Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

06.10.2006 · IWW-Abrufnummer 062897

Amtsgericht Düsseldorf: Urteil vom 10.04.2006 – 43 C 4169/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


43 C 4169/03
verkündet am 10.4.2006

Amtsgericht Düsseldorf

Urteil

In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 13.03.2006 durch die Richterin Behler für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 462,51 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 39% und dem. Beklagten zu 61 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, Chefarzt der XXX macht gegen den Beklagten restliche Honoraransprüche geltend, die im Zusammenhang mit einer Behandlung vom 02.08.2002 bis 20.08.2002 stehen. Während des Krankenhausaufenthaltes führte der Kläger die Implantation einer zementfreien Totalendoprothese durch. Über die privatärztliche Behandlung wurde unter dem 20.11.2002 die ärztliche Honorarrechnung erteilt, bezüglich deren Inhalt auf die Anlage K 1, BI. 9 - 12 GA Bezug genommen wird. Ebenso wird auf den Operationsbericht vom 05.08.2002, BI. 13 f Bezug genommen. Darin waren folgende Diagnosen gestellt: Dysplasiecoxarthrose re., Coxa magna, extreme Bemuskelung und Adipositas, Kapselverschwielung, SynoviaIltis. U.a. rechnete der Kläger am 05.08.2002 für die Ziffer 2151 GOÄ mehr als den 2,3fachen Steigerungssatz ab und begründete dies nach § 12 Abs. 3 GOÄ. Nach Abzug der Minderung nach § 6 a GOÄ zahlte der private Krankenversicherer des Beklagten auf die Gesamtforderung von 2,051,02 ? insgesamt 1.294,91 ?, weil er die Rechnung im Übrigen bezüglich der Position 2113 (248,01 ?), 2258 (160,87 ?), 2125 (297,62 ?) und A 2562 (301,64 ?) unter Verweis auf § 4 Abs. 2 a GOÄ verweigerte. Am 12.2.2003 lehnte die private Krankenversicherung des Beklagten weitere Zahlungen endgültig ab. Über die Erbringung der einzelnen Leistungen durch den Kläger besteht zwischen den Parteien kein Streit.
Die Differenz nebst Verzugszinsen Ist Gegenstand der Klage.

Der Kläger Ist der Ansicht, § 4 Abs. 2 a GOÄ greife vorliegend nicht ein.
Die Ziffer 2113 GOÄ sei für die vollständige Entfernung der hochgradig entzündeten Gelenkschleimhaut des Beklagte, die sog. Synovektomie, abgerechnet worden. Diese ärztliche Leistung sei im Operationsbericht dokumentiert und nicht Leistungsbestandteil der Implantation des künstlichen Hüftgelenkes, die der Kläger mit Ziffer 2151 GOÄ abgerechnet habe. Die Synovektomie gehöre nicht zu den methodisch notwendigen operativen Einzelschritten bei der Hüftgelenksoperation. Im Rahmen des Zugangs zum endoprothetischen Totalersatz werde die Gelenkschleimhaut nur eingekerbt, nicht entfernt. Im Übrigen müsse die Aufzählung in den Algemeinen Bestimmungen des Abschnitts L III Gelenkchirurgie als abschließend angesehen werden.

Mit der Leistungsziffer 2258 GOÄ habe der Kläger eine von ihm vorgenommene plastische Knochendurchtrennung zur Behandlung einer sehr flachen Pfannenkonfiguration Im Rahmen einer sog. Hüftdysplasie abgerechnet. Die Leistung sei ebenfalls in dem Operationsbericht dokumentiert. Die ärztliche Leistung sei kein methodisch notwendiger operativer Einzelschritt, sondern diene zur Qualitätsverbesserung des Aufnahmelagers der Endoprothese und sei durch die besonderen anatomischen Verhältnisse bei dem Beklagten indiziert gewesen. Wegen der Dysplasie war unstreitig der laterale Erker sklerosiert.
Die Leistungsziffer A 2562 GOÄ rechne der Kläger für die präoperative CT-gestützte Planung der Pfannenpotition mit dem Surgigate- System ab, die in dem Operationsbericht dokumentiert sei. Die Implantation des Hüftgelenkes könne auch ohne diese Leistung erfolgen. Die ärztliche Behandlungsmethode sei im Übrigen bei Erstellung des Gebührenverzeichnisses noch gar nicht bekannt gewesen, so dass sie auch nicht Bestandteil der Leistungsziffern sein könnte.

Auch die Ziffer 2125, die sog. Kopf- HaIsresektion vom Hüftgelenk sei im konkreten Fall abrechenbar. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit der Leistungslegende und dem Punktwert des Zweiteingriffes nach Ziffer 2152.

Dei Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteiler.1, an ihn 756,11 ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2003 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, ein Anspruch auf weitergehende Zahlung bestünde mit Rücksicht auf §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 2 GOÄ nicht. Da der Kläger die Operationsleistung nach der Ziffer 2151 GOÄ mit dem Faktor 3,3 veranschlagt habe und er bei der Wahl des Steigerungsfaktors die Umstände, die die Leistung schwieriger und aufwendiger gemacht hätten, dadurch berücksichtigt habe, bestehe kein Anspruch auf weitere Gebühren. So stelle die Synovektomie eine Modifikation der Hauptleistung dar. Eine eigenständige Zielsetzung bestehe bei der Position A 2562 GOÄ nicht. Ebenso stelle die Position 2258 GOÄ keine eigenständige Leistung dar.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf BI. 294 ff, 336ft. GA Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Kläger hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang einen Honoraranspruch gegen den beklagte aus §§ 611, 612 BGB. Da eine Honorarvereinbarung nicht abgeschlossen worden ist, richtet sie die Abrechnung nach den Vorschriften der GOÄ. Der Beklagte schuldet dem Kläger die Gebühren nach den Nummern A 2562 und 2258 GOA. nicht jedoch die Gebühren nach den Nummern 2113 und 2125 GOÄ, denn die Leistungen des Klägers stellen insofern keine selbständige Leistung nach § 4 Abs. 2 GOÄ dar.

