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03.11.2006 · IWW-Abrufnummer 062958

Landgericht Aachen: Urteil vom 01.09.2006 – 11 O 436/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Aachen

Urteil

Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 10.281,26 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.05 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Kosten der Streitverkündeten - tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers aus einem Verkehrsunfallereignis, welches sich in der Nacht vom 1. auf den.2.7.2005 gegen 1:00 Uhr morgens in I auf der L-Straße in Höhe des Hauses Nr. 44 ereignet hat und bei welchem der Beklagte zu 1) mit seinem Fahrzeug mit dem am Straßenrand geparkten Fahrzeug des Klägers kollidierte. Wegen dieses Unfallhergangs sind die Beklagten unstreitig dazu verpflichtet, dem Kläger den gesamten Schaden, der diesem aus dem Unfallereignis entstanden ist, in voller Höhe zu ersetzen.

Nach dem Unfall ließ der Kläger den Schaden durch einen Sachverständigen begutachten. Diese Begutachtung verursachte dem Kläger Kosten in Höhe von 762,20 ?. Der von dem Kläger beauftragte Sachverständige schätzte die Kosten einer Reparatur des Fahrzeugs auf netto 6.947,26 ? (B1 11 GA). Auf Seite K5 seines Gutachtens (B117 GA) gab der Sachverständige an, das durch den Ersatz eines Reifens vorne rechts und einer Seitenwand vorne rechts eine Wertverbesserung in Höhe von netto 93,31 ? entstehen werde; bei der abschließenden Schadensberechnung nahm der Sachverständige jedoch einen Abzug wegen einer etwaigen Wertverbesserung des Fahrzeugs des Klägers nicht vor (Bl 11 GA). Neben diesen Schadenspositionen und der allgemeinen Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 ? macht der Kläger mit der vorliegenden Klage insbesondere auch Mietwagenkosten geltend, hinsichtlich deren Angemessenheit zwischen den Parteien Streit besteht. Schließlich sind dem Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 366,44 ? entstanden. Auf den dem Kläger entstandenen Schaden hat die Beklagte zu 2) bislang drei Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 7.431,95 ? geleistet (Bl 5 GA).

Der Verkehrsunfall ereignete sich in der Nacht von Freitag, dem 1.7.05, auf Samstag, den 2.7.05. Der Kläger beabsichtigte, am Donnerstag, den 7.7.05, mit seiner Ehefrau und seinen drei Kindern eine mehrwöchige Sommerreise in die Türkei anzutreten. Die geplante Urlaubszeit lag in den Schulferien der Kinder; der Kläger hatte bei seinem Arbeitgeber Urlaub eingereicht für den Zeitraum vom 7.7.05 bis zum 7.8.05. Die Familie des Klägers hatte beabsichtigt, mit dem durch den streitgegenständlichen Verkehrsunfall beschädigten Pkw, einem BMW des Typs 725 TOS, die Reise anzutreten.

Da der Kläger in Anbetracht der Tatsache, dass er das beschädigte Fahrzeuge frühestens am Montag den 4.7.05 hätte in Reparatur bringen können, befürchtete, dass es nicht mehr rechtzeitig vor dem geplanten Urlaub repariert sein würde, und da ihm klar war, dass die Anmietung eines Mietwagens für die gesamte geplante Urlaubszeit mit besonders hohen Kosten verbunden sein würde, nahm er am 4.7.05 telefonisch Kontakt mit dem für den Schaden zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten zu 2) auf. Diesem schilderte er seine Situation im Hinblick auf die geplante Reise und schlug vor, dass die Beklagte zu 2) die Kosten einer Flugreise in die Türkei für die Familie übernehmen solle und sodann ein Vermieter in der Türkei kostengünstig einen Mietwagen zur Verfügung stellen solle. Seitens des Sachbearbeiters der Beklagten zu 2) wurde dem Kläger daraufhin erklärt, dass er dann, wenn er eine mehrwöchige Urlaubsreise plane, schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit keinen Anspruch auf einen Leihwagen für diese Zeit habe. Auch der vorgerichtlich seitens des Klägers mit seiner Interessenwahrnehmung beauftragte Rechtsanwalt bemühte sich am 4.7.05 nochmals erfolglos, mit der Beklagten zu 2) Kontakt aufzunehmen.

