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02.11.2006 · IWW-Abrufnummer 063169

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 16.02.2006 – 1 K 2526/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


HESSISCHES FINANZGERICHT

Geschäftsnummer: 1 K 2526/03

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit XXX

w e g e n
Schenkungsteuer

hat der 1. Senat des Hessischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 16. Februar 2006

unter Mitwirkung XXX

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

( Veröffentlichung ohne Tatbestand )

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist bereits unzulässig, da es an einem abgeschlossenen Vorverfahren für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO fehlt.

Der Kläger hat erstmals mit dem Einspruch hilfsweise die abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen beantragt. Dieser Antrag - auch wenn er hilfsweise gestellt wird - ist ein eigener Antrag, über den mit einem besonderen Verwaltungsakt zu entscheiden ist (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und Finanzgerichtsordnung -FGO-, § 163 AO Randnummer -Rdnr.- 20).

Diesen Antrag hat der Beklagte allenfalls in dem Bescheid vom 05.09.2002, mit dem er zugleich über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entschieden hat, abgelehnt (zur Möglichkeit der äußerlichen Verbindung vgl. Loose in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 163 AO Rdnr. 29). Der fehlende Hinweis in der Rechtsbehelfsbelehrung auf die Möglichkeit des Einspruchs gegen die Ablehnung der abweichenden Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen führt nicht zu einer anderen Beurteilung, sondern nur zu einer Verlängerung der Rechtsbehelfsfrist auf 1 Jahr (§ 356 Abs. 2 AO).

Im Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, ob der Beklagte über den Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung noch gar nicht entschieden, oder ob er ihn in dem Bescheid vom 05.09.2002 mit abgelehnt hat. Denn selbst wenn in den Ausführungen des Beklagten zur ?Billigkeitsregelung der Verwaltung? in diesem Bescheid eine Ablehnung des Antrags zu sehen sein sollte, so hat der Kläger dagegen jedenfalls keinen Einspruch eingelegt, sondern vielmehr am 10.02.2003 ausdrücklich einen Teilerlass der Schenkungsteuer nach § 227 AO beantragt, für den die tatbestandlichen Voraussetzungen gleich sind.

Aber auch bei Zulässigkeit der Klage würde sie nicht zur begehrten niedrigeren Steuerfestsetzung führen.

Gemäß § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuern nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Der Zweck des § 163 AO liegt darin, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalles, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrages insoweit Rechnung zu tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen. Die Unbilligkeit der Steuerfestsetzung kann sich aus sachlichen oder persönlichen Gründen ergeben. Als persönliche Billigkeitsgründe werden in diesem Zusammenhang nur die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen angesehen, die vorliegend keine Rolle spielen. Sachlich un-billig ist die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwider läuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. Sachliche Gründe sind danach gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 26.05. 1994 IV R 51/93, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1994, 833).

Dabei können Richtlinien für die Finanzbehörden allgemeine Regelungen über die nach § 163 AO vorzunehmende Ermessensausübung aufstellen. Diese Richtlinien sind auch dann von den Gerichten zu beachten, wenn sich die in ihnen getroffenen Regelungen in den Grenzen halten, die das Grundgesetz und die einfachen Gesetze der Ausübung des Ermessens setzen. Im Falle von begünstigenden Regelungen für einen bestimmten Personenkreis ergibt sich zudem eine Bindungswirkung für die Gerichte aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Urteil des BFH vom 10.10.2001 XI R 52/00, BStBl II 2002, 201). In solchen Fällen, können die Steuergerichte nur unterbinden, dass die Finanzverwaltung in Einzelfällen, die offensichtlich von den Richtlinien gedeckt werden, willkürlich, d.h. ohne zwingende Sachgründe die Anwendung der Richtlinien ablehnen (Urteil des BFH vom 23.04.1991 VIII R 61/87, Bundessteuerblatt II 1991, 752).

Es ist jedoch kein sachlicher Grund für eine abweichende Steuerfestsetzung gegeben, da die Auslegung der R 85 Abs. 6 Satz 2 ErbStR vorliegend nicht zu einer Ermessensbindung führt.

