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13.07.2006 · IWW-Abrufnummer 061902

Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 29.04.2005 – 14 K 220/99

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG

Im Namen des Volkes

Urteil

Az.: 14 K 220/99

In dem Finanzrechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 1995

hat der 14. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg - aufgrund der mündlichen Verhandlung - in der Sitzung vom 29. April 2004 durch XXX für R e c h t erkannt:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 1995 die unterlassene Berücksichtigung von bezahlter Umsatzsteuer als Betriebsausgaben im Wege einer Sonderabschreibung bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit.

Die Klägerin und ihr 1997 verstorbener Ehemann wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Ehemann war von Beruf Rechtsanwalt.

Die Eheleute waren in den Jahren 1994 und 1995 zu je 1/2 Miteigentumsanteil Eigentümer des Grundstücks "Am S" in A. Bei dem Grundstück handelt es sich um ein Einfamilienhaus.

Im Jahre 1994 wurde an dem vorstehenden Einfamilienhaus ein Anbau vorgenommen. Die Herstellungskosten beliefen sich im Jahre 1994 auf netto 220.492,92 DM zuzüglich Umsatzsteuer von 33.073,94 DM = brutto somit 253.666,86 DM. Ab 01. November 1994 wurde der Anbau von der Ehegattengemeinschaft an die Anwaltskanzlei des Ehemannes umsatzsteuerpflichtig vermietet.

Der verstorbene Ehemann hielt seinen hälftigen Miteigentumsanteil im Betriebsvermögen der Anwaltskanzlei. Die für den Anbau bezahlte Umsatzsteuer in Höhe von 33.073,94 DM hatte die Ehegattengemeinschaft in der Umsatzsteuererklärung für 1994 erklärt. Der sich hieraus ergebende Umsatzsteuererstattungsanspruch in Höhe von 32.845,20 DM wurde. im Jahr 1996 erstattet.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1994 unterließen es die Eheleute die bezahlte Vorsteuer in Höhe von 33.073,94 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei dem Objekt "Am S" zu erklären, gleichermaßen bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit des verstorbenen Ehemannes. Die im Jahr 1996 erfolgte Umsatzsteuererstattung aus 1994 in Höhe von 32.845,20 DM erklärten die Eheleute in ihrer Einkommensteuererklärung für 1996 hingegen als Einnahmen.

Die AfA für den Anbau wurde bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit bzw. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in 1994 wie folgt festgesetzt:

a) § 18 EStG:
HK brutto: 253.666,86 DM
davon 1/2 Miteigentumsanteil: 126.833,43 DM
AfA gem. § 7 IV Nr. 1 EStG: 4 v. H. (2/12) = 846,43 DM

b) § 21 EStG:
1/2 Miteigentumsanteil Anbau: = 126.833,43 DM
AfA gem. § 7 V Nr. 2 EStG: 5 v. H. = 6.341.67 DM

Die Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1994 wurde erklärungsgemäß mit Bescheid vom 16. Februar 1996 durchgeführt. Der Einkommensteuerbescheid 1994 wurde bestandskräftig .

Bei Erstellung der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1995 bemerkte der Steuerberater der Eheleute, dass die Abschreibung des Anbaus von den Netto-Herstellungskosten und nicht - wie in 1994 geschehen - von den Brutto-Herstellungskosten vorzunehmen ist. Daraufhin ermittelte er die AfA für den Anbau im Jahr 1995 wie folgt:

§ 18 EStG:
Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten alt: 126.833,43 DM
./. Sonderabschreibung: 16.536,97 DM
+ nachträgliche AK/HK: 8.466.77 DM
neue AfA-Bemessungsgrundlage: 118.763,23 DM
AfA 4 v. H. = 4.751,80 DM
Summe AfA : 21.288.77 DM

b) § 21 EStG:
Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten alt: 126.833,43 DM
./. Sonderabschreibung: 16.536,97 DM
+ nachträgl. AK/HK : 8.466.77 DM
neue AfA-Bemessungsgrundlage: 118.763,23 DM
AfA gem. § 7 V EStG 5 v. H. =: 5.938.00 DM
Summe AfA: 22.474.97 DM

Die Eheleute hatten die Sonderabschreibungen zwecks Korrektur der AfA-Bemessungsgrundlage vorgenommen, da gemäß § 9 b Einkommensteuergesetz (EStG) der Umsatzsteuerbetrag nach § 15 Umsatzsteuergesetz (UStG), soweit er bei der Umsatzsteuer abgezogen werden kann, nicht zu den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Wirtschaftsguts gehört, auf dessen Anschaffung oder Herstellung er entfällt.