Der Kläger, dessen eigener Pkw in die Fahrzeugklasse 9 fällt, mietete sodann bei der Streitverkündeten unter Inanspruchnahme eines sog. Unfallersatztarifes für die Zeit vom 2.7.05 bis zum 16.8.05 ein Mietfahrzeug der Klasse 8 zum Preis von insgesamt brutto 10.680,35 ? (Bl 27 GA).

Der Kläger behauptet, dass es ihm im Hinblick auf die Besonderheit der Situation und die geplante Ferienreise in die Türkei von vornherein nicht möglich gewesen sei, ein Leihfahrzeug zu einem anderen, als dem Unfallersatztarif der Streitverkündeten anzumieten. Hierzu trägt er vor, dass sämtliche großen kommerziellen Autovermietungen es ohne Ausnahme untersagen würden, mit einem Leihfahrzeug in die Türkei einzuweisen. Weiter behauptet der Kläger, dass er ein derartiges Fahrzeug bei einer herkömmlichen, kommerziellen Autovermietung ohnehin nicht hätte bekommen können, da er nicht über eine Kreditkarte verfüge. Er sei auch finanziell nicht dazu in der Lage gewesen, sich für die Dauer des geplanten Urlaubs ein Interimsfahrzeug der benötigten Güteklasse anzuschaffen. Schließlich meint der Kläger, dass er auch nicht dazu verpflichtet gewesen sei, seinen geplanten Urlaub so lange zu verschieben, bis sein beschädigter Pkw repariert gewesen wäre.

Mit der erhobenen Klage begehrt der Kläger den Ersatz des ihm aus dem Verkehrsunfall entstandenen Schadens einschließlich der Mietwagenkosten, soweit die Beklagte zu 2) hierauf nicht bereits Zahlungen geleistet hat. Von den Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 10.680,35 ? brutto macht der Kläger allerdings unter Berücksichtigung ersparter Eigenaufwendungen, welche er auf 10 % der gesamten Mietwagenkosten schätzt, lediglich einen Betrag in Höhe von 9.612,31 ? geltend.

Der Kläger beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 10.304,46 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.05 zu zahlen.

Die Streitverkündete ist dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten und hat sich dessen Antrag angeschlossen.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass dem Kläger über die bereits seitens der Beklagten zu 2) gezahlten Beträge hinaus keine weiteren Zahlungsansprüche mehr zustünden. Sie meinen, dass der von dem Kläger ein Anspruch genommene Unfallersatztarif überhöht sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass die entstandenen Mietwagenkosten sowohl die Reparaturkosten, als auch den Restwert des Fahrzeugs überstiegen und deshalb völlig außer Verhältnis zu dem durch den Verkehrsunfall entstandenen Schaden stünden.

Die Beklagten meinen weiter, dass der Kläger dazu verpflichtet gewesen sei, sich für den geplanten Urlaub kurzfristig ein Interimsfahrzeug anzuschaffen und bestreiten, dass der Kläger hierzu finanziell nicht in der Lage gewesen sei. Weiter meinen die Beklagten, dass der Kläger dazu verpflichtet gewesen sei, vor Anmietung des Fahrzeugs zum Unfallersatztarif Vergleichsangebote anderer Firmen einzuholen; insoweit bestreiten die Beklagten, dass der Kläger über eine Kreditkarte nicht verfügte, bzw. sein Girokonto nicht die erforderliche Deckung aufwies, um dem Kläger die Anmietung eines Fahrzeugs bei einer kommerziellen Autovermietung zu ermöglichen.

