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21.04.2006 · IWW-Abrufnummer 061115

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 09.12.2004 – 1 U 278/03

1. Eine nicht prüffähige Architektenhonorarforderung setzt den Lauf der Verjährungsfrist nicht in Gang.


2. Der Architekt verhält sich nicht treuwidrig, wenn er dem Auftraggeber zunächst eine nicht prüffähige und erst viel später eine weitere und prüfbare Rechnung vorlegt.

OLG Frankfurt, Urteil vom 09.12.2004 - 1 U 278/03


In dem Rechtsstreit

...

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht Papsdorf als Einzelrichter,

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2.11.2004

für Recht erkannt:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 28.10.2003 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

GRÜNDE

I.

Auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts wird Bezug genommen.

Mit seiner dagegen gerichteten Berufung wendet der Beklagte sich nicht mehr gegen die Rechtsgültigkeit des Architektenvertrages vom 5.7.1996, sondern beanstandet nur noch, das Landgericht habe rechtsfehlsam unter Verkennung der tatsächlichen Umstände den Durchgriff der erhobenen Verjährungseinrede verneint und ebenso rechtsfehlerhaft die Umstände außer Acht gelassen, die eine Versagung des klägerischen Anspruchs unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung geboten hätten.

Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Rechnung der Klägerin vom 22.1.1998 nicht nachprüfbar gewesen sei, denn dieser Rechnung könne die Prüffähigkeit nicht abgesprochen werden, da sie auf der Grundlage des Vertrages vom 5.7.1996 unter Berücksichtigung der danach anrechenbaren Kosten von 4,7 Mio DM erstellt worden sei. Die Auffassung des Vordergerichts, dass wegen der in der späteren Rechnung vom 18.12.2002 erfolgten näheren Erläuterung erst dadurch die Prüffähigkeit gegeben sei, gehe fehl, zumal beide Rechnungen letztlich weitgehend übereinstimmten und die anrechenbaren Kosten sich lediglich von 4,7 Mio DM auf 4,73 Mio DM erhöhten.

Danach sei es treuwidrig, wenn die Klägerin die Erstrechnung etwa 5 Jahre lang nicht geltend gemacht und erst nach weiteren 5 Jahren die spätere Rechnung mit der Begründung präsentiert habe, die Erstrechnung sei nicht prüffähig.

Auch hinsichtlich des Verwirkungseinwandes sei vom Landgericht übersehen worden, dass mehrere Umstandsmomente zu berücksichtigen seien. Abgesehen davon, dass wegen der familiären Bindungen der Parteien zunächst über längere Zeit hinweg von einer Rechnungsstellung abgesehen worden sei und die Klägerin sich erst nach Beendigung dieser Bindungen erstmalig für bereits Anfang der 90er Jahre erbrachte Leistungen zu der Rechnung vom 22.1.1998 veranlaßt gesehen habe, sei ferner beachtlich, dass nach Zurückweisung dieser Rechnung durch den Beklagten wiederum über etwa 5 Jahre von deren Geltendmachung abgesehen worden sei. Statt dessen habe die Klägerin andere Prozesse gegen den Beklagten vor dem Amtsgericht und Landgericht Wiesbaden geführt und erst nach deren Abschluß Veranlassung zu der neuen Rechnung vom 20.12.2002 gesehen. Angesichts all dieser Umstände müsse der Verwirkungseinwand durchgreifen.

Der Beklagte beantragt,

das am 28.10.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden (Az.: 2 0 131/03) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Die gegen das Urteil des Landgerichts lediglich unter dem Gesichtspunkt der. Verjährung und der Verwirkung des klägerischen Anspruchs erhobenen Berufungseinwände greifen nicht durch. Entgegen der Beanstandungen des Beklagten ist die vordergerichtliche Entscheidung nicht mit der erhobenen Rüge einer fehlerhaften Rechtsanwendung angreifbar.

1.
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die - der Höhe nach unstreitige - Klageforderung nicht verjährt ist, weil die Honorarrechnung vom 22.1.1998 nicht prüffähig war und daher insoweit keine Fälligkeit eingetreten ist.

Das entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ist daher nicht zu beanstanden. Danach ist Voraussetzung einer ordnungsgemäßen prüffähigen Rechnungsstellung, dass dabei die gemäß § 10 Abs. 2 HOAI der Honorarabrechnung zu Grunde zu legenden Kosten nach DIN 276 zu ermitteln sind (BGH BauR 1991, 489). Diesen Anforderungen entsprach die ohne eine demgemäße Kostenermittlung erstellte Rechnung vom 22.1.1998 nicht, die somit mangels Prüffähigkeit und folglich mangels Fälligkeit der darin enthaltenen Honorarforderung den Lauf der Verjährungsfrist Ende 1998 nicht in Gang setzen konnte, so daß die auf diese Rechnung gestützte Verjährungseinrede nicht durchgreifend ist.

Ebenso geht der Berufungseinwand fehl, die Rechnung vom 22.1.1998 sei in Übereinstimmung mit der Vertragsgrundlage vom 5.7.1996 erstellt worden. Auch insoweit ist im Urteil des Vordergerichts (S. 9, 10) zutreffend darauf verwiesen worden, dass die unter § 4.2 des Vertrages bezeichneten Kosten von 4,7 Mio DM auf die vorhandene Bausubstanz gemäß § 10 Abs. 3a HOAI bezogen waren und das schon deshalb keine Vereinbarung vorgelegen hat, welche die nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 HOAI erforderliche Kostenermittlung nach DIN 276 bei der zu erstellenden Honorarrechnung der Klägerin entbehrlich machte. Daran vermag der - eher zufällige - Umstand, daß die mit der späteren Honorarrechnung vom 18.12.2002 vorgelegte detaillierte Kostenermittlung der Klägerin die vertragliche, nur den Teilbereich der vorhandenen Bausubstanz betreffende Kostenannahme nur unwesentlich überschritten hat, nichts zu ändern. Wie vom Landgericht zutreffend dargelegt, war die vertragliche Abrede nur auf den Teilaspekt der anrechenbaren vorhandenen Bausubstanz bezogen und daher nicht auf die sonstige honorarfähige Vergütung der Klägerin.

