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22.03.2006 · IWW-Abrufnummer 060832

Amtsgericht Elmshorn: Urteil vom 01.09.2005 – 52 C 173/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


52 C 173/04
verkündet am 1.9.2005

Amtsgericht Elmshorn

Urteil

In Sachen XXX

hat das Amtsgericht Elmshorn
durch die Richterin am Amtsgericht Finke
im schriftlichen Verfahren mit einer Stellungnahmefrist bis zum 18.08.2005
f ü r R e c h t erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 1/ 4/9 und die Klägerin zu 2) 5/9.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Verkehrsunfall.

Die Klägerin zu 2) fuhr mit dem Fahrzeug der Marke Audi, amtliches Kennzeichen XXX welches den Klägern gehört, gegen 12.00 Uhr rückwärts aus einer Parklücke an dem Parkplatz Am Holstenring in Barmstedt heraus, um dann vorwärts in Richtung Holstenring zu fahren. Sie beabsichtigte nach rechts auf den Holstenring einzubiegen. Der Beklagte zu 1) befuhr mit seinem bei der Beklagten zu 2) versicherten VW Passat, amtliches Kennzeichen XXX den Holstenring in Richtung Bahnhofstraße, wobei sich der Parkplatz links von ihm befand. Die Straße folgte in diesem Bereich einem S-Verlauf.

In Höhe der Parkplatzausfahrt zum Holstenring kam es zu einer Kollision der Fahrzeuge, bei der das Fahrzeug des Beklagten zu 1) einen Streifschaden im linken hinteren Seitenbereich und das Fahrzeug der Kläger einen Anstoß im vorderen linken Bereich erfuhr. Durch den Unfall wurde u. a. der Scheinwerfer des Fahrzeugs der Kläger zerstört, so dass sich Glassplitter an der Grenze zur Parkfläche, jedoch vollständig auf der Fahrbahn des Holstenringes wiederfanden.

Der von den Klägern eingeschaltete Sachverständige bezifferte die Reparaturkosten auf 2.777,31 ? incl. Mehrwertsteuer. Der Wiederbeschaffungswert betrug 1.900,-- ?. Die Kläger übernahmen die Reparatur des Fahrzeuges in Eigenregie und konnten in dem Verlauf der Reparatur das Fahrzeug vier Tage lang nicht nutzen. Den Wiederbeschaffungswert von 1.900, -- ?, eine Nutzungsausfallentschädigung von 136,-- ? und eine allgemeine UnkostenpauschaIe von 25,-- ? machen die Kläger mit der Klage geltend.

Die Klägerin zu 2) erlitt durch den Aufprall eine HWS-Distorsion. Sie hatte noch 7 Tage nach dem Unfall erhebliche Schmerzen im Kopf- und Nackenbereich. Für die erlittenen Schmerzen begehrt sie ein angemessenes Schmerzensgeld.

Die Kläger behaupten, der Bekiagtezu1) sei nicht dem S-Verlauf der Straße gefolgt, sondern habe den äußeren leerstehenden Parkplatz diagonal geschnitten. Er sei mit zu hoher Geschwindigkeit gefahren. Die Klägerin zu 2) habe sich zum Zeitpunkt des Unfall noch vollständig auf dem Parkplatz befunden und habe trotz Anwendung höchster Sorgfalt den Unfall nicht vermeiden können.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 2.061 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.6.2004 zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin zu 2) ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 250 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.6.2004 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 1) sei mit ca. 25 - 30 km/h in der Mitte der Fahrbahn gefahren. Der Beklagte zu 1) habe die Parkfläche nicht befahren, der Unfall sei vielmehr dadurch eingetreten, dass die Klägerin zu 2) unachtsam das ausgewiesene Parkplatzgelände verlassen habe.

Das Gericht hat Beweis erhoben über den Hergang des Unfalls durch Vernehmung des Zeugen XXX sowie gemäß der Beweisbeschlüsse vom 22.10.2004 (BI. 61 f. d. A.) und 24.01.2005 (Bl. 80 f. d. A). Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2004 (Bl. 51 ff.. d. A), das Protokoll der Zeugenvernehmung vom 10.01.2005 (BI. 68 ff. d. A) sowie das Gutachten des Sachverständigen XXX vom 20.06.2005 (BI. 90 ff. d. G.A.).

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Den Klägern steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz oder Schmerzensgeld aus §§ 7, 18 StVG in Verbindung mit § 3 Pflichtversicherungsgesetz bzw. § 253 Abs. 2 BGB zu.

Ein Anspruch aus den §§ 7, 18 StVG steht den Klägern gegen den Beklagten zu 1) nicht zu, da die Betriebsgefahr des Fahrzeuges des Beklagten zu 1) bei der gemäß § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile vollständig zurücktritt.

Gemäß § 17 Abs. 2 StVG richtet sich der Ausgleich von Schäden, die durch die Beteiligung zweier Kraftfahrzeuge an dem Unfall entstanden sind, nach dem Maß ihrer Verursachung des Schadens. Die Kläger müssen sich dabei die Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges anrechnen lassen, wobei sich die Betriebsgefahr durch ein Verschulden erhöht hat Der Kläger zu 1) muss sich anrechnen lassen, dass die Klägerin zu 2) gegen § 10 StVO verstoßen hat. Sie hat sich bei dem Einfahren auf die Straße nicht so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin ihr Fahrzeug schon zu einem Teil auf den Holstenring bewegt hat, ohne den sich auf der Straße befindlichen Beklagten zu 1) ausreichend zu beachten. Das Gericht folgt insoweit dem überzeugenden und nachvollziehbaren Gutachten des Sachverständigen XXX. Dieser hat aufgrund der Glassplitter, die von dem Unfall herrühren, den Unfallort auf dem Holstenring bezeichnet. Er konnte ausschließen, dass sich die Klägerin noch vollständig auf dem Parkplatz befunden hat. Die Ausführungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und in sich schlüssig. Er hat überzeugend anhand der objektiven Umstände und einer Unfallrekonstruktion, den Unfallort ermittelt. Die Ausführungen sind überzeugend und sprechen von der Sachkunde, die sich der Sachverständige aufgrund seiner Ausbildung und seiner langjährigen Berufserfahrung erworben hat. Die Versuche des Sachverständigen, über unterschiedliche Unfallorte und Unfallsituationen, den Unfall konkret zu rekonstruieren, lassen es als ausgeschlossen erscheinen, dass sich die Klägerin bei dem Unfall noch vollständig auf dem Parkplatz befunden hat.

Da die Klägerin zu 2) das Parkplatzgelände verlassen hat, hätte sie bevor sie auf die Straße einfährt; dafür Sorge tragen müssen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. § 10 StVO verlangt somit von dem auf die Straße Einfahrenden das äußerste an Sorgfalt gegenüber jeglichem Verkehr auf der Straße. Der Grundsatz rechts vor links gilt in diesen Fällen nicht. Diese Sorgfalt bezieht sich auch auf die von rechts heranfahrenden Fahrzeuge. Es hätte danach der Klägerin oblegen dafür Sorge zu tragen, dass sie den Beklagten, der sich auf der Straße befand; nicht gefährdet.

Da § 10 StVO eine erhöhte Sorgfaltspflicht desjenigen festlegt, der auf die Straße auffährt, ist auf seiten der Kläger von einem erheblichen Verschulden auszugehen. Hier hinter tritt eine mögliche Betriebsgefahr auf seiten des Beklagten vollständig zurück.

Die Betriebsgefahr auf der Seite des Beklagten zu 1). ist nicht dadurch erhöht, dass er selbst den Parkplatz befahren hat. Auch dieses steht nach der Beweisaufnahme aufgrund des Sachverständigengutachtens fest. Die Feststellungen des Sachverständigen werden gestützt durch Aussage des Zeugen XXX, der glaubhaft: bestätigt hat, dass der Beklagte auf der Straße gefahren. ist.

Dieses wird auch nicht durch die Aussage der Zeugin XXX entkräftet, da diese sich an den genauen Fahrtweg der Klägerin und des Beklagten nicht erinnern konnte, bzw. sich hier nicht sicher war.

Eine Erhöhung der Betriebsgefahr folgt auch nicht daraus, dass der Beklagte zu 1) gegen das Rechtsfahrgebot des § 2 Abs. 2 StVO verstoßen hat. Dieses nicht verkehrsrechte Verhalten bleibt hinsichtlich des erheblichen Verschuldens auf seiten der Kläger ausser Betracht, zumal der verursachte Schaden auch ausserhalb des Schutzzweckes der nicht beachteten Norm liegt. Das Rechtsfahrgebot dient allein dem Schutz des Gegen- und Überholverkehrs, nicht dem Schutz des einbiegenden Verkehr: Der auf eine Straße Auffahrende hat sich grundsätzlich darauf einzustellen, dass der ihm gegenüber auf der gesamten Straße Vorfahrtsberechtigte in diesem Sinne auch von seinem Recht Gebrauch macht (vgl. BGH-Urteil vom 13. November 1990, AZ: VI ZR 15/90 NJW RR 1991, 536).

Dafür, dass der Beklagte mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist und ihn aus diesem Grund ein Verschulden trifft, welches die Betriebsgefahr erhöht, ist von den Klägern nicht hinreichend Beweis angeboten worden. Soweit sie sich lediglich pauschal auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens beziehen, war diesem Beweisangebot nicht nachzugehen, da keine ausreichenden Anknüpfungstatsachen für die Ermittlung der Geschwindigkeit vorliegen und von den Klägern auch nicht konkret vorgetragen worden ist, wie schnell der Beklagte zu 1) gefahren sein soll. Es kann deshalb schon nicht festgestellt werden, ob die behauptete Geschwindigkeit zu einer Erhöhung der Betriebsgefahr führen könnte.

Aufgrund des erheblichen Verschuldens der Klägerin zu 2), welches sich der Kläger zu 1) zurechnen lassen muss, tritt ein eventuelle Betriebsgefahr auf seiten der Beklagten vollständig zurück. Eine Haftung besteht nicht.

Da ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten nicht besteht,. kann die Klägerin zu 2) auch nicht den Ersatz des immateriellen Schadens für die erlittenen körperlichen Verletzungen gemäß § 253 Abs. 2 BGB verlangen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ,Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

RechtsgebietSchadenrechtVorschriften§§ 7, 17, 18 StVG

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