Nach dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist die Steuer, die auf den Kapitalwert der Belastung entfällt, bis zum Erlöschen der Belastung zinslos zu stunden ist. Dies hat zur Folge, dass eine Stundung im Rahmen der Besteuerung nach § 25 ErbStG von vornherein ausscheidet, wenn im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung die Belastung nicht mehr besteht (Beschluss des BFH vom 23.03.1998 II B 97/97, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH 1998, 1224). R 85 Abs. 6 Satz 2 ErbStR besagt nur, wie zu verfahren ist, wenn eine zu stundende Steuer bei Einreichung der Steuererklärung noch nicht fällig ist und die sofortige Ablösung des zu stundenden Betrages beantragt wird. Danach kommt es für die Ermittlung des Ablösungsbetrages, nicht aber für die Prüfung der Stundungsvoraussetzungen, auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld an (vgl. Urteil des Niedersächsisches Finanzgerichts vom 13.08.2004 3 K 404/03, Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 642).

Die Steuerfestsetzung wäre vorliegend aber auch nicht aus anderen Gründen sachlicher Unbilligkeit abweichend festzusetzen.

Unabhängig von der Richtlinie wird in der Literatur - freilich ohne Begründung - die Auffassung vertreten, bei Wegfall der Belastung vor Steuerfestsetzung aber zumindest, wenn der Steuerpflichtige den Antrag auf Ablösung schon vorher gestellt hat, müsse ein Ausgleich auf dem Billigkeitswege geschaffen werden, sofern die Verzögerung nicht vom Steuerpflichtigen zu vertreten ist (so Schulz, Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer, 8. Aufl. 2004 unter 7.6.2.3. unter Hinweis auf Michel, Neue Vorschriften bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer, in Die Information über Steuer und Wirtschaft 1980, 481, Schuck in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, ErbStG, Bewertungsgesetz, 2. Aufl., § 25 ErbStG Rdnr. 25 unter Bezug auf Troll/Gebel/Jülicher § 25 ErbStG Rdnr. 57). Das lässt sich nicht damit begründen, dass die Stundung bereits verfassungs-rechtlich geboten ist, weil es bis zum Wegfall der Belastung insoweit noch an der Bereicherung des Beschenkten fehlt.

Die Festsetzung der Schenkungsteuer erst nach dem Tod der Schenkerin und dem damit verbundenen Wegfall der Belastung beruht vorliegend aber nicht auf einem alleine oder auch nur überwiegend der Verwaltung zuzurechnenden Verschulden.

Ein absichtliches Zuwarten bis zum Tod der Schenkerin behauptet auch der Kläger nicht ernsthaft. Er selbst kannte den Gesundheitszustand seiner Mutter sicher besser als der Beklagte und hat zudem selbst bis Anfang 2001 gebraucht, um die Schenkungsteuererklärung nach Mahnung ohne weitere Fristverlängerung - und damit schon nicht mehr fristgerecht - abzugeben. Auch die Erklärung zur Wertfeststellung wurde erst nach Mahnung im Oktober 2001 eingereicht, mithin nach dem Tod der Schenkerin. Wollte der Kläger wirklich erreichen, dass die Schenkungsteuer so schnell wie möglich festgesetzt wird, so wäre er nicht daran gehindert gewesen, die Schenkungsteuererklärung auch ohne ausdrückliche Anforderung von sich aus abzugeben. Statt dessen hat er selbst erst nach mehrfacher Fristverlängerung rund 7 Monate nach der ersten Aufforderung die Erklärung zu einer Zeit, zu der die Schenkerin schon über xx Jahre alt war, und die Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwerts sogar erst nach dem Tod der Schenkerin abgegeben. Auf diese Weise musste er bzw. die Schenkerin, die die Schenkungsteuer bis xxx.xxx DM nach dem Vertrag übernommen hatte, auch die bereits unbedingt angefallene Schenkungsteuer noch nicht zu einem früheren Zeitpunkt entrichten.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebieteAO, ErbStGVorschriftenAO § 163 ; ErbStG § 25

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