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ kann der Arzt Gebühren, die nach Absatz 1 Vergütungen für die im Gebührenverzeichnis genannten ärztlichen Leistungen sind, nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen. Auch soweit das Gebührenverzeichnis eine bestimmte Leistung nicht aufführt, ist die in § 6 Abs. 2 GOÄ vorgesehene Analogberechnung, d.h. die Heranziehung einer nach Art, Kosten- und Zeltaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses, nur für selbständige ärztliche Leistungen eröffnet.

Nach § 4 Abs. 2 a GOÄ kann der Arzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis Ist, eine gesonderte Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der Im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen mit methodisch notwendigen operativen Einzelschritten. In dieser Regelung ist das sogenannte Zielleistungsprinzip beschrieben. Soweit eine Zielleistung berechnet werden kann, scheiden die zum Erreichen dieses Ziels notwendigen flankierenden Maßnahmen als Hilfs- oder. Begleitverrichtung als gesonderte selbständig abrechenbare Maßnahme aus.

Für die Anwendung des § 6 Abs. 2 GOÄ kommt es darauf an, dass die in Rede stehende Leistung eine andere als die im Leistungsverzeichnis beschriebene ist und nicht nur eine besondere Ausführung der letzteren.

Der Arzt hat zwar nach § 5 Abs. 2 GOÄ die Möglichkeit, die Gebühren innerhalb des Rahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der einzelnen Leistungen sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Danach besteht durchaus die Möglichkeit, in dem durch den Rahmen begrenzten Umfang auch Besonderheiten Rechnung zu tragen, die auf eine neue Behandlungsmethode und Entwicklungen der medizinischen Wissenschaft zurückgehen. Es ist aber nicht die Aufgabe der Vorschrift, für eine angemessene Honorierung solcher Leistungen zu sorgen, für die eine Analogberechnung in Betracht kommt (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1202; NJW-RR 2003, 636). Ein solches Verständnis nähme dem Arzt die Möglichkeit, den Gebührenrahmen wegen anderer, gleichfalls vorliegender Umstände auszuschöpfen.

Danach gilt hier Folgendes:

Der Kläger kann gesondert die Vergütung nach Ziffer 2258 GOÄ für die Aufmeißelung im Erkerbereich verlangen. Nach der nachvollziehbaren Darstellung des Sachverständigen Rader ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger hier die Position als selbständige Leistung abrechnen kann. Davon geht auch der Sachverständige Siehl auf S. 5 seines Gutachtens aus, wenn er zu 2258 ausführt, dass es sich bei einem operativ zu behandelnden zusätzlichen Erkerverlust um einen eigenständigen operativen Schritt handelt und damit nicht um einen im Einzelfall notwendigen Schritt, um das Therapieziel Totalendoprothese erbringen zu können. Dem Sachverständigen Siehl war im Zeitpunkt der Gutachtenerstellung lediglich die zusätzliche Information des Klägers unbekannt, dass der laterale Erker sklerosiert war. Es handelt sich vielmehr um einen weiteren knöchernen Defekt, dessen Beseitigung zur Optimierung des Operationsergebnisses erfolgte, damit aber nicht zwingend für die Totalendoprothese erbracht werden musste.

Dass den Sachverständigen die Röntgenbilder nicht vorlagen, führt nicht nach § 356 a ZPO zu einem Ausschluss der Beweisführung, da die Beweisfrage durch die Sachverständigen trotzdem einem Ergebnis zugeführt werden konnte.

Weiter kann der Kläger nach Ziffer 2562 GOÄ die präoperative CT-gestützte Planung der Pfannenpotition mit dem Surgigate-System abrechnen. Der Sachverständige Siehl hat insofern überzeugend ausgeführt, dass auch ohne diese Leistung die Totalendoprothese hätte durchgeführt werden können, es sich aber um eine anerkannte präoperatIve Untersuchung handelt, um das Ergebnis zu optimieren. Es handelt sich daher nicht um eine methodisch und medizinisch notwendige, sondern um eine selbständige Leistung. Die Anhörung des Sachverständigen oder die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens war wegen der Eindeutigkeit der . Beantwortung der Beweisfrage nicht erforderlich.

Anders liegt es bei der Abrechnung der Ziffer 2113 GOÄ. Entgegen der Ansicht des Klägers, der auf die eigenständige medizinische Indikation abstellt, ist bezogen auf den konkreten Einzelfall weiter darauf abzustellen, dass die vollständige Entfernung der hochgradig entzündeten Gelenkschleimhaut notwendiger Zwischenschritt zur Durchführung des Leistungsziels, der Totalendoprothese, war und damit nicht separat neben der Ziffer 2151 GOÄ abgerechnet werden kann. Ihr kommt kein eigenständiges Therapieziel zu.

Selbiges gilt für die Kopf- Halsresektion, Ziffer 2125 GOÄ, da diese ein technisch zwingender Schritt vor dem Einsatz des künstlichen Ersatzgelenkes ist. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt auch nichts anderes aus dem Verhältnis der Punktwerte für beide Leistungen. Ein Insoweit bestehendes Missverhältnis muss und kann nur über § 5 GOÄ ausgeglichen werden.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt: 756,11 ?.

RechtsgebietGebührenrechtVorschriftenGOÄ, BGB, ZPO

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr