frist durch die Beklagte nicht erforderlich.

Selbst wenn man von einem Wechsel auf Versicherungsnehmerseite ausgehen sollte, so hätten in diesem Fall auch die Verfügungsverbote des § 2 Abs. 2 S. 4 ? 6 BetrAVG beachtet werden müssen.

Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat zuletzt Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe folgender Anträge begehrt:
1. die Beklagte wird verurteilt, die mit Schreiben des Insolvenzverwalters vom 07.04.2003 gekündigte Lebensversicherung gegenüber der Klägerin zum Stichtag 01.05.2003 abzurechnen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin den sich aus der Abrechnung in Ziffer 1 ergebenden Betrag zuzüglich Jahreszinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 18.02.2005 zu zahlen.

Die weitergehende Klage hat die Klägerin mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf die Gründe der gerichtlichen Entscheidung und wiederholt ihre bereits erstinstanzlich dargelegte Auffassung, wonach § 166 Abs. 2 InsO schon deshalb nicht anwendbar sei, weil mit der Abtretung an die Bank X keine Forderung der Zessionarin gegen die Firma gesichert worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 09.02.2006 Bezug genommen.

II.

Auf die zulässige Berufung der Beklagten war das angefochtene Ersturteil lediglich im Umfang der von der Klägerin im zweiten Rechtszug erklärten Teilklagerücknahme abzuändern, im Übrigen hatte sie in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Soweit der Tenor in Ziff. I. 2. vom Tenor des Ersturteils in Ziff. II abweicht, handelt es sich im Wesentlichen um eine im Berufungsverfahren vorzunehmende Korrektur einer offenbaren Unrichtigkeit im Tenor des Ersturteils (§ 319 Abs. 1 ZPO), da aus den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung zweifelsfrei hervorgeht, dass das Landgericht den Klageantrag in der zuletzt gestellten Fassung (Seite 3 der Urteilsgründe) für begründet erachtet hat.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Abrechnung und Auszahlung des Rückkaufswertes der gekündigten Lebensversicherung zum Stichtag 01.05.2003.

1. Bei der streitgegenständlichen Lebensversicherung handelt es sich um eine betriebliche Altersversorgung in Form der Direktversicherung nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG).

Unstreitig waren die Anwartschaften der Klägerin aus der streitgegenständlichen Lebensversicherung zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Firmeninhabers am 28.02.2003 unverfallbar im Sinne von § 1b BetrAVG.

2. Durch die wirksame Kündigung des Insolvenzverwalters ist das Versicherungsverhältnis zum 01.05.2003 beendet worden.

Die Kündigungserklärung liegt in der im Schreiben des Insolvenzverwalters vom 07.04.2003 enthaltenen Aufforderung gegenüber der Beklagten, den Rückkaufswert an ihn auszukehren.

Ein Versicherungsnehmer bleibt nämlich auch dann zur Kündigung berechtigt, wenn er gemäß § 166 VVG unwiderruflich einen Dritten als Bezugsberechtigten benannt hat (BGH VersR 1992, 1382).

Ist - wie vorliegend - der Versicherungsnehmer in Insolvenz gefallen, so ist der Insolvenzverwalter berechtigt, dieses Kündigungsrecht auszuüben, § 80 Abs. 1 InsO. In Ausübung dieses Rechts hat der Insolvenzverwalter auch die sofortige Beendigung des Versicherungsverhältnisses zum 01.05.2003 begehrt bzw. mit der Beklagten vereinbart.

Der Wirksamkeit der Kündigung seitens des Insolvenzverwalters steht auch nicht die Vereinbarung unter Ziffer 2.2 der Abtretungsvereinbarung mit der Bank X entgegen.

Der entsprechenden Vereinbarung lässt sich ohnehin nicht zweifelsfrei entnehmen, ob damit das alleinige Kündigungsrecht auf die Bank übertragen oder der Zessionarin nicht lediglich - auch - ein Kündigungsrecht eingeräumt werden sollte, doch kann diese Frage letztlich dahinstehen, da selbst bei Annahme der Übertragung des alleinigen Kündigungsrechts auf die Bank X dieses spätestens mit Freigabe der Sicherheit im September 2003 wieder auf den Insolvenzverwalter überging, so dass spätestens zu diesem Zeitpunkt seine Kündigung wirksam wurde, § 185 Abs. 2 S. 2 BGB.

Die Übertragung der Rechtsstellung als Versicherungsnehmer auf die Klägerin erfolgte dagegen erst nach wirksamer bzw. Wirksamwerden der Kündigung mit Schreiben vom 17.06.2004.

Die im Anschluss von der Klägerin selbst mit Schreiben vom 23.06.2004 erklärte Kündigung konnte somit keine neuen oder eigenständigen Rechtsfolgen auslösen, folglich auch keinen Abrechnungs- und Zahlungsanspruch zum Stichtag 31.12.2004.

