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11.07.2006 · IWW-Abrufnummer 062011

Verwaltungsgericht Mainz: Urteil vom 23.06.2006 – 4 K 82/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


4 K 82/06.MZ

Verkündet am: 23.06.2006

VERWALTUNGSGERICHT MAINZ

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verwaltungsrechtsstreit XXX

w e g e n Weitergabe von Nachlässen auf Implantate bei privatzahnärztlicher Liquidation hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2006, an der teilgenommen haben
XXX
für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin, Fachzahnärztin für Oralchirurgie mit Tätigkeitsschwerpunkt in Implantologie, möchte im Verfahren grundsätzlich geklärt wissen, ob sie verpflichtet ist, Nachlässe jeglicher Art, die sie von Herstellern/Lieferanten auf von dort bezogene Zahnimplantate erhält (bis zu 50 % des Verkaufspreises), an Privatpatienten weiterzugeben, wenn diese über einen Barzahlungsrabatt von 3 % hinausgehen.

Die Klägerin führt regelmäßig implantologische Behandlungen, insbesondere auch Insertionen von Zahnimplantaten an Privatpatienten, durch. Die Hersteller von Implantaten sind nach ihren Angaben bereit, auf ihre unverbindlich empfohlenen Verkaufspreise für Implantate Nachlässe verschiedener Art und unterschiedlicher Höhe zu gewähren.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie ihr über einen Barzahlungsrabatt von 3 % eingeräumte Rabatte nicht an Privatpatienten weitergeben muss.

Mit Schreiben vom 15. September 2005 fragte sie bei der Beklagten an, ob eine Verpflichtung zur Weitergabe dieser Rabatte bestehe und bat um Mitteilung, mit welchen berufsrechtlichen Konsequenzen sie zu rechnen habe für den Fall, dass die Beklagte eine solche Verpflichtung bejahe, sie aber bei ihrer Auffassung bleibe und Nachlässe nicht weitergebe.

Daraufhin teilte die Beklagte mit Schreiben vom 8. Dezember 2005 mit, nach ihrer Ansicht seien derlei Nachlässe zwingend auch an Privatpatienten weiterzugeben, was sich aus § 3 GOZ und § 10 Abs. 1 Nr. 6 GOZ ergebe. Eine andere Verfahrensweise könne den Tatbestand des Betrugs zum Nachteil des Patienten und seiner Erstattungsstellen erfüllen. Eine Rechtsmittelbelehrung war dem Schreiben nicht beigefügt.

Mit dieser Einschätzung war die Klägerin nicht einverstanden und erhob mit am 26. Januar 2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Feststellungsklage. Sie ist der Auffassung, die Rechtsberühmung der Beklagten sei unzutreffend. Für die von der Beklagten geäußerte Position, also der Pflicht zur Weitergabe von Rabatten auf Implantate gegenüber Privatpatienten, finde sich keine rechtliche Grundlage. Die Beklagte berühme sich auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung gegenüber der Klägerin des Rechts, von dieser verlangen zu können, dass diese Nachlässe bei der Abrechnung gegenüber Privatpatienten zwingend an diese weiterzugeben seien. Tue die Klägerin dies nicht, habe sie mit berufsrechtlichen Maßnahmen der Beklagten zu rechnen. Die Klägerin, die laufend an Privatpatienten Implantationen durchführe, müsse über ihr Abrechnungsverhalten für die Zukunft Klarheit haben, damit sie sich rechtstreu verhalten könne. Ihr könne nicht zugemutet werden, ein Einschreiten der Beklagten zu provozieren oder abzuwarten bis die Beklagte gegen sie einschreite und entsprechende Fragen erst im Rahmen von berufsrechtlichen oder sogar strafrechtlichen Verfahren geklärt werden müssten. Sie hält die von der Beklagten geäußerte Rechtsauffassung für mit dem geltenden Abrechnungs- und Berufsrecht, insbesondere für mit der geltenden Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ), dem rheinland-pfälzischen Gesetz über die Kammern der Heilberufe, der rheinland-pfälzischen Berufsordnung der Zahnärzte sowie unter verfassungsrechtlichen Aspekten nicht vereinbar. Für Privatpatienten seien völlig andere Regelungen maßgebend und andere ?Maßstäbe? zu beachten als für das Kassenzahnarztrecht. Rechtsgrundlage für die Abrechenbarkeit von Zahnimplantaten sei ausschließlich Nr. 2 der allgemeinen Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses K ?implantologische Leistungen?. Weder diesem Wortlaut noch den anderen Regelungen der GOZ sei zu entnehmen, dass Nachlässe an Privatpatienten weitergegeben werden müssten. Auch § 9 GOZ komme nicht als Rechtsgrundlage in Betracht, da Implantate keine zahntechnischen Leistungen seien. Insoweit komme auch keine analoge Anwendung in Betracht, da Normzweck und Interessenlage des in § 9 GOZ geregelten Falls mit dem streitgegenständlichen Fall nicht vergleichbar seien. Es liege keine Regelungslücke vor, weil die Abrechenbarkeit von Implantaten in Abschnitt K der allgemeinen Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses explizit geregelt sei. Dies sei auch nach Artikel 20 Abs. 2 Grundgesetz nicht zulässig. Weder die Musterberufsordnung der Zahnärzte noch die Berufsordnung der Zahnärzte des Landes Rheinland-Pfalz enthielten entsprechend klare Regelungen, auch die Grundsätze des Kassenzahnarztrechtes könnten nicht angewandt werden, da insoweit völlig andere Parameter maßgebend seien als für die privatzahnärztliche Liquidation. Die Verpflichtung zur Weitergabe von Nachlässen auf Implantate sei auch mit höherrangigem Recht unvereinbar, da sie unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam sei.