Schließlich sind die Beklagten der Auffassung, dass es dem Kläger und seiner Familie im Rahmen der ihnen obliegenden Schadensminderungspflicht möglich und zumutbar gewesen wäre, die geplante Sommerreise in die Türkei so lange zu verschieben, bis der Pkw des Klägers ordnungsgemäß - gegebenenfalls im Wege einer Notreparatur - repariert worden wäre.

Von den seitens des Klägers geltend gemachten Fahrzeugreparaturkosten nehmen die Beklagten unter Berufung auf die Ausführungen des von dem Kläger beauftragten Gutachters auf Seite K5 seines Gutachtens einen Abzug in Höhe von 93,31 ? vor.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere auch einschließlich der Rechtsausführungen der Parteien, der zu den Akten gereichten Urteilen und Gutachten, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und mit Ausnahme eines kleinen Teilbetrages auch begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Regulierung des noch offenen Restschadens aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom 1.12.7.05 in Höhe von insgesamt 10.281,26 ?, und zwar gegen den Beklagten zu 1) aus §§ 7,17 StVG, 823 Abs. 1 BGB und gegen die Beklagte zu 2) aus den vorgenannten Vorschriften in Verbindung mit §§ 1, 3 PfiVersG. Über die grundsätzliche Schadensersatzpflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger in voller Höhe bestehen zwischen den Parteien kein Streit. Streitig ist nur die entstandene Schadenshöhe, und zwar hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 93,31 ? in Bezug auf den Fahrzeugschaden und im Übrigen hinsichtlich der entstandenen Mietwagenkosten.

Im Ergebnis schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO unter Berücksichtigung der wechselseitigen Darlegungen der Parteien und der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Problematik der Unfallersatztarife den dem Kläger auf Grund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls insgesamt entstandenen Schaden auf 17.346,77 ?, zuzüglich vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 366,44 ?. Nach Abzug der von der Beklagten zu 2) geleisteten Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 7.431,95 ? ergibt sich der aus der Entscheidungsformel ersichtliche Gesamtbetrag in Höhe von 10.281,26 ?.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits sind in rechtlicher Hinsicht maßgeblich die von der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Ersatzfähigkeit von Mietwagenkosten. Danach gehören Mietwagenkosten regelmäßig zu den Kosten der Schadensbehebung im Sinne des § 249 S. 2 BGB. Auch ist davon auszugehen, dass ein Geschädigter nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstößt, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, solange dies für den Geschädigten nicht ohne weiteres erkennbar ist. Mietwagenkosten sind nämlich grundsätzlich insoweit zu ersetzen, wie dies zur Herstellung des Zustands erforderlich ist, wie er ohne die Schädigung bestehen würde. Erforderlich sind insoweit allerdings nur solche Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Die Anmietung eines Fahrzeugs zu einem Unfallersatztarif bewegt sich im allgemeinen innerhalb dieser Grenzen.

Etwas anderes kann allerdings gelten, wenn sich ein besonderer Tarif für Ersatzmietwagen nach Unfällen entwickelt, der nicht mehr maßgeblich von Angebot und Nachfrage bestimmt wird und deshalb nicht mehr als erforderlicher Aufwand zur Schadensbeseitigung angesehen werden kann. In diesen Fällen eines gegenüber dem Normaltarif höheren Unfallersatztarifs kann der geltend gemachte Tarif nur dann als erforderlicher Aufwand zur Schadensbeseitigung angesehen werden, wenn und soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Besonderheiten der Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden u. ä.) den höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen. Selbst wenn dies aber im Ergebnis nicht der Fall ist, ist darauf abzustellen, ob dem Geschädigten im konkreten Fall ein günstigerer Normaltarif tatsächlich zugänglich war, oder ob eine andere Möglichkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges tatsächlich nicht bestand (vgl. zum Vorstehenden unter anderem BGH, Urteil vom 12.10.04, Az VI ZR 151/03, NJW 2005,51 - 53, zitiert nach: juris Nr. KORE 306002004; BGH, Urteil vom 26.10.04, Az VI ZR 300/03, NJW 2005, 135 -137, zitiert nach: juris Nr. KO RE 212442004; BGH, Urteil vom 15.2.05, Az VI ZR 160/04, NJW 2005, 1043 -1044, zitiert nach: juris Nr. KORE 312892005).