Das Finanzamt führte die Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1995 mit Bescheid vom 08. April 1997 durch. Dabei ließ es bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung die erklärten Sonderabschreibungen nicht zum Abzug als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten zu.

Der Einspruch der Eheleute blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 1999).

Hiergegen richtet sich die bei Gericht am 29. November 1999 (Montag) eingegangene Klage, mit der die Klägerin daran festhält, dass die unterlassenen Betriebsausgaben im Vorjahr bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit gewissermaßen im Rahmen einer Sonderabschreibung geltend gemacht werden könnten. Nicht mehr hält sie daran fest, dass dies auch hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gelte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 28. Februar 2000 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 1995 vom 01.. September 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 1999 dahingehend zu ändern, dass unter Berücksichtigung einer Sonderabschreibung im Bereich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 16.526,97 DM die Einkommensteuerschuld von 40.610 DM um 6.332 DM auf 34.278,-- DM herabgesetzt wird.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage aus den Gründen der Einspruchsentscheidung - auf die vollinhaltlich Bezug genommen wird - abzuweisen.

In der Streitsache ist am 03. März 2004 ein Gerichtsbescheid ergangen, gegen den die Klägerin rechtzeitig Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat. Damit ist der Gerichtsbescheid gegenstandslos.

Am 29. April 2004 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift und auf die Begründung des Antrages auf mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Zu Recht hat es das beklagte Finanzamt abgelehnt, die im Jahre 1994 bezahlte Umsatzsteuer, die die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit nicht als Betriebsausgaben geltend gemacht hat, im Rahmen der vorgenommenen Sonderabschreibung im Folgejahr anzuerkennen.


Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) (vgl. Beschluss vom 30. August 1995 IX B 74/95, BFH/NV 1996, 41) gehört die bezahlte Umsatzsteuer, sofern eine gemäß § 9 UStG wirksame Option vorliegt und im Bezug auf die Umsatzsteuerzahlung die Voraussetzungen des § 15 UStG gegeben sind, nicht zu den Herstellungskosten (§ 9 b EStG). Vielmehr ist die bezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer) als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbar.

Wie der erkennende Senat bereits mit Urteil vom 25. März 1998 - 14 K 60/93, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1998, 1052 entschieden hat, wirkt sich die bezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer) bei solchen Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich gemäß § 5 EStG ermitteln, gewinnneutral aus. Dies hat seine Ursache darin, dass für die bezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer) ein entsprechender Umsatzsteuererstattungsanspruch, als eine entsprechende Forderung zu aktivieren ist. Dies gilt nicht bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, wie es der verstorbene Ehemann der Klägerin tat.

Kennzeichnend für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist das Zu- und Abflussprinzip. D. h., abzustellen ist für die Betriebsausgabe auf den Zeitpunkt, in dem die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer (Vorsteuer) bezahlt wird, wohingegen die geltend gemachte und vom Finanzamt erstattete Umsatzsteuer (Vorsteuer) als Einnahme zu erfassen ist. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass das Zu- und Abflussprinzip durchbrachen wird, WO, wie hier, der Herstellungsaufwand auf mehrere Jahre zu verteilen ist. Dies rechtfertigt jedoch nicht die vorgenommene Sonderabschreibung. Denn die Durchbrechung des Zu- und Abflussprinzips gilt gleichermaßen für die Steuerpflichtigen, die ihre Einkünfte als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermitteln (§ 2 Abs. 1 Nr.4 bis 7, Abs. 2 Nr. 2 EStG).

Gegen die vorstehende Auffassung vermag sich die Klägerin auch nicht auf die geänderte Rechtsprechung zum gewillkürten Betriebsvermögen zu berufen (vgl. BFH-Urteil vom 02. Oktober 2003, IV R 13/03, BFH/NV 2003, 132). Denn die Zulassung von gewillkürtem Betriebsvermögen bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, kann nicht zur Folge haben, dass auch das Zu- und Abflussprinzip, das kennzeichnend für die Unterscheidung der Gewinnermittlungsarten ist, entfällt.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs.1 Finanzgerichtsordnung (FGO); die Nichtzulassung der Revision aus § 115 Abs. 2 FGO.

RechtsgebietEinkommensteuerrechtVorschriften§ 4 Abs. 1 EStG

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