Die Klägerin beantragt festzustellen,
dass zwischen ihr und der Beklagten kein Rechtsverhältnis besteht, vermöge dessen die Beklagte von ihr verlangen kann, dass diese Nachlässe auf den unverbindlich empfohlenen Bruttoverkaufspreis für Implantate (Rabatte, Naturalrabatte), die sie von Herstellern/Lieferanten von Zahnimplantaten beim Einkauf von Implantaten erhält und die über einen Barzahlungsrabatt in Höhe von 3 % des Rechnungsbetrages hinausgehen, bei der Abrechnung gegenüber Privatpatienten an den jeweiligen Patienten weiterzugeben hat, ohne damit gegen berufsrechtliche Pflichten zu verstoßen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage für unzulässig. Die Beklagte habe in dem dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Schriftwechsel zu keinem Zeitpunkt geäußert, dass die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung mit dem Berufsrecht kollidiere, in dem fraglichen Schreiben sei einzig und allein auf die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) abgestellt worden und lediglich ergänzend darauf hingewiesen worden, dass die Nichtweitergabe von Rabatten den Tatbestand des Betruges erfüllen könne. Das wirkliche Klagebegehren sei nicht auf die Klärung des Bestehens oder Nichtbestehens eines auf dem Heilberufsgesetzes des Landes Rheinland-Pfalz, der Hauptsatzung oder der Berufssatzung der Beklagten beruhenden Rechtsverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter gerichtet. Aus den die Klage tragenden Gründen sowie der deutlichen Fokussierung auf Auslegungsfragen zur GOZ werde deutlich, dass die Klägerin auf einen dispensierenden Hoheitsakt zur Einbehaltung der ihr gewährten Preisnachlässe abziele. Die Klägerin wolle über den Umweg einer verwaltungsgerichtlichen Klage einen Freibrief für das Aushandeln und Einbehalten von Mengenprodukt- oder Naturalrabatten erreichen. Hierfür sei weder der Verwaltungsrechtsweg noch die Feststellungsklage einschlägig. Vielmehr wäre es Aufgabe des Gesetzgebers, die von der Klägerin aufgeworfene Fragestellung eindeutig und unmissverständlich zu klären. Auch sei es möglich in einem Prozess gegen einen Kostenerstatter oder Patienten das Recht des Einbehaltendürfens zu erstreiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Inhalt der Akte verwiesen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage hat keinen Erfolg.

Dabei kann letztlich offen bleiben, ob die Feststellungsklage zulässig ist, insbesondere ob hier ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen den Parteien besteht und die Klägerin ein Feststellungsinteresse hat, denn jedenfalls ist die Klage unbegründet.