Der Berufung kann auch darin nicht gefolgt werden, dass die Klägerin auch bei Unterstellung einer fehlenden Prüffähigkeit der Rechnung vom 22.1.1998 sich nach Treu und Glauben so behandeln lassen müsse als wenn sie eine prüffähige Rechnung erstellt hätte und dass jedenfalls deshalb die Verjährungseinrede durchgreifend sei.

Die insoweit in Bezug genommene Literaturmeinung (Locher u.a., HOAI, 8. Aufl., S. 403) ist nicht überzeugend und steht insbesondere, nicht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH BauR 2000, 589, 591). Danach bedeutet weder die Vorlage einer nicht prüffähigen Rechnung, noch die spätere Präsentierung einer prüfbaren Rechnung für sich genommen schon eine als treuwidrig anzunehmende Verhaltensweise des Architekten.

Vielmehr müssen, um eine Treuwidrigkeit bejahen zu können, zusätzlich besondere Umstände vorliegen, die einen entsprechenden Treuwidrigkeitsvorwurf rechtfertigen können (BGH, BauR 2003, 379). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber den Architekten unter Fristsetzung zu einer ordnungsgemäßen Rechnungsstellung aufgefordert hat und der Architekt dieser Aufforderung in zumutbarer Zeit nicht nachgekommen ist. Ein solcher Umstand ist vorliegend jedoch nicht gegeben, denn die Äußerung des Beklagten vom 15.1.1999 (Bl. 174 d.A.), die Rechnung werde nicht anerkannt, entspricht nicht der von der Rechtsprechung des BGH als erforderlich angesehenen Inverzugsetzung durch Aufforderung zur prüffähigen Rechnungsstellung unter Fristsetzung.

Der Einwand des Beklagten, die Klägerin müsse sich wegen Treuwidrigkeit an der Rechnung vom 22.1.1998 festhalten lassen geht daher fehl, so dass die Verjährungseinrede darauf nicht zu stützen ist.

2.
Der klägerische Anspruch ist auch nicht verwirkt.

Das Stillhalten der Klägerin bis zum Abschluß des Architektenvertrages vom 5.7.1996 ist insoweit völlig außer Betracht zu lassen, da mit diesem Vertrage gerade die Entgeltlichkeit der klägerischen Leistungen vereinbart worden ist.

Auch für die Zeit danach können weder der Zeitablauf noch die Umstände den Verwirkungseinwand begründen. Die hierfür geltende Voraussetzung, dass bei objektiver Betrachtung der Beklagte darauf vertrauen durfte und sich darauf eingerichtet hat, die Klägerin werde ihren Anspruch nicht mehr geltend machen, ist nicht erfüllt.

Bis zum Zeitpunkt der Erteilung der nicht prüffähigen Rechnung vom 22.1.1998 spricht bereits dagegen, dass ausweislich des Schreibens des Beklagten vom 13.1.1997 (Bl. 130 d.A.) und der "Vertraglichen Vereinbarung" vom gleichen Tage (81. 107 d.A.) seitens des Beklagten Bemühungen unternommen wurden, den Gesellschafter A mit 10 % an dem Sanierungsobjekt in B zum Ausgleich der von der Klägerin erbrachten Architektenleistungen zu beteiligen, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 8.1.1997 vorgeschlagen hatte, dass in Anbetracht der geänderten familiären Verhältnisse auf die Beteiligung verzichtet werden sollte und stattdessen die geleisteten Arbeiten abzurechnen seien (Bl. 131 d.A.). Insofern ist seitens der Klägerin gerade kein dahingehender Vertrauenstatbestand beim Beklagten geschaffen worden, dass die Klägerin ihre Forderung nicht mehr geltend machen werde. Der Beklagte hat sich ersichtlich darauf auch nicht eingerichtet. Dagegen spricht im Übrigen auch eindeutig dessen weiteres Schreiben vom 29.12.1997 an den Gesellschafter A (Bl. 132 d.A.), in welchem es ersichtlich um die Frage der Aufhebung ?unserer Vereinbarung" ging, die einen kompensatorischen Ausgleich des im Raum stehenden Vergütungsanspruchs der Klägerin im Wege einer 10 %-igen Objektbeteiligung eines ihrer Gesellschafter vorgesehen hatte. Auch nach Vorliegen der nicht prüffähigen und vom Beklagten nicht anerkannten Rechnung vom 22.1.1998 konnte dieser nicht davon ausgehen, die Klägerin werde ihr Recht nicht mehr geltend machen. Wie bereits dargelegt, hätten zusätzlich zu dem bis zur erneuten Rechnungsstellung am 18.12.2002 eingetretenen Zeitablauf besondere auf dem Verhalten der Klägerin beruhende Umstände hinzutreten müssen, die das Vertrauen des Beklagten rechtfertigten, die Klägerin werde ihren Anspruch nicht mehr geltend machen. Derartige Umstände, die insbesondere in einer erfolglos gebliebenen Fristsetzung des Beklagten gesehen werden könnten (BGHZ 157, 118), sind jedoch nicht gegeben.

Nach allem ist die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlaßt, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

RechtsgebieteBGB, HOAIVorschriftenBGB §§ 195, 214, 242; HOAI §§ 8, 10

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