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29.06.2006 · IWW-Abrufnummer 061870

Landgericht München: Urteil vom 22.10.2003 – 9 S 23524/02

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Die Berufung beim LG München wurde zurückgewiesen. Nachstehend die Entscheidung der Vorinstanz - rechtskräftig -

Amtsgericht München

282 C 18468/01

verkündet am 20.11.2002

Urteil

Das Amtsgericht München erläßt durch XXX in dem Rechtsstreit XXX

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2002 am 20.11.2002 folgendes

Endurteil

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 2.057,66 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.9.2000.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klagepartei zu 28/100, die Beklagtenpartei zu 72/100.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tat b e s t a n d

Die Klägerin ist Trägerin des Städtischen Krankenhauses München-Bogenhausen, an welchem Prof. Dr. L liquidationsberechtigter Chefarzt der Abteilung für Neurochirurgie ist. Sein ständiger Vertreter ist Oberarzt Dr. T.

Der Beklagte begab sich zum Zwecke der operativen Beseitigung eines Gehirntumors in die Behandlung des Prof. Dr. L . Er schloß mit der Klägerin einen Vertrag über die Gewährung wahlärztlicher Leistungen (auf die Anlage zur Klage wird Bezug genommen). Im Rahmen der Vorgespräche wurde der Beklagte darüber unterrichtet, dass ständiger Vertreter des Prof. Dr. L. der Oberarzt Dr. T. ist.

Nach vorbereitenden Untersuchungen am 28. und 29.06.00 entfernte Prof. Dr. L am 30.06.00 in einer Operation am Beklagten den Tumor. Am gleichen Tag traten postoperativ Blutungen auf aus der Tumorresektionshöhle. Es musste daher notfallmäßig eine Nachoperation zur Blutstillung vorgenommen werden. Die Nachoperation führte der ständige ärztliche Vertreter des Chefarztes, Oberarzt Dr. T ,durch, weil Prof. Dr. L unvorhergesehen verhindert war.

Die Klägerin stellte dem Beklagten Rechnung in Höhe von insgesamt DM 13.176,05. Abzüglich des mit der Klage geltend gemachten Betrages wurde die Rechnung bezahlt. Im übrigen verweigerte der Beklagte die Zahlung und wies auf die Einwände seiner Krankenkasse hin, dass die Abrechnung der Klägerin nicht die Vorschrift des § 4 Abs. 2 a) GOÄ beachtet habe.

Im einzelnen streiten die Parteien um die Möglichkeit der Abrechnung folgendes GOÄ-Ziffern:
§§ 5370, 2561 und 2562, 2184, 2541 und 2382.

Wegen der Begründung der Klägerin, warum aus ihrer Sicht der Ansatz dieser GOÄ-Ziffern gerechtfertigt sei, wird auf die Klageschrift Bezug genommen.

Nachdem der Beklagte trotz Mahnungen nicht zahlte, beantragt die Klägerin:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 5.576,05, = EUR 2.850,99, nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 11.09.00 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt:

Die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet, dass die Rechnung der Klägerin ordnungsgemäß sei. Die Klägerin habe die Vorschrift des § 4 Abs. 2 a) GOÄ nicht bzw. nicht hinreichend beachtet.

Wegen der Begründung im einzelnen des Beklagten, warum die strittigen GOÄ-Ziffern nicht anzusetzen seien wird auf die Klageerwiderung vom 18.07.01 Bezug genommen (BI. 14/23 d.A.).


Der Beklagte bestreitet, dass die Klägerin die Nachoperation durch den Oberarzt Dr. T als wahlärztliche Leistung in Rechnung stellen könne. Wahlarzt sei ausschließlich Prof. Dr. L gewesen.

Es wurde Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens. Auf das Gutachten des Prof. Dr. B von der Klinik für Neurochirurgie der Universität Regensburg vom 11.02.02 und auf das Ergänzungsgutachten vom 28.05.02 wird Bezug genommen.

Ergänzend wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist im ausgesprochenen Umfang begründet.

Die Klägerin kann nicht schon Bezahlung der vollen Rechnung verlangen, weil der Beklagte in der Vereinbarung über die Wahlleistungen zugesichert hat, dass er die Rechnung voll bezahlen werde, auch wenn die Rechnung von der Krankenversicherung nicht in voller Höhe erstattet werden würde. Diese Klausel ist so auszulegen, dass der Beklagte nur die vollständige Bezahlung einer Rechnung schuldet, die den Vorschriften der ärztlichen Gebührenordnung entspricht. Der Beklagte bestreitet jedoch, dass die streitgegenständliche Rechnung der GOÄ genüge tut.

Die Klägerin ist berechtigt, die zweite Operation dem Beklagten in Rechnung zu stellen. Zwar ist dem Beklagten einzuräumen, dass er mit der Wahlleistungsvereinbarung Anspruch hat auf persönliche Behandlung durch seinen Wahlarzt Prof. Dr. L 1. Die Nachoperation wurde ausgeführt als Notfalloperation. Der Oberarzt Dr. T operierte in Vertretung des Wahlarztes Prof. Dr. L , weil dieser verhindert war. In diesem Fall ist gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 die Operation durch den wie der Chefarzt fachlich qualifizierten Oberarzt als eigene Leistung des liquidationsberechtigten Wahlarztes anzusehen.

