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24.02.2006 · IWW-Abrufnummer 060544

Kammergericht Berlin: Urteil vom 16.03.2005 – 24 U 11/04

1. Beauftragt ein Ingenieurbüro ein anderes Ingenieurbüro als Subunternehmer, kann es sich auf eine fehlende Prüfbarkeit nicht berufen, wenn aufgrund der eigenen Fachkunde Kenntnisse über die Abrechnungsgrundlagen bestehen. Dies gilt selbst dann, wenn die Schlussrechnung des Subunternehmers objektiv nicht prüfbar ist.


2. Haben die Vertragsparteien im Ingenieurvertrag die anrechenbaren Kosten verbindlich festgelegt, so können diese vereinbarten anrechenbaren Kosten angesetzt werden, ohne dass auf Kostenermittlungen nach DIN 276 zurückgegriffen werden muss.

KG, Urteil vom 16.03.2005 - 24 U 11/04


In dem Rechtsstreit

...

hat der 24. Zivilsenat des Kammergerichts Elßholzstr. 30 - 33, 10781 Berlin (Eingang Kleistpark); auf die mündliche Verhandlung vom 16.03.2005 durch die Richterin am Kammergericht Kingreen als Einzelrichterin

für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Dezember 2003 - 3 O 2/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung des festzusetzenden Kostenbetrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Die Beklagte rügt mit ihrer Berufung:

Die zur Schlussrechnung erklärte 6. Abschlagsrechnung der Gemeinschuldnerin vom 31.7.1998 sei nicht prüffähig, weil sie weder über die Vomhundertsätze hinreichend Auskunft gebe, noch über die Abgrenzung der erbrachten zu den nicht erbrachten Leistungen, noch zu den anrechenbaren Kosten gemäß § 10 HOAI nach DIN 276. Dass die Gemeinschuldnerin ihr die Unterlagen übergeben habe, führe nicht zu einer abgeschwächte Darlegungslast für den Kläger.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger erwidert:

Die Schlussrechnung sei prüffähig. Der Leistungstand der Gemeinschuldnerin sei unstreitig. Die Beklagte könne als fachkundiges Ingenieurbüro die Abzüge einschätzen. Der Einwand fehlender, Prüffähigkeit verstoße gegen Treu und Glauben.

Der Geschäftsführer der Beklagten hat bei seiner persönlichen Anhörung im Termin erklärt, gegenüber ihrer Auftraggeberin habe sie noch keine Schlussrechnung gelegt, das Projekt laufe noch bis zum Jahre 2010, die anrechenbaren Kosten würden von der Auftraggeberin kommen.

II.

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Die Honorarklage ist aus den zutreffenden Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils begründet.

Insbesondere ist die Forderung des Klägers aus § 649 Satz 2 BGB in Höhe von 56.446,62 Euro aus dem gekündigten Ingenieurvertrag für die von der Gemeinschuldnerin erbrachten Leistungen bei der Technischen Ausrüstung fällig.

Die 6. Abschlagsrechnung vom 31.7.1998, die der Kläger mit seiner Klageschrift vom 30.12.2002 zur Schlussrechnung erklärt hat, ist entgegen der mit der Berufung allein weiter verfolgten Ansicht der Beklagten prüffähig im Sinne des § 8 Abs. 1 HOAI.

Vor allem die Anlagen 1 bis 3 zu dieser Rechnung entsprechen in ihrem Aufbau den Anlagen 1 bis 3 zum Ingenieurvertrag.

Soweit die Beklagte rügt, die anrechenbaren Kosten seien nicht gemäß den Anforderungen der HOAI nach der DIN 276 ermittelt, so greift dieser Einwand nicht. Sie hat sich nämlich, was der Kläger zu Recht annimmt und das Landgericht noch verneint hat, mit der Gemeinschuldnerin in dem schriftlichen Ingenieurvertrag vom 23.9.1997 gemäß § 4 Abs. 1 HOAI wirksam auf die dort aufgeführten anrechenbaren Herstellkosten geeinigt (vgl. Locher/Koeble/Frik, 8. Aufl., HOAI, § 4 Rdnr. 61). Sie haben diese nicht lediglich zur Orientierung einer vorläufigen Honorarberechnung genommen, sondern als Teil der Honorierung wie die nachfolgend geregelten Honorarzonen, Leistungsbilder, Nebenkosten und Koordinationsgebühr und das Honorar verbindlich festgelegt. So haben die Vertragsparteien auch in den Anlagen 1 und 2 zu dem Vertrag unter Verweis auf § 69 HOAI die anrechenbaren Kosten aufgeführt, ohne nach Leistungsphasen zu differenzieren. Dass etwa diese Honorarvereinbarung den Höchstpreischarakter der HOAI verletzt, behauptet die Beklagte als insoweit Darlegungspflichtige nicht (vgl. Locher/Koeble/Frik, a.a.O., Rdnr. 63).

Dann durfte die Gemeinschuldnerin die anrechenbaren Kosten auch abweichend von § 69 Abs. 3 H0AI für die Leistungsphasen 3, 5 - 7 des § 73 HOAI einschließlich der besonderen Leistung der Erstellung des technischen Teils eines Raumbuches ansetzen, ohne auf die von ihr nicht erstellten und nicht zu erstellenden Kostenermittlungen nach DIN 276 zurückgreifen zu müssen. Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, dass die B Consult GmbH als Dritte vermerkt hat, die Herstellungskosten seien von 24 Millionen auf 18 Millionen gefallen.

Was die Angabe der Teilleistungen in Prozenten betrifft, so reicht diese schon grundsätzlich zur Prüffähigkeit aus, (vgl. Locher/Koeble/Frik, a.a.O., § 8 Rdnr. 27). Hinzu kommt, dass der Beklagten, die eine Ingenieurgesellschaft ist und der die Unterlagen übergeben wurden, die Leistung selbst prozentual beurteilen kann (vgl. BGH NJW 2000, 2587). Auch der dem Bundesgerichtshof vorliegende Fall hatte nicht nur, wie die Beklagte im Termin angenommen hat, Leistungen für ein Einfamilienhaus zum Gegenstand, sondern solche für ein größeres Bauvorhaben mit der inneren und äußeren Erschließung eines Baugebiets, das vergleichbar mit dem vorliegenden Fall ist. Dass die Unterlagen bei der Beklagten nicht mehr auffindbar sind, liegt in ihrer Risikosphäre. Solange die Gemeinschuldnerin bzw. der Kläger die Leistungen nicht schlussgerechnet hatten und angesichts des Projektlaufs bis zum Jahre 2010 hätte die Beklagte bis zur endgültigen Abrechnung auch gegenüber ihrer Auftraggeberin die Unterlagen zugänglich aufbewahren müssen.

Selbst wenn die Schlussrechnung objektiv nicht prüffähig wäre, könnte die Beklagte sich im Hinblick auf ihre anderweitigen Kenntnisse, die sie als Ingenieurgesellschaft hat und über die ihr zur Verfügung gestellten Unterlagen haben könnte, nach Treu und Glauben nicht darauf berufen (vgl. BGH, BauR 2004, 316).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Es bestand kein Grund gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.

RechtsgebietHOAIVorschriftenHOAI § 4 Abs. 1, § 8 Abs. 1

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