Da die Frage nach der betriebswirtschaftlichen Berechtigung einer etwaigen Erhöhung des Unfallersatztarifes gegenüber dem Normaltarif der weiteren Frage, ob dem Geschädigten im konkreten Fall ein derartiger Normaltarif überhaupt zugänglich war, nicht logisch vorrangig ist, vielmehr beide Aspekte selbstständig nebeneinander stehen, erübrigt sich in den Fällen, in denen zwar der von dem Geschädigten in Anspruch genommene Unfallersatztarif höher ist als der Normaltarif, in denen aber dem Geschädigten ein günstigerer Normaltarif im konkreten Fall ohnehin nicht zugänglich war, die Überprüfung, ob besondere Umstände der Unfallsituation den höheren Preis -des Unfallersatztarifes aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen. Da der Geschädigte in diesen Fällen ohnehin zwingend auf die Anmietung des Ersatzfahrzeuges zum Unfallersatztarif angewiesen ist, ist er auch berechtigt, diesen Tarif in der angebotenen Höhe in Anspruch zu nehmen.

Bei Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze sowie der Grundsätze des allgemeinen Schadensrechts greifen vorliegend die von den Beklagten gegen die von dem Kläger als Schaden geltend gemachten Mietwagenkosten erhobenen Einwendungen bereits aus rechtlichen Gründen im Ergebnis nicht durch:

Zunächst ist dem generellen Einwand der Beklagten, wonach sich die Unzumutbarkeit der Erstattung der Mietwagenkosten bereits daraus ergebe, dass die entstandenen Mietwagenkosten außer Verhältnis zu den - geringeren - . Reparaturkosten des Fahrzeugs stünden, nicht zu folgen. Wollte man, wie dies die Beklagten tun, die Frage nach der objektiven Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten davon abhängig machen, in welcher Höhe überhaupt ein Fahrzeugschaden entstanden ist, würde dies in der Tat dazu führen, dass die Eigentümer geringwertiger Fahrzeuge von vorneherein nicht dazu berechtigt wären, sich für die Dauer der Reparatur ihres Fahrzeugs einen - notwendigerweise teureren - Leihwagen zu mieten. Dies wäre jedoch mit dem Grundprinzip des Schadensersatzrechts, wonach der Geschädigte durch den Schädiger so zu stellen ist, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht vorgefallen wäre, unvereinbar.

Auch der Einwand der Beklagten, dass der Kläger im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB dazu verpflichtet gewesen wäre, wahlweise kurzfristig ein Interimsfahrzeug anzuschaffen, oder seine geplante Reise mit der Familie zu verschieben, greift bereits vor dem Hintergrund dieses Prinzips der Naturalrestitution, welches einem Geschädigten nur in engen Ausnahmefällen die Obliegenheit auferlegt, Einbußen im Vergleich zu einer vollständigen Schadlosstellung auf sich zu nehmen, nicht durch. Insbesondere ist aber im vorliegenden Fall auch zu berücksichtigen, dass der Kläger sämtliche ihm möglichen und zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um seinen Obliegenheiten aus § 254 Abs. 2 BGB zu genügen. Der Kläger hat frühzeitig erkannt, dass wegen der geplanten Urlaubsreise in die Türkei im vorliegenden Falle die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens drohte und dass nur er - der Kläger selbst - nicht aber die Beklagten die Gefahr dieses besonders hohen Schadens erkennen konnten. Er hat sich deshalb frühzeitig mit der Beklagten zu 2) in Verbindung gesetzt und diese ausdrücklich auf die Gefahr des besonders hohen Schadens aufmerksam gemacht.

