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20.06.2006 · IWW-Abrufnummer 061677

Amtsgericht Reutlingen: Urteil vom 23.02.2006 – 3 C 1235/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Reutlingen

3 C 1235/05
verkündet am 23.2.2006

Urteil

In Sachen XXX

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Reutlingen durch Richter am Amtsgericht XXX im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 13.2.2006 für Recht erkannt:

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 1197,73 EUR zuzüglich 5 % Zinsen hieraus seit dem 15.4.2005 zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagten tragen 88 %, der Kläger trägt 12 % der Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall.

Am 12.3.2005 kam es in Reutlingen an einer roten Ampel der Straße "Unter den Linden" zu einem Verkehrsunfall,. als der Beklagte Ziff. 1 als Halter eines bei der Beklagten Ziff. 2 haftpflichtversicherten PKW mit seinem Fahrzeug auf das Fahrzeug des Klägers auffuhr.
Die hundertprozentige Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.

Dem Kläger sind folgende Schäden entstanden:

Sachverständigenkosten: 513,07 EUR
Nutzungsausfallentschädigung: 418,00 EUR
Aufwandspauschale: 26,00 EUR

Der Kläger macht als weitere Schadenspositionen geltend:

Reparaturkosten netto: 5040,73 EUR
merkantiler Minderwert: 400,00 EUR

Auf die von dem Kläger geltend gemachte Gesamtforderung in Höhe von 6397,80 EUR hat die Beklagte Ziff. 2 5134,28 EUR bezahlt. Der Kläger macht mit seiner Klage den Restbetrag in Höhe von 1263,52 EUR geltend.
Daneben beansprucht der Kläger die für die außergerichtliche Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 95,00 EUR.

Der Kläger, der die Reparaturkosten fiktiv auf Basis des privaten Sachverständigengutachten des Sachverständigen XXX vom 29.3.2005 berechnet, trägt vor, dass die von den Beklagten vorgenommene Kürzung der Reparaturkosten zu Unrecht erfolgt sei. Insbesondere könne der Kläger nicht darauf verwiesen werden, seinen PKW bei den von der Beklagten Ziff. 2 benannten Vertragswerkstätten, die niedrigere Stundensätze anbieten, reparieren zu lassen.
Es seien vielmehr die von dem Privatsachverständigen XXX festgestellten Stundensätze einer Opel-Vertragswerkstatt in Pfullingen zugrunde zu legen.

Des weiteren sei seiner Ansicht nach bei seinem Fahrzeug als Schadensposition ein merkantiler Minderwert mit zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 1.358,52 EUR zuzüglich 5 % Zinsen hieraus seit dem 15.4.2005 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor, dass der Kläger hinsichtlich der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten nicht aktivlegitimiert sei, da er über eine Rechtsschutzversicherung verfüge, die regelmäßig einen Vorschuss zahle. Im Übrigen seien die von dem Kläger geltend gemachten Gebühren überhöht.

Ein merkantiler Minderwert sei aufgrund des Alters des klägerischen Fahrzeugs nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger sei nicht berechtigt, auf fiktiver Gutachtensbasis die Reparaturkosten abzurechnen, wenn - wie geschehen - von der Beklagten Ziff. 2 eine konkrete, günstigere Reparaturmöglichkeit angeboten wird.
Die Beklagte Ziff. 2 habe daher auf Basis der Stundensätze der Werkstätten, die sie dem Kläger genannt habe, die Reparaturkosten in Hohe von 4.177,21 EUR errechnet.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze und auf den Parteivortrag in der mündlichen Verhandlung vom 8.8.2005.

Das Gericht hat Beweis erhoben über einen etwaigen merkantilen Minderwert durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen XXX vom 29.12.2005 wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist zum überwiegenden, Teil begründet.

Dem Kläger stehe gegen die Beklagten ein dem Grunde nach unstreitiger Schadensersatzanspruch aus dem Unfallereignis vom 11.3.2005 zu.

Im Streit stehen nur die Positionen "Reparaturkosten" und ?merkantile Wertminderung:

Merkantile Wertminderung:

Der klägerische PKW weist eine Erstzulassung am 22.2.2002 aus; zum Unfallzeitpunkt hatte er 133,112 km zurückgelegt.
Der Wiederbeschaffungswert betrug zu diesem Zeitpunkt zwischen 6000 und 6800 EUR.
Der vom Gericht beauftragte Sachverständige XXX hat in seinem Gutachten hierzu ausgeführt, dass die Verschleißgrenzen moderner Fahrzeuge erheblich höher als bei 5 Jahren bzw. 100.000 Kilometern liegen.
Unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten, v. a. auch des guten Allgemeinzustands des klägerischen Fahrzeugs, geht der Sachverständige davon aus, dass nach Durchführung einer Reparatur ein merkantiler Minderwert verbleibt, d.h. eine Minderung des Verkaufswerts, da auch bei völliger Instandsetzung eines Unfallfahrzeugs bei einem großen Teil der Bevölkerung wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden eine den Preis negativ beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Kraftfahrzeuge besteht.

