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08.03.2006 · IWW-Abrufnummer 060734

Finanzgericht des Saarlandes: Urteil vom 16.11.2005 – 1 K 268/00

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


1 K 268/00

FINANZGERICHT DES SAARLANDES

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit
des X,
- Kläger -
Bevollmächtigter: Rechtsanwalt B,

gegen

Finanzamt Saarbrücken, Am Stadtgraben
- Beklagter -
vertreten durch den Vorsteher

wegen Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden 1991 bis 1997 sowie Gewerbesteuermessbescheiden 1991 bis 1996

hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes in Saarbrücken unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Finanzgerichts Dr. Axel Schmidt-Liebig als Vorsitzender, der Richter am Finanzgericht Dr. Peter Bilsdorfer und Dr. Roberto Bartone sowie der ehrenamtlichen Richter Horst Backes (Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer) und Klaus-Rudolf Werding (Gärtnermeister) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2005 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.


Rechtsmittelbelehrung XXX


Tatbestand
Mit seiner Klage wendet sich der 1956 geborene Kläger gegen Steuerbescheide der Streitjahre 1991 bis 1997, in denen der Beklagte davon ausgeht, dass der Kläger im Inland Umsätze und gewerbliche Gewinne erzielt hat.

Der Kläger erzielte bis zur Einstellung des Betriebes im Jahr 1990 Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Pächter einer Tankstelle (ESt 1988, Bl. 22). Er gab im Anschluss daran mehrfach gegenüber dem Beklagten an, er sei nicht mehr selbständig tätig und lebe von Sozialhilfe (ESt 1992, Bl. 2 ff., ESt 1993, Bl. 1, 2). Steuererklärungen wurden keine abgegeben. Nach eigenen Angaben verzog der Kläger 1991 nach Frankreich, wo er im Haus seiner jetzigen Frau wohnt. Diese bezog als Verkäuferin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Im Jahre 1998 wurde das vorgenannte Haus in Frankreich im Rahmen mehrerer im Inland laufender Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Urkundenfälschung (Nutzung gefälschter Dekra-Stempel) durchsucht. Dabei wurden ein größerer Geldbetrag in deutscher Währung, und zwar 763.000 DM vorwiegend in 1.000 DM-Scheinen, sowie ein Satz Rubine im Wert von 109.000 DM sicher gestellt (Aktenauszug, Bl. 39). Der Beklagte ging davon aus, dass dieses Vermögen aus gewerblichen Einkünften des Klägers stammte, die dieser von 1991 bis 1998 erzielt hatte.

Der Beklagte brachte am 14. April 1998 einen Arrest in das Vermögen des Klägers aus. Hiergegen ging der Kläger im Wege der Klage vor (1 K 130/98), wobei er geltend machte, das bei der Durchsuchung vorgefundene Vermögen stehe nicht in seinem Eigentum.

Der Beklagte erließ am 15. Mai 1998 bzw. am 16. Juni 1998 Umsatzsteuer-, Gewerbesteuermess- und Einkommensteuerbescheide, in denen er für die jeweiligen Streitjahre von Umsätzen i.H. von 200.000 DM und Gewinnen von 100.000 DM ausging.

Hierauf erklärten die Beteiligten im Verfahren 1 K 130/98 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Die Kosten des Verfahrens wurden im Beschluss vom 11. September 1998 gegeneinander aufgehoben, wobei das Gericht den Vortrag des Klägers hinsichtlich der Zurechnung des vorgefundenen Vermögens als nicht plausibel bzw. nicht schlüssig bezeichnete. wegen Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 11. September 1998 Bezug genommen.

Gegen die Umsatzsteuer-, Gewerbesteuermess- und Einkommensteuerbescheide vom 15. Mai 1998 bzw. am 16. Juni 1998 legte der Kläger am 4. Juni 1998 bzw. 8. Juli 1998 Einsprüche ein (Rbh, Bl. 2 ff). Mit Einspruchsentscheidung vom 1. August 2000 (Bl. 26), abgesandt am 4. August 2000 (Rbh, Bl. 44), wies der Beklagte die Einsprüche des Klägers als unbegründet zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 7. September 2000 Klage (Bl. 1).