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Landeszahnärztekammer, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 2 Heilberufsgesetz ? HeilBG ?) organisiert ist und die u.a. die Aufgabe hat, die Einhaltung der beruflichen Pflichten der Kammermitglieder zu überwachen sowie die zur Beseitigung berufsrechtswidriger Zustände notwendigen Maßnahmen zu treffen (§ 3 Abs. 1 HeilBG). Gemäß § 64 Abs. 2 HeilBG i.V.m. § 24 der Berufsordnung für Zahnärzte im Lande Rheinland-Pfalz vom 21./22. November 2003 ? BOZ-RLP ? entscheidet der Vorstand der Landeszahnärztekammer nach pflichtgemäßem Ermessen, ob er beim Berufsgericht einen Antrag auf Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens stellt.
Zwar begründet die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin in der Standesorganisation (§ 1 Abs. 1 HeilBG) ein konkretes Rechtsverhältnis, das als solches oder mit einzelnen Rechten oder Pflichten der Feststellung gemäß § 43 VwGO fähig ist. Hier geht es der Klägerin ? wie sie vorträgt ? um die grundsätzliche Feststellung der Frage, ob sie verpflichtet ist, Nachlässe jeglicher Art, die sie von Herstellern/Lieferanten auf von dort bezogene Zahnimplantate erhält, an Privatpatienten weiterzugeben. Dabei handelt es sich zunächst um eine gebührenrechtliche Fragestellung, deren Klärung den Zivilgerichten obliegt. Darüber hinaus möchte die Klägerin aber auch ihre Berufspflichten geklärt wissen. Zwar hat die Beklagte dezidiert für sich nicht in Anspruch genommen, die Weitergabe von Rabatten von der Klägerin verlangen zu können, sondern lediglich auf eine Anfrage der Klägerin hinsichtlich einer Verpflichtung zur Weitergabe von Nachlässen ihre Rechtsauffassung mitgeteilt, ohne für den Fall der Nichtbeachtung die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens anzudrohen oder eine Berufspflichtverletzung zu bejahen. Das Antwortschreiben enthält lediglich den Hinweis, dass ein Einbehalten der Rabatte den Tatbestand des Betrugs zu Lasten des Patienten und seiner Erstattungsstellen erfüllen könne.

