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29.08.2006 · IWW-Abrufnummer 062371

Finanzgericht München: Urteil vom 10.05.2006 – 1 K 5521/04

Aufwendungen für die Umlackierung und Beschriftung von Fahrzeugen und Maschinen des Anlagevermögens zu Werbezwecken führen nicht zu aktivierungspflichtigen AK oder HK, sondern sind sofort abziehbare BA.


Finanzgericht München

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Streitsache


gegen


wegen


Einkommensteuer 1999 und 2000 Gewerbesteuermessbetrag 1999 und 2000

hat der 1. Senat des Finanzgerichts München ohne mündliche Verhandlung am 10. Mai 2006 für Recht erkannt:

1.
In Abänderung der geänderten Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 1999 und 2000 jeweils vom 19. Februar 2003 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 3. Dezember 2004 werden die Einkommensteuern für 1999 auf 8.418,93 ¤, für 2000 auf 19.361,60 ¤ sowie die Gewerbesteuermessbeträge für 1999 auf 2.208,78 ¤ und für 2000 auf 5.266,31 ¤ herabgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe
I.
Streitig ist, ob Aufwendungen für die Lackierung und Beschriftung von Fahrzeugen und Maschinen des Anlagevermögens nur in Höhe der Abschreibungen für Abnutzung (AfA) oder sofort in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

Der Kläger, der zusammen mit der Klägerin für die Streitjahre (1999 und 2000) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurde, betreibt ein Einzelunternehmen u.a. zur Vermietung von Baumaschinen und -geräten mit Bedienungspersonal. Den Gewinn ermittelt er durch Betriebsvermögensvergleich (§§ 5 Abs. 1, 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Die für den Betrieb angeschafften Fahrzeuge und Maschinen lässt er üblicherweise einheitlich in einem firmentypischen Rot lackieren und mit der Firmenaufschrift versehen. Ebenso ist er in 1999 mit dem Tieflader ... sowie einer 35-m-Lkw-Bühne und in 2000 mit dem Sattelauflieger ... verfahren. Die Kosten hierfür betrugen in 1999 insgesamt 3.250 DM und in 2000 1.900 DM. Der Kläger hatte diese Kosten ursprünglich in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung rechnete der Beklagte (das Finanzamt - FA -) diese Kosten zu den Anschaffungskosten und ließ nur noch die AfA zum Abzug zu (degressive AfA in Höhe von 30 %, betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer 5 Jahre). Dadurch erhöhten sich in den nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheiden vom 19. Februar 2003 die Einkünfte bzw. der Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb für 1999 um 2 762 DM und für 2000 um 104 DM. Wegen der Berechnung der AfA wird auf den Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts ... vom 30. Dezember 2002 Bezug genommen (Textziffern 1.6 und 1.7). Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 3. Dezember 2004).

Mit der vorliegenden Klage halten die Kläger an ihrer Ansicht fest, die streitigen Aufwendungen für die Lackierungen und Beschriftungen seien nicht zusammen mit den Anschaffungskosten der jeweiligen Maschinen bzw. Fahrzeuge zu aktivieren. Diese seien auch ohne die firmentypische Farbe und Beschriftung voll funktionstüchtig. Es handle sich bei den Lackierungen und Beschriftungen ebenfalls nicht um selbständig nutzbare Wirtschaftsgüter, so dass auch keine eigenständige Abschreibung erfolgen könne. Ferner liege die tatsächliche Nutzungsdauer der Beschriftungen unter zwei Jahren. Aufgrund von Beschädigungen seien nach ein bis zwei Jahren die Beschriftungen aller Fahrzeuge einmal ausgetauscht worden.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung der geänderten Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 1999 und 2000 jeweils vom 19. Februar 2003 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 3. Dezember 2004 die Einkünfte bzw. den Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb für 1999 um 2.762 DM und für 2000 um 104 DM zu vermindern und die Einkommensteuern sowie die Gewerbesteuermessbeträge entsprechend niedriger festzusetzen.

Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.