Er beantragt,
die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1991 bis 1997 und die Gewerbesteuermessbescheide 1991 bis 1996 vom 15. Mai 1998 bzw. 16. Juni 1998, alle in Form der Einspruchsentscheidung vom 1. August 2000, aufzuheben.

Der Kläger macht geltend, die Schätzungen des Beklagten seien nicht schlüssig. Er habe in den Streitjahren weder Umsätze getätigt noch Einkünfte erzielt. Der Kläger verweist darauf, dass er seinen Wohnsitz seit 1991 in Frankreich habe. Demzufolge sei er auch (nur) dort steuerpflichtig.

Die Annahme des Beklagten, der Kläger habe in den Streitjahren inländische gewerbliche Einkünfte erzielt, beinhalte eine unzutreffende Unterstellung. Er habe seine aktive Tätigkeit im Inland im Jahre 1990 aufgegeben und danach keine inländischen Einkünfte mehr erzielt. Das bei der Durchsuchung vorgefundene Vermögen gehöre Frau A, mit der er seit 29. September 1998 verheiratet sei (Bl. 7). Das Geld stamme aus einer Kapitalanlage seiner Ehefrau; diese wiederum stelle das Ergebnis langjähriger Spartätigkeit aus der Zeit als Angestellte der Tankstelle dar.

Ansonsten verweist der Kläger darauf, dass sich der wegen des Verdachts der Urkundenfälschung erwirkte Durchsuchungsbeschluss nicht auf die Wohnung seiner damaligen Freundin bezogen habe, so dass ein Verwertungsverbot bestehe.

Der Kläger macht im Übrigen geltend, das Strafverfahren wegen Urkundenfälschung (Verwendung gefälschter Dekra-Stempel) sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Demzufolge sei dem Beklagten auch steuerlich die Annahme verwehrt, dass der Kläger aus einer entsprechenden kriminellen Tätigkeit steuerrelevanten Einkünfte erzielt habe.

Der Beklagte beantragt (Bl. 25),
die Klage als unbegründet abzuweisen.

Er verweist auf den seines Erachtens nach unschlüssigen Vortrag des Klägers. So sei nicht nachvollziehbar, womit die jetzige Ehefrau des Klägers den Hauskauf im Jahre 1994 finanziert habe. Auch sei die Frage, warum Frau A über vier Jahre einen Betrag von 600.000 DM zu Hause aufbewahrt habe, nicht glaubwürdig beantwortet. Bereits in einem Verfahren vor dem Landgericht Saarbrücken seien Widersprüche im Sachvortrag aufgetreten, die Frau A damals nicht habe aufklären können (Beschluss vom 26. Juli 1999, Rbh, Bl. 80). Sämtliche von der Ehefrau des Klägers gegebenen Erläuterungen zu den Quellen des angeblich ihr gehörenden Vermögens seien unbewiesen (Bl. 25).

Mithin sei davon auszugehen, dass das vorgefundene Vermögen aus nicht versteuerten Einnahmen des Klägers stamme.

Der Berichterstatter hat den Kläger mit Verfügung vom 5. Januar 2005 (Bl. 32) aufgefordert, Nachweise über die Herkunft der vorgefundenen Barbestände sowie die Zahlung verschiedener, geltend gemachter Beträge (monatlich 2.000 DM ab März 1995, Abschlagszahlung von 50.000 DM) zu erbringen. Mit Verfügung vom 21. Februar 2005 (Bl. 39) wurde diese Aufforderung erneut an den zwischenzeitlich bestellten Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtet. Eine Stellungnahme erfolgte seitens des Klägers nicht.