3. Nach wirksamer Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Insolvenzverwalter sind die Ansprüche aus der Lebensversicherung nicht in die Insolvenzmasse gefallen, vielmehr hat die Klägerin sowohl einen eigenen Anspruch auf Abrechnung als auch auf Auszahlung des Rückkaufswertes zum Stichtag 01.05.2003.

Bei der Beantwortung der Frage, ob Ansprüche aus seiner betrieblichen Altersversorgung im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers in die Insolvenzmasse fallen oder dem bezugsberechtigten Arbeitnehmer zustehen, ist zunächst zwischen einer widerruflichen und einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung zu unterscheiden.

Ist eine Bezugsberechtigung nur widerruflich, stehen dem widerruflich Begünstigten bis zum Eintritt des Versicherungsfalles noch keine Rechte zu, § 166 Abs. 2 VVG.

Vorliegend bestand zugunsten der Klägerin ein sog. ?eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht?. Die Voraussetzungen für die Ausübung eines vertraglich vereinbarten Vorbehalts des Arbeitgebers lagen zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens allerdings nicht vor.

Zu diesem Zeitpunkt (28.02.2003) war die Klägerin nämlich bereits 35 Jahre alt, das Versicherungsverhältnis hatte bereits 10 Jahre bestanden und die Klägerin hatte keine Handlungen begangen, die den Arbeitgeber berechtigt hätten, die Versicherungsansprüche zu mindern oder zu entziehen.

Sind aber im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Versicherungsnehmerin die Voraussetzungen der versicherungsvertraglich getroffenen Vorbehalte nicht erfüllt, so steht das eingeschränkt unwiderrufliche Bezugsrecht einem unwiderruflichen Bezugsrecht gleich (vgl. BGH VersR 2001, 1501).

Grundsätzlich zutreffend ist die Auffassung der Beklagten und des Insolvenzverwalters, dass zu den vertraglich versprochenen Leistungen bei einer Lebensversicherung auch der Rückkaufswert nach Kündigung oder sonstiger Beendigung des Versicherungsverhältnisses gehört, allerdings kann der Versicherungsnehmer im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit auch über seine Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis verfügen. Dies hat die Arbeitgeberin zugunsten der Klägerin getan, indem sie ihr ein Bezugsrecht eingeräumt hat, das sämtliche aus dem Versicherungsvertrag fällig werdende Ansprüche, somit auch den Anspruch auf Zahlung des Rückkaufswertes, umfasst (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2003, VersR 2003, 1021).

Der Versicherungsvertrag in einer Direktversicherung ist langfristig angelegt und dient der Altersvorsorge des Arbeitnehmers. Durch Vereinbarung eines dem Grunde nach unwiderruflich gestalteten Bezugrechts ist dem Interesse des Arbeitnehmers Rechnung getragen, sich schon im Zeitpunkt des Abschlusses der Versicherung vor künftigen negativen Entwicklungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen seines Arbeitgebers zu schützen. Durch die Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts wird ein sofortiger Rechtserwerb des begünstigten Arbeitnehmers bewirkt und zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitgeber, der durch den Abschluss der Direktversicherung zugleich seine Verpflichtung zur Entrichtung eines Insolvenzsicherungsbetrages begrenzt (§§ 10 Abs. 1, 3 Nr. 2 S. 2 BetrAVG), den durch den Versicherungsvertrag verkörperten Wert dem Vermögen des Arbeitnehmers zukommen lassen will.

Besteht also ein uneingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht des Arbeitnehmers oder ? wie vorliegend ? ein eingeschränkt widerrufliches Bezugsrecht, welches einem uneingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht gleichzustellen ist, so gehören die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers, der Versicherungsnehmer einer Direktversicherung ist, zum Vermögen des Bezugsberechtigten (vgl. BGH, Urteil vom 08.06.2005, NJW-RR 2005, 1412; OLG Karlsruhe in VersR 2001, 1501; OLG Düsseldorf in VersR 2002, 86).

Für den Insolvenzverwalter steht zwar die Befriedigung der Insolvenzgläubiger im Fordergrund, bei dem streitgegenständlichen Versicherungsvertragsverhältnis kommt es jedoch auf die Interessenlage bei Abschluss der Direktversicherung an. Dabei sind allein die damaligen Interessen des Arbeitgebers, nicht aber die späteren des Insolvenzverwalters maßgebend. Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt, so ist es dem Insolvenzverwalter im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers verwehrt, dem Arbeitnehmer das Bezugsrecht allein deshalb zu entziehen, um die Zugriffsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger erweitern zu können (BAG, VersR 1991, 211).

Da sich somit das unwiderrufliche Bezugsrecht der Klägerin an dem Auflösungsguthaben (Rückkaufswert) fortsetzt, steht ihr ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO zu.

4. An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts durch die im Dezember 2001 erfolgte Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Bank X zur Sicherung eines der Klägerin gewährten Darlehens.