Es vertritt die Ansicht, die angeschafften Fahrzeuge würden erst durch die spezielle Lackierung und die Anbringung der Firmenbeschriftung für die vom Kläger konkret gewollte Art und Weise der Nutzung fertig gestellt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. September 2001 IX R 52/00, BStBl II 2003, 574). Die Höhe der Aufwendungen im Verhältnis zu den Bilanzansätzen für die jeweiligen Fahrzeuge und Transportmittel sei für die Aktivierungspflicht nicht ausschlaggebend. Ebenso sei eine eigenständige Abschreibung der streitigen Aufwendungen als Herstellungsaufwand möglich. Bei der einheitlichen Lackierung und Beschriftung handle es sich nämlich um eine über mehrere Kalenderjahre wirksame Werbemaßnahme. Da die Dauer der Werbung von der Nutzungsdauer des entsprechenden Fahrzeugs abhänge, könne eine gemeinsame Aktivierung und Abschreibung über 5 Jahre vorgenommen werden. Soweit die Beschriftungen oder Lackierungen in späteren Jahren wegen Beschädigungen ausgebessert bzw. erneuert werden müssen, stellten diese Aufwendungen nach den allgemeinen Grundsätzen sofort abzugsfähige Betriebsausgaben dar. Da diese Aufwendungen je Fahrzeug der Höhe nach nicht bekannt seien, könne nicht geprüft werden, ob die Restwerte der bisherigen Beschriftungen entfallen und neue Wirtschaftsgüter entstanden seien, oder ob lediglich sofort abzugsfähige Aufwendungen für eine Ausbesserung vorlägen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.

II.
Die Klage ist begründet.

1. Die streitigen Aufwendungen sind keine Anschaffungskosten, die nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen sind, sondern sofort abziehbare Betriebsausgaben. Sie führten auch nicht ZU neuen Wirtschaftsgütern, von denen gesondert AfA vorzunehmen wären.

a) AfA sind auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern vorzunehmen, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG). Anschaffungskosten sind Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können, ferner die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs - HGB -) Ein Vermögensgegenstand (Wirtschaftsgut) ist betriebsbereit, wenn er entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann. Zu den Anschaffungskosten zählen daher die Aufwendungen, die erforderlich sind, um das Wirtschaftsgut bestimmungsgemäß nutzen zu können. Grundsätzlich bestimmt der Erwerber den Zweck des Wirtschaftsguts, d. h. in welcher Weise es genutzt werden soll (vgl. "um ... zu" in § 255 Abs. 1 HGB). Zweck bedeutet nicht nur, dass das Wirtschaftsgut zur Erzielung von Einkünften im Rahmen einer bestimmten Einkunftsart genutzt werden soll, mithin betriebsbereit wäre, wenn es dafür überhaupt einsetzbar ist. Zweck bedeutet vielmehr die konkrete Art und Weise, in der der Erwerber das Wirtschaftsgut zur Erzielung von Einnahmen im Rahmen einer Einkunftsart nutzen will (vgl. zu Gebäuden das BFH-Urteil vom 12. September 2001 IX R 52/00, BStBl II 2003, 574 m.w.N.). Auch im Fall der Anschaffung von Anlagegütern zählen sämtliche anlässlich des Erwerbs und im Zusammenhang mit ihm entstandene Kosten bis zur Betriebsbereitschaft des angeschafften Gegenstandes zu den Anschaffungskosten (vgl. BFH-Urteil vom 14. November 1985 IV R 170/83, BStBl II 1986, 60).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegen bei den streitigen Aufwendungen einzig in Frage kommende Betriebsbereitschaftskosten nicht vor. Die betreffenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (Tieflader, Lkw-Bühne, Sattelauflieger) wurden nicht erst durch die Lackierung und Beschriftung mit dem Firmennamen in Betriebsbereitschaft versetzt. Zwar hat der Kläger diese Aufwendungen einheitlich wie bei allen seinen Maschinen und Fahrzeugen vorgenommen, bevor er sie für die betrieblichen Zwecke der Vermietung zum Einsatz bringt. Doch dienten die Aufwendungen nicht der Vermietung oder der Hebung des Standards der einzelnen Anlagegüter, die mit der Lackierung und der Aufschrift versehen wurden, sondern allgemein Werbezwecken für das Unternehmen des Klägers. Die Betriebsbereitschaft der betreffenden Anlagegüter war auch ohne die spezielle Lackierung und Aufschrift gegeben (anders in Fällen der nachträglichen Umrüstung oder des Umbaus von Anlagegütern für den bestimmungsgemäßen Einsatz, vgl. BFH-Urteile vom 1. April 1981 IR 27/79, BStBl II 1981, 660; vom 14. November 1985 IV R 170/83, BStBl II 1986, 60).