Das Gericht hatte die Akten des Verfahrens 4 O 220/04 (A ./. Finanzamt Saarbrücken) nebst Beiakten zum Verfahren beigezogen (Aktenauszüge).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Schätzung von Umsätzen und gewerblichen Einkünften gegenüber dem Kläger war berechtigt.

1. Rechtliche Grundlagen

1.1. Inländische Steuerpflicht
Nach § 1 Abs. 1 EStG sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben, sind beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG haben (§ 1 Abs. 4 EStG). Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, für den im Inland eine Betriebstätte unterhalten wird (§ 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG). Eine Betriebsstätte ist jede feste Einrichtung, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient (§ 12 AO).

Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Im Inland betrieben wird ein Gewerbebetrieb, soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG).

Der Umsatzsteuer unterliegen bestimmte Leistungen, soweit diese im Inland ausgeführt werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Der Ort der jeweiligen Leistung ist entscheidend für die umsatzsteuerliche Erfassung, wobei § 3 a Abs. 1 Satz 1 UStG bei sonstigen Leistungen grundsätzlich den Ort zum Ausgangspunkt der Leistung bestimmt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Soweit die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt wird, gilt die Betriebsstätte als Ort der sonstigen Leistung.

1.2. Überzeugungsbildung des Gerichts, Verwertungsverbot und Schätzung der Besteuerungsgrundlagen

Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es kann dabei eigene Schätzungen vornehmen (§ 162 AO). Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das Gericht jedoch den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Amtsermittlungsgrundsatz). Danach ist es grundsätzlich Aufgabe des Gerichts, für die tatsächlichen Grundlagen der zu treffenden Entscheidung zu sorgen. Allerdings wird der Amtsermittlungsgrundsatz durch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten nach § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO begrenzt (BFH, Beschluss vom 17. September 2003 I B 18/03, BFH/NV 2004, 207 m.w.N.), wobei dem Gedanken der Beweisnähe besondere Bedeutung zukommt. Das Finanzgericht kommt seiner Untersuchungspflicht auch dadurch nach, dass es die Beteiligten zur Mitwirkung in bestimmten Punkten auffordert. Verletzen die Beteiligten ihre Mitwirkungspflichten, so erwachsen dem Finanzgericht daraus keine weitergehenden Amtsermittlungspflichten (BFH, Beschluss vom 20. Februar 1998 X B 143/97, BFH/NV 1998, 998).

Kann im finanzgerichtlichen Verfahren der Sachverhalt deshalb nicht vollständig aufgeklärt werden, weil der Kläger seine Mitwirkungspflicht verletzt hat, so führt das nicht zu einer Entscheidung nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast), sondern zu einer Begrenzung der Sachaufklärungspflicht und zu einer Minderung des Beweismaßes. Im Rahmen der Beweiswürdigung kann die Verletzung abgabenrechtlicher Mitwirkungspflichten auch zur Folge haben, dass aus dem Verhalten des Klägers (Steuerpflichtigen) für ihn nachteilige Schlüsse gezogen werden, die sich nicht auf bezifferbare Besteuerungsgrundlagen beschränken. Das gilt vor allem dann, wenn die Mitwirkungspflichten Tatsachen und Beweismittel aus der Wissens- und Einflusssphäre des Klägers (Steuerpflichtigen) betreffen (BFH, Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BStBl. II 1989, 462).

Wird im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung ein Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts nicht angefochten oder die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen, entfaltet die Durchsuchungsanordnung Tatbestandswirkung mit der Folge, dass den Steuergerichten eine (nochmalige) Überprüfung des Beschlusses verwehrt ist und sie für das Steuerfestsetzungsverfahren von der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung auszugehen haben. Umgekehrt kann ein Verwertungsverbot aus der Rechtswidrigkeit einer verfahrensrechtlich gesondert zu beurteilenden --d.h. anfechtbaren-- Ermittlungsmaßnahme nur dann abgeleitet werden, wenn sie in dem dafür vorgesehenen Verfahren für rechtswidrig erklärt worden ist (BFH, Beschluss vom 17. Juli 2003 X B 19/03, BFH/NV 2003, 1594; FG Saarland, Urteil vom 14. Juli 2004, 1 K 267/03, juris).

Nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist u.a. dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag (§ 162 Abs. 2 Satz 1 AO). Ein ungeklärter Vermögenszuwachs berechtigt etwa die Finanzbehörde zu einer Schätzung, wenn der Steuerpflichtige trotz der entsprechenden Sachnähe eine Mitwirkung bei der Aufklärung des Sachverhaltes verweigert (BFH, Urteil vom 1. Juli 1987 I R 284-286/83, BFH/NV 1988, 12).

Schätzungen müssen insgesamt in sich schlüssig sein; ihre Ergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (BFH, Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BStBl. II 1986, 226).

2. Anwendung im Streitfall

Die streitigen Schätzungsbescheide sind rechtmäßig. Insoweit folgt der Senat der Annahme des Beklagten, wonach dieser in den Streitjahren Einkünfte aus einem inländischen Gewerbebetrieb und auch entsprechende Umsätze erzielt hat.

Der Senat hat aufgrund des gesamten Verfahrens die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger aus kriminellen Handlungen, im Speziellen der Fälschung von Urkunden (§ 267 StGB), Umsätze und Einkünfte im geschätzten Umfang erzielt hat. Diese Überzeugung des Senats leitet sich zum einen aus dem unstrittigen Sachverhalt, nämlich dem Auffinden erheblicher Vermögenswerte bei der Durchsuchung im Anwesen der Ehefrau des Klägers, zum anderen daraus ab, dass der Kläger hinsichtlich der Zuordnung und der Herkunft dieser Vermögenswerte im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten keine schlüssigen und nachprüfbaren Angaben gemacht hat.

Insoweit besteht nicht das vom Kläger geltend gemachte Verwertungsverbot. Denn der Kläger hat es insoweit unterlassen, die Rechtswidrigkeit des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des hierfür vorgenommenen Beschwerdeverfahrens feststellen zu lassen. Diese Unterlassung bewirkt die uneingeschränkte Verwertung der Feststellungen der Strafverfolgungsbehörden auch für steuerliche Zwecke. Mithin war für die Urteilsfindung von der im Übrigen auch vom Kläger nicht bestrittenen Tatsache auszugehen, dass im häuslichen Umfeld des Klägers erhebliche Vermögenswerte gefunden worden sind.

Zu diesem unbestrittenen Sachverhalt hat der Senat in seinem Beschluss vom 11. September 1998 (1 K 130/98) bereits ausgeführt, dass derjenige, der in seiner häuslichen Umgebung Barwerte von rund 800.000 DM und Edelsteine im Wert von mehr als 100.000 DM aufbewahrt, die Herkunft dieses Vermögens plausibel darzulegen und zu beweisen hat, will er die Einbeziehung dieser Werte in eine möglich erscheinende Besteuerungsgrundlage vermeiden. Dem Kläger ist auch im anhängigen Verfahren hinreichend Gelegenheit gegeben worden, die bestehenden Unklarheiten bezüglich der Zurechnung und der Herkunft der Vermögenswerte, auf die er nochmals ausdrücklich hingewiesen worden ist, nachvollziehbar auszuräumen. Der Kläger hat diese, ihm eingeräumte Möglichkeit nicht genutzt. Er hat überdies weiterhin mit unzutreffenden Angaben versucht, das Gericht über die wahren Sachverhalte zu täuschen.