Die Frage der Klägerin nach berufsgerichtlichen Konsequenzen für den Fall der Nichtbeachtung der Auffassung der Beklagten blieb unbeantwortet. Allerdings hat der Beklagtenbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auch nicht ausschließen können, dass ? für den Fall der Einbehaltung von Rabatten ? ein berufsgerichtliches Verfahrens eingeleitet werde. Für diesen Fall eines drohenden berufsgerichtlichen Verfahrens wäre es der Klägerin nicht zumutbar, die Klärung ihrer Berufspflichten in einem solchen oder gar Strafverfahren abzuwarten, zumal sie in beiden Verfahren zunächst einmal den Vorwurf pflichtwidrigen Handelns hinnehmen müsste.
Der Klägerin könnte daher ein berechtigtes Feststellungsinteresse an der Entkräftung eines solchen Vorwurfs durch die präventive Feststellung der Berufspflichten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zugebilligt werden ? selbst ohne dass die beklagte Kammer sich ausdrücklich eines Rechtes berühmt, die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens oder überhaupt ein Tätigwerden angekündigt hat, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Standesorganisation ein Ermessensspielraum obliegt, wie sie gegebenenfalls einen Verstoß gegen Berufspflichten , dabei insb. auch die Schuldfrage, bewertet und ob sie tatsächlich ein berufsgerichtliches Verfahrens einleitet. Billigte man einem Kammermitglied bereits in einem solchen Vorfeldbereich ein Feststellungsinteresse für eine präventive Feststellung der Berufspflichten und deren Umfang zu ? was allerdings im Hinblick auf die Aufgabenstellung der beruflichen Standesorganisationen zu einer möglicherweise kaum zu bewältigenden Aufgabenflut führte ? so wäre die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig.
Letztlich kann diese Frage offen bleiben, denn jedenfalls ist die Klage unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Feststellung, dass zwischen ihr und der Beklagten kein Rechtsverhältnis besteht, vermöge dessen die Beklagte von ihr verlangen kann, dass sie Nachlässe auf den unverbindlich empfohlenen Bruttoverkaufspreis für Implantate, die sie von Herstellern/Lieferanten von Zahnimplantaten im Einkauf von Implantaten erhält und die über einen Barzahlungsrabatt in Höhe von 3 % des Rechnungsbetrags hinausgehen, bei der Abrechnung gegen Privatpatienten an den jeweiligen Patienten weiterzugeben hat.
Denn die Berechnung von Auslagen für Implantate und Implantatteile, die der Klägerin wegen insoweit von den Herstellern eingeräumter Rabatte überhaupt nicht entstanden sind, wäre nicht angemessen i. S. d. § 9 BOZ-RLP und damit als Verstoß gegen die Verpflichtung eines Zahnarztes, seine Honorarforderungen auf der Grundlage der GOZ angemessen zu erstellen, zu bewerten( vgl. Hamburgisches Berufsgericht für die Heilberufe, Urteil vom 9.3.83, Luyen u. a. , Sammlung berufsgerichtlicher Entscheidungen der Heilberufsgerichte, BD. II, A 2.8 ).
Zu den Berufspflichten der Klägerin gehört gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 10 HeilBG i.V.m. § 9 Abs. 1 S. 1 BOZ RLP, dass die Honorarforderung angemessen zu sein hat.
Gemäß § 15 des Gesetzes für die Ausübung der Zahnheilkunde in der Fassung vom 16. April 1987 (BGBl. I, S. 1225, zuletzt geändert 30. Juli 2004 (BGBl. I, S. 2006 )? ZHG - i.V.m. § 1 Gebührenordnung für Zahnärzte, vom 22. 10.1987, in Kraft getreten am 1.1. 1988, -GOZ- , bestimmen sich die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Zahnärzte nach der GOZ, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Dies ist für den Bereich der privatzahnärztlichen Abrechnung nicht der Fall.
Nach der gesetzlichen Regelung sind in der Gebührenordnung die Mindest- und Höchstsätze für die zahnärztlichen Leistungen festzusetzen und dabei den berechtigten Interessen der Zahnärzte und den zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen. Zwar enthalten weder die GOZ noch andere Kodifikationen wie Berufsordnung oder HeilBG ausdrückliche Bestimmungen zur Weitergabe der von Herstellern von Implantaten Zahnärzten eingeräumten Rabatten an Patienten. Lediglich im Gebührenverzeichnis für zahnärztliche Leistungen werden unter K implantologische Leistungen erwähnt, unter dessen Nr. 1 ausgeführt, dass die primäre Wundversorgung Bestandteil der Leistungen nach Abschnitt K und nicht besonders berechnungsfähig ist, während Nr. 2 des Gebührenverzeichnisses K regelt, dass die bei den Leistungen nach Abschnitt K verwendeten Implantate und Implantatteile besonders berechnungsfähig sind.

Allerdings drängt sich insoweit ? entgegen der Auffassung der Klägerin ? eine analoge Anwendung des Rechtsgrundsatzes auf, den der Verordnungsgeber in § 9 GOZ kodifiziert hat. Nach dieser Vorschrift, die den Ersatz von Auslagen für zahntechnische Leistungen regelt, können neben den für die einzelnen zahnärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren als Auslagen die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen berechnet werden, soweit diese Kosten nicht nach den Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses mit den Gebühren abgegolten sind.

Ausdrücklich regelt diese Vorschrift nur ? worauf die Klägerin zu Recht hinweist ? die Abrechnungen von Auslagen für zahntechnische Leistungen. Insoweit stellt sich aber die Abrechnungssituation bei den industriell gefertigten Implantaten im Wesentlichen gleich dar. Der der Vorschrift zugrunde liegende Rechtsgedanke, dass nur die tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten an den Patienten weitergegeben werden können und damit ein Ausgleich zwischen den Interessen des Zahnarztes und denen der Patienten bzw. deren Erstattungsstellen erfolgen soll, ergibt sich bereits aus der Regelung des § 15 ZHG, nämlich dem Gedanken, den berechtigten Interessen beider Seiten Rechnung zu tragen. Der Zahnarzt soll nur die ihm auch tatsächlich entstandenen Kosten abrechnen können und keine zusätzlichen Gewinne erwirtschaften dürfen.
Dieser für zahntechnische Leistungen geregelte Grundsatz lässt sich auch auf den Ersatz von berechnungsfähigen Auslagen anderer Art übertragen (vgl. insoweit OLG Koblenz vom 23. September 2004, VersR 2005,1068; OLG Hamm vom 30. Januar 2004, GesR 2004,251; Liebold/Raff/Wissing, GOZ-Kommentar, § 9 Randnr. 5; Meurer GOZ, 2. Auflage, § 10 Nr. 6 sowie Lieber, Die neue Gebührenordnung für Zahnärzte, NJW 1988, 742).