Diesen hat der Sachverständige unter Berücksichtigung sämtlicher wertbildender Faktoren, insbesondere unter Berücksichtigung des Marktangebots und der Nachfrage auf ca. 300 EUR beziffert.

Reparaturkosten:

Der Sachverständige XXX hat in seinem privaten Sachverständigengutachten vom 29.3.2005 erforderliche Reparaturkosten in Höhe von 5040,73 EUR netto errechnet.
Die Beklagten haben diese Berechnung als solche. nicht in Zweifel gezogen. Sie gehen jedoch davon aus, dass der Kläger - im Falle der Reparatur - verpflichtet gewesen wäre, sein Fahrzeug bei einer der von der Beklagten Ziff. 2 benannten konkreten Reparaturwerkstätten; die niedrigere. Stundensätze berechnen, reparieren zu lassen, um seiner Schadensminderungspflicht zu genügen.

Der Geschädigte ist grundsätzlich sowohl in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu leistenden Schadensersatzes frei. Dies gilt auch, wenn fiktive Reparaturkosten geltend gemacht werden.
Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger sich nicht darauf verweisen lassen musste, statt bei einer markengebundenen Werkstatt seiner Wahl und seines Vertrauens die Reparatur bei einer der von der Beklagten Ziff. 2 benannten Werkstätten durchführen zu lassen. Auch der BGH (NJW2003, 2086) führt aus, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, die in der Regel erforderlichen Erkundigungen hinsichtlich der Werkstatterfahrung und der Art der durchgeführten Reparatur einzuholen, was der Fall wäre, wenn ein Geschädigter eine Reparatur nicht in einer ihm bekannten markengebundenen Werkstatt durchführen lässt:

Das Gericht hält im Ergebnis die Dispositionsfreiheit eines Geschädigten für beeinträchtigt, wenn ihm an Stelle der von ihm ausgewählten Reparaturwerkstatt vorgeschrieben werden könnte, wo er konkret seine Reparatur durchführen lassen muss.

Unerheblich ist, dass der Kläger sein Fahrzeug tatsächlich nicht hat reparieren lassen, da obige Grundsatze auch für den Fall einer Abrechnung auf fiktiver 'Reparaturkostenbasis gelten.

Im Ergebnis geht das Gericht davon aus, dass der Kläger den noch offenstehenden Differenzbetrag bezüglich der Reparaturkosten in Höhe von 863,52 EUR zuzüglich eines Betrags in Höhe von 300,00 EUR für einen merkantilen Minderwert, d.h. insgesamt 1163,52 EUR verlangen kann.

Ebenfalls kann der Kläger Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten verlangen, die im gerichtlichen Verfahren nicht erstattet werden.
Das Gericht hält den Kläger diesbezüglich auch für aktivlegitimiert. Sein Prozessbevollmächtigter hat anwaltlich versichert, dass eine Rechtsschutzversicherung keine Vorschüsse bezahlt hat.
Das Gericht geht allerdings davon aus, dass der Kläger, der ursprünglich - berechtigt - einen Betrag in Höhe von 6297,80 EUR gefordert hat, was eine 1;3 Gebühr in Höhe von 487,50 EUR auslöst, nur die Differenz zu einer Gebühr abzüglich des Betrages von 5134,28 EUR verlangen kann, nachdem der Betrag von 5134,28 EUR nicht in den gerichtlichen Streit gelangt ist.
Die hierfür anfallende Gebühr würde 439,40 EUR betragen. Die Differenz beträgt 48,10 EUR.
Der hälftige Betrag (0,65 Gebühr) beträgt 24,05 EUR. Zuzüglich einer Auslagenpauschale von 4,81 EUR und Mehrwertsteuer von 5,35 EUR errechnet sich ein Betrag von 34,21 EUR.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Beklagten befinden sich aufgrund des Anwaltsschreibens vom 24.3:2005 seit dem 15.4.2005 in Verzug.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

RechtsgebietSchadenrecht

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