In Anbetracht dieser Situation wäre es aber nunmehr an der Beklagten zu 2) als der Erfüllungsgehilfin des Schädigers, des Beklagten zu 1), gewesen, mit dem Kläger die Situation zu erörtern und ihm mögliche und zumutbare Alternativen zur Anmietung eines Leihfahrzeugs für die Dauer des geplanten Urlaubs anzubieten. Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte zu 2) jedoch gerade keinen Gebrauch gemacht, sondern vielmehr dem Kläger ohne weitere Erörterung und überdies in der Sache unzutreffend erklärt, dass er keinen Anspruch auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs habe.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten obliegt es in einem derartigen Fall aber nicht etwa dem Geschädigten, dem Schädiger darzulegen, welche Alternativen zur Anmietung eines Ersatzfahrzeugs er in Betracht ziehen könnte und dass und weshalb diese Alternativen gegebenenfalls nicht zu realisieren sind, sondern es obliegt vielmehr dem Schädiger, dem Geschädigten entsprechende Angebote zu unterbreiten.

Es ist dem Kläger auch - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - nicht zuzumuten, einen Schaden dieser Größenordnung vorzufinanzieren, selbst wenn was ohnehin streitig ist - eine derartige Vorfinanzierung dem Kläger in der Kürze der Zeit möglich gewesen wäre. Für die geplante Urlaubsreise hätte es der Anschaffung eines durchaus hochwertigen Fahrzeugs, welches ohne Probleme auch eine sehr lange Reisestrecke sicher bewältigen kann, bedurft. Eine Vorfinanzierung dieser Größenordnung muss der Kläger jedoch nicht zum Nutzen der Beklagten auf sich nehmen.

Erst recht nicht war der Kläger, nachdem er die Beklagte zu 2) erfolglos auf die Höhe des drohenden Schadens aufmerksam gemacht hatte, dazu verpflichtet, einzig und allein zu dem Zweck, die Beklagten vor der Regulierung dieses Schadens zu schützen, seinen längerfristig geplanten Sommerurlaub mit der Familie zu verschieben, bzw. zu verkürzen, bis sein beschädigter Pkw repariert gewesen wäre. Nachdem der Kläger seiner Obliegenheit aus § 254 Abs. 2 BGB durch seine Warnung an die Beklagte zu 2) in hinreichendem Maße genügt hatte, war er - nachdem die Beklagte zu 2) den Warnhinweis des Klägers gerade nicht zum Anlass genommen hat, dem Kläger Alternativen zur Schadlosstellung anzubieten - uneingeschränkt dazu berechtigt, selbst dafür Sorge zu treffen, dass er so gestellt war, wie er und seine Familie ohne das Schadensereignis gestanden hätten, also versehen mit einem Fahrzeug, welches dazu geeignet war, am 7.7.05 die geplante Türkeireise anzutreten.

Schließlich hat der Kläger auch nicht dadurch gegen seine Schadensminderungsobliegenheit aus § 254 BGB verstoßen, dass er als Ersatzfahrzeug ein Mietfahrzeug der Streitverkündeten zu einem sog. Unfallersatztarif angemietet hat. Insoweit kann hier zunächst dahinstehen, ob der von der Streitverkündeten dem Kläger berechnete Tarif gegenüber einem Normaltarif erhöht ist und ob eine derartige Erhöhung gegebenenfalls betriebswirtschaftlich durch die Besonderheiten der Unfallsituation gerechtfertigt ist. Es ergibt sich nämlich bereits aus dem unstreitigen Sachverhalt, dass dem Kläger im vorliegenden, konkreten Fall die Anmietung eines Fahrzeugs bei einer kommerziellen Autovermietung zum Normaltarif ohnehin nicht möglich gewesen wäre. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger über eine oder mehrere Kreditkarten verfügt. Wie der Kläger und die Streitverkündete nämlich substantiiert unter Vorlage der gängigen Mietbedingungen aller bekannten, kommerziellen, bundesweit agierenden Autovermieter dargelegt haben, untersagen sämtliche dieser kommerziellen Autovermietungen ihren Kunden die Verbringung der Mietfahrzeuge in die Türkei. Dieser Umstand ist im Übrigen auch gerichtsbekannt. Bereits hieraus ergibt sich, dass dem Kläger die Anmietung eines Mietfahrzeuges zum Normaltarif mit dem Ziel, mit diesem Fahrzeug eine Reise in die Türkei zu unternehmen, ohnehin nicht möglich gewesen wäre, weshalb der Kläger zwingend darauf angewiesen war, ein Fahrzeug zum Unfallersatztarif anzumieten.