Soweit der Verordnungsgeber (nur) die gesonderte Berechnungsfähigkeit von Implantaten und Implantatteilen in Nr. 2 des Abschnittes K der allgemeinen Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses geregelt hat, schließt dies eine analoge Anwendung der Regelung des § 9 GOZ auch auf industriell gefertigte Teile, wie es Implantate sind, nicht aus. Zum einen ist vorliegend nicht erkennbar, dass § 9 GOZ Ausnahmecharakter beigemessen werden sollte, dass also der Verordnungsgeber dessen Verallgemeinerung abgelehnt hat. Vielmehr spricht insoweit viel für ein unbeabsichtigtes Regelungsdefizit. Die implantologischen Leistungen wurden erstmals in die Gebührenordnung für Zahnärzte vom 22. Oktober 1987 aufgenommen, so dass es möglicherweise an hinreichenden Erfahrungen mit Implantatabrechnungen fehlte. Der Begründung des Verordnungsentwurfs ist eine gewisse Zurückhaltung in Bezug auf die Implantologie anzumerken. Einerseits wird zwar in verschiedenen Zusammenhängen hervorgehoben, das Verfahren müsse in Verbindung mit eng eingegrenzten Indikationen als wissenschaftlich anerkannt gelten, andererseits wird eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde wiedergegeben, nach der es weiterer Forschung und der kritischen Sichtung klinisch-praktischer Erfahrungen bedürfe, um längerfristige Erkenntnisse zu sammeln und Wege zu suchen, Misserfolge noch weiter zu mindern (vgl. BR-Dr 276/87, S. 91 sowie BHG vom 27. Mai 2004, NJW-RR 2004, S. 1198).

Es ist nahe liegend, dass die Möglichkeit der Einräumung von Rabatten für industriell hergestellte Implantate oder Implantatteile zu dieser Zeit nicht im Blick des Verordnungsgebers gestanden hat. Zum anderen handelt es sich um eine vergleichbare Interessenlage bzgl. des zur Bewertung stehenden, im Kern wesentlich gleichen Sachverhalts.

Ebenso wie der Zahnarzt im Fall einer Insolvenz des Implantatlieferanten das Risiko trägt, Gewährleistungsansprüche nicht mehr realisieren zu können, stellt sich die Situation bei zahntechnischen Leistungen dar. Auch hier hat der Zahnarzt das volle wirtschaftliche Risiko, ohne es kalkulationsmäßig berücksichtigen zu können.
Dies hat der Verordnungsgeber hinsichtlich der zahntechnischen Leistungen als Ausgleich der Interessen von Zahnärzten einerseits und Patienten/Erstattungsstellen andererseits bewusst so geregelt, erklärtes Ziel der neuen Gebührenordnung war es u.a., den Schutz der zahlungspflichtigen Patienten zu verbessern (vgl. insoweit auch Lieber, Die neue Gebührenordnung für Zahnärzte, NJW 1988, S. 742).
Der Verordnungsgeber hat dabei die betriebswirtschaftlichen Aspekte zu Ungunsten des Zahnarztes zurückgestellt und eine Gewinnerzielung insoweit ausgeschlossen. Bei der Verwendung von Implantaten und Implantatteilen stellt sich die Interessenlage gerade in diesen, von der Klägerin vorgetragenen, wirtschaftlichen Aspekten ganz und gar vergleichbar dar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es für den Zahnarzt beim Ersatz von Auslagen, also anderen Leistungen als denen, die er selbst im Rahmen seiner ärztlichen Tätigkeit erbringt und die vom Zahnarzthonorar abgedeckt werden, völlig unerheblich ist, ob diese Auslagen aus dem zahntechnischen Bereich herrühren, oder von industriell vorgefertigten standardisierten Materialien, die ohne Einschaltung eines zahntechnischen Labors unmittelbar vom Hersteller erworben werden. Auch die Klägerin konnte insoweit keine Unterschiede aufzeigen.
Soweit die Klägerin vorträgt, eine solche Analogie widerspreche Art. 20 Abs. 2 GG folgt dem die Kammer ebenso wenig, wie den übrigen verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen die Beschränkung der Berechnungsmöglichkeit auch von Implantaten und Implantatteilen auf die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen Kosten.
So verstößt zunächst eine analoge Anwendung des § 9 GOZ nicht gegen das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit gesetzlicher Vorschriften des Art. 20 GG.

Anders als die Klägerin es offenbar aus dem strafrechtlichen Analogieverbot herleitet, ist nicht schon das erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist.
Vielmehr ist hier die analoge Anwendung zur Schließung einer planwidrigen Regelungslücke nach dem erkennbaren Willen des Verordnungsgebers vorzunehmen und damit das Gebot zur Weitergabe von Nachlässen auch auf die Abrechnung von Implantaten und Implantatteilen auszudehnen ? wobei die analoge Anwendung bereits durch zwei obergerichtliche Entscheidungen aus dem Jahr 2004 erfolgt ist (vgl. OLG Koblenz vom 23. September 2004, a.a.O. und OLG Hamm vom 20. Januar 2004, a.a.O.).

Dem Gebot zur Weitergabe von Rabatten auf die Abrechnung von Implantaten steht auch nicht Art. 12 GG entgegen.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der zahnärztliche Berufsangehörige gerade nicht mit anderen Wirtschaftsbeteiligten in jeder Hinsicht vergleichbar ist. Vielmehr ist die Ausübung der Zahnheilkunde kein Gewerbe, der Zahnarzt hat die ihm gestellten Aufgaben gewissenhaft und nach den Geboten des ärztlichen Ethos zu erfüllen und das ihm entgegengebrachte Vertrauen zu rechtfertigen (§ 2 Abs. 1, 2 BOZ-RLP). Den Zahnarzt treffen damit gesteigerte Anforderungen im Hinblick auf die Vergütung seiner Tätigkeit und sein wirtschaftliches Verhalten, das geprägt ist vom angemessenen Interessenausgleich zwischen Zahnarzt und Patient. Dies ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken des § 2 Abs. 4 S.2 BOZ-RLP, wonach er keine Verpflichtungen eingehen darf, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen können. Gerade diese Unabhängigkeit wäre möglicherweise aber dann gefährdet, wenn Implantathersteller eine ?Kundenbindung? durch die Einräumung von Rabatten, die der Zahnarzt nicht weitergeben müsste, erreichen könnten. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Einbehaltung von gewährten Nachlässen auf Implantate und Implantatteile von bis zu 50% des empfohlenen Preises nicht nur das wirtschaftliche Risiko abdecken, sondern vielmehr zur Gewinnerzielung beitragen dürfte, ergeben sich hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit dieses Gebotes keine Bedenken.

Einen Verstoß gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit durch die analoge Anwendung des § 9 GOZ auf industriell gefertigte Materialien vermag das Gericht daher nicht zu erkennen.

Ebenso wenig kann die Kammer der Argumentation der Klägerin folgen, das Gebot zur Weitergabe von ihr für Implantate eingeräumte Rabatte an Privatpatienten verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG und den dort geregelten Gleichheitsgrundsatz. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der gerügten Gleichbehandlung der Honorarabrechnung von Privatpatienten und Kassenzahnarztabrechnungen. Bei letzteren ist die Pflicht zur Weitergabe von Rabatten unumstritten. Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass zwischen Kassenzahnarztrecht und dem privatzahnärztlichen Liquidationsrecht Unterschiede bestehen. Dennoch vermögen diese Differenzierungen die Verfassungswidrigkeit einer analogen Anwendung der Vorschrift des § 9 GOZ auf Implantate nicht zu begründen. Denn der Rechtsgedanke, dass der Zahnarzt durch die Einsetzung und Verwendung von Implantaten ebenso wie bei zahntechnischen Leistungen keinen zusätzlichen Gewinn erzielen soll, stellt einen sachlichen Grund zur Gleichbehandlung dar.

Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG vor. Die Einschränkung der Vertragsfreiheit findet, wie oben bereits ausgeführt, ihre Rechtfertigung im Gesetz bzw. der GOZ, die Schranken des Art. 2 Abs. 1 GG darstellen und hinsichtlich deren Verhältnismäßigkeit das Gericht keine Bedenken hegt.

Damit war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung XXX

B e s c h l u s s

der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 23. Juni 2006

Der Streitwert wird auf 10.000,00 ? festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung XXX

RechtsgebieteGOZ, Zahnärztliches BerufsrechtVorschriften§ 9 GOZ, § 9 BOZ-RLP

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