Hinsichtlich der einzelnen GOÄ-Ziffern gilt folgendes:
Die Klage ist unbegründet, soweit ein Konsil gemäß 60 GOÄ geltend gemacht wurde. Ein Nachweis über ein derartiges Konsil war nicht bei den Krankenakten, so dass nach Bestreiten durch den Beklagten nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein Konsil stattgefunden hat.

GOÄ-Ziffer 5370:
Die Klägerin rechnet diese GOÄ-Ziffer zu Recht ab.

Die durchgeführte introoperative Computertherapie stellt nach Überzeugung des Gerichts eine selbständige Leistung dar. Nur dann läge ein gebühren recht I ich unselbständiger Bestandteil einer anderen Leistung vor, wenn die durchgeführte Operation ohne die strittige Computertomographie nicht durchführbar wäre. Dies wird jedoch von keiner Partei behauptet und auch nicht vom Sachverständigen. Die Computertomographie ermöglicht als zusätzliche Leistung ein genaueres und damit erfolgreicheres operieren im Gehirn. Schließlich gilt der Grundsatz des § 4 Abs. 2 a) GOÄ nicht für ärztliche Leistungen, die zwar sich notwendigerweise bedingen, jedoch grundsätzlich verschiedenen Fachgebieten zuzuordnen sind, so bei Anästhesie und Chirurgie. Computertomographische Leistungen werden üblicherweise von Röntgenfachärzten erbracht, was zeigt, dass sie einem anderen Fachgebiet zuzuordnen sind als dem der Neurochirurgie. Wenn in dem vorliegenden Fall die introoperative Tomographie auch unter Anleitung oder gar selbst vom Operateur erbracht wird, so handelt es sich dennoch um eine selbständige Leistung. Diese Meinung des Gerichts stimmt auch mit der
Meinung des Gutachters sowohl im Gutachten vom 11.02. als
auch im Ergänzungsgutachten vom 28.05.02 überein.

GOÄ-Ziffern 2561 und 2562:
Das Gericht schließt sich hier den Ausführungen des Gutachters an. Da bei dem Beklagten eine Biopsie entnommen wurde ist die Abrechnung der GOÄ-Ziffer 2561 nicht gerechtfertigt. Gerechtfertigt ist jedoch die Abrechnung gemäß 2562 im Rahmen der notwendigen Neuronavigation.

GOÄ-Ziffer 2184:
Das Gericht schließt sich hier der Meinung des Sachverständigen an, der ohne dies allerdings im einzelnen zu begründen, diese ärztliche Leistung für gesondert abrechenbar hält.

Ziffer 2184 GOÄ beinhaltet das Anlegen bestimmter Halterungen zur Vorbereitung der operativen Behandlung. Wenn jetzt diese besonderen Halterungen zur Durchführung einer Operation vom operativen Ziel erfasst sein sollten gemäß § 4 Abs. 2 a) GOÄ, dann gäbe es keinen Sinn, hierfür diese zur Operation dienenden Halterungen eine besondere gebührenrechtliche Ziffer vorzusehen. Aus dem Zusammenhang der Nummer 2184 in Verbindung mit den zuvor und nachfolgenden GOÄ-Ziffern ist eine unterschiedliche Höhe der Berechnungen zu entnehmen. Aus dieser Systematik ist zu folgern, dass neben der eigentlichen Operationsleistung für verschieden schwierige oder umfangreiche Halterungen diese gesondert berechnet werden können.

GOÄ-Ziffer 2541:
Das Gericht folgt hier den Ausführungen des Gutachters in dem Ergänzungsgutachten vom 28.05.02. Das Gericht besitzt keine eigenen medizinischen Kenntnisse, um die Ausführungen des Gutachters widerlegen zu können. Die Ausführungen des Gutachters sind schlüssig und im Ergänzungsgutachten beantwortet der Sachverständige auf die Fragen des Beklagten dahin, dass die Eröffnung der Laminaterminalis im Sinne einer Ventrikulocisternostomie nicht zur Verringerung der Komplikationslast im Rahmen der operativen Zielleistungen durchgeführt wurde sondern zur Behandlung des Hydrocephalus.

GOÄ-Ziffer 2382:
Auch hier folgt das Gericht den Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten vom 11.02.02. Da im streit gegenständlichen Fall eine Hautlappenplastik oder Spalthauttransplantion bei der Operation nicht durchgeführt worden ist, ist diese Ziffer nicht abrechenbar.

Insgesamt ist festzustellen, dass aus der Rechnung der Klägerin nicht berechtigt sind:

Ziffer 60 GOÄ: 30,96
Ziffer 2561 GOÄ: 1.844,08
Ziffer 2382 GOÄ: 193,78
insgesamt: DM 2.068,82.

Abzüglich 25 % Minderung gemäß § 6 GOÄ: / . DM 517,20

DM 1.551,62
EUR 793,33.

In dieser Höhe ist die Klage abzuweisen, im übrigen begründet.

Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 284, 286, 288 BGB.

Kosten: § 92 ZPO.


Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.

RechtsgebieteMedizinrecht, LiquidationsrechtVorschriften§§611, 612 BGB a.F., § 4 Abs. 2 a GOÄ, Nrn. 5370, 2561,2562,2184,2541 und 2382 GOÄ

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