Zu letzterwähntem Tatbestand hat der Kläger noch in der mündlichen Verhandlung erklären lassen, er habe seinen Wohnsitz bereits 1991 nach Frankreich verlegt. Dies ist nachweislich falsch. Insoweit verweist der Senat auf die strafrechtlichen Ermittlungen im Zuge der gegen den Kläger laufenden Verfahren. In seiner Vernehmung vom 15. April 1998 (Aktenauszug, Bl. 52) hat der Kläger angegeben, er lebe mit seiner damaligen Freundin und jetzigen Ehefrau "seit ca. drei Jahren" in Frankreich zusammen. Am 8. Mai 1995 noch wandte sich der Kläger unter der Anschrift "An der Heringsmühle 10, 66130 Saarbrücken" an das Finanzamt (ESt 1993). Unter dieser Anschrift war er noch bis 1998 gemeldet (Aktenauszug, Bl. 85). Dies lässt den Schluss zu, dass der Wohnsitz oder aber zumindest der gewöhnliche Aufenthaltsort des Klägers wenigstens noch bis 1995 im Inland war, so dass bis dahin von einer unbeschränkten Einkommensteuerpflicht auszugehen ist.

Aber auch für die weiteren Streitjahre (1996 und 1997) war die Annahme berechtigt, der Kläger unterhalte einen Gewerbebetrieb mit einer inländischen Betriebsstätte, aus dem er Einkünfte erzielt hat. Insoweit verweist der Senat auf die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden. Diesen lag der Verdacht zugrunde, der Kläger betreibe ein Unternehmen ("Handel mit gefälschten DEKRA-Stempeln"). Hierzu hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklären lassen, das Strafverfahren sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Wenn sich auch aus den vorliegenden Akten dieser Vortrag nicht nachvollziehen ließ, so unterstellt der Senat zugunsten des Klägers diesen Vortrag als zutreffend. Indessen lässt sich hieraus keineswegs ableiten, dass der Beklagte nicht davon ausgehen durfte, der Kläger habe seinen Lebensunterhalt durch die Begehung entsprechender Straftaten finanziert. Die strafrechtlichen Grundsätze und die steuerlichen Beweislastregeln stimmen diesbezüglich nicht überein (vgl. dazu Joecks, in: Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 6. Aufl., München, 2005, § 370 Anm. 56). Während steuerlich unter bestimmten Voraussetzungen von einem Sachverhalt ausgegangen werden kann, der unter Anwendung eines verminderten Beweismaßes festgestellt worden ist, muss strafrechtlich der Sachverhalt zur vollen Überzeugung des Strafrichters nachgewiesen sein (in dubio pro reo). Ein Freispruch im Strafverfahren bedeutet deshalb nicht ohne Weiteres, dass die dem strafrechtlichen Vorwurf zugrunde liegenden Sachverhalte steuerlich zu "verwerfen" wären. Dies gilt entsprechend dann, wenn ein Strafverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Eine solche Einstellungsentscheidung kann nämlich jederzeit revidiert werden, wenn entsprechender Anlass besteht (Meyer-Goßner, StPO, Komm., 47. Aufl., München, 2004, § 170, Anm. 8). Dementsprechend verhindert eine Einstellung des Strafverfahrens auch keine steuerlichen Konsequenzen (vgl. etwa BFH, Beschluss vom 2. Februar 2001 IV B 162/99, BFH/NV 2001, 890 betr. die verlängerte Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO).

Demzufolge war der Senat durch die Einstellung des Strafverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO nicht gehindert davon auszugehen, dass der Kläger in den Streitjahren 1991 bis 1997 Straftaten begangen hat, die zu entsprechenden Einkünften geführt haben. Insoweit ist der Senat zu der Annahme gelangt, dass die bei der Durchsuchung in Frankreich vorgefundenen Geldbeträge und Edelsteine den Ertrag dieser kriminellen Aktivitäten bilden. Nachdem der größte Teil des Geldes, der überwiegend in 1.000 DM-Scheinen bestand, in einer Plastiktüte aufgefunden wurde, in der sich auch der zur Herstellung von gefälschten Fahrzeugpapieren geeignete DEKRA-Stempel sowie acht Autokennzeichen befanden (Aktenauszug, Bl. 128), liegt der Schluss nahe, dass die von dem Kläger begangenen Straftaten im Zusammengang mit diesen Beweismitteln standen. Zum anderen rechtfertigt der inländische Bezug dieser Beweismittel die Annahme, dass die entsprechende Urkundenfälschung (§ 267 StGB) und der Verkauf der gefälschten Dokumente auch im Inland begangen wurden und es hierbei einer Einrichtung bedurfte, die eine Betriebsstätte im Sinne von § 12 AO beinhaltete. Mithin konnte der Beklagte auch für den Zeitraum, in dem der Kläger allenfalls beschränkt steuerpflichtig war (1996 und 1997), eine Schätzung vornehmen, die vom Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte ausging.