Der BFH hat in dem ebenfalls vom FA angeführten Urteil vom 12. September 2001 IX R 52/00 (BStBl II 2003, 574) auch nicht alle zwischen dem Erwerb und der erstmaligen Nutzung des Wirtschaftsguts im Rahmen der Einkunftsart vom Erwerber nach dessen Belangen vorgenommenen Aufwendungen zu den Anschaffungskosten gerechnet. Er hat vielmehr Fallgruppen nach objektiven Kriterien gebildet (insbesondere die Erhöhung des Standards der Wohnung) und z. B. Schönheitsreparaturen und Instandsetzungsarbeiten an vorhandenen Gegenständen und Einrichtungen von den Anschaffungskosten ausgenommen. Im vorliegenden Fall spricht - entgegen der Ansicht des FA - auch die verhältnismäßig geringe Höhe der streitigen Aufwendungen im Vergleich zu den auf die Anlagegüter entfallenden Anschaffungskosten für die sofortige Abziehbarkeit (vgl. den Bilanzansatz für den Sattelauflieger ... in Höhe von 165.093 DM mit den Kosten der Lackierung und Beschriftung in Höhe von 1.900 DM; vgl. zu diesem Gesichtspunkt BFH-Urteil vom 11. August 1989 IX R 87/86, BStBl II 1990, 131).

b) Durch die Lackierung und Beschriftung wurden auch keine eigenständigen Wirtschaftsgüter hergestellt, die gesondert abzuschreiben wären. Zwar ist der Begriff des Wirtschaftsguts weit gespannt. Er umfasst Sachen, Rechte oder tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt, die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind, in der Regel eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und zumindest mit dem Betrieb übertragen werden können. Davon abzugrenzen sind die unselbständigen Teile, die wertbildenden Faktoren, wie z. B. geschäftswertbildende Rechtsreflexe oder Nutzungsvorteile eines Wirtschaftsgutes. Die selbständige Bewertbarkeit bestimmt sich nach dem Nutzungs- und Funktionszusammenhang, nach dem Grad der Festigkeit einer evtl. vorgenommenen Verbindung, nach dem Zeitraum, auf den die Verbindung und gemeinsame Nutzung angelegt sind, sowie nach dem äußeren Erscheinungsbild (vgl. BFH-Urteil vom 20. März 2003 IV R 27/01, SStSl1i 2003, 878; Weber-Gellet in Schmidt, EStG § 5 Rnr. 96).

Nach diesen Maßstäben sind die Lackierung und Beschriftung mit den Anlagegütern, auf die sie aufgebracht wurden, eine so feste Verbindung eingegangen, dass sie als deren unselbständige Teile angesehen werden müssen. Ihre Werbewirkung können sie nur im jeweiligen Nutzungs- und Funktionszusammenhang der betreffenden Anlagegüter entfalten. Eine selbständige Bewertbarkeit ist mithin nicht gegeben. Entgegen der Ansicht des FA ist daher eine eigenständige Abschreibung der streitigen Aufwendungen als Herstellungsaufwand nicht möglich. Im Ergebnis werden hierdurch die Aufwendungen für die erstmalige Umlackierung und Beschriftung mit dem Firmennamen steuerlich gleich behandelt mit den Aufwendungen für die spätere Erneuerung der Lackierung und Beschriftung. Beide sind sofort abziehbare Betriebsausgaben.

2. Die Einkommensteuern und Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre errechnen sich hiernach wie folgt:

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.

RechtsgebietBilanzrechtVorschriften§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 255 Abs. 1 HGB

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