Der Senat teilt zunächst die Auffassung des Erstgerichts zur Frage der Wirksamkeit der Abtretung trotz bestehenden Abtretungsverbotes und nimmt insoweit sowie zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug.

Aufgrund der Regelung in Ziffer 3.1 der Abtretungsvereinbarung bestand zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin zwar eine Bezugsberechtigung der Bank X, der die Klägerin durch Mitunterzeichnung der Abtretungsvereinbarung zugestimmt hatte, doch hat dies nicht zur Folge, dass der Rückkaufswert der Versicherung nach Insolvenz der Arbeitgeberin in die Insolvenzmasse gefallen wäre.

Zunächst kann nicht übersehen werden, dass die unwiderrufliche Bezugsberechtigung der Klägerin nicht gänzlich widerrufen wurde, sondern nur, ?soweit sie den Rechten der Bank? entgegenstand.

Diese Einschränkung der unwiderruflichen Bezugsberechtigung der Klägerin bestand auch nur für die Dauer der erforderlichen Darlehenssicherung gegenüber der Bank, der Wegfall des Sicherungszwecks im September 2003 bewirkte zugleich den Wegfall dieser Einschränkung.

Auch wenn im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28.02.2003 die Abtretung zugunsten der Bank X also noch bestand, so hatte der Insolvenzverwalter dennoch kein Zugriffsrecht auf den Rückkaufswert, denn bei Beantwortung der Frage, ob die Ansprüche aus einem Versicherungsvertragsverhältnis im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers in die Insolvenzmasse fallen oder dem bezugsberechtigten Arbeitnehmer zustehen, kommt es allein auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an.
In diesem maßgeblichen Verhältnis ?Klägerin ? Fa. ? bestand zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein einem unwiderruflichen gleichgestelltes Bezugsrecht der Klägerin. Für die Arbeitgeberin bestand dagegen nur die Möglichkeit der Ausübung der vertraglich vereinbarten Vorbehalte, deren Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung jedoch ? wie bereits oben näher ausgeführt - nicht vorlagen.

Dies änderte sich auch durch die mit dem Kreditinstitut getroffene Abtretungsvereinbarung nicht, denn dadurch wurde der Arbeitgeberin bzw. dem Insolvenzverwalter kein neues, zu den vertraglichen Regelungen hinzutretendes Zugriffsrecht auf die Versicherungsleistungen, eingeräumt.

Wird eine Bezugsberechtigung eines Arbeitnehmers mit dessen Einverständnis auf einen Kreditgeber des Arbeitnehmers zur Sicherung seiner Rückforderungsansprüche übertragen, so erwächst im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers dem Insolvenzverwalter hieraus kein neues eigenständiges Zugriffsrecht auf den Rückkaufswert. In diesen Fällen ist die unwiderrufliche Bezugsberechtigung des Arbeitnehmers zwar eingeschränkt, nicht aber zugunsten des Arbeitgebers, so dass es bei den allenfalls zugunsten des Kreditgebers eingeschränkten Ansprüchen des Arbeitnehmers auf Zahlung des Rückkaufswertes verbleibt.

5. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind vorliegend weder die Regelungen des § 2 Abs. 2 S. 3 BetrAVG noch diejenigen des § 2 Abs. 2 S. 4 ? 6 BetrAVG anwendbar.

§ 2 Abs. 2 S. 3 BetrAVG räumt dem Arbeitgeber die Möglichkeit ein, dem Arbeitnehmer bei einem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis den Rückkaufswert auszahlen zu lassen. Diese Regelung kann vorliegend schon deshalb keine Anwendung finden, weil die Ansprüche der Klägerin auf Abrechnung und Auszahlung des Rückkaufswertes bereits mit der durch den Insolvenzverwalter erfolgten Kündigung des Versicherungsvertragsverhältnisses entstanden sind.

Der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 4 ? 6 AVG ist schon deshalb nicht eröffnet, weil die Klägerin nicht als ausgeschiedene Arbeitnehmerin versicherungsvertragliche Ansprüche abgetreten hat.

6. Im Ergebnis hat die Klägerin nach Freigabe der Sicherheit durch die Bank X einen eigenen uneingeschränkten Anspruch auf Abrechnung zum Stichtag 01.05.2003 sowie auf vollständige Auszahlung des sich nach ordnungsgemäßer Abrechnung ergebenden Rückkaufswertes.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

Auf die Berufung der Beklagten und nach teilweiser Klagerücknahme im Berufungsverfahren war das Ersturteil deshalb insoweit abzuändern, als die klägerischen Ansprüche allein zum Stichtag 01.05.2003 bestehen. Die weitergehende Berufung konnte dagegen aus den oben näher dargelegten Gründen keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, zumal der Senat von der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung auch nicht abweicht.

Verkündet am 9. Februar 2006

RechtsgebieteIuSO, BltrAVG, VVGVorschriften§ 166 Abs. 2 IuSO, § 80 IuSO, § 47 IuSO, § 1 b BetrAVG, § 166 VVG,

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