Obwohl es danach auf die Frage der betriebswirtschaftlichen Berechtigung der Tarife der Streitverkündeten für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits letztlich nicht ankommt, wäre im Übrigen aber auch ohne Durchführung einer weiteren Beweisaufnahme davon auszugehen gewesen, dass die Tarife der Streitverkündeten betriebswirtschaftlich durch die Besonderheiten der Unfallsituation gerechtfertigt sind. Das ergibt sich nicht nur aus dem von der Streitverkündeten zu dieser Frage selbst eingeholten - und von den Beklagten nicht substantiiert angegriffenen - betriebswirtschaftlichen Gutachten, sondern das Gericht sieht sich mittlerweile auch zu einer derartigen Beurteilung in der Lage, weil seitens des Landgerichts Aachen bereits in mehreren Fällen Sachverständigengutachten zur Frage der Angemessenheit der Tarife der Streitverkündeten eingeholt worden sind und - soweit ersichtlich - in jedem einzelnen Fall das Ergebnis der sachverständigen Begutachtung dahin ging, dass die Tarife der Streitverkündeten zwar hoch, aber letztendlich unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Unfallsituation betriebswirtschaftlich gerechtfertigt sind.

Zu Recht hat der Kläger allerdings von vorneherein von den Mietwagenkosten einen Abzug in Höhe von 10 % wegen ersparter Eigenaufwendungen, welche ihm bei der Nutzung seines eigenen Kraftfahrzeugs entstanden wären, gemacht. Die Vornahme eines derartigen Abzugs entspricht ständiger Rechtsprechung und ist in der von dem Kläger gewählten Höhe auch sachgerecht. Das Gericht sieht deshalb keinen Anlass, bei der Schätzung gemäß § 287 ZPO einen anderen Wert zu Grunde zu legen.

Den dem Kläger entstandenen Fahrzeugschaden in Form der notwendigen Reparaturkosten schätzt das Gericht schließlich unter Zugrundelegung des von dem Kläger vorgelegten und auch von den Beklagten nicht substantiiert angegriffenen Sachverständigengutachtens auf 6.947,26 ? netto. Soweit die Beklagten von diesem Betrag einen Abzug in Höhe von 93,31 ? vornehmen, beziehen sie sich auf eine Position, bei welcher der Kläger ausweislich der Berechnung des Sachverständigen einige Ersatzteile erhalten wird, welche höherwertiger sind, als die vor dem Unfall vorhandenen Teile. Dass damit jedoch letztlich eine Wertsteigerung des gesamten Fahrzeugs verbunden wäre, ist weder anzunehmen, noch wird derartiges von dem Sachverständigen selbst zu Grunde gelegt, da er in seinem Gutachten letztlich gerade keinen Abzug wegen einer Wertverbesserung des Fahrzeugs gemacht hat (Bl 11 GA). Das Gericht folgt deshalb bei seiner Schadensschätzung den abschließenden Feststellungen des Sachverständigen und sieht von der Vornahme eines Abzugs wegen einer etwaigen Wertverbesserung des Fahrzeugs ab.

Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.
Streitwert: 10.304,46 ?.
U1

RechtsgebietSchadensrechtVorschriften§§ 7, 17 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, §§ 1, 3 PflVG

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