Der Kläger hat während des anhängigen Verfahren trotz ausdrücklichen Hinweises durch das Gericht nicht nachweisbar dargelegt, woher die in Frankreich vorgefundenen Vermögenswerte stammen. Die angebliche Quelle des Barvermögens ist jedenfalls nicht nachgewiesen. Insoweit hätte erläutert werden können und müssen, warum die französische Bank ("crédit mutuel") den Betrag von 600.000 DM in deutscher Währung ausbezahlt haben soll. Insoweit hätte der Kläger entsprechende Auszahlungsnachweise vorlegen können und müssen, zumal der Beklagte gerade auf die damit zusammen hängenden Unstimmigkeiten frühzeitig hingewiesen hatte (Bl. 24 f.) und auch der Berichterstatter den Kläger zu einer entsprechenden Nachweisführung bezüglich der Herkunft der bei der französischen Bank angelegten Gelder aufgefordert hatte (Bl. 39).

Eine Notwendigkeit, die Quelle des Vermögens nachzuweisen, leitet sich auch aus dem Umstand ab, dass das Amtsgericht Saarbrücken in seinem rechtskräftigen Urteil vom 22. August 2000 (Az.: 35-179/00) gegen den Kläger bezüglich der Aussage der Zeugin A hinsichtlich der Zugehörigkeit des Geldes zu ihrem Vermögen die Überzeugung geäußert hat, die Zeugin habe gelogen, "um ihren Ehemann zu entlasten, und gleichzeitig die Gelder dem berechtigten Zugriff staatlicher Behörden ... zu entziehen". Bereits das Amtsgericht hat auf die Unstimmigkeiten der Zeugenaussage, das angelegte Geld stamme aus einem (erst später realisierten) Firmenverkauf der Zeugin oder aber sei aus dem Lohn der Zeugin angespart worden, hingewiesen (Aktenauszug, Bl. 75). So soll das Geld u.a. in den Jahren angespart worden sein ("3.500 netto", Aktenauszug, Bl. 66; "50 TDM Jahresverdienst", Aktenauszug, Bl. 57), in dem die jetzige Ehefrau des Klägers an der von diesem betriebenen Tankstelle gearbeitet hat. Vergleicht man diese Angaben mit den vom Kläger eingereichte Bilanzen und Gewinnermittlungen, so zeigt sich deren Unrichtigkeit. Die Gewinnermittlungen weisen in keinem Jahr eine Position "Löhne und Gehälter" aus, die von der Höhe her auch nur ansatzweise den Vortrag, Frau A habe 50.000 DM an Gehalt bezogen, stützen würde (z.B. 1986: Löhne und Gehälter 20.840 DM; 1987: Löhne und Gehälter: 4.683 DM; 1988: Löhne und Gehälter 15.982 DM). Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen mit anderen Arbeitgebern sind für diesen Zeitraum nicht nachgewiesen.

Nicht plausibel erscheint auch angesichts des angeblichen Verwendungszwecks (Erwerb eines Bistros durch die Ehefrau des Klägers, Aktenauszug, Bl. 66), dass die Auszahlung bereits im Mai 1994 erfolgt sein soll, während sich der Erwerb des Bistros aber erst mehrere Jahre später zerschlagen haben soll. Erklärbar wäre im Falle des Erwerbs eines Bistros allenfalls die kurzfristige Aufbewahrung einer zudem wesentlich geringeren Summe. Insoweit bleibt auch offen, warum die Bank lediglich die Auszahlung von 600.000 DM bescheinigt, während seitens der Ehefrau des Klägers in einem Verfahren vor dem Landgericht Saarbrücken vorgetragen wird, die gesamte Geldanlage von 600.000 DM sei zuzüglich Zinsen i.H. von 106.764 DM ausbezahlt worden (Aktenauszug, Bl. 46). Sämtliche Erklärungsversuche der Ehefrau des Klägers werden vom Amtsgericht als "dreist(e) und offensichtlich(e)" Lügen bezeichnet (Aktenauszug, Bl. 79). Der Senat sieht keinen Anlass, sich dieser Wertung nicht anzuschließen, da der Kläger und seine Ehefrau im Laufe der Ermittlungen weitere unstimmige Angaben gemacht haben.

Während der Kläger bei seiner Vernehmung durch die Polizei am 15. April 1998 angab, von den aufgefundenen 800.000 DM stünden ihm "ca. 150.000 DM" zu (Aktenauszug, Bl. 34), machte die Ehefrau des Klägers im Verfahren vor dem Landgericht Saarbrücken geltend, der gesamte Betrag stehe in ihrem Eigentum (Aktenauszug, Bl. 48). Ähnliche Unstimmigkeiten beziehen sich auf die vorgefundenen Edelsteine. Hierzu äußerte sich der Kläger im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung, die Rubine gehörten ihm (Aktenauszug, Bl. 56). Seine Ehefrau indessen erklärte bei ihrer Vernehmung vor dem Amtsgericht Saarbrücken (Aktenauszug, Bl. 67), die Edelsteine seien ihr Eigentum.

Hinzu kommen weitere Unstimmigkeiten in den Aussagen der Ehefrau des Klägers, wie etwa der Hinweis auf eine angebliche monatliche Rente des Klägers von monatlich 7.000 DM (Aktenauszug, Bl. 40).

Der Senat geht infolge dessen -im Übrigen in Übereinstimmung mit dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken (Aktenauszug, Bl. 75) vom 22. August 2000- davon aus, dass die Aussagen der Ehefrau des Klägers nicht der Wahrheit entsprechen. Sie sollten offenkundig dazu dienen, die zutreffende Zurechnung der Vermögenswerte zu verhindern.

Insgesamt hat der Senat im Zusammenhang mit den unschlüssigen und zum Teil widersprüchlichen Erklärungen sowohl des Klägers wie auch seiner Ehefrau die Überzeugung gewonnen, dass die vorgefundenen Werte dem Kläger gehört haben. Weitergehend hält der Senat der Schluss für gerechtfertigt, dieses Vermögen stamme aus Straftaten, die der Kläger im Inland begangen hat.

Der Beklagte hat seiner vor diesem Hintergrund gerechtfertigten Schätzung die Annahme zugrunde gelegt, dass der Kläger in den einzelnen Streitjahren bei jeweils einen Umsatz von 200.000 DM und einen Gewinn von 100.000 DM erzielt hat. Es ist dies eine Schätzung, die angesichts der vorgefunden en Geldmenge sowie des Wertes der Edelsteine von insgesamt fast 1 Mio. DM in sich schlüssig ist und zu einem wirtschaftlich vernünftigen Ergebnis führt. Die Schätzung eines Gewinns in Höhe von 50 % des Umsatzes liegt an der Untergrenze des Schätzungsrahmens, nachdem nicht ansatzweise erkennbar ist, inwieweit dem Kläger Betriebsausgaben i.H. von 100.000 DM entstanden sein könnten.

3. Die Klage konnte deshalb insgesamt keinen Erfolg haben. Sie war als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.

RechtsgebietAOVorschriften§ 162 AO

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